The Clash of Civilisations - Huntington und seine Kritiker


Hausarbeit, 2000

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

I. EINLEITUNG

II. HAUPTTEIL
1. DIE NEUE WELTORDNUNG NACH HUNTINGTON
1.1 Huntingtons Grundannahmen
1.2 Kulturkreise und Kernstaaten
1.2.1 Definition
1.2.2 Identifizierung
1.3 Die weltpolitische Ordnung nach Huntington
1.3.1 Das veränderte Machtgefüge
1.3.2 Kulturelle Bindungen als Ursache für Konflikte
1.3.3 Die Kriege der Zukunft
2. KRITIK AM ‚CLASH OF CIVILIZATIONS’
2.1 Die Kritik Dieter Senghaas’
2.1.1 Huntingtons Kulturbegriff
2.1.2 ›Konstruierte Konflikte‹
2.1.3 Ein Beispiel: Falsche Annahmen über der Islam
2.1.4 Gegenthesen
2.2 Ein Gegenentwurf von Harald Müller
2.2.1 Der ›kulturelle Faktor‹ als Ursache von Konflikten
2.2.2 Die politische Mobilisierung kultureller Themen
2.2.3 Das Konzept des Kernstaates und das Konzept des Handelsstaates
2.2.4 Eine andere Sicht des Islam
2.2.5 Konflikte der Zukunft
2.3 Weitere Positionen und Kritikpunkte

III. SCHLUSSBETRACHTUNG

›Überstolzer Westler des zwanzigsten Jahrhunderts...‹

Huntingtons Prophezeiung eines ›Clash of Civilizations‹ und seine Kritiker

I. Einleitung

»Überstolzer Westler des zwanzigsten Jahrhunderts...«, könnte man angelehnt an Worte Friedrich Nietzsches ausrufen, »dein Wissen vollendet nicht die Natur, sondern tödtet nur deine eigene«1 ! - Samuel Huntington würde dem deutschen Denker wahrscheinlich zustim- men. Auf dem Gipfel der westlichen Macht, vor allem beruhend auf der schier unanfechtba- ren Weltmachtposition der USA, weissagt er der Welt das nahende Ende eben dieser Vor- machtstellung. Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis die Überlegenheit des Westens (in jeder Hinsicht) einem mehr oder weniger gleichwertigen Nebeneinander der verschiedenen großen Weltkulturen weichen wird, aber nicht nur einem Nebeneinander, sondern gar einem ›Zusammenstoß der Kulturen‹. Mit seinen Thesen steht Huntington nicht allein da, dennoch setzte er sich nach der Veröffentlichung seines Artikels in Foreign Affairs und dem darauf folgenden Buch The Clash of Civilizations harscher Kritik von allen Seiten aus.

Im Folgenden sollen zunächst die Grundzüge der zukünftigen Weltordnung nach Huntington beschrieben werden, bevor ich aus der Vielzahl an Kritiken einige herausgreifen und ihre Argumente darlegen werde. Die Untersuchung beschränkt sich - mit Ausnahme der Reaktionen in Foreign Affairs - auf Teile der in Deutschland erschienen Kritik; der Schwerpunkt liegt dabei auf der Argumentation von Dieter Senghaas und Harald Müller.

II. Hauptteil

1. Die neue Weltordnung nach Huntington

Wie stellt sich Samuel Huntington nun die Zukunft der Weltpolitik vor? Ich möchte zunächst kurz die Hauptthesen darlegen, um dann einige grundsätzliche Definitionen von Begriffen einzuführen. Das wird es schließlich möglich machen, seinen Entwurf einer neuen Weltordnung grob zu skizzieren.

1.1 Huntingtons Grundannahmen

Grundlage für Huntingtons Theoriegebäude ist die Tatsache der schwindenden Macht des Westens und dem gleichzeitigen Erstarken aller anderen Kulturen der Erde, welche vor allem in kultureller Hinsicht bisher unter der Übermacht der westlichen Kultur eher das Leben von Kolonialstaaten als von eigenständigen Zivilisationen geführt haben2. Diese Kulturen sind heute schon im Begriff, ihre kulturellen, ethnischen, religiösen Identitäten wieder zu entdecken und sie den westlichen Idealen entgegen zu stellen.

In Folge dieser Angleichung von Macht der einzelnen Kulturkreise entsteht eine neue politische Ordnung der Welt, die sich nicht mehr durch das Gegenüber bestimmter Blöcke - beispielsweise Ost-West oder Nord-Süd - charakterisiert, sondern durch das Nebeneinander von sieben oder acht Kulturkreisen3, die wiederum auf den heute existierenden großen Kulturen basieren. Dieses Nebeneinander wird selten freundlich, mitunter neutral, meist aber misstrauisch bis feindlich sein.4

Die Ursache für die Herausbildung dieser Kulturkreise ist das Wiedererstarken von ethnisch-kulturellen Bindungen und Identifikationsmustern. Gewaltsame Auseinandersetzungen werden nicht länger auf der Grundlage von ideologischen, politischen oder wirtschaftlichen Unterscheidungsmerkmalen geführt werden, sondern die entscheidenden Trennlinien und Konfliktursachen werden kultureller, letztlich vor allem religiöser Art sein.5

Die weitreichenderen weltpolitischen Implikationen werden sich nach Huntington vor allem in vermehrten kriegerischen Handlungen zwischen dem Westen, der weiterhin nicht auf sei- ne Vormachtstellung verzichten möchte und seine Ideale von Demokratie und Menschen- rechten für moralisch überlegen hält, und dem Rest der Welt zeigen, vor allem zwischen dem Westen und China und dem Westen und dem Islam. Der Westen wird sich dabei durch den Ehrgeiz und die wachsende Macht dieser Kulturkreise bzw. ihrer Kernstaaten einerseits her- ausgefordert sehen, er wird auf der anderen Seite aber auch mit Phänomenen wie dem Rückgang der eigenen Bevölkerungszahlen und gleichzeitiger (Massen-)Immigration von außen zu kämpfen haben.6

1.2 Kulturkreise und Kernstaaten

1.2.1 Definition

Um im Folgenden die eben beschriebenen Thesen genauer beleuchten zu können, ist es nötig, zunächst einige Grundbegriffe zu erläutern, die Huntington in seinem Buch vorstellt und verwendet. Es handelt sich dabei um die Begriffe des ›Kulturkreises‹ und des ›Kernstaa- tes‹.

Kulturkreise sind nach Huntington die größten kulturellen Einheiten in der Welt, die »ultima- tiven menschlichen Stämme«, die selbst zu keiner Einheit mehr zusammengefasst werden können, allerdings etliche Untereinheiten besitzen, beispielsweise »Dörfer, Regionen, ethni- sche Gruppen, Nationalitäten, religiöse Gruppen«. Sie definieren sich über bestimmte Merk- male, die alle im jeweiligen Kulturkreis lebende Menschen gemeinsam haben; hierzu zählen »Herkunft, Religion, Sprache, Geschichte, Werte, Sitten und Gebräuche, Institutionen«. Dementsprechend gehören zu jedem Kulturkreis eine gewisse Anzahl von Staaten, welche sich durch ähnliche Merkmale auszeichnen und darüber ein gewissen Zusammengehörig- keitsgefühl besitzen. Der einzelne bezieht seine »subjektive Identifikation« aus der Zugehö- rigkeit zu einer kulturellen Einheit (z.B. einer Region, einer Nation), die letztlich einem der existierenden Kulturkreise angehört, so dass die Identifikation des einzelnen mit einem der Kulturkreise als die »allgemeinste Ebene der Identifikation« beschrieben werden kann. Sie ist ihm Quelle der Selbstdefinition und gleichzeitig Abgrenzung gegenüber den anderen. Dies gipfelt bei Huntington in einem Gegenüber von »Wir« und »Sie«: die eigene, vertraue Kultur auf der einen, die fremde, unbekannte, unheimliche Kultur auf der anderen Seite. Dabei sind die Grenzen zwischen den einzelnen Kulturen nicht klar definierbar; verschiedene Kulturen »wirken aufeinander ein und überlagern sich«, unterliegen dynamischen Prozessen von Ver- änderung, Aufstieg und mitunter Niedergang, sie können sich teilen, aber auch miteinander verschmelzen. Dennoch bilden sie in jedem Moment die entscheidenden Identifikationspunk- te des einzelnen; die Veränderungen in und zwischen ihnen verlaufen über lange Zeiträume hinweg, was sie zu den »dauerhafteste[n] aller menschlichen Zusammenschlüsse« macht. Jedoch sind Kulturkreise keine politischen Einheiten; sie haben nicht die Fähigkeit zu Hand- lungen welcher Art auch immer. Sie dienen allein der Identifikation, aus der heraus allerdings Handlungen von z.B. Staaten erwachsen können.7

Von allen Merkmalen, die ein Kulturkreis besitzt (Sprache, Herkunft, Sitten etc.) ist der ent- scheidende die Religion. Letztlich definieren sich die Menschen über ihren Glauben, die wichtigste Identifikationsquelle der Menschen und stärkste Motivationskraft für Konflikte zwi- schen Menschen. Nach Huntington ist »Religion kein ›kleiner Unterschied‹ [...], sondern vielmehr der wahrscheinlich tiefgreifendste Unterschied, den es zwischen Menschen geben kann«8.

Auf der politischen Ebene interessieren diese Kulturkreise natürlich nur in Hinsicht auf ihre Auswirkungen auf die Weltpolitik, so dass wir uns fragen müssen, wie kulturelle Identifikation in politisches Handeln übersetzt wird. Dies beantwortet Huntington mit Hilfe des Begriffs der ›Kernstaaten‹. Jeder Kulturkreis besteht - wie wir schon gesehen haben - aus einer be- stimmten Anzahl von Staaten mit ähnlichen kulturell-ethnischen Merkmalen. Kernstaaten sind nun innerhalb dieser Kulturkreisstaaten diejenigen, welche die meiste Macht und damit eine lokale Vormachtstellung gegenüber den anderen Staaten ihres Kulturkreises haben. Sie sind das zentrale Elemente eines Kulturkreises, sie übernehmen die Führung und haben eine ordnungsstiftende Rolle, d.h. sie haben dank ihrer Vormachtstellung die Fähigkeit, zwi- schen Staaten ihrer kulturellen Einflusssphäre für Ordnung und Frieden zu sorgen. Proble- matisch wird es, wenn ein Kulturkreis keinen Kernstaat besitzt, da somit die ordnende Kraft in der Region wegfällt.

Kernstaaten können somit als Zentren der Kulturkreise beschrieben werden, die zum »Hauptpol von Anziehung und Abstoßung« werden; sie treten nach dem Ende des Ost- West-Konflikts an die Stelle der Supermächte, d.h. sie sind in einer Welt, in der die entschei- denden Konflikte zwischen Staaten unterschiedlicher Kulturkreise ausgetragen werden, die handelnden Kräfte, welche über die neue Weltordnung (bewusst oder unbewusst) entschei- den.9

1.2.2 Identifizierung

Samuel Huntington benennt in seinem Buch zunächst sieben Kulturkreise, führt später aber noch einen achten ein. Es handelt sich dabei um folgende Kulturkreise: Der sinische Kulturkreis, dessen Bezeichnung in Huntingtons Artikel in Foreign Affairs noch ›konfuzianisch‹ gelautet hatte, umfasst »die gemeinsame Kultur Chinas und der chinesischen Gemeinschaft in Südostasien und anderswo außerhalb Chinas sowie die verwandten Kulturen Vietnams und Koreas«. Kernstaat ist China.10

Die Besonderheit des japanischen Kulturkreises liegt darin, dass er aus einem einzigen Staat, Japan, besteht, der somit zugleich Kernstaat ist.11

Der hinduistische Kulturkreis lässt sich vor allem auf dem indischen Subkontinent lokalisieren, geht aber über seinen Kernstaat Indien hinaus.12

Am schwersten zu fassen ist wohl der islamische Kulturkreis, dem das Konzept des Nationalstaates von jeher wesensfremd ist und sich daher schwer lokalisieren lässt. Die islamische ummah13 kennt keine physischen Grenzen im Sinne von Staatsgrenzen. Huntington zählt zum islamischen Kulturkreis die arabische Halbinsel, Nordafrika, Teile Zentral- und Südostasiens sowie des indischen Subkontinents. Er besitzt darüber hinaus keinen Kernstaat; als mögliche Führungsmächte werden in The Clash of Civilizations Indonesien, Ägypten, Iran, Pakistan, Saudi-Arabien und die Türkei genannt.14

Der westliche Kulturkreis hat in Huntingtons Einteilung drei Schwerpunkte: Europa mit den Kernstaaten Frankreich und Deutschland, Nordamerika und Lateinamerika, wobei Lateinamerika nur unter Umständen dem Westen hinzugerechnet werden kann.

Wahrscheinlich richtiger ist es, den lateinamerikanischen Kulturkreis als eigenen Kulturkreis zu benennen, da er zwar der europäischen Kultur entsprungen, seitdem aber seinen eigenen Weg gegangen ist. Er erstreckt sich »von Mexiko, Mittelamerika, Peru und Bolivien einerseits bis nach Argentinien und Chile«. Auch ihm fehlt ein echter Kernstaat.15

Unter einem Fragezeichen fügt Huntington dieser Liste den afrikanischen Kulturkreis hinzu, da Teile Afrikas bereits anderen Kulturkreisen zuzuordnen sind (z.B. dem islamischen) bzw. eigenständige und unabhängige Kulturen bilden (Äthiopien). Dennoch verweist er auf die allmählich erwachende gemeinsame afrikanische Identität. Möglicher Kernstaat könnte dann Südafrika sein.16

Schließlich und endlich - in der ersten Aufzählung der Kulturkreise im zweiten Kapitel noch nicht erwähnt - nennt Huntington den slawisch-orthodoxen Kulturkreis, der sich vor allem um den Kernstaat Russland gruppiert. Problem hierbei ist die Tatsache, dass Russland sich immer noch als gespaltenes, wenn nicht gar zerrissenes Land sieht, das in der Frage schwankt, ob es sich der westlichen Zivilisation zurechnen oder das Zentrum eines eigenen, eurasisch-orthodoxen Kulturkreises bilden soll.17

1.3 Die weltpolitische Ordnung nach Huntington

Nachdem nun die Grundlagen geschaffen wurden, soll die Weltordnung der Zukunft, wie Samuel Huntington sie sich vorstellt, in groben Zügen beschrieben werden.

1.3.1 Das veränderte Machtgefüge

Huntingtons Modell basiert grundsätzlich auf zwei sich gegenseitig bedingenden Annah- men: Einerseits der schwindenden Macht des Westens, andererseits dem damit einherge- henden Wiedererwachen aller anderen Kulturen der Welt, die sich langsam aber sicher von der absoluten Vorherrschaft des Westen lösen und nicht selten dagegen ankämpfen werden.

»[I]nternational politics moves out of its Western phase«18 - diese Formulierung beschreibt wohl am plakativsten, was Huntington meint: Nach Jahrhunderten der westlichen Dominanz, in denen zunächst Europa, später vor allem die USA die Welt frei nach ihrem Belieben ges- talten konnten, nach einem Jahrhundert des westlichen Imperialismus und Kolonialismus, geht die Phase der »Expansion des Westens« allmählich ihrem Ende zu. Zwar genießt der Westen momentan noch eine eklatante Vormachtstellung - »Western military power is unri- valed. Apart from Japan, the West faces no economic challenge. It dominates international political and security institutions and with Japan international economic institutions«19 -, doch ist diese Macht trügerisch, denn von allen Seiten erwachen längst Ressentiments gegen diese Übermacht. Huntingtons Folgerung:

»Im 20. Jahrhundert sind also die Beziehungen zwischen den Kulturen von einer Phase, die vom einseitigem Impakt einer einzigen Kultur auf alle anderen beherrscht war, in eine Phase intensiver, anhaltender und vielseitiger Interaktionen zwischen allen Kulturen übergegan- gen«20.

Huntington führt auch einige faktische Belege für die zu Ende gehende Dominanz des Westens an. Verglichen mit dem Höhepunkt der westlichen Machtausdehnung um 1920 hal- bierte sich die vom Westen beherrschte Fläche der Erde bis 1993 annähernd. Demgegen- über versechsfachte sich im selben Zeitraum beispielsweise die vom Islam dominierte Flä- che. Gleiches lässt sich über die Bevölkerungszahlen sagen: Bis ca. 1900 hatte der Westen einen Weltbevölkerungsanteil von etwa 30 Prozent, der seitdem auf 13 Prozent geschrumpft ist und Hochrechnungen zufolge weiterhin abnehmen wird. Um sich dieser Tatsache be- wusst zu werden, muss man nicht erst Huntington lesen; es ist eine anerkannte und von etli- chen Forschungen bestätigte Tatsache, dass die Population in der entwickelten Welt seit Jahrzehnten stagniert oder gar abnimmt, die Bevölkerung der restlichen Welt dagegen expo- nentiell wächst21. Aber nicht nur die Bevölkerungszahlen verändern sich zu ungunsten des Westens; auch sind die Menschen in nichtwestlichen Kulturen zunehmend gebildeter und fähig, mit Westlern zu konkurrieren. Nicht vergessen darf man außerdem die demographi- sche Struktur der Bevölkerungen: Wenn auf Seiten der Westler, Japaner und Russen das Durchschnittsalter stetig steigt, wird das Bevölkerungswachstum in anderen Kulturen - Chi- na, Indien, dem Islam u.a. - von riesigen Kinderzahlen bewirkt, Huntington nennt sie etwas zynisch: »künftige Arbeiter und Soldaten«.22

Auf ähnliche Niedergangserscheinungen trifft man im wirtschaftlichen Bereich: Hatte die Weltindustrieproduktion des Westens um 1900 die aller anderen Kulturen (v.a. China und Indien) überholt, so ist auch diese Dominanz langsam im Schwinden begriffen. Zunehmend kommen nichtwestliche den westlichen Volkswirtschaft bedrohlich nahe oder überflügeln sie gar: Bereits 1991 waren unter den sieben größten Volkswirtschaften vier nichtwestliche (Japan, China, Russland, Indien); der Trend geht weiter in diese Richtung, wobei der Löwenanteil voraussichtlich auf die asiatischen Länder entfallen wird. Auch der qualitative Vorsprung des Westens (und Japans) - z.B. die Vorreiterrolle in der Entwicklung neuer Technologien - wird unter Umständen nicht mehr von langer Dauer sein.23

Bleibt noch die militärische Komponente: Hier bescheinigt Huntington dem Westen noch die besten Karten; der Westen, v.a. die USA, wird auch die nächsten Jahrzehnte militärisch dominieren, wenngleich die bisher genannten Faktoren (Bevölkerung, wirtschaftliche Stärke) sich auf lange Sicht auch negativ auf die militärische Schlagkraft auswirken werden. Obwohl die Sowjetunion als militärische Bedrohung nicht mehr existent ist, gibt es gerade in Asien eine Anzahl von Staaten die erheblich aufgerüstet haben oder dies gerade tun, während die NATO-Staaten eher der Abrüstung zugeneigt sind.24

Die Fakten sprechen in der Tat für Huntingtons These. Gleichzeitig beschreibt Huntington ein sich parallel zum Machtverfall des Westens abspielendes Phänomen, das einerseits durch die jahrzehnte- und jahrhundertelange Vorherrschaft des Westens bedingt ist, zur glei- chen Zeit aber selbst das Ende dieser Vorherrschaft bedingen könnte, und wiederum vom langsamen Verblassen dieser Vorherrschaft unterstützt wird. Es handelt sich dabei um das allmähliche Wiederaufkeimen bisher unterdrückter Kulturen, die unter der Zeit der westlichen Dominanz gelitten und nicht selten ihre eigene Kultur zugunsten einer westlichen Lebens- weise aufgeben mussten. Wenn der relative Machtanteil des Westens sinkt, steigt folgerich- tig gleichzeitig der Anteil an Territorium, Weltbevölkerung, Weltwirtschaft, militärischem Po- tential einiger oder vieler anderer Kulturen.

1.3.2 Kulturelle Bindungen als Ursache für Konflikte

Was nun das besondere an diesem verlagerten Machtgleichgewicht in der Welt ist, stellt gleichzeitig den Knackpunkt von Huntingtons Theoriegebäude dar: Die Macht verlagert sich in der Welt des 21. Jahrhunderts nicht mehr länger entlang ideologischer, wirtschaftlicher oder politischer, sondern entlang kulturell-ethnischer Grenzlinien25. Die Zeit der großen Ideo- logien ist mit dem Ende des Kalten Krieges endgültig vorüber26, und auch die erhoffte Eini- gung der Welt durch die globalisierte Wirtschaft hält nicht, was sie verspricht: »Handel ist kein Garant des Friedens«, »die Wirtschaft bringt die Menschen einander nicht notwendi- gerweise näher«, so Huntington in einem Interview27. Vielmehr werden Freund- und Feind- schemata sich in Zukunft anhand von kulturellen Zugehörigkeiten entscheiden. Das Fatale dabei ist die Unüberwindbarkeit dieser neuen Abgrenzungen; oder, wie Huntington es in Foreign Affairs sagt: »cultural characteristics and differences are less mutable and hence less easily compromised and resolved than political and economic ones«28. Ein Chinese wird nie zu einem Europäer werden können, daran hindert ihn schon allein die Hautfarbe. Er mag sich in Einzelfällen als Europäer empfinden, und man kann Huntington zurecht vorwerfen, er betreibe unnutze Polemik gegen Konzepte des Multikulturalismus, aber zunächst geben die reinen Tatsachen (Hautfarbe, Rasse etc.) ihm recht.

Wie aber kommt es gerade jetzt zu dieser Neuordnung der politischen Welt nach kulturel- len Gesichtspunkten? Zunächst spielt das Ende des Kalten Krieges eine Rolle: Seitdem sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges das bipolare Blockmodell herausgebildet und zum Dreh- und Angelpunkt jeder Interpretation der Machtverteilung in der Welt geworden war, überdeckte diese Betrachtungsweise viele schwelende oder offene Konflikte, die sich bereits damals entlang kultureller Scheidelinien abspielten. Diese wurden nach dem Ende der Bipo- larität endlich offensichtlich und werden laut Huntington in den kommenden Jahrzehnten die Geschehnisse in der Weltpolitik bestimmen29. Ein weiterer wichtiger Punkt sind die seit eini- gen Jahren immer heftiger werdenden negativen Reaktionen auf die dominante Position der westlichen Kultur, die sich in alle Kulturen hineingefressen hat und eine Zeitlang im Begriff war, diese von innen her auszuhöhlen. Unter dem Stichwort einer ›universellen Kultur‹, die in Wahrheit lediglich die westliche Kultur, ausgedehnt auf den ganzen Globus repräsentierte, versuchte der Westen seine Ideale auf den Rest der Welt zu übertragen.30 »The West in ef- fect is using international institutions, military power and economic resources to run the world in ways that will maintain Western predominance, protect Western interests and promote Western political and economic values«31. Was dem Westen Modernisierung ist, bedeutet für alle anderen Kulturen Imperialismus. Die natürliche Gegenreaktion ist irgendwann eine mehr oder weniger totale Abkehr von diesen westlichen Werten, die als Zeichen der Fremdherr- schaft gesehen werden, und eine Rückbesinnung auf eigene Werte, die sich »fundamental von westlichen Konzepten unterscheiden«32. Hinzu kommen wirtschaftlicher Aufschwung in vielen nichtwestlichen Gesellschaften, die Unabhängigkeit und Selbstbewusstsein stärken.

Wie aber gestaltet sich die neue Weltordnung? Nachdem Huntington betont, dass die sie- ben oder acht großen Weltkulturen (siehe 1.2.2) selbst keine handelnden politischen Einhei- ten sind und sein können33, werden weiterhin Staaten diese Rolle übernehmen, allerdings nicht mehr innerhalb einer uni- oder bipolaren Welt, sondern einer multipolaren. An die Stelle der Supermächte treten nunmehr die Kernstaaten der großen Kulturkreise. Diese Kernstaa- ten, die innerhalb ihres Kulturkreises eine herausragenden Machtposition inne haben, wer- den die Former der neue Weltordnung sein. Entscheidend sind dabei vor allem kulturelle Bindungen.34 Ordneten sich in der Zeit des Kalten Krieges die mittleren und kleineren Mäch- te entweder einem der beiden Blöcke zu oder blieben neutral, so wird sich eine entspre- chende Zuordnung in der Zukunft anhand der Kulturkreise beschreiben lassen: Ein Land kann, sofern es nicht Kernstaat ist, zum Beispiel Mitgliedsstaat eines Kulturkreises sein, d.h. sich vollkommen einem bestimmten Kulturkreis zugehörig fühlen; es kann ein einsames Land sein, das sich keiner der großen Kulturen zurechnet; es kann ein gespaltenes Land sein, wenn in ihm große Gruppen verschiedener Zivilisationen leben, oder gar ein zerrisse- nes Land, falls es eine Bevölkerung besitzt, die sich einem Kulturkreis zuordnen ließe, gleichzeitig aber die Führung des Landes das eigene Land einer anderen Kultur zuordnen möchte.35

Diese Neuordnung nach Gesichtspunkten der kulturellen und ethnischen Zugehörigkeit gründet sich in der natürlichen und grundsätzlichen Eigenschaft des Menschen, demjenigen eher zu vertrauen, der ihm selbst ähnlich ist. So wird ein Europäer immer eher dazu neigen, sich mit einem Nordamerikaner zusammenzuschließen, als mit einem Iraner oder einem In- donesier, einfach weil es leichter ist, demjenigen zu vertrauen, dessen Lebensgewohnheiten und Ausdrucksweisen man nachvollziehen kann.36 Und geht man von der Ebene des einzel- nen Menschen weg, hin zur politischen Ebene, so finden sich dort dieselben Muster: Aus einem natürlichen Hang des Menschen heraus, sich dem ihm ähnlichen leichter zu nähern, werden sich Staaten verwandter Kulturen sehr viel eher gegenseitig unterstützen als Staaten nichtverwandter Kulturen. Hinzu kommt eine gewisse Identitätssuche der Staaten, die gera- de nach dem Ende des Ost-West-Konflikts losgetreten wurde. Fühlten sich viele Staaten bislang sicher auf der Seite einer der beiden Supermächte, müssen sie nun nach dem Weg- fall dieser Orientierung, nach neuen Bündnispartnern, neuen Zuordnungspunkten suchen. Und diese werden, nach Samuel Huntingtons Überzeugung, kultureller Art sein. Das bedeu- tet, dass Staaten ihre Interessen in Zukunft noch viel stärker nach kulturellen Gesichtspunk- ten formulieren werden. »Handlungsmuster« werden »entscheidend von Kulturmuster ge- prägt« sein, und auch Freund- und Feindschemata werden in zunehmendem Maße von kul- turell-ethnisch-religiösen Faktoren bestimmt sein.37 Huntington misst dabei der Religion den wichtigsten Einfluss bei. Er diagnostiziert eine »weltweite Renaissance der Religion«, »die jeden Kontinent, jede Zivilisation und praktisch jedes Land erfasst« hat. Religion stellt seiner Ansicht nach den fundamentalsten Unterschied zwischen den Menschen dar und ist damit im Bewusstsein der Menschen entscheidender und untereinander verbindender bzw. trennen- der als Dinge wie Sprache, gemeinsame Geschichte, ethnische Verwandtschaft oder kultu- relle Institutionen.38

Ein Punkt, in dem Huntington oft nicht verstanden oder gar missverstanden wird, soll noch kurz geklärt werden: Huntington sagt nicht, dass kulturelle Bindungen in Zukunft die alleinige Ursache für Konflikte sein werden; vielmehr werden Staaten weiterhin nach Faktoren wie Macht und Sicherheit entscheiden, doch werden ethnische Belange in Zukunft noch entscheidender eine Rolle spielen, wenn es um die Frage geht, wie Staaten beispielsweise ihre Situation wahrnehmen, wie sie ihre Freunde und Feinde einschätzen, kurz: wie sie Macht und Sicherheit definieren und zu erreichen trachten.39

So treten wir derzeit in das Stadium des Clash of Civilizations ein, dem ›Zusammenprall der Kulturen‹, der nicht notwendigerweise in einem großen Kriege zweier oder mehrerer die- ser Kulturen enden muss, obwohl Gruppen verschiedener Kulturkreisen sich »fast niemals eng, sondern für gewöhnlich kühl und häufig feindselig«40 gegenüber stehen werden.

1.3.3 Die Kriege der Zukunft

Wie aber werden die Konflikte zwischen diesen Gruppen unterschiedlicher Kulturkreise aussehen? »The interactions between civilizations«, schreibt Huntington in Foreign Affairs, »vary greatly in the extent to which they are likely to be characterized by violence«41. Überhaupt sind die Konflikte in einer Welt des Clash of Civilizations schwer zu kategorisieren. Da jeder Kulturkreis seine eigene Art hat, mit Konflikten umzugehen (viel zitiert wurden die »blutigen Grenzen des Islam«42 ), wird die Ausgestaltung eines Konflikts sehr davon abhängen, welche Kulturen in ihn verwickelt sind.

Allgemein unterscheidet Huntington vor allem zwei Ebenen von Konflikten, zum einen auf der Mikro-, zum anderen auf der Makro-Ebene. Auf der Mikro-Ebene wird es vermehrt zu sogenannten lokalen Bruchlinienkriegen kommen, d.h. zu Auseinandersetzungen zwischen Gruppen unterschiedlicher Kulturkreise, die auf irgendeine Art aneinander geraten, z.B. in- dem ihre Grenzen gleichzeitig die äußeren Grenzen zweier Kulturkreise sind, oder indem innerhalb eines Landes Gruppen unterschiedlicher Kulturkreise leben. Bruchlinienkriege werden meist um die Kontrolle von Menschen oder eines umstrittenen Territoriums geführt. Sie sind extrem gewaltsam, da es auf beiden Seiten häufig um ideologisch besetzte oder symbolträchtige Dinge geht, die tief mit der ethnischen, kulturellen und/oder religiösen Identi- tät jeder der kämpfenden Gruppen verwurzelt sind. Sie dauern länger als gewöhnliche zwi- schenstaatliche Kriege und finden schwerer oder nie ein Ende, da es nicht um objektive Be- lange wie die Erweiterung von Einfluss oder die Erringung wirtschaftlich interessanter Gebie- te geht, sondern um subjektive Fragen der eigenen Gruppenidentität; sie finden fast immer zwischen Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit statt, die nicht so sehr um ma- terielle Dinge kämpfen, sondern im Prinzip um eine ›Wahrheit‹, die jede Partei für sich bean- sprucht, die tatsächlich aber gar nicht existiert. Bruchlinienkriege verlaufen unregelmäßig, kaum vorhersagbar und dauern oft als latenter Konflikt auch dann noch fort, wenn die Waffen schweigen. Das schließlich Fatale an diesen Bruchlinienkriegen ist die Tatsache, dass sie nicht partikularistisch sind, sondern in ihnen immer Gruppen kämpfen, die größeren Einhei- ten angehören, letztendlich einem der großen Kulturkreise. So werden, wann immer zwei Gruppen aus zwei unterschiedlichen Kulturkreisen gegeneinander kämpfen, ethnisch- kulturelle Loyalitäten wachgerufen, die bis hinauf zu den Kernstaaten der jeweiligen Kultur- kreise reichen können.43 Kommt es so weit, so sind wir auf der zweiten Ebene, der Makro- Ebene angelangt. Hier handelt es sich um sogenannte Kernstaatenkonflikte, die zwischen den mächtigsten Staaten der Kulturkreise ausgetragen werden. Diese Kriege werden um die klassischen Streitfragen wie Einfluss, militärische oder wirtschaftliche Macht, Wertevorstel- lungen oder Gebietsstreitigkeiten geführt; ein Unterschied zu bisherigen Kriegen liegt nur dann vor, wenn sich Staaten verschiedener Kulturkreise gegenüber stehen, denn dies be- deutet eine Verschärfung des Konflikts um die kulturelle Komponente. Allgemein werden Kernstaatenkonflikte eher die Ausnahme sein, wenn entweder Bruchlinienkonflikte eskalieren oder es zu einer Verschiebung des globale Machtgleichgewichts kommt. In der Regel wird die Welt viel mehr von unzähligen Bruchlinienkriegen geprägt sein, wo direkte Gewalt zur Anwendung kommt, wohingegen Kernstaatenkonflikte selten direkt gewalttätig sein wer- den.44

Auch auf die Frage, welche Kulturen denn am wahrscheinlichsten gegeneinander Krieg führen werden, gibt Huntington eine Antwort. Die größten Spannungen und Konfliktpotentiale sieht er zwischen dem Westen und allgemein dem ›Rest der Welt‹. Ursachen dafür sind vor allem die bereits genannte Vormachtstellung des Westens, die Gegenreaktionen provoziert, sowie der Anspruch des Westens, universell gültige Regeln aufzustellen. Am konfliktträch- tigsten ist dabei das Verhältnis des Westens zu China einerseits und zum Islam anderer- seits. »Die gefährlichen Konflikte der Zukunft ergeben sich wahrscheinlich aus dem Zusam- menwirken von westlicher Arroganz, islamischer Unduldsamkeit und sinischem Auftrump- fen«, so Huntingtons Aussage45. Für China spricht dessen wachsende wirtschaftliche Macht, die sich längst in nationales Selbstbewusstsein umgesetzt hat und militärische Schlagkraft mit sich zieht.46 Auf Seiten des Islam steht dessen ungebrochenes Bevölkerungswachstum bei gleichzeitiger tiefer Verwurzelung der Menschen in ihren religiösen Überzeugungen, der Glaube an eine Gottheit, die - wie das Christentum - nichts neben sich duldet.47

Samuel Huntington prophezeit nicht den unausweichlichen ›Kampf der Kulturen‹; aber er warnt die Entscheidungsträger vor den Gefahren ihrer Überheblichkeit (vor allem auf westli-cher Seite). Ein Krieg zwischen den großen Kulturkreisen ist »nicht unvermeidlich, aber auch nicht unmöglich«48. Auf jeden Fall wird der Westen Macht an andere Staaten verlieren, Staa- ten anderen Kulturen, und er wird sich mit den neuen weltpolitischen Konstellationen ausei- nandersetzen müssen. Er muss lernen, seinen Universalismus zu relativieren, um keinen interkulturellen Krieg zwischen Kernstaaten zu provozieren; zugleich müssen die anderen Kulturen lernen, sich zwar von westlichen Einflüssen zu befreien, wenn sie dies für nötig hal- ten, ohne gleichzeitig westliche Werte zu verteufeln und selbst dem Ethnozentrismus zu ver- fallen.

2. Kritik am ‚Clash of Civilizations’

Dass diese Thesen nach ihrer Veröffentlichung auf deutliche Kritik gestoßen sind, verwun- dert nicht, sind sie doch gewagt und durchaus provokativ. Im Folgenden sollen zwei Positio- nen der in Deutschland erschienen Kritik dargestellt sowie ein kurzer Abriss weiterer Kritiker gegeben werden.

2.1 Die Kritik Dieter Senghaas’

Dieter Senghaas, ein bekannter Kenner der Internationalen Politik und Vertreter der Friedens- und Konfliktforschung in Deutschland, hat sich bereits kurz nach dem Erscheinen von The Clash of Civilizations? in Foreign Affairs zu Huntingtons Behauptungen geäußert und Kritik daran geübt. Diese soll nun beschrieben werden.

2.1.1 Huntingtons Kulturbegriff

Senghaas übt zunächst allgemein Kritik an Huntingtons Kulturbegriff, der seiner Meinung nach nicht der Realität entsprechen kann. Kulturen seien als »nicht wandlungsfähig und ver- änderbar« dargestellt, der Autor unterstelle, sie blieben »untergründig konstant« und verar- beiteten »Außeneinflüsse so, dass Kontinuität obsiegt«49. Diese Annahmen wiederholen - so Senghaas - kulturessentialistische Auffassungen, in denen von Kulturen als homogene Ein- heiten ausgegangen wird, die in sich geschlossen und weitgehend unveränderbar sind. Hier krankt es schon allein an der Darstellung des Westens, der demzufolge immer schon für aufklärerische, individualistische, pluralistische etc. Ideale hätte einstehen müssen. In Wahr- heit haben sich diese Werte erst innerhalb einer Jahrhunderte langen Geschichte entwickelt und sind letztlich erst im 20. Jahrhundert vollends zum Tragen gekommen.50 Den holisti- schen Konzepten setzt Senghaas die »Vielgestaltigkeit jedes einzelnen Kulturbereichs«51

entgegen und wirft Huntington gleichzeitig vor, es gebe in seinem Buch keine tiefgreifendere Darlegungen der verschiedenen, von ihm genannten Kulturkreise. Die einzigen Ausnahmen stellen der Westen dar, dessen Grundwerte (siehe oben) relativ genau dargelegt werden, sowie der sinische Kulturkreis, über den einige Äußerungen gemacht werden. Über den Is- lam (also gerade jene Kultur, die für die meisten Kulturkriege verantwortlich sein wird) erfährt man fast nichts.52

Die Kritik ist nicht unberechtigt, wenn man sich Huntingtons Buch noch einmal durch den Kopf gehen lässt. Ohne allzu gehässig sein zu müssen, kann man sagen, dass der Leser in The Clash of Cilizations wenig über die chinesische, islamische, indische etc. Kultur erfährt, was er nicht auch aus den Abendnachrichten erfahren kann.

An diesen Punkt schließt auch der zweite Einwand Senghaas’ an: Obwohl der Begriff des ›Kulturkampfes‹ Thema des Buches ist und der Begriff ›Kultur‹ dementsprechend häufig auf- taucht, wird dennoch nicht wirklich erläutert, weshalb die Kernstaaten der Kulturkreise gera- de »aus kulturellen Gründen zusammenprallen müssen«. Auch wird die »Kampfneigung« der verschiedenen Kulturen nicht explizit angesprochen, d.h. die Fragen: Was veranlasst Kultu- ren zu einem bestimmten Konfliktverhalten? Und vor allem: Was hat das jeweilige Konflikt- verhalten mit den Eigenheiten der zugrundeliegenden Kultur zu tun?53 Auch dieser Punkt ist nicht von der Hand zu weisen. Wir erfahren zwar einiges über die bekannten ›blutigen Gren- zen des Islam‹ und auch China wird behandelt, aber vielfach gehen die Erläuterungen nicht über realpolitische Analysen der Beziehungen z.B. Chinas zu den anderen Großmächten wie Japan oder die USA hinaus. Kein Wunder: Wenn Huntington nichts über die tieferen We- senszüge seiner Kulturkreise sagt, kann er auch nicht ihr Konfliktverhalten daraus ableiten.

Doch Senghaas übt noch grundlegendere Kritik an Huntington, in der allerdings gewisse Grundauffassungen zum Tragen kommen, insofern die These Huntingtons und die Kritik Senghaas’ von vornherein auf unterschiedlichen Sichtweisen basieren, die kaum zu vereinen sind. Senghaas sieht Europa als Ausnahme, als den ersten Kulturkreis, der mit den »Herausforderungen einer sowohl materiellen als auch geisteigen Modernisierung« konfrontiert wurde.54 Hier spiegeln sich Auffassungen von der Modernisierung als kultur-unabhängigem Prozess, der nicht einer - d.h. der westlichen - Kultur eigen, sondern höchstens von dieser einen Kultur ausgelöst wurde, aber letztlich gültig für die ganze Welt ist.55 Diese Vorstellung offenbart sich bei Senghaas, wenn er schreibt:

»Ob [...] in Gesellschaften unterschiedlicher Kulturbereiche individualistische oder kollektivisti- sche Werte vorherrschen, lässt sich, je weiter der Modernisierungsprozess voranschreitet,kaum noch von der Werteorientierung der ursprünglich vorherrschenden Kultur erschließen [...]«56.

Für ihn ist offensichtlich, dass diese Modernisierungsprozesse weltweit zu einem Umbau herkömmlicher Gesellschaften führen, wobei nur das Tempo je nach Gesellschaft und dahin- ter stehender Kultur ein anderes ist. Innerhalb der Kulturen spielen sich, laut Senghaas, Kul- turkämpfe ab, allerdings nicht im Sinne von z.B. ethnischen Konflikte, sondern im herkömm- licheren Sinn: Kulturkämpfe als Auseinandersetzungen um Tradition oder Fortschritt, alten Idealen versus neuen Werten. Dies hat es auch in Europa über Jahrhunderte hinweg gege- ben und entstanden ist dabei - als »nicht intendiertes Ergebnis« - das heutige moderne westliche Gesellschaftsmodell. Der einzige Unterschied - so sieht es auch Senghaas - liegt in der Tatsache, »dass die Modernisierung im außerwestlichen Raum immer schon in einem internationalen Kontext, der durch Europa definiert wurde, abläuft«.57 Für Huntington ist ge- rade das der Knackpunkt. Eben weil diese Modernisierung aus dem europäisch-westlichen Kontext heraus entstanden ist, bleibt sie Resultat und Ausdruck dieser einen Kultur. Er orien- tiert sich sichtbar an Annahmen wie beispielsweise Oswald Spengler sie schon Anfang des 20. Jahrhunderts geäußert hat; in dessen Worten heißt es:

»Die Erfahrung lehrt weiterhin, dass die Zivilisation, welche heute die ganze Erdoberfläche ergriffen hat [das Abendland = die westliche Zivilisation], nicht ein drittes Zeitalter ist, sondern ein notwendiges Stadium ausschließlich der abendländischen Kultur, das sich von dem jeder andern nur durch die Gewalt der Ausdehnung unterscheidet«58.

Hier stehen sich zwei Annahmen gegenüber, die kaum auf einen Nenner zu bringen sind. Senghaas kritisiert in diesem Punkt kaum Huntington direkt, sondern vielmehr die gesamte Schule des Kulturrelativismus einerseits sowie sämtliche Vertreter einer rein westlichen Mo- derne andererseits.

Dennoch gibt Senghaas zu, dass »kulturelles Wiedererwachen« heutzutage ein Fakt ist, gerade in islamischen Gesellschaften. Gleichzeitig ist dieses Wiederwachen eine vorüberge- henden Erscheinung, sobald sich Entwicklungserfolge, beispielsweise wirtschaftlicher Art, einstellen, wie in China geschehen. Schlussendlich erteilt er der Vorstellung einer dauerhaf- ten und die Zeit überdauernden »Kulturseele« (auch dies ein Konzept, das bei Spengler von wesentlicher Bedeutung ist) eine klare Absage.59 Seine Bewertung der momentanen Situati- on gipfelt in der verglichen mit Huntington kaum weniger gewagten und provokanten These, sich gegenüberstehenden Auffassungen von (kultur-unabhängiger) Modernisierung einerseits und Amerikanisierung der Welt andererseits anhand von Elementen der Wahlkampfführung.

die Kulturen »im gängigen holistischen Sinne des Begriffes« seien heute in der Auflösung begriffen.60

2.1.2 ›Konstruierte Konflikte‹

Wenden wir uns vom Kulturbegriff ab, so führt uns das zu einem Kritikpunkt, der mehr mit den realpolitischen Aspekten von Huntingtons Theorie zu tun hat. Auch hierin findet Senghaas etliche Schwächen.

Zunächst stellt er die grundsätzliche - aber dadurch umso interessantere - Frage, ob denn der ›Zusammenprall der Kulturen‹ etwas so neues wäre oder ob nicht vielmehr gerade der von Huntington als großer Wendepunkt zwischen Ideologie-Kämpfen und Kulturkämpfen hingestellter Ost-West-Konflikt nichts anderes war, als ein ›Kampf der Kulturen‹.61 In der Tat kann man es so sehen, und Huntington liefert sogar die Unterlage für eine dementsprechende These, wenn er sowohl die westliche als auch die orthodoxe Kultur (mit dem Kernstaat Russland) als zwei seiner großen Kulturkreise definiert.

Aber Senghaas’ Kritik geht tiefer. Er stößt sich an Huntingtons Konzepten von Konflikten auf der Mikro- genauso wie auf der Makro-Ebene. Auf der Mikro-Ebene wendet Senghaas vor allem ein, dass ethnische Konflikte wie etwa im ehemaligen Jugoslawien selten religiöse Faktoren als Ausgangspunkte der Auseinandersetzungen hätte, sondern vielmehr soziale oder wirtschaftliche Schieflagen (z.B. Verteilungs- oder Verdrängungskonflikte) die Ursache solcher Konflikte seien. Es handelt sich dabei um die klassische Minderheitenproblematik, bei welcher der Kulturgehalt zwar »keineswegs zu leugnen«, jedoch lediglich ein Faktor un- ter vielen anderen ist, der außerdem nie am Anfang steht, sondern erst als verstärkendes Elemente auftritt, wenn der Konflikt längst losgetreten ist. Darüber hinaus macht es keinen Unterschied, welche Kulturen daran beteiligt sind, ihre spezifischen Eigenarten verändern nicht den Charakter dieser regionalen Konflikte.62

Senghaas’ Kritik setzt auch dort an, wo bei Huntington die regionalen ethnisch-kulturellen Konflikte auf die Makro-Ebene übergreifen. Dass regionale Auseinandersetzungen Loyalitä- ten bis zu den Kernstaaten der zugehörigen Kulturkreise wachrufen könnten, sieht Senghaas nicht; »geokulturelle Konfliktkonstellationen« sind laut ihm nicht erkennbar. Vor allem ist kei- ne konfuzianisch-islamisch »connection« offensichtlich, wie Huntington sie darlegt; dieses willkürliche Zusammenwürfeln von chinesischer und islamischer Kultur (die es darüber hin- aus als handelnde Einheit überhaupt nicht gibt, siehe Fußnote 13) ist konstruiert und entge- gen allen Beobachtungen anderer Fachleute und Analysten.63 So real Kulturkämpfe in der Welt von heute auch sind, so sind sie doch nur auf mittlerer und unterer Ebene existent bzw. finden viel eher innerhalb der genannten Kulturbereiche statt als zwischen ihnen64.

2.1.3 Ein Beispiel: Falsche Annahmen über der Islam

1995 veröffentlichte Senghaas einen Artikel, der sich konkret mit dem Islam auseinander setzte bzw. den falschen Annahmen, die der Westen allgemein und Huntington im spezifischen über den Islam hat65. Daher sollen im Folgende einige der oben genannten Kritikpunkte noch einmal anhand der islamischen Kultur erläutert werden.

Senghaas geht natürlich im Falle des Islam davon aus, dass auch hier die modernen Er- rungenschaften wie Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Wertepluralismus irgendwann gedeihen werden. Dies impliziert seine Frage: »Warum gestaltet sich der Brückenschlag zwischen Islam und Wertepluralismus so schwierig?«66. Er drückt damit aus, dass der prinzi- piell mögliche Wertepluralismus lediglich mehr Zeit braucht und mehr Mühe kostet, bevor er sich durchsetzen kann. Auch daher wirbt er für einen Dialog zwischen dem Westen und dem Islam, der für ihn bisher unter falschen Vorzeichen geführt wurde. Zum Beispiel befassen sich Wissenschaftler und Medien in der westlichen Welt zu einseitig mit dem Islam, indem sie immer nur auf das Phänomen des islamischen Fundamentalismus eingehen, anstatt sich beispielsweise mit Repräsentanten von Demokratie-Bewegungen auseinander zu setzen und ihre Arbeit zu bewerten oder sogar zu unterstützen.

Für die Kritik an Huntington relevant ist Senghaas’ Aussage, es bestehe heute »zwischen der islamischen und der westlichen Welt keine brisante Konfliktfront«. Konflikte bestünden viel eher innerhalb des islamische Bereichs bzw. der dazu zählenden Länder, und diese Konflikte seien weniger ethnisch bedingt als vielmehr von Auseinandersetzungen um Moder- nisierung, wie es sie - so Senghaas - auch in Europa während der vergangen fünf Jahrhun- derte gegeben hat. Diese Konflikte entbehren weitgehend einer »islamisch-christlichen Kom- ponente«. Auch Konflikte aufgrund von islamischen Minderheiten in westlichen Staaten sind nur marginale Erscheinungen, viel bedenklicher ist die Lage beispielsweise in Indien, wo sich die Spannungen zwischen islamischer Minderheit und hinduistischer Mehrheit sehr viel hefti- ger entladen.67

Den Islam als den potentiell wahrscheinlichsten zukünftige Gegner des Westens hinzustellen - wie Huntington es tut -, basiert also auf falschen Annahmen oder einer falschen Wahrnehmung, die den Tatsachen nicht entspricht.

2.1.4 Gegenthesen

Schließlich kann man aus Senghaas’ Kritik einige Gegenthese zu jenen Huntingtons herauslesen, von denen ein paar schon angesprochen wurden.

Die heute sichtbaren ethnisch-nationalistischen Bestrebungen innerhalb vieler Staaten bezeichnet Senghaas als »tertiären Entwicklungsnationalismus«, welcher aus dem »sekundären Entwicklungsnationalismus«, der Entkolonialisierung, resultiert68. Durch das Scheitern der Entkolonialisierung entsteht eine grundlegende »Auseinandersetzung über die Richtung der Entwicklung, ja über das Entwicklungsprojekt insgesamt«. Kultur kommt in Form einer Rekulturalisierung der Politik ins Spiel, weil sich so die Entwicklungskrise »symbolträchtig« ausdrücken lässt. Kultur ist eher ein Mittel zur Durchführung und Bewältigung von Entkolonialisierung. Ähnliches lässt sich auch innerstaatlich beobachten, wenn diskriminierte Minderheiten gegen die Mehrheitsbevölkerung rebellieren.

Noch einmal soll in diesem Zusammenhang erwähnt werden, dass Senghaas die Rückbe- sinnung auf die eigene Kultur eines Volkes ausdrücklich als modernes Phänomen sieht, das aus modernen Entwicklungskrisen resultiert, daher von vorübergehender Bedeutung ist und nachlässt, sobald die jeweilige Entwicklungskrise (natürlich im Sinne der Moderne) entschie- den ist.

Kultur ist für Senghaas letztlich nie Ursache für Konflikte, sondern stets nur Mittel zum Zweck. In seinen Worten:

»Kulturkonflikte entstehen [...], wenn in Ermangelung anderer Machtressourcen Sprache, Re- ligion und Geschichte gezielt mobilisiert und instrumentalisiert werden. Der Rückgriff auf die Quellen der Kultur findet in diesen Fällen nicht um der Quellen, sondern um der Macht willen statt [...]«.

Die Rolle des Westens ist dabei die eines Sündenbocks - allerdings erst, wenn westliche Werte und Institutionen nicht mehr als hilfreich angesehen werden. Dann werden gesell- schaftliche Probleme auf die westlichen »Transplantate« geschoben.69 Dieses Argument findet man übrigens auch - um noch einmal auf den Islam zu kommen - bei Bassam Tibi; dieser stellt fest, dass im falle des Islamismus die islamischen Fundamentalisten gerade die Kommunikationstechniken der Moderne sehr gerne nutzen, um ihre Botschaften zu verbrei- ten, während sich ihre Polemik gegen die kulturelle Moderne des Westens richtet.70

Dieter Senghaas’ Kritik am Clash of Civilizations ist durchaus stichhaltig und berechtigt; und er trifft Huntington an seinem schwächsten Punkt, der eigentlich sein stärkster sein soll- te: den Kulturkreisen selbst. Es wird offenbar, wie wenig Huntington auf die Eigenheiten die-ser Kulturkreise eingeht und dass sein Entwurf einer neuen Weltordnung an vielen Stellen zu verallgemeinernd ist.

2.2 Ein Gegenentwurf von Harald Müller

Aber sehen wir uns eine zweite Position an. Harald Müller hat 1999 einen - wie er selbst behauptet - ›Gegenentwurf‹ zu Huntington veröffentlicht, in dem er die eigenen Thesen denjenigen Huntingtons gegenüberstellt. Die wichtigsten sollen nun beschrieben werden.

2.2.1 Der ›kulturelle Faktor‹ als Ursache von Konflikten

Müller wendet sich gegen die Annahme Huntingtons, Kultur sei die in der Zukunft ent- scheidende Ursache von Konflikten. Gewaltsame Auseinandersetzungen finden nicht zum größten Teil entlang kultureller Scheidelinien statt, wohl aber entlang ethnischer. Wenn man sich auf Identität bezieht, dann steht für die Menschen weniger die Identifizierung mit einer kulturellen Gemeinschaften - dem ›Kulturkreise‹ in Huntingtons Worten - im Fordergrund, sondern vielmehr ist die kleinere ethnische Gemeinschaft der »Fokus von Identität«; hier könnten sich die Konflikte der Zukunft durchaus austragen. Die Wichtigkeit des ›ethnischen Faktors‹ ist in der Fachwelt allgemein anerkannt.71 Allerdings wird der ethnische Faktor nie alleinige Ursache für bestimmte Konflikte sein, er wird nicht einmal der ursächlichste Auslö- ser sein, wie Müller eindrücklich darlegt. Wenn Menschen sich vermeintlich in ihrer Identität bedroht fühlen, so resultiert dieses Gefühl des Bedrohtseins zunächst aus einer rein materiellen Bedrohung; »[n]icht die ›Identität‹ steht direkt auf dem Spiel, sondern die Lebensqualität, der Lebensstandard, ja die Deckung der dringendsten materiellen Bedürfnisse«. Dies geschieht durch wirtschaftliche oder politische Benachteiligung z.B. von Minderheiten, aber auch durch demographischen Druck oder ›ökologischen Stress‹. Immer wenn einzelne Gruppen sich in ihren essentiellen Lebensgrundlagen bedroht sehen, kann es geschehen, dass sie diese rein objektive, materielle Bedrohung in eine subjektive, ideelle Bedrohung ummünzen. Dann kann der ›kulturelle Faktor‹ den Konflikt natürlich erheblich verschärfen. Nicht anders sieht es mit religiösen Unterscheidungen aus; auch sie kommen erst im Nachhinein verschärfend hinzu und sind selten die einzige oder hauptsächliche Ursache von ethnischen Konflikten.72

2.2.2 Die politische Mobilisierung kultureller Themen

Was für Müller entscheidend ist, ist die Frage des Nutzens, den Menschen oder Gemein- schaften aus der »politische[n] Mobilisierung kultureller Themen« ziehen. Dies geschieht vor allem in gesellschaftlichen und/oder politischen Umbruchzeiten, in denen das Leben, wie man es bisher geführt hatte, von Veränderung bedroht ist. Müller unterscheidet drei Ebenen: die des einzelnen Menschen, die der Gesellschaft und die der politischen Eliten.73 Zunächst stellt Müller fest, dass kulturelle Werte immer dann eine ›Blütezeit‹ erleben, wenn in »Zeiten tiefgreifender gesellschaftlicher Krisen« »die Institutionen von Staat und Gesell- schaft nicht mehr in der Lage sind, die Grundbedürfnisse der ihnen anvertrauten Menschen zu befriedigen« (vgl. 2.2.1). Dies hat Auswirkungen auf die Identität der Menschen, da es die Weiterführung des Gewohnten - auch von allem, was Teil der Kultur dieser Menschen ist - nicht mehr zulässt. Heutzutage wird dieser Prozess vor allem durch die Modernisierung aus- gelöst, die sowohl die materiellen Lebensgrundlagen der Menschen angreift als auch ihre gewachsene Identität in Frage stellt und damit gewaltige Veränderungen in allen Gesell- schaften nötig macht. Dies wiederum erleichtert es dem sich bedroht fühlenden Individuum, die eigene Bedrohung einem ›Außen‹ zuzuschreiben: »Das Fremde wird zum Symbol des Bedrohlichen«. Wenn der einzelne zwischen Anpassung (total oder ausschnittsweise) an das Neue oder Beharrung auf dem Alten wählen kann, und sich für letztes entscheidet, liegt die Rückbesinnung auf ethnisch-religiöse Bezüge und Identitätsmuster nahe, um »die eigene Identität zu restabilisieren«.74

Aber auch für die Gesellschaft als ganzes, so Müller, können Themen wie Religion, Nation oder Rasse von entscheidender Bedeutung sein, wenn es beispielsweise darum geht, die Einheit einer in der Auflösung befindlichen Gesellschaft wiederherzustellen. Natürlich führt diese Form der Massenmobilisierung immer zu einer künstliche Einheit und ist nicht wirklich dazu geeignet, mit den Folgen von Modernisierung und Globalisierung umzugehen; dennoch stellt es sicher eine der - im ersten Moment - praktikabelsten Lösungen dar.75

Schließlich kann die Rekulturalisierung der Politik auch ein Mittel zur Herrschaftssicherung oder -erlangung sein, wenn die politischen Eliten sich ihrer als ein Mittel zum Machterwerb oder Machterhalt bedienen.76

2.2.3 Das Konzept des Kernstaates und das Konzept des Handelsstaates

Wenn wir uns nun von der politischen Thematisierung von Kultur wegbewegen, kommen wir zur politisch-strategischen Ebene von Kulturkonflikten. Hier wendet Müller sich vor allem gegen Huntingtons Konzept des Kernstaates und der darauf basierende Neugestaltung der Weltordnung. Die Vorstellung, einem kulturellen Kernstaat würden die kleineren Staaten desselben Kulturkreises quasi freiwillig nachfolgen und sich seiner Vormacht unterordnen, hält Müller für wenig realistisch. Es wiederspricht allen Erfahrungen aus der Vergangenheit, in der gerade solche Konstellationen nie eintraten. Als Hauptargument führt Müller das Si-cherheitsdilemma ins Feld: Aus diesem Grund formieren sich, wann immer ein Staat die Stel- lung des Hegemons in einer bestimmten Region anstrebt, sogleich Bündnisse gegen ihn, so dass ein Gleichgewicht zu seiner Macht hergestellt wird. Dies gilt auch bzw. gerade inner- halb der von Huntingtons genannten Kulturkreise, und nichts spricht dafür, dass dies durch kulturelle Bindungen nun plötzlich aufgelöst werden könnte. Würde ein Kernstaat erscheinen, so muss er, um stellvertretend für seinen Kulturkreise handeln zu können, dominieren; dies kann er, so Müller, auf wohlwollende Art und Weise tun, aber auch durch Pressionen; zwangläufig aber würden Koalitionen gegen ihn entstehen, die sich nicht so sehr um kulturel- le Scheidelinien scheren, sondern nichts im Sinn haben als die Begrenzung der Macht des einen Kernstaates. Dies wiederum würde entweder - falls sich kulturell homogene Koalitio- nen bilden - den Kulturkreis spalten, was im Clash of Civilizations nicht vorgesehen ist; oder es würden - falls Bündnisse über Kulturkreise hinaus entstehen - Staaten zusammenarbei- ten, die in Huntingtons Logik Feinde sein müssten. So kann das Konzept des Kernstaates allein aufgrund von realpolitischen Grundsätzen nicht überzeugen.77

Müllers Gegenentwurf zum Kernstaat ist der Handelsstaat als »Prototyp des modernen politischen Systems«; er wird den bisher üblichen Staat als Machtstaat ablösen. Die diesem Entwurf zugrunde liegende Dynamik beschreibt Müller wie folgt: Wenn Wohlfahrt in den Ge- sellschaften zum obersten Ziel erklärt wird, sehen die Staaten sich zur Kooperation gezwun- gen und tendieren zur Errichtung von internationalen Regimen, die den negativen Folgen des freien wirtschaftlichen Wettbewerbs entgegenwirken sollen; dies schafft letztlich eine internationale Ordnung, die sich auf den beiden Säulen der Außenpolitik des Handelsstaates begründet: Multilateralismus und Rechtsförmigkeit. Die Wichtigkeit von internationalen Re- gelwerken, Gesetzen und Streitschlichtungsverfahren wächst, internationale Organisationen gewinnen massiv an Bedeutung. Was entsteht, ist eine Welt, die durch wirtschaftliche Not- wendigkeiten zu mehr Einigkeit gezwungen wird.78

Dieses Konzept widerspricht natürlich Huntington grundsätzlich, auch wenn dieser die wirt- schaftlichen Verflechtungsmechanismen wohl gar nicht leugnen würde. Wohl aber würde Huntington sich gegen das dem Modell von Müller zugrunde liegende Menschen- und Ge- sellschaftsbild sträuben: Müllers Konstrukt des Handelsstaates setzt voraus, dass Probleme nur mehr eine rein rationale Behandlung erfahren, Geld und Wohlstand werden zum letzten und damit von allen subjektiven Bewertungen abgelösten Ziel (Geld hat keinen ideellen, sondern nur materiellen Wert). Huntington würde sich fragen, ob es nicht genügend Beweise dafür gibt, dass Wohlstand eben nicht unbedingt immer das Wichtigste für den einzelnen Menschen oder einzelne Gruppen von Menschen ist. Er würde argumentieren, dass es allen Grund gibt anzunehmen, dass ideelle Werte den Menschen oftmals wichtiger sind als mate-rieller Wohlstand (ausgeklammert muss natürlich jener Wohlstand sein, der das Überlebens- notwendige bereitstellt); er könnte auf islamische Fundamentalisten oder tibetische Mönche verweisen, die alle Werte jenseits des Geldes verfolgen und diese höher erachten als Wohlstand.

Hier spielen natürlich wieder die verschiedenen Vorstellungen von Modernisierung eine Rolle. Müller ist - ähnlich wie Senghaas - ein Verfechter des universalen Modernisierungs- gedanken, wenngleich er Moderne etwas weniger einseitig sieht als Senghaas. Ihm scheint eher bewusst zu sein, wie sehr die Merkmale der Moderne auf westlichen Errungenschaften und Werten basieren, und obwohl er eine Anpassung der anderen Kulturen an westliche Standards für machbar und notwendig hält, betont er, dass jede Kultur ihren eigenen Weg finden muss, dies zu tun79. Für ihn ist der Westen immer noch die vielversprechendste Regi- on der Zukunft und sein Zusammenhalt ist unabdingbar für eine friedliche Gestaltung der Zukunft. Er sieht auch, dass westliche Werte (er nennt vor allem die Ausbreitung der Demo- kratie80 ) sich momentan vor allem deshalb in der Welt verbreiten, weil der Westen eine ekla- tante Vormachtstellung einnimmt und sein Reichtum viele Staaten zur Nachahmung animiert. Er schreibt:

»Die fortgeschrittensten Vertreter anderer Regionen und Kulturen wünschen sich ab einem bestimmten Entwicklungsgrad, in diejenigen Institutionen einzutreten, die am stärksten mit dem Westen identifiziert werden«.81

Die ›Weltgesellschaft‹ ist für Müller ein nicht unrealistisches Zukunftsszenario, wenngleich der Weg dorthin noch lang ist. Die Gesellschaften »verflechten sich selbstständig am Staat vorbei«, u.a. bedingt durch revolutionäre Kommunikationstechniken, deren Bedeutung auch dadurch nicht geschmälert wird, dass sie momentan nur von einer kleinen elitären Schicht angewandt werden. Eine wichtige Rolle rechnet Müller den Nichtregierungsorganisationen zu, die das Heranwachsen einer »transnationalen, dialogbereiten Zivilgesellschaft« mitbewir- ken können.82

2.2.4 Eine andere Sicht des Islam

Auch auf den Islam - um erneut diesen Kulturkreis als Beispiel heranzuziehen - eröffnet Harald Müller dem Leser eine etwas andere Sicht, die einige Behauptungen Huntingtons relativiert.

Zunächst konstatiert Müller, dass es die von westlicher Seite oft unterstellte »Erbfeind- schaft« zwischen dem christlichen Westen und dem Islam nicht gibt, sondern dass die heute zu beobachtenden Ressentiments aus der Geschichte zu erklären sind. Die Jahrhunderte, in denen Invasion, Imperialismus, Kolonialismus und Unterdrückung von Seiten des Westen die Beziehungen zwischen den beiden Kulturen geprägt haben, haben tiefe Wunden hinterlassen, die heute noch nicht verheilt sind.83

Aber auch über den islamischen Fundamentalismus hat man im Westen (und anderswo) falsche Eindrücke. Er ist keineswegs die »natürlich Gestalt des Islam« und verdecke, dass der Islam an sich weder demokratie- noch menschenrechtsfeindlich ist. Es gibt durchaus Bemühungen um eine versöhnliche Verbindung zwischen Islam und westlichen Werten wie Pluralismus oder Demokratie, doch wird auch dies übersehen, wenn man sich einseitig auf das spektakuläre Phänomen des Fundamentalismus beschränkt, das alte Ängste und Feind- bilder zu bestätigen scheint. Und selbst innerhalb dieses Fundamentalismus muss beachtet werden, dass sich sein Kampf nicht in erster Linie gegen den Westen richtet, sondern in der Regel viel eher gegen jene Regierungen und Gesellschaften, »in denen die Islamisten agie- ren«. Darüber hinaus erfüllt der islamische Fundamentalismus eben jene Funktionen, die unter dem Stichwort der ›politischen Mobilisierung kultureller Themen‹ (siehe 2.2.2) bereits angesprochen wurden, er stellt also einen Weg dar, den modernitätsbedingten Verlust an (kulturell-ethnischer) Identität zu kompensieren, die Massen einer Gesellschaft zu mobilisie- ren oder die Macht bestimmter Herrschaftszentren zu sichern. Der Islamismus ist zudem kein »Naturgesetz«, sondern bisweilen wenig mehr als ein Minderheitenphänomen, dass bisher noch in jedem Land an eine Grenze der Akzeptanz und Beliebtheit gestoßen ist - wenngleich man seine Bedeutung selbstverständlich auch nicht marginalisieren darf. Schließlich wendet Müller sich noch gegen Huntingtons Argument, die Masse an überdurch- schnittlich jungen Menschen in islamischen Ländern, verschärfe den Konflikt; Müller betont, dass erfahrungsgemäß gerade junge Menschen eher bereit sind, Veränderungen wie sie beispielsweise die Modernisierung mit sich bringt zu akzeptieren.84

Auch auf realpolitischer Ebene hat Müller Ansichten über den Islam, die Huntington Kon- struktionen widersprechen. Huntington hält es offensichtlich für möglich bzw. natürlich, dass die islamischen Staaten letztlich gemeinsame, von ihrer Kultur geprägte Interessen haben und daher eine »islamische Internationale« durchaus denkbar ist. Dem widerspricht Müller entschieden: Von einer »islamischen Internationale« sei nichts zu entdecken, im Gegenteil herrsche in der Welt des Islam ein »erbitterter Streit um politischen Einfluss«, bei dem meh- rere Staaten gleichzeitig Führungsansprüche geltend machen. Der Islam ist hier vielmehr Instrument als Auslöser der Auseinandersetzungen, er ist »der religiös verbrämte Versuch, die eigene Machtsphäre zu erweitern«; entscheidend sind nicht Religion oder Ethnie, son- dern »Selbstbehauptungs- und Ausdehnungswillen«. Auch einen Kernstaat wird es in ab-sehbarer Zeit nicht geben, so dass eine ›islamische Einheitsfront‹ noch weniger realistischer ist.85

In einem letzten Argument richtet sich Müller gegen die These von den ›blutigen Grenzen des Islam‹. Ein etwas kritischer Blick auf die Statistiken offenbart, dass der Islam - verglichen mit den anderen Kulturkreise - die meisten Außengrenzen zu Lande hat, was bekanntermaßen eine gute Voraussetzung ist, um in möglichst viele kriegerische Auseinandersetzungen hineinzugeraten.86

2.2.5 Konflikte der Zukunft

Harald Müller beendet seinen Gegenentwurf mit einem Ausblick auf jene Konflikte, die sei- ner Meinung nach die Zukunft prägen werden. Er nennt zunächst den Terrorismus, dessen Brisanz sich durch die anhaltende Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und biologi- sche Waffen weiter erhöht; in seinem grenzüberschreitenden Wirken, zielt er auf die Beseiti- gung der bestehenden Ordnung(en). Wenngleich er im Westen nur eine randständige Er- scheinung ist, die den gefestigten Gesellschaftssystemen nicht viel anhaben kann, so ist er für die weniger gefestigten Staaten eine ernsthafte Bedrohung. Aber auch der sogenannte ›Umweltstress‹, also die Bedrohung der Lebensgrundlagen vieler Menschen durch die fort- schreitende Zerstörung der natürlichen Umwelt, nennt Müller als ein potentielles Konfliktfeld der Zukunft. Ebenso wirken die bedenkliche demographische Entwicklung und die u.a. dar- aus resultierende Migration.87

Was Harald Müller dem Leser präsentiert, ist kein komplettes Gegenmodell zu Huntington. Aber das wäre sicher auch kein vernünftiges Unterfangen. Vielmehr zeigt Müller uns anhand einzelner Punkte auf, dass Huntingtons Modell sich nicht überall mit der Realität deckt und man Geschehnisse auf dieser Welt durchaus auch anders interpretieren kann und teilweise auch muss.

2.3 Weitere Positionen und Kritikpunkte

Neben Dieter Senghaas und Harald Müller gibt es natürlich noch eine Unzahl anderer Au- toren auf der ganzen Welt, die sich zu Huntington geäußert haben. Ihre Hauptkritikpunkte sind aber im Großen und Ganzen dieselben oder ähnliche wie die der beiden deutschen Kri- tiker. Auch hier wird vor allem argumentiert, dass Modernisierung und Säkularisierung inzwi- schen von der westlichen Kultur abgekoppelte Prozesse sind88. Fouad Ajami resümiert: »The things and ways that the West took to ›the rest‹ […] have become the ways of the world«89.

Hier spiegeln sich erneut die fundamental unterschiedlichen Auffassungen von Modernisie- rung wider, die wir schon vorher gesehen haben (vgl. z.B. 2.1.1). Ein anderer Autor, Robert L. Bartley, meint in diesem Zusammenhang, der Westen habe nur sein Selbstvertrauen ver- loren, rede von verbleichender Macht, wo er in Wahrheit noch nie machtvoller war als heu- te90. Betont wird oft der wirtschaftliche Faktor, wie auch Müller ihn hervorhebt. In den Worten Ajamis:

»Huntington would have nations battle for civilizational ties and fidelities when they would rather scramble for their market shares, learn how to compete in a merciless world economy, provide jobs, move out of poverty«91.

Er fügt hinzu, dass auch in Zukunft Konflikte vor allem dann entstehen werden, wenn Staa- ten ihre Interessen bedroht sehen. Der Staat als Einheit steht für ihn weit über irgendeiner kulturellen Einheit im Sinne Huntingtons: »[C]ivilizations do not control states, states control civilizations«. An diesen Linien von auseinanderklaffenden Staatsinteressen werden sich Freundschaft und Feindschaft entscheiden; kulturelle Belange dienen höchstens als Vor- wand. Diese Feststellung gipfelt in der Aussage: »states will consort with any civilization, however alien, as long as the price is right and the goods are ready«.92 Diese Sichtweise korrespondiert mit Müllers Konzept des Handelsstaates, der in einer Welt agiert, in der das oberste Ziel eines jeden Staates der Wohlstand seiner Bürger sein wird. Eine andere Stim- me, diejenige von Liu Binyan, unterstützt diese Argumentation; viel entscheidender als kultu- relle, ethnische oder religiöse Bindungen seien der Wunsch nach Wohlstand und Freiheit93.

Weniger konträr als diese Stimmen aus Foreign Affairs ist die Meinung Bassam Tibis, der Huntington vor allem im Lichte des islamischen Fundamentalismus bewertet. Seine Sicht- weise ist durchaus interessant, denn er stimmt Huntington grundsätzlich zu, dass Zivilisati- onskonflikte die Konflikte der Zukunft sein werden, in denen vor allem die Religionen in einer zunehmend politisierten Version eine entscheidende Rolle spielen werden. Er wehrt sich allerdings gegen Huntington Prophezeiung einer ›neuen Weltordnung‹, da seiner eigenen Analyse zufolge eine ›neue Weltunordnung‹ sehr viel wahrscheinlicher sein wird. In einer Welt, die durch einen »weltanschauliche[n] Krieg der Fundamentalismen« geprägt sein wird (seine Variante des ›Zusammenpralls der Kulturen‹), werden jene Fundamentalisten kaum fähig sein, eine neue Ordnung herzustellen, wohl aber können sie innerhalb der bestehen- den Ordnung eine Menge Unordnung stiften. Er gibt Huntington auch insofern recht, als er den Islam als den »größten Herausforderer des Westens« bezeichnet, der aufgrund der uni- versellen Ansprüche beider Kulturen geradezu prädestiniert dafür ist, in Konflikt mit dem Westen zu geraten.94 Denjenigen, die einwenden, Islam und Christentum hätten durchaus eine gemeinsame Wertebasis, auf denen eine Verständigung möglich wäre, tritt Bassam Tibi entschieden entgegen, indem er meint:

»Zwar verfolgen die islamische und die westliche Zivilisation ähnliche Ziele - jede der beiden verfügt über eine auf Frieden, Ordnung und Gerechtigkeit bezogenen weltanschauliche Mora- lität -, doch driften beide völlig auseinander, wenn es darum geht, diese Ziele mit Inhalten zu füllen«95.

So sehen wir, dass es die unterschiedlichsten Wege gibt, auf Huntington zu reagieren und die Meinungen durchaus auseinanderdriften.

III. Schlussbetrachtung

Keiner der Kritiker Huntingtons konnte uns ein umfassendes Modell präsentieren, das er dem des Clash of Civilizations entgegen stellen könnte; immer nur erfahren wir Ausschnitte aus einer Welt der Zukunft, wie der jeweilige Autor sie sich vorstellt. Huntington selbst wirft dies seinen Kritikern vor, wenn er ihnen in seiner Antwort auf die Reaktionen zu seinem Arti- kel in Foreign Affairs die Frage stellt: »If not civilizations, what?«96. Wahrscheinlich aber ist die unschlüssigere Betrachtungsweise, die gar nicht erst versucht uns ein komplettes Welt- konzept aufzuzeigen, die ehrlichere, und ganz sicher ist sie realistischer als diejenige Hun- tingtons. Wie immer liegt die Wahrheit wahrscheinlich in der Mitte: Weder werden wir den ultimativen Kampf der Kulturen erleben, noch werden ethnisch-kulturellen Konflikte ver- schwinden. Huntington gebührt das Verdienst, auf diese Problematik in so aufsehenserre- gender Weise aufmerksam zu machen; in Zukunft werden hoffentlich zahlreiche Detailanaly- sen der verschiedenen Kulturen oder der bereits stattfindenden Auseinandersetzungen mehr Licht ins Dunkel bringen.

[...]


1 vgl. Nietzsche, Friedrich: Unzeitgemäße Betrachtungen. Zweites Stück: Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben. Kritische Studienausgabe (Band 1). München, 1999, S. 313. Das Original lautet: »Ueberstolzer Europäer des neunzehnten Jahrhunderts [...]«.

2 vgl. Huntington, Samuel P.: Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert. München, Wien, 1996, z.B. Kapitel 4, S. 117-136.

3 Zur Definition und Identifikation von Kulturkreisen siehe 1.2.

4 vgl. Huntington, z.B. S. 21-24.

5 vgl. ebd. z.B. S. 72, 414.

6 vgl. ebd. z.B. S. 291.

7 vgl. ebd. S. 21-24, 53-56.

8 ebd. S. 414.

9 ebd. S. 246-249.

10 vgl. ebd. S.57f.

11 vgl. ebd. S. 214.

12 vgl. ebd. S. 58.

13 Bassam Tibi beschreibt die ummah folgendermaßen: »Umma bedeutet im traditionellen Islam die Einheit aller Muslime. Die Kernbevölkerung des Islam, Araber, Türken und Perser, gehören zum Beispiel zur selben Umma, obwohl sie ethnisch, sprachlich und kulturell verschieden sind«. Siehe: Tibi, Bassam: Die neue Weltunordnung. Westliche Dominanz und islamischer Fundamentalismus. Berlin, 1999, S. 37.

14 vgl. ebd. S.58f., 281-286.

15 vgl. Huntington, S. 59.

16 vgl. ebd. S. 61.

17 vgl. ebd. S. 217.

18 Huntington, Samuel: The Clash of Civilizations? In: Foreign Affairs (72, Nr. 3, 1993), S. 23.

19 ebd. S. 39.

20 Huntington, S. 70.

21 vgl. z.B. Kennedy, Paul: In Vorbereitung auf das 21. Jahrhundert. Frankfurt am Main, 1996, S. 37-67.

22 vgl. Huntington, S. 123-126.

23 vgl. ebd. S.126-130.

24 vgl. ebd. S. 130-135.

25 vgl. ebd. S. 21.

26 vgl. ebd. S. 71f.

27 Joffe, Josef / Willms, Johannes: Konfuzius in Turnschuhen. Samuel P. Huntington im Gespräch über die Thesen seines Buches »Kampf der Kulturen«. In: Süddeutsche Zeitung vom 04.07.1997, S. 12.

28 Huntington in Foreign Affairs, S. 27.

29 vgl. Huntington, S. 20f., 415f.

30 vgl. ebd. S. 92f.

31 Huntington in Foreign Affairs, S. 40.

32 ebd.

33 vgl. Huntington, S. 56.

34 vgl. ebd. S. 246f.

35 vgl. ebd. S. 210-217.

36 vgl. ebd. S. 40.

37 vgl. ebd. S. 39, 202, 210.

38 vgl. ebd. S. 144, 414.

39 vgl. z.B. Joffe / Willms in Süddeutsche Zeitung vom 04.07.1997, S. 12.

40 Huntington, S. 331.

41 Huntington in Foreign Affairs, S. 34.

42 vgl. Huntington, S. 415.

43 vgl. Huntington, S. 332, 410-414.

44 vgl. Huntington, S. 332ff.

45 Huntington, S. 291.

46 vgl. Huntington, S. 311.

47 vgl. Huntington, S. 337.

48 Huntington, S. 496.

49 Senghaas, Dieter: Die fixe Idee vom Kampf der Kulturen. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft 2, 1997, S. 215-221. (Der Aufsatz findet sich auch in: Senghaas, Dieter: Zivilisierung wider Willen. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1998, S. 135-148.)

50 vgl. Senghaas, S. 7f.

51 Senghaas in Blätter für deutsche und internationale Politik, 1997, S. 218.

52 vgl. ebd. S.215f.

53 vgl. ebd. S. 216f.

54 Senghaas, S. 10.

55 vgl. z.B. Schulz, Winfried: Politische Kommunikation. Theoretische Ansätze und Ergebnisse empirischer For- schung zur Rolle der Massenmedien in der Politik. Opladen, Wiesbaden, 1997, S. 194. Der Autor erläutert die

56 Senghaas, S. 17.

57 vgl. Senghaas, S. 18, 37.

58 Spengler, Oswald: Der Untergang des Abendlandes. Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte. München, 1997, S.598.

59 vgl. Senghaas, S. 17f. sowie Senghaas in Blätter für deutsche und internationale Politik, 1997, S.220.

60 vgl. Senghaas, S. 48.

61 vgl. Senghaas, S. 156-159.

62 vgl. Senghaas in Blätter für deutsche und internationale Politik, 1997, S. 218ff.

63 vgl. Senghaas, S. 170f.

64 vgl. ebd. S. 189.

65 vgl. Senghaas, Dieter: Schluss mit der Fundamentalismus-Debatte! Plädoyer für eine Reorientierung des interkulturellen Dialogs. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft 2, 1995, S. 180-191. Auch dieser Artikel wurde später in Zivilisierung wieder Willen aufgenommen.

66 Senghaas, S. 73.

67 Senghaas in Blätter für deutsche und internationale Politik, 1995, S. 185.

68 Der Begriff ›Entkolonialisierung‹ ist hier etwas weiter gefasst, da Senghaas ihn auch auf Staaten wie Tsche- tschenien anwendet, jene Staaten also, die den Loslösungsprozess vom ehemaligen Sowjetimperium durchleben.

69 vgl. Senghaas, S.161-169.

70 vgl. Bassam Tibi, 1999, S. 51.

71 vgl. Müller, Harald: Das Zusammenleben der Kulturen. Ein Gegenentwurf zu Huntington. Frankfurt am Main, 1999, S. 74ff.

72 vgl. ebd. S. 78ff.

73 vgl. ebd. S. 72.

74 vgl. ebd. S. 58-62, 72.

75 vgl. ebd. S.65.

76 vgl. ebd. S. 67.

77 vgl. ebd. S. 43-46.

78 vgl. ebd. S. 48-57.

79 vgl. ebd. S. 56.

80 vgl. ebd. S. 54.

81 vgl. ebd. S. 202f.

82 vgl. ebd. S.52ff.

83 vgl. ebd. S. 140ff.

84 vgl, ebd. S. 145-155, 164.

85 vgl. ebd. S.159-164.

86 vgl. ebd. S. 13.

87 vgl. ebd. S. 214-223.

88 vgl. Ajami, Fouad: The Summining. ›But They Said, We Will Not Hearken.‹ In: Foreign Affairs (72, Nr. 4, 1993), S. 3.

89 ebd. S. 6.

90 vgl. Bartley, Robert L.: The Case for Optimism. The West Should Believe in Itself. In: Foreign Affairs (72, Nr. 4, 1993), S. 15, 17.

91 Ajami in Foreign Affairs, S. 5.

92 vgl. ebd. S. 6, 9.

93 vgl. Liu Binyan: Civilizations Grafting. No Culture is an Island. In: Foreign Affairs (72, Nr. 4, 1993), S. 20.

94 vgl. Bassam Tibi, 1999, S. 24f, 26, 76

95 Tibi, Bassam: Krieg der Zivilisationen. Politik und Religion zwischen Vernunft und Fundamentalismus. Hamburg, 1995, S. 33.

96 Huntington, Samuel P.: The Clash of Civilizations? In: Foreign Affairs (72, Nr. 3, 1993), S. 191.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
The Clash of Civilisations - Huntington und seine Kritiker
Hochschule
Universität Passau
Veranstaltung
Grundkurs Internationale Politik
Note
1,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
26
Katalognummer
V104268
ISBN (eBook)
9783640026210
Dateigröße
436 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Clash, Civilisations, Huntington, Kritiker, Grundkurs, Internationale, Politik
Arbeit zitieren
Stefanie Agerer (Autor:in), 2000, The Clash of Civilisations - Huntington und seine Kritiker, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104268

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