Soziogramm


Trabajo Escrito, 2001

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Extracto


1. Einleitung

Dieser Text soll verschiedene Methoden zur Erfassung der Struktur kleiner Gruppen aufzeigen, vor allem die graphische Darstellung solcher Gruppenbeziehungen in einem Soziogramm. In Gruppen können formelle und informelle Beziehungen vorhanden sein. Erstere sind Beziehungen, die durch ein festgelegtes und differenziertes Rollensystem zustande kommen, wie z.

B. Lehrer- - Schüler-, Mutter- - Kindverhältnis. Informelle Beziehungen können innerhalb dieser existieren und bezeichnen spontane Beziehungen. In allen Formen der Gesellschaft, in Menschen- und Tiergruppen und allen Stadien ihrer Entwicklung erscheinen zwei fundamentale Tendenzen: Anziehung und Abstoßung (vgl. Moreno, 1967, S.77). „Durch Anwendung der Soziometrie sollen zwischenmenschliche Präferenzen erfasst werden, die sich innerhalb der Struktur sozialer Systeme informell ergeben“ (Brüggen, 1974, V).

Für jeden, der sich mit Gruppen befasst ist es daher wichtig, die in einer Gruppe existierenden Strukturen zu erfassen und weiter zu verfolgen, um gezielt Maßnahmen anwenden zu können. Derartige Präferenzen kann man mit verschiedenen Arten von Soziogrammen erfassen, die ich hier vorstellen möchte. Obwohl ich mich vorwiegend auf Schulklassen beziehe, können die unterschiedlichen Varianten auf alle Arten von Gruppen übertragen werden.

2. Möglichkeiten der Analyse von Schulklassen

2.1 Beobachtungen

Gruppenstrukturen kann man erfassen, wenn man die Gruppe beobachtet. Um brauchbare Informationen zu gewinnen ist es wichtig, die Gruppe in natürlichen Situationen zu beobachten, „da sich das Sozialverhalten in künstlich geschaffenen Situationen, besonders wenn die Tatsache des Beobachtetwerdens allzu offensichtlich ist, verändert“ (Höhn/ Seidel, 1976, S. 15). Günstige Gelegenheiten wären „spontane Gruppierungen in Pausen oder auf dem Spielplatz, Kontakte auf dem Weg zur Schule oder zum Arbeitsplatz, Gruppenbildungen beim Sport oder bei Wanderungen, die Wahl von Sitznachbarn oder Arbeitspartnern, wenn sie freiwillig erfolgt, vor allem auch das Verhalten bei Gruppendiskussionen“ (Höhn/ Seidel, 1976, S. 15).

„Diese Beobachtungen“ ermöglichen „zwar eine gewisse Beurteilung der Stellung des Individuums innerhalb der Gruppe“ führen „jedoch nicht über Oberflächenbeurteilungen von Gruppen hinaus“ (Moreno, 1967,S.35), da man nicht weiß, auf welches Kriterium sich die Konfigurationen der Zu- und Abneigung beziehen. Daneben gibt es Gruppen, wie z.B. die von kleinen Kindern, die nur in Aktion studiert werden können, da sie „ihre Wahlen und Entscheidungen noch nicht durch die Sprache ausdrücken (...) können“ (Moreno, 1967, S. 35).

Der Nachteil der Beobachtungsmethode besteht nach Nehnevajsa darin, dass Verhaltensäußerungen „nur in sehr kleinen Gruppen oder aber mit einem unverhältnismäßig großen Beobachterstab beobachtet werden“ können (König, 1967, S. 228) und dass „bestimmte soziometrische Konfigurationen schwerlich direkt beobachtet werden können“ (König, 1967, S. 229). Nach Moreno können wir „die Haupttendenzen der sozialen Entwicklung eines Individuums weder durch die bloße Beobachtung noch durch eigene Teilnahme völlig verstehen“ (Moreno, 1967, S. 36).

Folglich wurden Befragungen entwickelt, um eine Gruppe möglichst objektiv zu erfassen.

2.2 Befragung

2.2.1 Wahlverfahren nach Moreno

Die bedeutendste Art der Befragung ist der soziometrische Test von Moreno, der weiter unten noch ausführlicher behandelt werden soll. Er beruht darauf, „daß ein Individuum die Teilnehmer für irgendeine Gruppe wählt, der es angehört oder angehören möchte. Da diese Wahlen von den Personen selbst bestimmt werden, wird jedes Individuum zum Teilnehmer. Auf diese Weise legt der Test die Beziehungen der einzelnen Personen zueinander frei und gibt somit ein Bild der Gesamtstruktur. Wir gewinnen Einsicht in die eigentliche Gruppenstruktur und nicht bloß in die von außen aufoktroyierte Struktur (...). Der soziometrische Test verbindet und vergleicht seine Ergebnisse immer mit den Methoden der äußeren, teilnehmenden Beobachtung und des Interviews“ (Moreno, 1967 , S. 36f).

2.2.2 Soziographischer Test von Bullis - Seelmann

Eine weitere Methode zur Analyse von Schulklassen ist das Klassensoziogramm von Bullis-Seelmann oder auch „der soziometrische Test“ genannt. Er tritt „als ausgebauter Wahltest auf“, bei dem den Schülern folgende 9 Fragen zur schriftlichen Beantwortung vorgelegt werden:

1. Welchen Mitschüler wählst du bei der nächsten Wahl zum Klassenführer?
2. Welchen wählst du zum Stellvertreter?
3. Wenn ihr in eurer Klasse eine Schulkasse hättet, welchen von deinen Mitschülern würdest du zum Kassierer und Verwalter der Klassenkasse aussuchen?
4. Wenn dir deine Mutter erlauben würde, einen oder mehrere Mitschüler zu deiner Geburtstagsfeier einzuladen: wen würdest du da einladen? (Du kannst einen oder bis zu vier Mitschüler aufschreiben!).
5. Denk einmal nach: welchen von deinen Klassenkameraden würdest du fragen, wenn du mit deiner Hausaufgabe allein nicht zurecht kommen würdest? Nimm einmal an , du müßtest eine schwere, vielleicht sogar gefährliche Arbeit machen und brauchtest dazu eine Hilfe. Wüßtest du jemanden in der Klasse, den du um Hilfe bitten könntest?
6. Wer in der Klasse ist besonders begabt? Wer kann und weiß in irgendeiner Sache besonders viel? Denke auch an Sport, an Zeichnen und Malen, an Musizieren oder an irgendein anderes Fach. Wenn du den Namen aufschreibst, so schreibe bitte dazu, auf welchem Gebiet der aufgeschriebene Schüler viel weiß oder kann.
7. Schreibe den Namen des Schülers aus deiner Klasse auf, der dir als der kameradschaftlichste erscheint.
8. Welchen von deinen Mitschülern hältst du für den freigiebigsten?
9. Wer in der Klasse ist dein bester Freund?

(Engelmayer, 1968, S. 40)

„Der leitende Fragegesichtspunkt ist der der sozialen Wertschätzung. Dabei ist die Art, wie die Frage an konkrete Situationen des Schullebens angeschlossen wird, pädagogisch und psychologisch vortrefflich“ (Engelmayer, 1968, S. 40). Für die Auswertung benützt man die Soziomatrix, die später noch beschrieben wird. An Hand dieser kann man „eine Klassenplazierung“ festlegen, die besagt, wie oft der einzelne unter sehr verschiedenen Gesichtspunkten Beachtung erfahren hat. „Der Test eignet sich gut für eine Reihenuntersuchung in der Klasse (und) kann als wertvolle Vertiefung einzelner diagnostischer Ergebnisse der Soziographie angesehen werden“ (Engelmayer, 1968, S. 41).

2.2.3 Charakterologisches Soziogramm von E. Wartegg

Neben diesen Methoden zur Erfassung von Gruppenstrukturen gibt es auch noch das charakterologische Soziogramm der Klasse von E. Wartegg. Dieser vertritt einen dynamischen Gruppenbegriff und ist der Meinung, dass man die Position einer Person in einer Gruppe umso genauer feststellen kann, je mehr Kriterien man bei der Befragung berücksichtigt. Seine Fragen beziehen sich auf :

1. Die gefühlsmäßige Resonanz, in der jeder mit jedem steht.
2. Schätzurteile über den Partner als Leistungspersönlichkeit.
3. Die charakterliche Bewertung eines Schülers.
4. Die Beurteilung der Gesamtpersönlichkeit nach ihrer Wesensdominante und Werthaltung.

(Engelmayer, 1968, S. 42ff.)

Für diese Fragen hat er ein Schema entwickelt, in das jeder Schüler zuerst die Namen der Mitschüler in der Reihenfolge des Einfalls eintragen soll. Anschließend geht der Tester einen Fragegesichtspunkt nach dem anderen durch, wobei jedesmal der Eintrag für eine ganze Reihe erfolgt. Um den Rangplatz eines jeden Schülers zu bestimmen, muss er die positiven und negativen Antworten jedes Schülers addieren. Beim Vergleich des WSS (Wartegg Schulklassen-Soziogramm) mit den zwei vorher genannten Methoden stellt man fest, dass das WSS „höhere Anforderungen an Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer und Kritikfähigkeit“ an den Schüler stellt, weil die Durchführung langwieriger ist und die Antworten Werturteile über die Mitschüler sind. Folglich ist dem WSS eine altersmäßige Begrenzung nach unten gesetzt (Engelmayer, 1968, S. 46).

3. Datenerhebung

3.1 Durchführung der Befragung

Nachdem verschiedene Methoden zur Erfassung von Gruppenstrukturen vorgestellt wurden, möchten wir uns im folgenden Text wieder auf den soziometrischen Test von Moreno beziehen. Mit Hilfe des Testes werden die Sympathien und Antipathien der Personen untereinander festgestellt, die über die Beziehungen in einer Gruppe Aufschluss geben. Voraussetzung für „eine derartige Wahl ist ein bestehender sozialer Kontakt in der Schulklasse“ und die „Urteilsreife und Urteilsfähigkeit der Schüler“, die ab dem Grundschulalter gegeben ist (Brüggen, 1974, S. 8f).

3.1.1 Kriterium der Wahl

Da nach Nehnevasja „je nach den Zwecken der Zusammenschlüsse von Menschen unterschiedliche soziometrische Wahlkonfigurationen entstehen“ (König, 1967, S. 228) möchte ich mich zunächst auf die Wahl des Kriteriums beziehen. Dieses macht einen Test zum soziometrischen, der folgendermaßen definiert ist: „Ein Test kann nur dann soziometrischer Test genannt werden, wenn er versucht, die Gefühle zwischen den Individuen zu bestimmen und dabei auf ein bestimmtes Kriterium Bezug nimmt“ (Moreno, 1967, S. 40). „Die an kein bestimmtes Kriterium gebundenen Sympathien und Antipathien können nämlich nicht analytisch differenziert werden“ (S. 41). Um brauchbare Informationen zu erhalten, sollte die Wahl „Ernstcharakter“ besitzen, d. h. die Schüler sollen wissen, dass sich an Hand ihrer Wahlen in Zukunft etwas verändert. Die Frage sollte außerdem sinnvoll und überzeugend sein und an eine häufig beobachtete Interaktion der Schüler anknüpfen (vgl. Petillon, 1980, S. 83). Je nachdem, welche Strukturen in einer Klasse erfasst werden sollen, wählt man ein bestimmtes Kriterium aus. Für die Beliebtheitsstruktur könnte man z. B. das Kriterium Sitznachbar, für die Kommunikationsstruktur z. B. die Wahl von Gesprächsgruppen und für die Entscheidungsstruktur z. B. das Kriterium Klassensprecher verwenden (vgl. Petillon, 1980, S. 84). „Bei jüngeren Kindern spielt das Wahlkriterium nur eine geringe Rolle. Ihre Zu- und Abneigungen sind noch recht komplexer Natur, so daß die Urteile beliebt, hübsch, klug, tüchtig noch kaum getrennt werden. Etwa von 10 Jahren an differenzieren sich jedoch die Urteile, es kann sehr wohl zwischen Beliebtheit als Arbeitspartner und Beliebtheit als Freizeitpartner und zwischen der Eignung für verschiedene „Spezialistenrollen“ unterschieden werden, so daß die Ergebnisse nur einer Befragung nicht ohne weiteres verallgemeinert werden können“ (Höhn/Seidel, 1976, S.17). Einige Autoren empfehlen daher möglichst mehrere Wahlen mit verschiedenen Kriterien durchzuführen. Will man allerdings die Entwicklung einer Gruppe verfolgen, so könnte man die Wahlen mit demselben Kriterium periodisch wiederholen (Höhn/Seidel, 1976, S. 17).

3.1.2 Begrenzung der Wahl

Im Zusammenhang mit der Frage nach dem Kriterium der Wahl, stellt sich auch die Frage, ob man die Anzahl der Nennungen für die positive und negative Wahl begrenzen oder es den Schülern freistellen soll, einen, zwei, drei oder beliebig viele Schüler, z. B. bei der Wahl des Banknachbarn anzugeben.

W. D. Oswald hält „drei positive und eine negative Wahl“ für zweckmäßig (1977, S. 57). Dagegen schlagen Höhn und Seidel vor, „die Zahl der Nennungen (...), um auch die Enge oder Weite der sozialen Kontaktfähigkeit feststellen zu können“ (Höhn/Seidel, 1976, S. 20) freizustellen. Weitere Nachteile der begrenzten Wahl sind folgende:

- der Schüler, der sehr viele Sozialkontakte bevorzugt, wird durch eine Wahlbegrenzung gezwungen, aus einer Gruppe von Mitschülern, die er alle gleichermaßen schätzt, eine willkürliche Auswahl zu treffen, während der Schüler, der nur sehr wenige Mitschüler akzeptiert, zu einer willkürlichen zusätzlichen Benennung veranlaßt wird (vgl. Höhn/Seidel).
- „durch die Wahlbegrenzung können sog. Erhebungsartefakte entstehen, d. h. bestimmte Strukturelemente treten nur deshalb auf, weil den Schülern eine ganz bestimmte Anzahl von Wahlen vorgeschrieben wurde. so könnte z.B. ein Schüler als Außenseiter registriert werden, weil er keine einzige Wahl erhalten hat; in Wirklichkeit wäre er von vielen Mitschülern an vierter Stelle genannt worden, wenn man nicht eine Begrenzung auf drei Wahlen vorgeschrieben hätte“

(Petillon, 1980, S. 85).

3.1.3 Negative Wahl

Außerdem ist zu überlegen, ob der Test auch die Antipathien der Schüler erfassen soll. Wenn dies der Fall ist, wird noch eine Frage hinzugefügt, die sich, je nach dem gewählten Kriterium, auf diejenigen Mitschüler bezieht, die der Schüler z. B. nicht so gern in seiner Arbeitsgruppe hat oder neben denen er nicht unbedingt sitzen möchte. Diese negativen Wahlen sind „psychologisch und pädagogisch gesehen der Sorgenpunkt der Veranstaltung“ (Engelmayer, 1968, S. 24). Manche Testautoren glauben, Ablehnungen „durch eine Befragung ins Bewußtsein zu heben und damit womöglich zu verstärken“ (Höhn/Seidel, 1976, S. 18). Dies ist allerdings nach Engelmayer, der auf Moreno und O. Döring zurückgreift, nicht der Fall, weil „die Fähigkeit und Geneigtheit zu negativen Wertungen früher und sicherer wach ist als die zu positiven“ (Engelmayer,1968, S. 24). Außerdem wäre es ein „Verkennen der Realität (...) die Existenz negativer Gefühle zu negieren. Vielmehr sollte das Ziel sozialer Erziehung darin bestehen, „die Formen der Ablehnung zu humanisieren und zum anderen, die Gruppe zum kritischen Nachdenken über die Hintergründe ihrer Abneigungen zu bringen“ (Höhn/Seidel, 1976, S. 18). Trotzdem wird darauf hingewiesen, die negative Wahlfrage behutsam anzuregen und den Schüler auf keinen Fall zur Abgabe seiner Antipathien zu zwingen (Höhn/Seidel,1976 S. 18; Engelmayer, 1968, S. 24).

3.1.4 Anweisung

Nachdem sich derjenige, der eine Gruppe soziometrisch erfassen möchte, mit der Gestaltung des Fragebogens beschäftigt hat, steht die Anweisung für die Gruppe im Mittelpunkt. Wichtige Merksätze nach Engelmayer - in Anlehnung an H. Jennings sind folgende:

1. Der Lehrer muß sich hüten, suggestiv zu wirken und die Beachtung bewußt oder unbewußt in eine bestimmte Richtung zu drängen.
2. Es muß gelingen, Interesse und eine gewisse Begeisterung für die Sache zu wecken.
3. Die Frage so fassen, daß alle Kinder verstehen, wozu die Ergebnisse verwendet werden sollen.
4. Es müssen bindende Angaben darüber gemacht werden, wann und wie sich die Neuordnung auf Grund der Testergebnisse auswirken wird.
5. Es ist notwendig zu betonen, daß sich die Wahl auf jeden Jungen und jedes Mädel bezieht, um nicht von vornherein in eine bestimmte Richtung abzudrängen.
6. Genügend Zeit lassen!
7. Negative Wahlen dürfen auf keinen Fall aufgenötigt werden. Das gleiche gilt für die Motivation.

(Engelmayer, 1968, S. 26)

Wenn man alle diese Punkte berücksichtigt, könnte eine Anweisung nach H. Jennings folgendermaßen lauten:

„Wir brauchen jetzt Arbeitsgruppen für dieses und jenes Problem (...).

Jeder von Euch weiß, mit wem er am liebsten zusammenarbeiten möchte. Es können dieselben sein, mit denen Ihr in anderen Klassen zusammenarbeitet, es können aber auch andere sein. Denkt also daran, daß wir jetzt gerade über Sozialkunde sprechen. Setzt Eure Namen oben auf die Seite; Nr. 1, 2, 3 auf die Linie darunter. Hinter 1 setzt den Namen eines Jungen oder eines Mädels, mit dem Ihr am liebsten zusammenarbeiten wolltet, hinter 2 Eure zweite und hinter 3 Eure dritte Wahl. Ich will dann die Wahl im Auge behalten und die Arbeitsgruppen so einrichten, daß jeder mit einem oder mehreren der drei Genannten zusammensein kann. Denkt daran, daß Ihr auch Jungen und Mädel, die heute gerade nicht anwesend sind, wählen könnt. Schreibt die Nach- und Vornamen auf, so daß ich sicher weiß, wen Ihr meint. Wie üblich werden wir in diesen Arbeitsgruppen wahrscheinlich etwa acht Wochen arbeiten oder bis Weihnachten.

Jeder von Euch weiß wohl auch, ob es irgend jemanden gibt, mit dem er sich in einer Arbeitsgruppe unbedingt unbehaglich fühlen würde, der vielleicht ebenso ihm gegenüber empfindet. Ich kann Eure Arbeit so einrichten, daß wir das vermeiden. Gibt es jemanden, mit dem Ihr lieber nicht zusammen wäret oder der nach eurer Meinung so Euch gegenüber empfindet, schreibt den Namen unten auf den Zettel. Gibt es niemanden, dann laßt die Stelle leer“ (Jennings, 1951, S. 20f).

Wie in dieser Anweisung deutlich wurde, gibt es Wahlen, die die Intensität einer Anziehung und Ablehnung - durch die Nennung in einer bestimmten Reihenfolge - verdeutlichen und solche, die sich nur auf die Richtung der Wahlen beziehen, d. h. wer wählt wen? (vgl. Nehnevajsa in König, 1967, S. 229). Im Bezug auf die Zeit, die dem einzelnen Schüler zur Beantwortung der Frage(n) zur Verfügung steht, vertreten einige Testautoren nur eingeschränkt die Meinung Jennings. Die Bearbeitungszeit für den Fragebogen soll der Altersstufe zwar angemessen, jedoch nicht zu reichlich bemessen werden, „da gerade bei den Wahlen die Spontaneität entscheidend ist“

(Brüggen, 1974, S. 16; Höhn, 1976, S. 20).

3.1.5 Wahl und Motivation

Jetzt möchte ich noch einmal auf die Wahl und die Motivation eingehen.

Engelmayer würde zur Jenning`schen Anweisung noch folgendes hinzufügen:

„Nun habe ich noch eine Bitte: Seid doch so freundlich und schreibt hinter jeden Namen, warum Ihr den Kameraden gewählt oder abgelehnt habt. Ich glaube, da kann ich mir ein klareres Bild machen und Euch besser verstehen. Solltet Ihr mit dieser Angabe aber besondere Schwierigkeiten haben, dann muß es allerdings auch ohne sie gehen“ (Engelmayer, 1968, S. 21). Man läßt die Wahlen häufig begründen, um auch Beziehungen und Rangordnung in einer Gruppe erklären zu können. Diesen darf man allerdings keine allzu große Bedeutung beimessen, da „nicht immer die tatsächlich wirksamen Gründe genannt werden, sei es, daß der Wähler sie nicht angeben kann oder nicht angeben will“ (Höhn/Seidel, 1976, S. 18).

Die Wahl selber setzt die Fähigkeit voraus, „sich aus dem bloßen Dahinleben und Mitleben in der Gruppe zu lösen, kritisch von sich selbst Abstand zu gewinnen und sich über die eigenen Wertschätzungen zu vergewissern“ (Engelmayer, 1968, S.21). Folglich sollte das Kind eine gewisse Urteilsfähigkeit und Urteilsreife haben, damit es je nach dem vorliegenden Kriterium Urteile über sich und über andere fällen kann. D. h. der Wähler sollte sich im Klaren sein, welcher Schüler ihm zu diesem Zweck am geeignetsten erscheint. Um diese Urteilsreife voraussetzen zu können, nimmt man das Grundschulalter als untere Grenze. Für richtige und brauchbare Ergebnisse ist es wichtig, dass die Schüler den Zweck der Befragung kennen und dass sie dem Lehrer vertrauen können, dass die Nennung der Namen geheim bleibt.

3.1.6 Konstanz der Wahl

Im Bezug auf die Durchführung der Wahl möchte ich noch auf die Konstanz der Wahlen eingehen. Wie weiter oben schon gesagt, liefert der soziometrische Test nur eine Momentaufnahme der Klasse, die sich aus den spontanen Äußerungen der Schüler ergibt. Dabei wurde festgestellt, dass die Wahlen um so mehr flukturieren, je jünger die Kinder sind (Engelmayer, 1968, S. 24). Deshalb müsste der Tester die Wahlen nach ein paar Monaten wiederholen, um die Entwicklung der Gruppe verfolgen zu können und um ein aktuelles Bild der momentanen Gruppenstruktur zu erhalten.

3. 2 Verarbeitung des Untersuchungsmaterials

Nachdem die Schüler ihre Wahlen abgegeben haben, verarbeitet man die Ergebnisse in einer Soziomatrix. Das ist eine Tabelle, in die man einträgt, wer wen an wievielter Stelle wählt oder ablehnt. Folgendermaßen ordnet man die Tabelle an: in eine vertikale Spalte schreibt man die Namen der Wähler und - in der gleichen Reihenfolge - in eine horizontale Zeile die Namen der Gewählten. Anschließend geht man Wähler für Wähler durch und macht z. B. bei den gewählten Personen ein Plus- und bei den Abgelehnten ein Minuszeichen. Wenn zusätzlich die Reihenfolge mitberücksichtigt werden soll, könnte man die Wahlen so gewichten: 3 Punkte für die erste Wahl, 2 für die zweite, 1 für die dritte und weitere Wahlen, sowie - 3 Punkte für die erste Ablehnung, - 2 für die zweite und - 1 für die dritte und weitere Ablehnungen (vgl. Höhn/Seidel, 1976, S. 20). Außerdem legt man unten noch zwei Zeilen an, in der die erhaltenen negativen und positiven Wahlen aufgelistet werden und rechts 2 Spalten mit den abgegebenen Wahlen und Ablehnungen. Diese Ergänzungen sind besonders hilfreich für die qualitative und quantitative Auswertung. Für die graphische Darstellung sind sie auch nützlich, da es bei den drei Arten von Soziogrammen, die hier vorgestellt werden, wichtig ist, zu wissen, wer diejenigen, die oft gewählt und diejenigen, die häufig abgelehnt werden, sind.

4. Verfahren der graphischen Darstellung

4.1 Morenosoziogramm

Die Grundidee des Morenosoziogramms ist die, dass alle Individuen einer Gruppe - je nach den Wahlen und Ablehnungen - durch Linien miteinander verbunden werden und man daran die Struktur der jeweiligen Gruppe erkennen kann. Dies schaut folgendermaßen aus: das Symbol für Mädchen ist ein Kreis oder kleine Buchstaben und für Jungen ein Dreieck bzw. große Buchstaben für den Namen. Ein durchgezogener Pfeil auf einen Mitschüler bedeutet Anziehung und ein gestrichelter oder andersfarbiger Ablehnung. Wenn sich Schüler gegenseitig wählen oder ablehnen, so wird die Linie jeweils verstärkt. Für die Anordnung der Schüler ist es sinnvoll, mit dem am häufigsten gewählten Kind zu beginnen. Es gibt dafür allerdings „weder Schema noch Norm (...). Maßgebend für die Anordnung ist die soziale Distanz: sozialintensive Gruppenmitglieder mit viel passiver und aktiver Bindefähigkeit werden mehr nach innen, bindungsschwache Glieder, unbeachtete und isolierte Personen, auch abgesetzte Kleingruppen mehr nach außen, an den Rand des Verbandes gerückt“ (Engelmayer, 1968, S. 27).

Weitere Konstruktionsprinzipien, die nach Petillon (1980, S.120) beachtet werden sollen sind folgende:

- Keine Linien sollen durch das Symbol eines Gruppenmitglieds gehen.
- Beziehungslinien sollen vom Mittelpunkt des „Ausgangssymbols“ auf den Mittelpunkt des Zielsymbols gerichtet sein.
- Die Anzahl der Überschneidungen soll möglichst gering sein.
- Regelmäßige geometrische Figuren (Dreieck, Quadrat, Rechteck) sind zu bevorzugen

Auf die speziellen Strukturformen, die aus dem Soziogramm ersichtlich werden gehe ich bei der qualitativen Analyse des Soziogramms ein.

4.2 Zielscheibensoziogramm

Eine weitere Methode, die Wahlen darzustellen, ist das Zielscheibensoziogramm von Northway. Die Idee seines Soziogramms ist die, dass man die Rangplätze der einzelnen Personen sofort ablesen kann. Er benutzt dazu vier konzentrische Kreise. In den innersten wird „das Viertel der Personen mit den meisten Stimmen, in den nächsten Ring das Viertel mit den nächsthohen soziometrischen Rängen usw.“ eingetragen (Höhn/Seidel, 1976, S. 30). Nachteil dieser Darstellung ist allerdings, dass die Struktur der Gruppe unübersichtlich wird, wenn man diese Methode mit dem Netzwerkverfahren kombiniert. Diesen Nachteil versucht Engelmayer in seiner Karte der Klasse (Sk 2) zu umgehen, indem er die abgegebenen Wahlen vernachlässigt. Folglich kann man aus dieser Karte nur die soziometrischen Ränge ablesen.

4. 3 Darstellung in einem Koordinatensystem

Ein weiterer Versuch, sowohl die Rangplätze als auch die Netzstruktur eines Soziogramms graphisch zu veranschaulichen, ist die Darstellung im Koordinatensystem. Hierbei werden „auf der Abszisse die Anzahl oder (der) Prozentrang der erhaltenen Wahlen, auf der Ordinate die Anzahl der erhaltenen Ablehnungen bzw. der entsprechenden Prozentränge“ (Höhn/Seidel, 1968, S. 30) eingetragen und die Personen je nach den abgegebenen Wahlen bzw. Ablehnungen miteinander verbunden. Doch auch bei dieser Methode wirkt die Netzstruktur unübersichtlich.

5. Qualitative Auswertung

An Hand der Soziomatrix und des Soziogramms kann nun die qualitative Auswertung der Gruppe beginnen. Das „Soziogramm hat gegenüber der Soziomatrix den Vorteil, daß es Informationen bietet, die über die Beschreibung von Zweierbeziehungen hinausgeht und Verknüpfungen zwischen mehreren Personen sichtbar macht“ (Petillon, 1980, S. 122). Man unterscheidet zwischen der Analyse von Gruppenkonfigurationen und der Analyse von Individuen. Bei der ersten lässt sich sehr gut mit dem Soziogramm arbeiten, da man an Hand dessen schnell soziometrische Grundformen erkennt, die für die Gruppenstruktur charakteristisch sind.

5.1 Analyse von Gruppen

Man erkennt z.B. leicht Paare - zwei Schüler, die nur sich gegenseitig wählen (verstärkte Linie). Bei der Analyse dieser ist auf folgende Punkte zu achten (Petillon, 1980, S. 124):

- Ist das Paar isoliert, d. h. wird es von keinem anderen Mitschüler gewählt?
- Sucht es Beziehung zu anderen Mitschülern? Besteht zwischen beiden Schülern eine Übereinstimmung in der Richtung der Wahlwünsche?
- Gibt es einzelne Schüler, die gleichzeitig zu beiden Personen Kontakt suchen oder Beziehungen ablehnen?
- Aus der Soziomatrix zu entnehmen: Ablehnungsstatus der beiden; Reaktion auf Anschlußbemühungen anderer; gemeinsames Ablehnen bestimmter Mitschüler.

Sobald mehrere Individuen durch gegenseitige Wahlen reihenförmig verbunden sind, bezeichnet man dies als „Kette“. Besteht die Kette aus drei oder vier Personen und sind Person 1 und 3 bzw. 1 und 4 auch durch gegenseitige Wahl miteinander verbunden, so erhält man weitere typische Grundformen: das Dreieck bzw. das Viereck. Eine weitere Form von Verbindung ist die „Clique“, die nach Nehnevajsa (in König, 1967, S. 231) als „Häufung gegenseitiger Wahlen mehrerer Individuen“ unter sich definiert wird. Um die Clique zu analysieren sollte man folgende Fragen beachten:

- Wie sind die Beziehungen nach „innen“? Werden alle Wahlen erwidert oder ist die Gruppe weniger fest geschlossen?
- Wie sind die Beziehungen nach „außen“? Werden Wahlen zu Mitschülern außerhalb dieser Gruppe ausgesprochen? Werden Wahlen erwidert?
- Suchen Schüler Anschluß? Über welche Personen? Bestehen Verbindungen zu anderen Teilgruppen?
- Wer ist die „Zentralperson“ in der Gruppe?

Nehnevasja ( in König, 1967, S. 235) stellt des weiteren diese Ergebnisse im Bezug auf die Gruppenmerkmale zusammen:

a) im Bezug auf die Konfigurationen von Freundschaften

1. Soziometrische Freunde sind gewöhnlich homogen in bezug auf Bildungsgrad.
2. Soziometrische Freunde sind gewöhnlich homogen in bezug auf allgemeine Persönlichkeitsmerkmale.
3. Die Entstehung von Freundschaften ist zum Teil eine Funktion der räumlichen Nähe. Je benachbarter Personen leben, desto größer die Wahrscheinlichkeit positiver soziometrischer Beziehungen.

b) im Bezug auf Gruppenkonfigurationen

1. Die Beziehungen zwischen Präferenzen von Mädchen und Jungen untereinander lassen sich - statisch gesprochen - in U- förmigen Kurven beschreiben.
2. Soziometrische Trennungen treten im Hinblick auf sozio-ökonomischen Status auf.
3. Soziometrische Trennungen treten im Hinblick auf Hautfarbe und ethnische Zugehörigkeit auf.

c) im Bezug auf die Syntalität

1. Soziometrische Kohäsion korreliert positiv mit gemeinsamer Arbeitsleistung.
2. Die Effizienz von Gruppen korreliert positiv mit soziometrischer Kohäsion.

5.2 Individualanalyse

Neben der Gruppe kann man auch die Individuen analysieren. Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist der „soziometrische Status“ einer Person, der durch „die Anzahl der (erhaltenen) Wahlen und /oder der (erhaltenen) Ablehnungen“ ermittelt wird (Nehnevasja in König, 1967, S. 231). Wenn man den Status jeder einzelnenr Personen durchsieht, fallen vor allem diejenigen mit einem besonders hohen - soziometrische Führer oder Star genannt- und diejenigen Personen mit einem, durch mehrere Ablehnungen bedingten, sehr niedrigen Status -soziometrische Außenseiter- auf. Eine weitere auffällige Position nehmen Personen mit der Rolle des soziometrisch Isolierten ein. Diese werden weder gewählt noch abgelehnt oder erhalten relativ wenig Wahlen bzw. Ablehnungen (König, 1967, S. 231).

Aus der folgenden von Petillon entwickelten Graphik kann man gut den soziometrischen Typ eines jeden Schülers in Verbindung mit dem Ablehnungsund Wahlstatus feststellen.

Für die Analyse des Außenseiters stellt Petillon (1980, S. 124) folgende Gesichtspunkte zusammen:

- Wo suchen sie Anschluß?
- Wie reagiert der gewünschte Interaktionspartner?
- Wie reagieren die anderen Mitglieder dieser Gruppe oder Kette?
- Woher bezieht der „Ausgestoßene“ seine Ablehnungen?
- Finden sich Ansätze zur Solidarisierung der sozial Schwachen oder konzentrieren sich deren Wünsche auf die „Stars“ der Klasse?

Abschließend zur qualitativen Auswertung des Soziogramms möchte ich auch bei der Analyse des Individuums einige Ergebnisse, die von Nehnevajsa (in König, 1967, S. 232ff.) zusammengestellt wurden, aufführen:

1. Soziometrische Wahlen in Gruppen sind ungleichmäßig verteilt, es entstehen geschichtete Hierarchien.
2. Zwischen soziometrischem Status und sozialer Expansion gibt es keine konsistente Beziehung.
3. Ein hoher soziometrischer Status korreliert positiv mit dem Grad der Einsicht in die Beziehungsverhältnisse einer Gruppe.
4. Die Stabilität soziometrischer Konfigurationen nimmt im Laufe der Zeit ab.
5. Soziometrischer Status korreliert positiv mit dem Intelligenzgrad einer Person.
6. Soziometrischer Status korreliert positiv mit relevanten Kenntnissen und Errungenschaften.
7. Soziometrischer Status korreliert positiv mit der seelischen Gesundheit einer Person.
8. Soziometrischer Status korreliert positiv mit sozio-ökonomischem Status
9. Soziometrische Wahlen werden sowohl in sozio-ökonomischen als auch in soziometrischen Statushierarchien nach oben gerichtet.
10. Individuen mit hohem soziometrischen Status werden als die Träger der zentralen Werte einer Gruppe angesehen.
11. Die Effizienz von Personen bei der Ausführung relevanter Aufgaben ist eine Funktion von soziometrischem Status
12. Soziometrischer Status korreliert mit dem Grad der Teilnahme am sozialen Leben.

6. Quantitative Auswertung

Des weiteren kann man die Wahlergebnisse auch noch quantitativ auswerten. Dies hat den Vorteil, dass die Schüler untereinander, sowie Klassen miteinander verglichen werden können. Im Folgenden möchte ich einige wichtige Indexe zusammenstellen. Zunächst unterscheidet man Individualkennwerte von Gruppenkennwerten.

6. 1 Individualkennwerte

Hier wäre der Statusindex zu nennen, der folgendermaßen berechnet wird (Nehnevajsa, 1973):

N steht bei allen aufgeführten Rechnungen für die Anzahl der Gruppenmitglieder. Diesen Index, der Werte zwischen 0 und 1 annehmen kann, empfiehlen Höhn und Seidel dann, „wenn in den zu vergleichenden Untersuchungen dieselbe Anzahl von abzugebenden Nennungen vorgeschrieben ist“ (Höhn/Seidel, 1976 S. 45).Weitere Berechnungen, die uns Auskunft über die Stellung einer Person in der Gruppe geben, ist zum einen die Berechnung des Prozentranges Si, der definiert ist als:

Wenn mehrere Personen den gleichen Rangplatz haben, d. h. gleich viele Wahlen erhalten, gibt man ihnen einen mittleren Rangplatz. Drei Personen teilen sich z. B. die Rangplätze vier bis sechs. Folglich wäre der Rangplatz für alle gleich fünf.

Zum anderen kann man noch die „soziale Kapazität“ eines Gruppenmitglieds berechnen, die sich auf diese Weise berechnen lässt:

Nehnvasja versucht jeden einzelnen Schüler auch durch einen „Index der emotionalen Befriedigung“ zu beschreiben. Dafür verwendete er folgende Formel (vgl. Höhn/Seidel, 1976, S. 46):

Die Bezeichnung für diese Art von Index ist in so fern gerechtfertigt, dass „die Anzahl der erwiderten Wahlen, die ein Proband erhält, (...) im allgemeinen als Indikator für die soziale Angepasstheit (...) oder für die emotionale Befriedigung“ gelten kann. Allerdings hängt es von der soziometrischen Kriteriumsfrage ab, ob man diesen Index immer so interpretieren kann (Höhn /Seidel, 1976, S. 46).

6.2 Gruppenkennwerte

Neben diesen Individualkennwerten gibt es auch noch Indexe für Gruppen.

Wenn bei einer Wahl die Anzahl der Nennungen unbegrenzt ist, verdeutlichen positive Stimmen die Stärke der Interaktion und negative das Ausmaß an Spannungen und Aggressivitäten. Wobei die Anzahl der abgegebenen Stimmen vom Wahlkriterium abhängig ist. „Die Frage: „Wem willst du ein Geheimnis anvertrauen?“ dürfte naturgemäß zu weniger Nennungen reizen als die Frage „Wen würdest du zu einer Party einladen?““ (Höhn/Seidel, 1976, S. 48). Folgenden Index, der „die durchschnittliche Anzahl der abgegebenen Stimmen je Proband“ angibt, schlagen Proctor und Loomis (1951) vor:

Weitere Parameter der Gruppenstruktur wären die

und die

Der letztgenannte Index soll etwas „über den inneren Zusammenhalt einer Gruppe aussagen, und zwar soll (...) der Zusammenhalt der Gruppe um so größer sein, je größer die Anzahl der gegenseitigen Wahlen ist. Eine solche Interpretation ist nicht unumstritten. So haben Hörmann und Timäus (1961) Argumente vorgetragen, daß mit steigender Anzahl gegenseitiger Wahlen der Zusammenhalt einer Gruppe geringer wird. Hat man nämlich eine große Anzahl erwiderter Wahlen, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß die Gruppe in voneinander isolierte Cliquen zerfällt“ (Höhn/Seidel,1976, S. 49).

7. Ergänzung durch das Milieusoziogramm

Zum Schluß möchte ich noch das Milieusoziogramm von Otto Engelmayer erwähnen (alle Zitate in diesem Abschnitt beziehen sich auf Engelmayer, 1968). Seiner Meinung nach sind die „soziometrischen Befunde (...) wesentlich formaler Natur“, bei denen die kausalen Faktoren zu kurz kommen . Dabei werden gerade „die Schulleistungen, das Sozialverhalten und die sittliche Entwicklung unserer Kinder heute durch die realen Faktoren der Soziallage belastet“ (S. 47). Folglich entwickelte Engelmayer ein Milieusoziogramm. „Dies beruht auf der Überlegung, eine „Karte der Klasse“ zu entwerfen, in die die Belastungsmerkmale so eingetragen werden, wie man etwa die markanten Punkte in eine Landschaftsskizze einträgt. Es geht dabei um die Frage: wie viele Schüler, wie oft, wie schwer und wodurch“ belastet sind? Belastet ist eine Person durch „Umweltgegebenheiten (...), die sich als Minuszeichen, als „Handicap“ im Hinblick auf die Schulleistung, das Schulverhalten und ganz allgemein auf die gesunde seelisch - geistige Entwicklung auswirken“ (S. 50f).

Engelmayer stellte folgenden Katalog an Belastungsmerkmalen zusammen (S. 49f):

1. Gestörte Familie: a) vater- mutterwais; b) uneheliches Kind; c) Stiefverhältnis; d) Großelternerziehung; e) Pflegekind; f) Adoptivkind; g) Vater außerhalb der Familiengemeinschaft; h) unharmonische Ehe, Scheidungsehe; untergeordnete Familie, Onkelehe.
2. Abnorme Familienstruktur: a) Einkind- b) Großfamilie.
3. Beruf, Beschäftigung des Vaters: a) arbeitslos; b) unerwünschte berufsfremde Beschäftigung - soziale Deklassierung.
4. Mutter erwerbstätig a) halbtägig b) ganztägig.
5. Flüchtling.
6. Abnorme wirtschaftliche und Wohnverhältnisse (a, b).
7. Abnorme Erziehungssituation: a) abnorme emotionale Erziehung, Überbehütung - verhärtende Erziehung; b) ungemäße Erziehung; c) Erziehungswirrwarr, d) anregungslose Umgebung; Treibenlassen; Sichselbstüberlassensein; e) Erziehungsunvermögen der Eltern; Schulfeindlichkeit.
8. Pflegestand: a) Körper- Kleiderunsauberkeit; b) jahreszeitungemäße Kleidung; c) kommt unversorgt zur Schule.

Die Merkmale stellen potentielle Belastungen dar und als solche sind sie in dem folgenden Soziogramm erfaßt“ (S. 50). Für die Analyse der Klasse empfiehlt er auf diese Weise vorzugehen:

1. Man geht Schüler für Schüler die Stichworttafel mit Hilfe der Leitzahlen durch und erstellt ein Grundprotokoll.
2. Man kennzeichnet Kinder mit erschwerten Belastungsmerkmalen.
3. Man trägt die Befunde von 1. in die „Karte der Klasse“ ein. Diese sieht so aus, dass an dem Sitzplatz jedes Schülers ein Kreis ist, in dem in den jeweiligen Sektoren die Belastungsfaktoren mit Leitzahlen erfasst werden.
4. Man gliedert die Berufszugehörigkeit aller Eltern auf.

Die Aussagen des Soziogramms werden nach Engelmayer durch folgende statistische Kriterien gestützt:

a) Belastungsquotient der Schüler:

Dieser Wert gibt die relative Häufigkeit der Belastungssymptome wieder und ist „schulformtypisch“. In der Volkssschule schwankt er zwischen 0,75 und 0,85 und in der Hilfsschule sinkt er nicht unter 0,95 (vgl. S. 59). „Der BlQ ist der Gradmesser für die reale pädagogische Problematik in einer Klasse (...). Hohe Dichtigkeit bedeutet (...) Erschwerung der pädagogischen Gesamtsituation“. Wichtig ist allerdings nicht nur, wie viele Schüler überhaupt ein Belastungsmerkmal haben, sondern auch, wie viele Belastungsmerkmale auf den einzelnen Schüler im Durchschnitt entfallen. Diesen Wert gibt die

b) an . Auch hier gibt es

schulformtypische Werte. Für die Hilfsschule liegt er bei 4,7 und für die Volksschule bei 2,7 (vgl. S. 60). Eine weitere Veranschaulichung der gewonnenen Ergebnisse ist das

c) Klassen -Prozentprofil

Dies ist ein Histogramm in dem eingetragen wird, welcher der acht Belastungsfaktoren bei wieviel Prozent der Schüler auftritt.

Mit der „Karte der Klasse“ und diesen Kennwerten kann man dieses Soziogramm

- wie oben beschrieben - sowohl individualistisch, als auch klassenspezifisch auswerten. Die „Individualanalyse (an Hand der Belastungsmerkmale) ist die Grundlage für die individualerzieherische Arbeit, die zum Ziel hat, Milieuschäden zu korrigieren, wenn sie diese auch kaum abstellen kann, Belastungen ertragen zu lassen und gemeinsam Mittel und Wege zu finden, wie man sich „trotz allem“ in Schule und Leben behaupten kann“ (S. 61). Mit dem Profil der Klasse oder Schule, das man an Hand der MH und des BlQ erhält, kann man gut Rückschlüsse auf die Gesamtsituation eines Dorfes oder einer Stadt ziehen, da die Belastungsfaktoren und Berufe der Eltern ein Bild von diesem Dorf oder dieser Stadt entstehen lassen. Folglich kann die „Erziehungs- und Bildungsarbeit im Pestalozzischen Sinne“ an der „realen Problematik“ ansetzen (S. 62).

Engelmayer ergänzte sein Milieusoziogramm noch durch das Soziogramm Sk2, das sowohl die Belastungsfaktoren, wie auch die Positionen der Schüler beinhaltet. Er wählt die Darstellung in Form von konzentrischen Kreisen. Dabei zählt das Prinzip des soziometrischen Abstandes: „sozialintensive Verhältnisse (Verhältnisse kleiner Distanz) bilden das Mittelfeld, soziallockere, bindungsschwache Verhältnisse (mit weitem Abstand) rücken nach außen an den Rand der Gruppe“ (S. 65). Da jede Kreislinie eine bestimmte Anzahl von Nennungen repräsentiert, setzt man diejenigen Kinder, die keine Wahl erhalten haben, außerhalb des äußeren Kreises. Engelmayer stellte folgende Thesen auf (S. 65f):

a) Der Zusammenhang zwischen soziometrischer Position (...) und Sozialbelastung ist bei den Rangbesten (...) nicht ohne weiteres eindeutig. b) Bei den negativen Extremfällen (...) scheinen klare und eindeutige Bedingungszusammenhänge zwischen sozialem Mißerfolg bzw. Isoliertsein, Unbeachtet- oder Abgelehntsein und Sozialbelastung zu walten. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Verbindung von Milieusoziogramm und Soziogramm ein Versuch ist, „die Verhaltens- und Ursachenprobleme so zusammenzustellen, wie sie natürlicher Weise zusammengehören“ (S. 68).

9. Anhang

9.1 Literaturverzeichnis

Brüggen G.: Möglichkeiten und Grenzen der Soziometrie, Berlin: Luchterhand, 1974

Engelmayer O.: Das Soziogramm in der modernen Schule, München: Ehrenwirth, 1968, 4.Aufl.

Höhn H. und Seidel G.: Das Soziogramm, Göttingen: Verlag für Psychologie, 1976, 4. Aufl.

Hörmann H. und Timäus E.: Altersabhängigkeit einiger Gruppenstrukturen bei Oberschülerinnen. In: Psychol. Rdsch. 1961,12

Jennings H. H.: Schule und Schülergemeinschaft, Berlin: Christian -Verlag, 1951

Moreno J. L.: Die Grundlagen der Soziometrie, Köln: Westdeutscher, 1967, 2. Aufl.

Nehnevajsa J. in König R.: Handbuch der Empirischen Sozialforschung, Stuttgart: Ferdinand

Enke, 1967, 2. Aufl., Band 1

Nehnevajsa J. in König R.: Handbuch der empirischen Sozialforschung, Stuttgart: Ferdinand Enke, 1973, 3. Aufl., Band 2

Oswald W. D.: Grundkurs Soziogramm, Paderborn: Ferdinand Schöningh,1977

Petillon, H.: Soziale Beziehungen in Schulklassen, Weinheim und Basel: Beltz,1980

Proctor C.H. und Loomis C.P.: Analysis of sociometric data. In: Jahoda, M., Deutsch, M. u. Cook, S.W. (Hrsg.): Research methods in social relation., New York,1951

Final del extracto de 13 páginas

Detalles

Título
Soziogramm
Autor
Año
2001
Páginas
13
No. de catálogo
V103906
ISBN (Ebook)
9783640022823
Tamaño de fichero
354 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Soziogramm
Citar trabajo
Sandra Hörner (Autor), 2001, Soziogramm, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103906

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