Feministische Soziologie


Ausarbeitung, 2001

11 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung
1.1. Frauenforschung
1.2. Geschlechterforschung
1.3. Feministische Forschung
1.4. Ziele der Frauenforschung

2. Feministische Wissenschaftskritik
2.1 . Allgemeine Erklärung der feministischen Kritik
2.1.1. Wertfreiheit und universelle Gültigkeit
2.1.2. Rationalität
2.1.3. Objektivität

3. Feministische Theorien
3.1. Feministische Standpunkttheorie
3.2. Feministische Diskurstheorie

4. Die Kategorie Geschlecht

5. Methodologien in den Sozialwissenschaften
5.1. Leitworte der sozialwissenschaftlichen Frauenforschung
5.1.1. Betroffenheit und Parteilichkeit
5.1.2. Autonomie
5.1.3. Praxisbezug
5.1.4. Interdisziplinarität

6. Zusammenfassung

7. Literaturnachweise

Feministische Soziologie

1. Einleitung

Bis heute sind die Begriffe Frauenforschung, Geschlechterforschung und feministische Forschung noch nicht einheitlich definiert worden.

Folie: Grafik der drei Begriffe

1.1 Frauenforschung

Frauenforschung kann sich sowohl auf das Subjekt, wie auch auf das Objekt beziehen. Das bedeutet es wird von Frauenforschung gesprochen, wenn es sich bei der Forscherin um eine Frau handelt und es wird ebenfalls von Frauenforschung gesprochen, wenn die Forschungen sich auf die Welt der Frauen beziehen. Bis dahin waren Frauen weder Subjekt noch Objekt der Forschung.

Bei den Arbeitsfeldern der Frauenforschung ha ndelt es sich um die soziale Situationen von Frauen, Merkmale und Haltung von Frauen oder auch beider Geschlechter und dem Verhältnis von Frau und Mann zueinander.

Es ist auch nicht klar, ob Frauenforschung nur von Frauen oder auch von Männern betrieben werden darf.

1.2. Geschlechterforschung

Bei der Geschlechterforschung gibt es auch zwei Richtungen: Die eine ist wieder die reine Frauenforschung, bei der das oben erwähnte gilt, die andere Richtung ist die wirkliche Geschlechterforschung.

Die Arbeitsfelder beinhalten die gesellschaftliche Erforschung beider Geschlechter, die soziale und kulturelle Dimensionen der Geschlechterverhältnisse und die Unterdrückung der beiden Geschlechter.

Hier ist es eindeutig, dass die Forschung von Frauen und Männern betrieben werden darf.

1.3. Feministische Forschung

Bei der feministischen Forschung handelt es sich um den feministischen bzw. frauenspezifischen Blickwinkel auf wissenschaftliche Gegenstände.

Sowohl die Forschung über Frauen, ihre Erfahrungen und Lebensbedingungen, wie auch die Kritik an der patriarchalen Blickweise in der Wissenschaft gehören zu den Arbeitsfeldern der feministischen Forschung.

Sie wird als eine eigene Disziplin der Soziologie gesehen.

Hier ist es wieder eindeutig, diese Forschung kann nur von Frauen betrieben werden.

1.4. Ziele der Frauenforschung

In den neusten Einführungsbüchern über Soziologie erscheinen nun auch Erkenntnisse und Schlagwörter der feministischen Forschung, wie z.B.

Frauenforschung und Geschlecht. In den Fachbüchern wird der Situation von Frauen mittlerweile eine hohe Bedeutung zugemessen, aber dennoch ist in der Praxis nicht viel davon zu merken.

Folie: Grafik über Professorenanteil

Das vorrangige Ziel der sozialwissenschaftlichen Frauenforschung ist es, vorhandene Theorien um die weibliche Perspektive zu erweitern und somit den Frauen in der Gesellschaft mehr Chancen zu geben.

Feministische Soziologinnen beginnen mit ihren Forschungen bei der Unterdrückung der Frauen und verdeutlichen, in welchen Lebensbereichen überall Frauen wirken. Es ist ihnen wichtig, dass das Geschlecht als eine weitere Variable der Forschung verstanden wird. Daraus folgt, dass sämtliche Wissenschaftsinhalte überarbeitet werden müssen.

2. Feministische Wissenschaftskritik

2.1. Allgemeine Erklärung der feministischen Kritik

Cornelia Klinger hat 1986 die herkömmliche Wissenschaft als ein Gebäude bezeichnet, das „halb plus falsch“ ist. Mit „halb“ meint sie, dass nur eine Hälfte der Gesellschaft in die Wissenschaft, sowohl als Subjekt wie auch als Objekt, einbezogen wurde und daraus wiederum resultiert ihre Bezeichnung „falsch“. Wie können die Erkenntnisse richtig sein, wenn eine große Bandbreite von Forschungsbereichen bis dahin ausgespart wurden.

Die männlichen Wissenschaftler haben ihre vorherrschende Stellung dadurch gesichert, dass zum einen Frauen nicht in der Wissenschaft forschten und zum anderen nicht als Objekt der Forschung einbezogen wurden. Die patriarchale Hierarchie war gesichert: Männer an der Spitze, Frauen auf den unteren Stufen.

Daraus begründet sich die Forderung der weiblichen Wissenschaftlerinnen, dass der Frauenanteil in der Forschung, dem in der Bevölkerung entspricht.

Folie: Bild

Damit wird auf jeden Fall der weibliche Blickwinkel einbezogen und das Ergebnis objektiver ausfallen.

Die feministischen Frauenforscherinnen wollen wiederum selbst darauf achten, dass sie die Verzerrungen, die durch ihre eigenen, genauso einseitigen Untersuchungsmethoden, entstehen, ständig selbst hinterfragen und revidieren. Sie zeigen auf, dass bis jetzt männliche Theorien und Denkmuster für „alle Menschen“ gültig waren, somit war der „Mensch“ nicht geschlechtsneutral, sondern männlich. Deshalb kritisieren Feministinnen die vermeintlichen Ansprüche von „Wertfreiheit“, „universeller Gültigkeit“, „Rationalität“ und „Objektivität“.

Folie: Thesenpapier

2.1.1. „Wertfreiheit“ und „universelle Gültigkeit“

wertfrei: neutral, ohne Vorurteile, nicht vorher bewertet (Duden)

universell: allgemein, umfassend

Viele Wissenschaftstheoretiker geben mittlerweile zu, dass wissenschaftliche Forschung immer parteilich ist und in engem Zusammenhang mit der sozialen Umgebung steht, in der sie entstanden ist.

Aber es fehlen bei fast allen wissenschaftlichtheoretischen Debatten von männlichen Forschern die Reflexionen über ihre eigene Geschlechtszugehörigkeit.

Dagegen reflektieren feministische Wissenschaftlerinnen welchen Einfluss die Geschlechtszugehörigkeit von Forschungssubjekt und von Forschungsobjekt auf ihre Arbeit haben.

Ziel ist es, die „universelle Gültigkeit“ durch die mangelnde „Wertfreiheit“ in Frage zu stellen und die versteckten frauenfeindlichen Tendenzen aufzudecken, damit erkennbar wird, dass die wissenschaftlichen Ergebnisse männlich geprägt sind.

2.1.2. „Rationalität“

Rationalität: von der Vernunft bestimmt, aus der Vernunft stammend (Duden) Nüchterne, vernunftgeleitete Sachlichkeit

Dagegen steht Irrationalität = Emotionalität: inneres gefühlsmäßiges Beteiligtsein an etwas (Duden)

Rationalität wird Männern als Charakterzug zugesprochen, dagegen werden Frauen als emotional betrachtet. Daraus wird die Schlussfolgerung gezogen:

Frauen können keine guten Wissenschaftlerinnen sein.

Bei der Beobachtung wissenschaftlicher Debatten, erkennt man, dass die Wissenschaftler hinter der Rationalität ihre Gefühle und Beweggründe der Forschung verbergen und bei der Verteidigung der Rationalität sehr irrational, bzw. emotional argumentieren.

Feministinnen erklären das Vorurteil gegenüber der Emotionalität der Frauen damit, dass die Männer somit die Frauen aus der Wissenschaft fernhalten und ihren eigenen Stand nicht gefährden.

Die einzige Lösung dieses Problems ist, dass endlich erkannt wird, dass sowohl Emotionalität wie auch Rationalität eine Eigenschaft von Frauen und Männern ist und man einfach beides in das Denken einbeziehen muss. Wenn man sich darüber im Klaren ist, kann man auch akzeptieren, dass der Wissenschaftler immer persönlich in den Denkprozess eingeht.

2.1.3. „Objektivität“

Objektivität: strenge Sachlichkeit, objektive Darstellung unter Ausschaltung des Subjektiven (Duden)

Erkenntnisgewinnung, die unabhängig vom Subjekt und Objekts ist

Eine objektive Wissenschaft stellt den Anspruch, dass das Ergebnis nichts mit dem Forschenden zu tun hat und jederzeit von jedem reproduzierbar ist. Es stellt sich in der feministischen Forschung die Frage, ob es überhaupt wünschenswert ist, dass alle subjektiven Einflüsse und Eigenschaften ausgeschlossen werden.

Die Naturwissenschaftstheoretikerin Evelyn Fox Keller hat darauf 1986 mit dem Begriff der dynamischen Objektivität geantwortet. Sie versteht darunter, dass sich die Forscher dem Forschungsgegenstand mit ihrer Erfahrung nähern und mit Fürsorge und Einfühlungsvermögen ihn respektvoll behandeln.

Damit würden Eigenschaften in die Wissenschaft integriert werden, die traditionell den Frauen zu geschrieben werden, aber aus feministischer Sicht beiden Geschlechtern eigen sind.

Unterstützt wird Evelyn Fox Keller seit 1995 durch ihre Kollegin Donna Haraway, die annimmt, dass Erkenntnis immer an den geschlechtlichen Körper gebunden ist. Feministische Wissenschaftler arbeiten daran, das herkömmliche Wissenschaftsverständnis so aufzubrechen, dass die gesamte Wissenschaft neu bestimmt werden muss.

3. Feministische Theorien

Im Moment ist es noch nicht möglich, konkret zu bestimmen, was feministische Wissenschaft ist. Es gibt sehr viele Strömungen, aus denen sich zwei Entwicklungslinien herauskristallisieren. Sie versuchen die Auswirkungen der Geschlechterdifferenz zu theoretisieren. Man spricht von der Standpunkttheorie und der feministischen Diskurstheorie. Beide sehen die Wichtigkeit den Begriff Geschlecht in das biologische (Sex) und das soziale (Gender) Geschlecht zu unterteilen.

3.1. Feministische Standpunkttheorie

Die feministische Standpunkttheorie geht davon aus, dass Erkenntnisse immer auf der theoretischen Erfahrung des Forschers beruhen. Folglich muss die Erkenntnis bei unterschiedlichen Subjekten auch unterschiedlich ausfallen.

Einige marxistische Ansätze lassen sich mit ihrer Einstellung verbinden. Allerdings kritisieren sie auch, dass auch bei Marx in der Gesellschaftsanalyse der Beitrag der Frauen vernachlässigt wird.

Bedingt durch die beiden Geschlechter kann es bei vielen Fragen zwei oder mehr Wahrheiten geben. Es ist unklar wie diese beiden Wahrheiten miteinander verknüpft werden können.

Kritikerinnen der Standpunkttheorie erkennen, dass die Gefahr besteht, dass die Frau für alle Frauen steht ungeachtet ihrer Herkunft und Erfahrung.

Ein weiterer Kritikpunkt ist das nicht definieren des Begriffes Geschlecht. Es bleibt ungeklärt, wo die Unterschiede einsetzen.

3.2. Feministische Diskurstheorie

Diskurs: methodisch aufgebaute Abhandlung über ein Thema (Duden) , Dialog Die Diskurstheorie soll eine Erweiterung der Standpunkttheorie sein, ihre Lücken füllen und die Erkenntnisse weiterentwickeln.

Wichtige Begriffe der Diskurstheorie sind die Sprache, Subjektivität und Macht.

Die Sprache wird direkt mit dem Geschlecht verknüpft. Seit Jahrhunderten ist die Philosophie in männlicher Hand. Das hat zur Folge, dass das Denken und Sprechen männlich geprägt sind.

Auch an der feministischen Diskurstheorie gibt es Kritik. Es wird ihr angekreidet, dass sie auf die gesellschaftliche Strukturen verzichtet und somit nicht erklärt wie z.B. soziale Ungleichheit entstehen kann.

Es wird auch kritisiert, dass sie nicht Universalität neu definiert, sondern einfach darauf verzichtet.

4. Die Kategorie Geschlecht

In den 70er Jahren war die Frauenforschung mit der Analyse weiblicher Lebenszusammenhänge beschäftigt.

In den 80er Jahren wurden dann feministische Studien über Männer gemacht.

Heute ist die Frauenforschung mit den Geschlechterverhältnissen beschäftigt.

Zu Beginn der Frauenforschung wurde sehr großen Wert auf die Gleichheit und Gemeinsamkeiten gelegt. Nun erscheint es wichtiger die Unterschiede zwischen den Frauen zu betrachten.

Es gilt eine Theorie zu entwickeln, die es ermöglicht, die Differenz zwischen den Geschlechtern und gleichzeitig die Differenzen innerhalb der Geschlechter zu erfassen.

5. Methodologien in den Sozialwissenschaften

1978 brachte Maria Mies zum ersten Mal die Forderungen der Frauenforscherinnen zu Papier (Methodische Postulate zur Frauenforschung). Sie forderte darin, dass es wichtig sei, sich an dem Forschungsobjekt zu orientieren, da die Forscherinnen sonst den gleichen Fehler machten, wie die männlichen Kollegen, nämlich den Aufbau eines Herrschaftssystems. Bis heute noch werden diese Postulate kontrovers diskutiert und es gibt keine spezielle Methode in der Frauenforschung.

Methodologisch gesehen ist die Wissenschafts- und Gesellschaftskritik ein Merkmal der Frauenforschung.

5.1. Leitworte der sozialwissenschaftlichen Frauenforschung

Die wichtigste n Leitworte der sozialwissenschaftlichen Frauenforschung sind Betroffenheit, Parteilichkeit, Autonomie, Praxisbezug und Interdisziplinarität.

5.1.1. Betroffenheit und Parteilichkeit

Betroffenheit und Parteilichkeit sind die beiden wichtigsten Elemente der Frauenforschung. Mit der Erkenntnis von Betroffenheit und Parteilichkeit soll die Zweiteilung von Subjekt und Objekt verändert werden.

Betroffenheit ist die Einsicht, dass die Situation von persönlichen Interessen, Gefühlen und Vorurteilen bestimmt ist.

Parteilichkeit steht dafür, dass die Wissenschaftlerinnen sich für die Frauen einsetzen. Es wird so das Anliegen bezeichnet, dass alle Frauen in die Lage versetzt werden sollen, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen.

5.1.1 Autonomie

Autonomie ist die Forderung nach einer eigenen Forschungsstruktur, die so weit wie möglichst frei ist von institutionellen Zwängen, vorgegebenen Hierarchien und bestehenden Organisationsformen.

Es ist wichtig, dass ständig neu darüber nachgedacht wird, wie viel Autonomie nötig ist und wo Kompromisse eingegangen werden können.

5.1.2. Praxisbezug

Unter dem Begriff Praxisbezug wird die Verbindung zur feministischen - politischen Praxis der Frauenbewegung verstanden, die erhalten bleiben soll. Dies steht allerdings vor dem Problem, dass die Frauenbewegung und die feministische Forschung sowohl gleich wie auch unterschiedlich sind.

5.1.3. Interdisziplinarität

Interdisziplinarität: Zusammenarbeit mehrerer Disziplinen (Duden)

Die einzelnen Disziplingrenzen sind von den männlichen Wissenschaftlern über die Zeit festgelegt worden und somit von männlichen Denk- und Machtstrukturen geprägt. Die Probleme der Frauen, ihre Lebensweise und Lebensstrukturen lassen sich nicht immer in diese Grenzen bringen. Deshalb ist es wichtig, dass die Frauenforschung die Disziplingrenzen überschreitet.

Die besondere Eigenschaft der Frauenforschung liegt in der Anwendung, Modifizierung und Weiterentwicklung erprobter Techniken und Methoden.

6. Zusammenfassung

Kurz gesagt umfassen die Dimensionen der feministischen Forschung folgende Bereiche:

- Kritik am Androzentrismus der traditionellen Wissenschaft
- Berücksichtigung der Kategorie Geschlecht / Geschlechtsverhältnis
- Abbau der sozialen Ungleichheit
- Emanzipation der Frau
- Soziologie feministisch umformen
- Theoriebildung zur Kategorie Geschlecht
- Empirische Forschung der Situation von Frauen und Männern in den Geschlechterverhältnissen
- Geschlechtskritische Auseinandersetzung mit soziologischen Theorien und Theoretikern

In allen diesen Bereichen ist noch lange nicht alles getan, das getan werden kann und muss, folglich ist die feministische Forschung noch lange nicht am Ende angelangt.

7. Literaturnachweise:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

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Details

Titel
Feministische Soziologie
Hochschule
Evangelische Hochschule Ludwigsburg (ehem. Evangelische Fachhochschule Reutlingen-Ludwigsburg; Standort Ludwigsburg)
Note
1
Autor
Jahr
2001
Seiten
11
Katalognummer
V103905
ISBN (eBook)
9783640022816
Dateigröße
342 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Feministische, Soziologie
Arbeit zitieren
Kirsten Himbert (Autor:in), 2001, Feministische Soziologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103905

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