Asylanten und Flüchtlinge


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

17 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Was heißt „Multikulturelle Gesellschaft“?

Deutschland als Ein- und Auswanderungsland
Deutschland als Auswanderungsland
Deutschland als Einwanderungsland
Folgen der deutschen Vereinigung

Besondere Ursachen von Fluchtbewegung
Kriege als Hauptursachen von Fluchtbewegung
Repression als Fluchtursache
Verfolgung von Minderheiten
Umweltkatastrophen und Umweltflüchtlinge
Armut als Fluchtursache
Das junge Humankapital auf Wanderschaft

Ausländische Arbeitnehmer und „Inländer mit fremden Paß“
Differenzierung des „Ausländerproblems“
Türken als „Problemgruppe“
Wachsende Arbeitslosigkeit unter Ausländern

Soziale Situation der Asylsuchenden in Deutschland
Der asylpolitische Sündenfall: Einweisung in Sammellager
Multi-ethnisches Zusammenpferchen
Gewalt in Sammellagern
Verstöße gegen die Menschenwürde
Eingeschränkte Bewegungsfreiheit
Vom Arbeitsverbot zum Arbeitszwang

Ausländerpolitik und Ausländerrecht
Das Ausländergesetz von 1990
Leitlinien für eine neue Ausländerpolitik

Multikulturelle Gesellschaft = kulturelle Pluralität

Erklärungsversuche von Fremdenfeindlichkeit

Ansätze zu einer Harmonisierung der Asylpolitik
Tendenzen zur Abschottung der „Festung Europa“

Was heißt „Multikulturelle Gesellschaft“?

Der Begriff der multikulturellen Gesellschaft wird unterschiedlich erklärt. Es wird für manche eine bereits bestehende Situation beschrieben, nämlich das nebeneinander von ethnischen Gruppen, die sich kulturell unterscheiden.

Für andere beschreibt dieser Begriff ein Konzept für das Zusammenleben in einer Einwanderungsgesellschaft oder sogar eine „gesellschaftliche Utopie“.

Es gibt zwei wichtige Definitionen der multikulturellen Gesellschaft, Jürgen MIKSCH definierte sie als Gesellschaft, in der „Menschen mit verschiedener Abstammung, Sprache, Herkunft und Religionszugehörigkeit so zusammenleben, daß sie deswegen weder benachteiligt noch bevorzugt werden“. Diese Definition ist mit zwei Einschränkungen zu sehen: Erstens haben sich die Minderheiten „in den meisten Lebensbereichen“ der Mehrheit anzupassen, zweitens bleibt auch die multikulturelle Gesellschaft von der „Mehrheitskultur“ bestimmt.

Die zweite Definition ist die viel zitierte und kritisierte Definition von Heiner GEISSLER:

„Multikulturelle Gesellschaft bedeutet die Bereitschaft, mit Menschen aus anderen Ländern und Kulturen zusammenzuleben, ihre Eigenart zu respektieren, ohne sie germanisieren und assimilieren zu wollen. Das heißt auf der anderen Seite, ihnen, wenn sie wollen, ihre kulturelle Identität zu lassen, aber gleichzeitig von ihnen zu verlangen, daß sie die universellen Menschenrechte und die Grundwerte der Republik... achten und zweitens die deutsche Sprache beherrschen.“

Nach Frank-Olaf RADTKE (1990) werden vier Bedeutungsinhalte und Formen des Multikulturalismus unterschieden:

- einen programmatisch-pädagogischen Bedeutungsinhalt, er aus der interkulturellen Pädagogik hervorging und vor allem danach fragte, wie und unter welchen Bedingungen ein friedliches Zusammenleben zwischen Deutschen und Einwanderern verschiedener Ethniziäten und Kulturen möglich ist und gestaltet wird;
- einen kulinarisch-zynischen, der die multikulturelle Gesellschaft nur als Bereicherung in Musik, Mode und Küche wahrnimmt;
- einen demograpisch-affirmativen, der ein bedarfsgerechte Einwanderung aufgrund demographischer und wirtschaftlicher Notwendigkeiten fordert;
- einen reaktiv - fundamentalistischen bei den Migranten, die sich aufgrund der erlebten Ausgrenzung auf ihre kulturelle Identität zurückbesinnen.

Es überwiegt, bei den Befürwortern der multikulturellen Gesellschaft, ein pragmatischer Multikulturalismus, der Einwanderung nicht aus moralischen Gründen, sondern aufgrund ökonomischer Nützlichkeitserwägung gutheißt. Diesen Pragmatismus, der am ehesten die deutsch-nationale Wagenburg-Position erschüttern kann, setzten auch GEIßLER,OBERDÖRFER oder COHN-BEHNDIT/SCHMID als Argumentationshilfe ein, letztere mit dem Argument: „...wer Deutschland für die Deutschen reservieren will, schadet auch den Deutschen.“

Deutschland als Ein - und Auswanderungsland

Historisch sind historisch sehr „wanderungserfahren“, denn sie haben alle Erscheinungsformen von Wanderungen erlebt, erlitten oder auch verursacht:

- Aus-, Ein- und Transitwanderungen, Arbeitswanderungen von Deutschen ins Ausland und von Ausländern nach Deutschland;
- Flucht und Vertreibung von Deutschen ins Ausland und von Ausländern nach Deutschland, von Deutschen als Opfer und von deutschen als Täter;
- Nicht nur Wanderungen von Menschen über Grenzen, sondern auch die Bewegung von Grenzen über Menschen hinweg.

Im 19. Jahrhundert war Deutschland ein Auswanderungsland, vor allem von „Wirtschaftsflüchtlingen“ und nur zum geringen Teil von politischen Flüchtlingen. Etwa fünf Millionen Deutsche wanderten in die USA aus, die ca. 90 % der deutschen Auswanderer aufnahmen. Sie waren zwar nicht immer überall willkommen, aber sie brachten etwas mit, was Auswanderer und Minderheiten auszeichnet: Risikobereitschaft, Selbstbehauptung und sozialen Aufstiegswillen.

Deutschland als Auswanderungsland

Seit der Reichsgründung im Jahre 1871 und den darauf folgenden industriellen „Gründerjahren“ wurde das Deutsche Reich zugleich zum Einwanderungsland, obwohl noch mehr aus- als einwanderten.

Während der zweiten Auswanderungswelle in den 80er - Jahren wurden für schwere und „niedere“ Arbeiten in der Landwirtschaft und der Industrie schon einige hunderttausend Ausländer rekrutiert, vorwiegend in Polen und der Donaumonarchie, schon damals von deutschen Vermittlungsagenten und ausländischen Schleppern organisiert und wie Arbeitssklaven gehalten. Um die Jahrhundertwende erreichte ihre Zahl ca. 800 000 und kurz vor dem ersten Weltkrieg 1,2 Millionen. Unter ihnen befanden sich etwa 350 000 „Ruhrpolen“, sie bildeten bald ein Ferment dieser Montanregion, das heute nur noch an den Familiennamen zu erkennen ist.

Deutschland als Einwanderungsland

Am Ende des zweiten Weltkrieges erreichte die Zahl der Zwangsarbeiter eine Zahl von etwa 8 Millionen. Etwas 40% wurden in den besetzten Gebieten der Sowjetunion, 25% in Frankreich und 15% in Polen zwangsrekrutiert. Insgesamt sollen etwa 14 Millionen Ausländer ( einschließlich der Kriegsgefangenen und der KZ-Zwangsarbeiter) ins Reichsgebiet verschleppt und zur Arbeit in der Rüstungsindustrie gezwungen worden sein. Etwa die Hälfte starb an Unterernährung, Krankheiten oder brutaler Behandlung.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges kamen rund 15 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene, Aussiedler mit deutscher „Volkszugehörigkeit“ und Übersiedler aus der ehemaligen DDR in die Westzonen und spätere („alte“) Bundesrepublik. Der Zustrom von Zuwanderern mit deutschem Paß bzw. Mit fremder Staatsangehörigkeit, aber deutscher „Volkszugehörigkeit“, entsprach gut einem Viertel der westdeutschen Bevölkerung. Rechnet man die 4,6 Millionen Ausländer hinzu, die seit den 60er Jahren größtenteils als „Gastarbeiter“ ins Land geholt wurden und ihre Familien nachgeholten, dann entsprach die Zuwanderung sogar fast einem Drittel der „bundesdeutschen“ Bevölkerung. Allerdings muß dazu gesagt werden, daß es sich bei diesen Zuwanderern größtenteils um deutsche Staatsbürger mit Rechten und Ansprüchen auf Integrationsleistungen handelte. Die Integration der deutschen Zuwanderer in die westdeutsche Wohn- und Erwerbsbevölkerung verlief keineswegs reibungslos und spannungsfrei. In den 50er Jahren erregte der gesetzlich erzwungene Lastenausgleich zwischen den „Einheimischen“, Flüchtlingen und Vertriebenen die Gemüter der ersteren nicht weniger als es die Transferleistungen von Westen nach Osten nach der staatlichen Vereinigung Deutschlands tun.

Folgen der deutschen Vereinigung

Zu Beginn der 80er Jahre wurde die Frage oft gestellt, ob Deutschland zum Einwanderungsland geworden sei. Damals hatte zwar der Zuzug von Gastarbeitern und ihrer Familien angehörigen einen Höhepunkt erreicht, aber die Aussiedler hatten erst in kleinen Zahlen die Erlaubnis zur Ausreise erhalten und der Zustrom von Asylsuchende war nach dem Rekordjahr 1980 wieder abgeebbt.

Das vereinigte Deutschland ist mit einer neuen und komplexeren Einwanderungssituation konfrontiert. Dies gilt insbesondere für Westdeutschland, dessen Bevölkerung innerhalb von fünf Jahren von etwa 61 Millionen (1987) auf über 65 Millionen (1992) anwuchs. Dagegen verlieren die fünf neuen Bundesländer aufgrund des Ost-West-Wohlstandsgefälles weiterhin Übersiedler in den Westen.

Auch die Zahl der rund 95 000 Gastarbeiter aus Vietnam, Mozambique und Angola, die aufgrund von Regierungsabkommen in der ehemaligen DDR beschäftigt waren, ist auf Restbestände geschrumpft. Sie kehrten vor Vetragsende zurück oder stellten -wie viele Vietnamesen- einen meist erfolglosen Asylantrag. Obwohl die Bundesrepublik im Einigungsvertrag die vertraglichen Verpflichtungen der DDR übernahm, versuchten die Behörden, die nach der Liquidierung vieler Industriebetriebe nicht mehr benötigte Kontraktarbeiter aus den „sozialistischen Bruderländern“ der DDR möglichst schnell loszuwerden. Nur durch den Druck von Kirchen, Solidaritätsgruppen und einzelnen Politikern konnte ihre Abschiebung hinausgezögert, aber nicht verhindert werden. Nicht nur rechtsradikale Gruppen, sondern auch Behörden des vereinigten Deutschlands machten den wenigen Ausländern in Ostdeutschland das Leben schwer. Die Rote Armee mit ehemals 380 000 Soldaten und rund 200 000 Familienangehörigen und Zivilbediensteten wurden bis Herbst 1994 angezogen. Die neuen Bundesländer sind trotz der Quotenzuweisungen von Asylbewerbern und des Einsickerns von „Illegalen“ aus Polen ein teil Europas mit dem geringsten Ausländeranteil.

Besondere Ursachen von Fluchtbewegungen

Der Flüchtlingsbegriff ist ein Sammelbegriff, der sehr unterschiedliche Typen von Flüchtlingen mit jeweils speziellen Fluchtmotiven umgreift. Dem asylrechtlichen Flüchtlingbegriff liegt dagegen ein Idealtypus des Flüchtlings mit ganz besonderen Eigenschaften, nicht der Realtypus heutiger Massenfluchtbewegungen zugrunde.

Es gibt in der Regel keinen einzelnen Fluchtgrund, sondern eine Mischung von Fluchtgründen. Kriege verbinden sich mit Hungersnöten ( wie z.B. im Sudan, in Äthiopien oder in Mosambique), die manifeste Gewalt von Diktaturen mit der strukturellen Gewalt von Diktaturen mir strukturellen Gewalt von Massenelend. Die „boat people“ aus Vietnam oder Haiti wagten oder wagen noch immer die lebensgefährliche Flucht über das Meer weder allein aus politischen Gründen noch allein aus wirtschaftlichen Gründen, wie ihnen die Zielländer unterstellten, um sie als „Wirtschaftsflüchtlinge“ zurückweisen zu können. Aus dem Gemenge von Schub- und Sogfaktoren, die Fluchtbewegungen auslösen, lassen sich einzelne Hauptursachen herausschälen:

Kriege als Hauptursachen von Fluchtbewegungen

Die Brennpunkte des internationalen Fluchtgeschehens bilden Kriegsgebiete, die früher fast ausschließlich in der dritten Welt lagen, nach der Auflösung der Staatsverbände der Sowjetunion und von Jugoslawien aber nach Europa zurückkehrten. Die Wurzeln dieser Kriege lagen in je besonderen Hinterlassenschaften des Kolonialismus; in Integrationskrisen künstlich geschaffener Staatsgebilde in willkürlich gezogenen Staatsgrenzen, die Ethnien und Religionen zusammenwürfelten, die nicht in einem gemeinsamen Staat zusammenleben wollten; in Machtkämpfen um staatliche Pfründen; in obligarchischen Macht- und Besitzstrukturen, die- wie in Zentralamerika - revolutionäre Bewegungen auf den Plan riefen. Hier fällt die Fluchtursachenforschung mit der Kriegsursachenforschung zusammen.

Repression als Fluchtursache

Diktaturen in verschiedenem ideologischen Gewande haben immer Oppositionelle verfolgt und ins Exil getrieben. Trotz der zu Beginn der 90er Jahre in vielen Ländern obsiegenden Demokratiebewegung wird nach Berichten von Amnesty International weiterhin in 70 Staaten gefoltert - auch in vielen vordergründig demokratischen Staaten. Die von deutschen Ausländerbehörden und Gerichten als „verfolgungsfrei“ erklärt werden. Diplomatische Rücksichtnahme macht es auch Folteropfern schwer, die „begründete Furcht vor Verfolgung“ nachzuweisen.

Verfolgung von Minderheiten

Opfer von Verfolgung und Vertreibung sind häufig ethnische oder religiöse Minderheiten, die - wie die Kurden, Tamilen, Tibeter, Molukker, Sikhs oder zahlreiche Ethnien in Afrika - Autonomie oder sogar Eigenstaatlichkeit fordern. Je fragiler die Staatswesen sind, desto größer ist die Versuchung solchen Autonomieforderungen mit Gewalt zu begegnen.

Umweltkatastrophen und Umweltflüchtlinge

Es zeichnet sich bereits ab, daß die in der dritten Welt durch das Bevölkerungswachstum und eine rücksichtslose Ausbeutung der natürlichen Lebensgrundlagen beschleunigte Umweltzerstörung noch mehr Menschen zu Flüchtlingen machen wird, als es Kriege bisher getan haben. Die Zahlen schwanken schon heute zwischen 10 und 100 Millionen Umweltflüchtlingen, wobei die vorübergehend durch Überschwemmungen, Erdbeben oder Vulkanausbrüche entwurzelten Personen nicht mitgezählt sind.

Armut als Fluchtursache

Die Massenarmut bildet eine strukturelle Ursache von Fluchtbewegungen. Die 80er Jahre wurden auch deshalb zu einem „verlorenem Jahrzehnt“ und zu einem „Jahrzehnt der Flüchtlinge“, weil die Strukturanpassunfspolitik des IWF und der Weltbank auch Teile der migrationsfähigen Mittelschichten proletarisiert hat. Zu derselben Zeit, als politische Reformprozesse den Fluchtgrund der politischen Repression abbauten, schufen soziale Verelendungsprozesse neue Migrationsgründe.

Das junge Humankapital auf Wanderschaft

Es sind fast überall junge Menschen, die der Hoffnungslosigkeit zu entfliehen versuchen und auf dieser fast weltweiten Suche nach Arbeit ein Stück Humankpital und Zukunft ihrer Herkunftsländer und potentiellen Gewinn für die Zielländer. Auch diese Migranten gelten nach internationalen Flüchtlingsrecht und nach unserer pauschalieren den Sprachregelungen als „Wirtschaftsflüchtlinge“. Die Verletzung der Menschenwürde und der sozialen Menschenrechte werden eben nicht als asylrelevant anerkannt.

Ausländische Arbeitnehmer und „Inländer mit fremden Paß“

Von den 5,6 Millionen „Ausländern“ (Ende 1992) waren etwa 1,7 Millionen ausländische Arbeitnehmer. Sie stellten 7,9% aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und trugen damit erheblich zum Beitragsaufkommen und Leistungsvermögen des Sozialversicherungssystem bei. Ihre Herkunftsländer bzw. Nationalitäten waren: Türkei 34%, Republiken des ehemaligen Jugoslawiens 18%, Italien 10%, Griechenland 6%, Spanien4% und andere 28%.

Aus der ersten Generation der „Gastarbeiter“ entstanden durch Familienzusammenführung und Geburt in Deutschland ethnische Minderheiten, die de iure Ausländer, de facto aber Einwanderer auf Dauer sind und nun zunehmend Ansprüche auf eine doppelte Staatsbürgerschaft anmelden. Zwei Drittel der ausländischen Kinder wurden bereits hier geboren - ein Tatbestand, der sie nur aufgrund des in Deutschland gültigen ius sanguinis Zu „Ausländern“ macht. Sie sind eher Inländer mit fremden Paß.

Die Anwerbung ausländischer „Gastarbeiter“ hatte Mitte der 50er Jahre begonnen und wurde nach dem Mauerbau (1961), der den Zustrom von Arbeitskräften aus der DDR unterbrach, mit dem wachsenden Arbeitskräftebedarf der im „Wirtschaftswunder“ boomenden Industrie intensiviert. Die Anwerbung erfolgte aufgrund von staatlichen Anwerbeabkommen (1955 mit Italien,1960 mit Griechenland und Spanien, 1961 mit der Türkei, 1963-65 mit Marokko, Portugal und Tunesien) und wurde durch die von der Bundesanstalt für Arbeit eingerichteten Kommissionen und Verbindungsstellen in den Anwerbeländern organisiert Sie war begleitet von großangelegten Werbekampagnen der Arbeitsverwaltung und von Unternehmen, die auch ohne Einschaltung der staatlichen Vermittlungsstellen anwerben konnten.

Die ausländischen Arbeitnehmer erfüllten für die deutsche Wirtschaft - und für die Wirtschaften in den nordwestlichen EU-Ländern - wichtige Funktionen, die erheblich zur Wohlstandsvermehrung beitrugen:

- Sie schlossen die sich vergrößernde Lücken auf dem Arbeitsmarkt und ermöglichten damit das Wachstum auch in arbeitsintensiven Branchen.
- Sie besetzten auch Arbeitsplätze, deren Lohn- und Arbeitsbedingungen Deutsche zunehmend ablehnten, zu Löhnen, die deutlich unter dem durchschnitt liegen.
- Sie stützten durch ihre Beitragszahlungen das Sozialversicherungssystem.
- Weil die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte ursprünglich nur temporär geplant war und die Arbeitsverträge zumeist auf ein Jahr beschränkt waren, besorgte sie ein disponsibles Reservoir für die schwankende Nachfrage in Abschwung- und Boomphasen. Sie hatte allerdings in ihrer allein vom Bedarf des Arbeitsmarktes und vom einseitigen Nutzenkalkül geleiteten Anwerbepraxis übersehen, daß - nach dem viel zitierten Spruch von Ma Frisch - nicht nur Arbeitskräfte, sondern auch Menschen kamen.

Differenzierung des„Ausländerproblems“

Die von der Bedarfslage diktierte Reihenfolge der Anwerbung hatte erhebliche Auswirkungen auf das Entstehen, auf Erscheinungsweisen und Wahrnehmungsfilter des „Ausländerproblems“. Die türkischen Arbeitsmigranten wurden nicht nur zur größten Gruppe, sondern als letzte Einwanderergruppe auch in Branchen, Regionen und Wohnbereiche abgedrängt, die noch nicht von den Arbeitsmigranten aus Südeuropa besetzt waren. Durch diese Konzentration in marginalen Stadtteilen entstanden „Türkenviertel“, die als städtische „Problemzonen“, vor allem im Schulbereich, wahrgenommen wurden. Gleichzeitig fielen die Türken durch ihre Kleidung ,Religionszugehörigkeit und ihre Verhaltensweisen stärker als Fremde auf als die Südeuropäer. Und sie verrichteten, sei es als Müllarbeiter, Straßenkehrer oder als Putzfrauen, die schmutzigsten Arbeiten, die sie rückständig stigmatisierten. Die Wohlstandsgesellschaft brauchte ihre Arbeits- und Dienstleistungen, grenzte sie aber als ihre Heloten und als „ausländische Mitbürger“ ohne Bürgerrechte aus der Bürgergesellschaft aus.

Türken als„Problemgruppe“

Es entwickelte sich ein mehr oder weniger gleichgültiges Nebeneinander, aber kein multi- kulturelles Zusammenleben. Auch die Beziehungen zwischen den ausländischen Gruppen beschränkte sich weitgehend auf die Zusammenarbeit in den Ausländerbeiräten, in denen die Hackordnung am Arbeitsplatz zwischen „Europäern“ und „Kümmeltürken“ durch gemeinsame Interessen von Ausländern überspielt wurde. Je mehr sich in den „Türkenvierteln“ Jugendliche in Banden organisierten, um mit den Frustrationen als ausgegrenzte Minderheit besser fertig werden zu können, und je mehr Konflikte zwischen Kurden Und Türken und zwischen türkischen Organisationen auch in der Bundesrepublik ausgetragen wurden, desto stärker wurden die Türken als „Problemgruppe“ wahrgenommen. Die Wurzeln des Problems liegen darin, daß die Türken weit mehr als die Einwanderer aus den Südländern der EU und aus dem ehemaligen Jugoslawien als „Fremdgruppe“ wahrgenommen werden, an denen die „kulturelle Differenz“, d.h. die Unvereinbarkeit von Lebensweise und Wertsystemen, illustriert wird, die als mentale Barriere gegen eine multikulturelle Gesellschaft aufgebaut wird.

Wachsende Arbeitslosigkeit unter Ausländern

Ende der 80er Jahre verschlechterte sich die Situation für die ausländischen Arbeitnehmer aus mehreren Gründen: Erstens waren sie stärker als die Deutschen von der wachsenden Arbeitslosigkeit betroffen. Ihre Arbeitslosenquote lag Mitte 1989 mit 11,5% deutlich über dem nationalen Durchschnitt von 7,4%. Dadurch stiegen auch die Ausgaben für die Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die in Stammtischdiskussionen das unkundige Gerede über die Ausbeutung des deutschen Sozialstaates nährten. Zweitens gab es nach 1987 durch die Zuwanderungswellen von besser qualifizierten Aus- und Übersiedlern einen Verdrängungswettbewerb auf dem Arbeitsmarkt. Drittens verschärfte sich durch diese unerwartete Zuwanderung von deutschstämmigen „Problemgruppen“ die Verknappung billigen Wohnraums, vor allem in den städtischen Ballungszentren mit den höchsten Ausländeranteilen. Wieder mußten die Ausländer - wie bei der Beschäftigungskrise zu Beginn der 80er Jahre - als Sündenböcke für eine politisch geschaffene Mangelsituation herhalten, Es bedurfte der Brandanschläge auf türkische Familien in Mölln und Solingen, um Vorschläge zum besseren interkulturellen Zusammenleben mehr Gehör zu verschaffen, die die Ausländerbeauftragte Liselotte Funcke in den 80er Jahren immer wieder gemacht hatte, aber von den politischen Entscheidungsträgern weitgehend ignoriert wurden. Dazu gehörten Erleichterungen der Einbürgerung, die doppelte Staatsbürgerschaft, das kommunale Wahlrecht für Ausländer, aber auch eine ehrliche Aufklärung über den Beitrag der Ausländer zur Wohlstandsvermehrung der Deutschen und die Bereitschaft der Politik, aus der realen Situation des Einwanderungslandes Deutschlandes politische Konsequenzen zu ziehen.

Soziale Situation der Asylsuchenden in Deutschland

Das erklärte Ziel der „flankierenden Maßnahmen“ zur verfahrensrechtlichen Abwehrpolitik war es. Die Lebensbedingungen während der Wartezeit möglichst unerträglich zu gestalten, um keine Anreize zum Bleibenwollen zu schaffen.

Diesem Zweck diente ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die durch die ausdrückliche Einschränkung des Grundrechts auf „körperliche Unversehrtheit“ im §37 des Asylverfahrengesetzes von 1982 gerechtfertigt wurden. Dabei ist die Frage unerheblich, wie aussichtsreich ein Asylantrag ist. Auch Flüchtlinge, die eine „begründete Flucht vor Verfolgung“ nachweisen konnten, wurden mit unterschiedslos einer inhumanen Abschreckungspolitik unterworfen. Allerdings handhabten die Bundesländer die gesetzlichen Ermächtigungen mit unterschiedlicher Konsequenz. Bayern und Baden-Württemberg, also die beiden Bundesländer, die immer wieder auf die Änderung des Asylgrundrechts drängten, zeichneten sich auch durch eine besonders konsequente Abschreckungs- und Abschiebepolitik aus.

Der asylpolitische Sündenfall: Einweisung in Sammellager

§23 des Asylverfahrengesetztes von 1982 enthielt die Soll- Vorschrift, daß Asylsuchende „in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden“ sollen. Diese Vorschrift billigte den asylpolitischen Sündenfall. Auch andere Staaten (Belgien, Schweden) konnten den Ansturm von Asylbewerbern nur mit der Einrichtung von Auffanglagern bewältigen, aber sie machten die Lager nicht zu Exerzierplätzen von Abschreckungsmaßnahmen. Außerdem halten sich Asylbewerber aufgrund des schnelleren Asylverfahrens nicht so lange in den Sammelunterkünften auf. Nicht allein die Zwangseinweisung in Sammelunterkünfte, sondern auch die häufig lange Dauer dieser Quasi-Internierung ist höchst problematisch. Die Bundesländer setzten die gesetzliche Soll-Vorschrift weitgehend in die Praxis um, aber nicht konsequent genug wie Bayern und Baden-Württemberg. Häufig wandelten sie ausgediente Kasernen, Krankenhäuser und Schulen oder Baracken und Abbruchhäuser in schäbigem Zustand und mit ungenügenden sanitären Anlagen zu Zwangsunterkünften um. Wer hier „wohnt“, ist schon optisch als „asozial“ aus der Gesellschaft ausgegrenzt und stigmatisiert , ein ungebetener Gast, der tagtäglich auf Ablehnung stößt. Das Asylverfahrensgesetz von 1992 machte die Unterbringung in zentralen Sammelunterkünften verbindlich.

Multi-ethnisches Zusammenpferchen

In den Gemeinschaftsunterkünften werden in der Regel Menschen- Einzelpersonen, Ehepaare, Familien - aus verschiedenen Kontinenten und Kulturkreisen mit verschiedenen Sprachen und Gebräuchen und Verhaltensweisen, mit unterschiedlichen Fluchtmotiven und Aussichten auf ein Bleiberecht auf engstem Raum zusammengepfercht. Nur in kleineren Unterkünften wird Rücksicht auf Herkunft und Kommunikationsfähigkeit genommen. Die Kommunen können auf die ihnen zugewiesenen Kontingente meistens nur mit Notlösungen reagieren. Fast immer stößt die Absicht von Kommunalverwaltungen, irgendwo eine größere Gruppe von Asylbewerbern unterzubringen, auf Proteste von Anwohnern. Die Schuldzuweisung an Politiker und Behörden muß diese Reaktionen in der Gesellschaft berücksichtigen.

Gewalt in Sammellagern

Die großen Sammellager sind Brutstätten von Frustrationen, Depressionen, Konflikten und Gewaltausbrüchen. Die räumliche Enge und die tägliche Erfahrung von Bevormundung und Diskriminierung erzeugen eine aggressive Atmosphäre. Die Asylbewerber aus den verschiedenen Herkunftsregionen grenzen sich meist gegeneinander ab, beobachten sich gegenseitig eifersüchtig, vermuten leicht eine gruppenspezifische Benachteiligung und sind deshalb kaum zu einem solidarischen Verhalten untereinander und gegenüber der Lagerverwaltung fähig. Streitereien und handgreifliche Auseinandersetzungen gehören zur Tagesordnung des Lagerlebens.

Verstöße gegen die Menschenwürde

Die betreuenden Organisationen berichten über eine häufige Überbelegung der Räume, über völlig unzureichende sanitäre Einrichtungen, über den Verlust jeder Privat- und Intimsphäre und über den Mangel an sinnvollem Zeitvertreib. Der Anspruch auf eine Wohnfläche von maximal 10qm wird in den überbelegten Unterkünften häufig nicht eingelöst. Die Regierung der Oberpfalz hielt sogar 4qm pro Person für ausreichend. Ein deutscher Dackel hat einen Rechtsanspruch auf einen 6qm großen Zwinger. In der Regel bewohnt eine fünfköpfige Familie ein Zimmer mit 15-20qm. Die Lagerinsassen wohnen nicht, sondern hausen, nur ausgestattet mit einem Bett, Stuhl und Schrankteil.

Eingeschränkte Bewegungsfreiheit

Das Lagerleben wird durch die Isolation von der Umwelt und die tagtägliche Erfahrung, ungebetener Gast zu sein, noch zusätzlich erschwert. Es gibt im Lager wenig Möglichkeiten zur grundrechtlich garantierten „Entfaltung der Persönlichkeit“, weil sich individuelle Bedürfnisse unter den Bedingungen des Lagerlebens kaum entfalten können. Selbst die Chance, an einem Sprachkurs teilzunehmen, wurde seit 1981 unterbunden. Es gibt aber auch außerhalb des Lagers zu wenig Bewegungsspielraum, weil die Lagerinsassen den Sprengel der zuständigen Ausländerbehörde nur mit deren Genehmigung verlassen dürfen. Sie lehnt aber häufig selbst die Verwandtenbesuche in anderen Verwaltungsbezirken ab. Diese Einschränkung der Bewegungsfreiheit wiegt umso schwerer, da bei der Verteilung der Asylbewerber auf Bundesländer und kommunen keine Rücksicht auf großfamiliäre Bande oder Freundschaften genommen wird. Das Grundrecht auf Freizügigkeit wird in einem Maße eingeschränkt, das nicht mit irgendwelchen Notwendigkeiten gerechtfertigt werden kann. Im übrigen entsteht ein erheblicher Anteil der in der Kriminalitätsstatistik ausgewiesenen „Kriminalität“ bei Ausländern aus Überschreitungen der behördlich abgesteckten Aufenthaltssprengel.

Vom Arbeitsverbot zum Arbeitszwang

Es muß daran erinnert werden, daß der Parlamentarische Rat das recht auf Asyl nur deshalb nicht mit einem Recht auf Arbeit verknüpfte, weil er das recht auf Arbeit bereits im Grundrecht auf die „freie Entfaltung der Persönlichkeit“ garantiert sah. Die Asylnovelle 1987 verlängerte das bereits bestehende Arbeitsverbot für Asylbewerber - mit Ausnahme der „Ostblock-Flüchtlinge“, denen nur ein einjähriges Arbeitsverbot zugemutet wurde - auf fünf Jahre. Dieses Verbot konnte nicht arbeitsmarktpolitisch begründet werden, sondern hatte wiederum eine abschreckende Funktion.

Das Arbeitsverbot wurde aus menschenrechtlicher Sicht als eine „Bedrohung der seelischen Integrität“ kritisiert; es zwang zum Nichtstun und herumlungern, das in der uninformierten Öffentlichkeit das Vorurteil des Parasitentums auf Kosten der Steuerzahler verstärkte; und es leitete viele Asylbewerber dazu, illegale Gelegenheitsarbeiten ohne jeden Schutz gegen Ausbeutung oder Unfälle zu übernehmen und außerdem eine strafrechtliche Verfolgung zu riskieren. In einigen Städten gingen die Staatsanwaltschaften auch gegen Asylbewerber vor, die in Restaurants Blumen zu verkaufen versuchten. Die Kontrolle illegaler Arbeit auf Baustellen wurde dagegen wesentlich nachlässiger gehandhabt, obwohl sie Millionenverluste an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen bedeutet.

Andererseits verpflichten Kommunalverwaltungen Asylbewerbern gelegentlich zu „gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit“ im Rahmen des Bundessozialhilfegesetzes. Der Bundesparteitag der CDU vom September 1989 beschloß, diese Pflicht zu gemeinnütziger Arbeit zu verstärken. Dabei bilden nicht einmal die niedrigen Stundenlöhne, sondern der mit Abschiebedrohungen verbundene Zwang ein Rechtsproblem. Die Internationale Arbeitsorganisation bewertete eine solche Zwangsarbeit als rechtswidrig. Die Bundesregierung widersprach dieser Rechtsauffassung, obwohl die ILO auf einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag hinweisen konnte. Art. 2 des Übereinkommens über Zwangs- oder Pflichtarbeit von 1930 lautet:

„Als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne dieses Übereinkommens gilt jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung stellt.“

Das Argument ist populär, daß die Asylbewerber nicht dem Steuerzahler auf die Tasche fallen, sondern selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen sollten. Bis zur Verhängung des Arbeitsverbots taten dies gut zwei Drittel trotz teilweise schwierigen Voraussetzungen. Mitte 1989 geriet das prinzipielle Arbeitsverbot als eine Bastion der Abschreckungspolitik ins Wanken - und zwar aus mehreren Gründen: Erstens wuchs in einzelnen Branchen und Dienstleistungsbereichen der Mangel an Arbeitskräften; zweitens drängten die Kommunen auf eine Entlastung ihres Sozialetats. Das Asylverfahrensgesetz von 1992 hob das Arbeitsverbot auf. Gleichzeitig verpflichtete das Asylbewerberleistungsgesetz von 1993 die Asylbewerber dazu, eine angebotene Arbeit anzunehmen. Für Tätigkeiten in kommunalen oder gemeinnützigen Einrichtungen sollten sie einen Stundenlohn von 2,00 erhalten.

Ausländerpolitik und Ausländerrecht

Das „Asylproblem“ ist nur ein Teilproblem des „Ausländerproblems“, hat aber seit Mitte der 80er Jahre die ausländerpolitische Diskussion völlig überlagert. Zu Beginn der 90er Jahre machten Flüchtlinge“ allenfalls ein knappes Fünftel der in Deutschland lebenden Ausländer aus. Wenn Ausländer Arbeitnehmer, Geschäftsleute oder Studenten waren, beklagten sie sich, Opfer der tatsächlichen oder befürchteten Ausländerfeindlichkeit geworden zu sein, die durch die vom Zustrom von Asylsuchenden, Aus- und Übersiedlern verschärfte Mangel- und Konkurrenzsituation aufgekocht wurde. Die japanische Botschaft hielt ihre Landsleute an, sich schon durch die Kleidung von anderen Ausländern positiv zu unterscheiden. Das Ausländerrecht regelt die Rechts und Pflichten der in der Bundesrepublik lebenden Ausländer, vor allem aber die „Belange“ des Gastlandes und die Pflichten der Ausländer; es ist das in Paragraphen gegossene Resultat der Ausländerpolitik, Ausdruck des Selbstverständnisses der deutschen Gesellschaft und Manifestation ihres Willens, wie sie mit den aus verschiedenen Gründen in das Land gekommenen Fremden umgehen will. Das Ausländerrecht sagt über die psycho-soziale Befindlichkeit einer Gesellschaft, ihr Verständnis von Menschenrechten und ihr Verhältnis zur Außenwelt mehr aus als alle Diplomatie und amtliche Rhetorik.

Politik hat mit Gestaltung und Problemlösung zu tun, Ausländerpolitik mit der Gestaltung des Zusammenlebens zwischen einheimischer Mehrheit und zugewanderten Minderheiten. Wie hat die deutsche Politik auf die Probleme reagiert, die ihr durch die unfreiwillige Entwicklung zum Einwanderungsland entstanden sind ? Sie war im In- und Ausland zunehmend mit dem Vorwurf konfrontiert, einer wachsenden Ausländer Feindlichkeit nicht nur untätig zuzuschauen, sondern sie durch die politische Alltagssprache, gesetzgeberische Maßnahmen und Unterlassungen sogar zu verstärken.

Das Ausländergesetz von 1990

Im Februar 1988 wurde ein interner „Vorreferentenentwurf“ für ein neues Ausländergesetz bekannt, der heftige Kritik auslöste. Er sah neben einem Ausländer Integrationsgesetz für eine Minderheit von Ausländern, die schon vor dem Anwerbestopp von 1973 in die Bundesrepublik eingereist waren und nun einen Regelanspruch auf Aufenthaltsverfestigung erhalten sollten, ein Aufenthaltsgesetz vor.

Dieses AAG sollte erklärtermaßen die „nicht mehr verkraftbare Zuwanderung“ von Ausländern abwehren, einen „prinzipiellen Vorrang der öffentlichen Interessen vor den belangen des Ausländers“ sicherstellen und „die Frage des Selbstverständnisses der Bundesrepublik Deutschland als eines deutschen Staates“ mit entsprechenden Ausgrenzungen beantworten.

Der umstrittene Gesetzentwurf wurde zurückgezogen, nachdem sich eine breite Ablehnungsfront gebildet hatte, die von den Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, Menschenrechtsgruppen und Flüchtlingsräten über die parlamentarische Opposition bis hinein in der Teile der CDU und FDP reichte. Nach den Wahlerfolgen der „Republikaner“ bei den Wahlen in Berlin (Januar 1989) und Kommunalwahlen in Hessen( März 1989) wurde der Ruf nach einem neuen Ausländerrecht wieder lauter. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der drei Koalitionsparteien legte im April 1989 „Eckwerte“ für den Entwurf eines neuen Ausländergesetzes vor. Der Bundesparteitag der CDU vom September 1989 verabschiedete einstimmig einen Leitantrag, der eine Verschärfung des Asylverfahrensrechtes vorsah. Wenig später brachte der neue Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble einen Gesetzentwurf in das Gesetzgebungsverfahren ein.

Dieser Gesetzentwurf sah einerseits Erleichterungen für Ausländer vor, die bereits längere Zeit in der Bundesrepublik lebten, wollte andererseits vor allem die „Zuwanderung weiterer Ausländer“ verhindern. Er errichtete vor allem für Flüchtlinge aus der Dritten Welt fast unüberwindbare Hürden. Die Möglichkeiten von Grenzbehörden zur Zurückweisung sollten erweitert, die Rechtsweggarantie noch weiter eingeschränkt sowie schneller und konsequenter abgeschoben werden. Obwohl wieder eine breite Front der Kritiker entstand und die Ausländerbeauftragte Lieselotte Funcke dem Gesetzentwurf eine durch wenige Zugeständnisse geschönte „Verschlimmbesserung des geltenden Ausländerrechts“ vorwarf, wurde nach kräftigen Korrekturen durch die Experten der Koalitionsfraktion und zahlreiche Änderungsvorschläge im Innenausschuß am 26. April 1990 vom Bundestag verabschiedet und trat am 1.1.1991 in Kraft.

Das hastig verabschiedete und höchst komplizierte Paragraphenwerk erleichterte einerseits den Familiennachzug und die Einbürgerung und gab den ehemaligen Gastarbeitern durch eine Daueraufenthaltsgenehmigung einen Einwanderungsstatus. Das waren begrenzte Fortschritte. Das Gesetz enthält auch einige asylrechtliche Verbesserungen: So dehnte es den Schutz von politisch Verfolgten auch auf Ehepartner und Kinder aus, die bisher in ein getrenntes Asylverfahren gezwungen worden waren, und führte eine „Altfallregelung“ ein, die erfolglosen Asylbewerbern, die sich schon seit acht Jahren in der Bundesrepublik aufhielten, eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis einräumte; es hielt auch an der bisherigen Regelung fest, die ausländischen Ehepartner von Deutschen nach drei Jahren einen Rechtsanspruch auf unbefristete Aufenthaltserlaubnis zusichert.

Andererseits verschärfte das Gesetz die Ausweisungsbefugnisse, erweiterte die Ermessensspielräume der Ausländerbehörden bei der Verlängerung befristeter Aufenthaltserlaubnisse und machten beispielsweise die Erteilung von unbefristeten Aufenthaltserlaubnissen vom Nachweis ausreichenden Wohnraums abhängig - und dies bei wachsender Wohnungsnot gerade für einkommensschwache Gruppen. Das Gesetz wirbt um das Vertrauen der Ausländer und steckt doch voller Mißtrauen; es behandelt sie als potentielle Gefahr für die innere Sicherheit und das Wohlbefinden der Gastgesellschaft und unterwirft sie deshalb einem polizeistaatlichen Überwachungssystem; es läßt Angst vor den Fremden erkennen und droht ihm ständig mit dem Knüppel der Ausländerpolizei.

Leitlinien für eine neue Ausländerpolitik

Mit der Novellierung des Ausländerrechts und der Ergänzung des Art. 16 GG hat die Bundesrepublik weder die aus der aktuellen Einwanderungssituation resultierenden Probleme in den Griff bekommen noch Konzepte für die Bewältigung der „Zukunftsangst Einwanderung“ gewonnen. Klaus BADE stellte der Ausländerpolitik einen umfassenden Katalog von Aufgaben:

„Dabei muß den Gemeinsamkeiten und Besonderheiten der verschiedenen Gruppen innerhalb der zugewanderten Minderheiten ebenso Rechnung getragen werden wie ihrem durch unterschiedliche Erfahrung aus bereits durchlebten Phasen der Einwanderungssituation mitbestimmten Verhältnis zur einheimischen Bevölkerung und zu anderen Gruppen. Der Einwanderungssituation muß legislativ entsprochen werden durch ein für beide Seiten, Aufnahmegesellschaft und zugewanderter Minderheiten, gleichermaßen transparentes Rechtsgebäude für die Gestaltung von Lebensperspektiven. Er muß eingebettet sein in ein tragfähiges, wirtschafts-, sozial- und kulturpolitisches, mithin im weitesten Sinne gesellschaftspolitisches Gesamtkonzept einer Politik für Migration, Integration und Minderheiten. Sie muß das gesamte Spektrum erfassen und durch Ausgleichs- und Vermittlungsfunktionen zu verhindern streben, daß einzelne Segmente kollidieren oder gar gegeneinander ausgespielt werden. Dazu gehört schließlich eine differenzierte, gestufte und in den Übergangszonen flexible Gesamtkonzeption für eine aktive Begleitung von Einwanderungs- und Eingliederungsprozessen der verschiedensten Art für das Zusammenleben mit und innerhalb der zugewanderten Minderheiten. Sie sollte ein institutionelles Netz bieten für weitgefächerte und tiefgestaffelte Hilfs- und Verständigungsangebote. Und sie muß insgesamt eingebracht werden in den übergreifenden Kontext einer europäischen Migrations-, Integrations- und Minderheitenpolitik.“

Multikulturelle Gesellschaft = kulturelle Pluralität

Multikulturelle Gesellschaft meint kulturelle Vielfalt, wobei Kultur Lebensweise und Wertsysteme umfaßt. Diese Übersetzung ist dazu angetan, einigen schwierigen Fragen auszuweichen. Die zitierte Definition von Heiner Geißler deutet bereits ein Dilemma an: Einerseits lehnt er eine „Zwangsgermanisierung „ ab und will die kulturellen Identitäten der eingewanderten Minderheiten dulden und bewahren, andererseits fordert er ihnen Anpassungsleistungen ab und will sie einem kulturübergreifenden Wertekonsens unterwerfen. Hier wird die prinzipiell anerkannte Gleichwertigkeit aller Kulturen wieder zurückgenommen - und sie muß zurückgenommen werden, wenn ein verbindender Wertkonsens gefunden werden soll. Der Unterschied zur Definition der Integration als „Prozeß der Einfügung in deutsche Verhältnisse“ schwindet.

OBERNDÖRFER beruft sich auf die im Grundgesetz garantierte Freiheit von Glauben und Weltanschauung. Er akzeptiert aber die Wahrscheinlichkeit, daß die Einwanderer die „Mehrheitskultur“ verändern werden. Dies tun auch COHN-BENDIT/SCHMID: Langfristig entstehe „etwas Drittes, etwas Neues“.

Kritiker werteten dann so etwas „Drittes“ als Bedrohung der kulturellen Identität der Deutschen, als „kulturellen Mischmasch“ oder als identitätslosen „Einheitsbrei“ ab.

Multikulturalisten halten ihnen entgegen, daß erst durch Austausch und Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Kulturen die „kulturelle Unterschiedlichkeit“ lebendig werde. Mit anderen Worten: Erst die Konfrontation mit den Anderen lasse das Eigene bewußt werden. Kritiker erkannten darin wiederum die Gefahr, daß die multikulturelle Gesellschaft ethnische Differenzierung und Diskriminierung produziere.

Jenseits unterschiedlicher Einschätzungen des Verhältnisses zwischen „Mehrheitskultur“ und Minderheitenkulturen gibt es unter den Befürwortern einer multikulturellen Gesellschaft große Übereinstimmung, daß die kulturelle Vielfalt für die Einwanderungsgesellschaft eine Bereicherung darstelle. Ihr Motto lautet: „Kulturelle Vielfalt statt nationaler Einfalt“.

Sogar wertekonservative Kulturpessimisten räumten ein, daß die multikulturelle Gesellschaft das Bewußtsein für die eigene kulturelle Identität stärken und einen „Beitrag zur Überwindung der Dekadenz“ der „glitzernden Hedonistenwelt“ des Westens leisten könne. Der klügere Teil der „Neuen Rechten“ entdeckte sie als Jungbrunnen des Wertekonservativismus. Es bestehen begründete Zweifel, daß diese Fürsprecher der multikulturellen Gesellschaft wirklich begriffen haben, wie radikal dieses Konzept herkömmliche Legitimationsmuster des Nationalstaats in Frage stellt.

Erklärungsversuche von Fremdenfeindlichkeit

Unter dem Begriff der Fremdenfeindlichkeit werden verschiedene Einstellungen und Verhaltensweisen, die sich gegen Fremde richten, zusammengefaßt. Ihre Erscheinungsformen reichen von „Türkenwitzen“ und Pöbeleien über die institutionalisierte Diskriminierung in Gesetzten und Verordnungen bis zu den täglichen Angriffen und Brandanschlägen. Sicherlich muß zwischen Fremdenangst und Abwehrhaltungen gegenüber +fremdartigen Verhaltensweisen, die nicht in Gewalt umschlagen, und Fremdenfeindlichkeit mit Gewaltanwendung oder Billigung von Gewaltanwendung, also zwischen Fremdenangst und Fremdenhaß, unterschieden werden.

Fremden- und Ausländerfeindlichkeit werden meistens synonym gebraucht, aber da sich die Fremdenfeindlichkeit gegen Aus- und Übersiedler zu richten begann, ist der umfassendere Begriff, der/das Fremde eine soziologische Kategorie.

Fremdenfeindlichkeit kann nicht auf militante Aktionen gegen Fremde eingeengt und damit zum Problem einer rechtsradikalen Minderheit heruntergespielt werden, wie es die Bundesregierung auch in ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der SPD-Fraktion über „Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit“ tat. Andererseits wird der Begriff inflationiert, wenn schon „jede Weigerung, dem Ausländer dieselben Recht einzuräumen, die die Inländer innehaben“, als Ausländerfeindlichkeit begriffen wird. Solange die Welt in Nationalstaaten organisiert ist, gibt es Staatsangehörigkeitsrechte, die Inländer besondere Rechte einräumen und Pflichten auferlegen. Dies hat noch wenig mit Ausländerfeindlichkeit zu tun.

Hier können nicht die Erkenntnisse und Kontroversen der Vorurteilsforschung entfaltet werden. Soziologen und Psychologen stimmen weitgehend überein, daß zwar Persönlichkeitseigenschaften - wie ein autoritärer Charakter - erklären können, warum die einen bei gleichen Umweltbedingungen zur Fremdenfeindlichkeit neigen und die anderen nicht. Aber Psychologisierungen können von gesellschaftlichen und politischen Bedingungen ablenken, in denen Fremdenfeindlichkeit erst ihre Virulenz entfaltet. Der Psychologe Peter BECKER zählt zu solchen Umweltbedingungen, die als „äußere Bedrohung“ wahrgenommen werden und fremdenfeindliche Einstellungen verstärken können:

- Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen ( drohende Arbeits- und Perspektivlosigkeit, Konkurrenz auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt);
- Frustrationen von Erwartungen;
- Das tatsächliche oder wahrgenommene Unvermögen der Politik, die anstehende Probleme zu lösen;
- Den starken Zustrom von „Fremden“ (Aussiedlern, Asylbewerbern, Flüchtlingen).

HEITMEYER lehnt diese verhaltensbiologische „Schwellenmodell“ ab, dem zufolge nach überschreiten einer Toleranzschwelle durch Fremde/Ausländer die Neigung zur Gewaltanwendung gegen Fremde wächst. Er kann einerseits auf Großstädte verweisen, in denen ein hoher Ausländeranteil nicht - gemäß dem „Schwellenmodell“ - zum Rassenkrieg führte, andererseits auf Ostdeutschland, wo in quantitativer Hinsicht die „Pferchungstoleranz“ im europäischen Vergleich weit unterschritten ist. Die Wahlforschung in Deutschland und Frankreich zeigte, daß die „Republikaner“ und der Front National ihre höchsten Stimmengewinn nicht in Stadtteilen mit den höchsten Ausländeranteilen, sondern in benachbarten Distrikten erzielten, wo offensichtlich eine Angst vor dem Eindringen der Ausländer, dem Wertverlust von Immobilien und dem Verlust an Sicherheit und Lebensqualität umgeht.

Umfragen deuten darauf hin, daß die Fremdenangst in der Bundesrepublik auch durch starke Zuwanderung am Ende der 80er und zu Beginn der 90er Jahre nicht größer geworden ist, aber politische Bedingungen entstanden sind, die die Hemmschwelle für ausländerfeindliche Äußerungen und Aktionen gesenkt haben. Die in Bonn geführte Asyldebatte und die sich in der Wortwahl verschärften Denunzierungen des „massenhaften Asylmißbrauchs“ haben die asylsuchenden kollektiv stigmatisiert und nahezu kriminalisiert. Die Massenmedien haben diese öffentliche Stimmungsmache aufgeheizt.

Durch die Herabsetzung des Fremden wird die Illusion der eigenen Überlegenheit geschaffen. Einfacher ausgedrückt: Ich verdränge meine eigene Schwäche und steigere mein Selbstwertgefühl, wenn ich jemanden „ganz unten“ beleidigen und demütigen kann. Dieses Verhaltenssyndrom war ebenso bei aus Deutschland vertriebenen Juden gegenüber Schwarzen oder innerhalb der „Hackordnung“ zwischen Arbeitnehmern aus EU-Ländern und türkischen Arbeitnehmern zu beobachten - und nun eben auch bei frustrierten „Ossis“ gegenüber Vietnamesen, polen und Asylsuchenden aus allen Teilen der Welt. Bei „äußeren Bedrohungen“ und inneren Verunsicherungen dient das Nationale als Krücke des Selbstwertgefühls.

Ansätze zu einer europäischen Harmonisierung der Asylpolitik

Angesichts der weltweiten Migrationsprozesse hat sich eine nationalstaatliche Asyl- und Einwanderungspolitik überholt. Ihre Harmonisierung auf europäischer Ebene ist unausweichlich geworden. Die Frage war und ist, an welchen asylrechtlichen Standards sich diese Harmonisierung orientieren soll. Der wachsende Migrationsdruck von außen erzeugte fast zwangsläufig die Tendenz einer Orientierung an Minimalstandards. Die Genfer Flüchtlingskonvention sorgte bereits Vereinheitlichung der Handhabung des Asylrechts, also des Rechts im Asyl. Die für den 1. Januar 1993 geplante Öffnung der Binnengrenzen innerhalb der EU verstärkte ab Mitte der 80er Jahre die Bemühungen um eine Harmonisierung des Asylrechts, das sich zunehmend zu einem ungewollten Instrument der Einwanderung einwickelte hatte. Damals ergriffen die Bundesrepublik, Frankreich und die Benelux-Staaten die Initiative, die zum Schenger Abkommen und Schenger Zusatzabkommen vom 19.6.1990 führte. Allmählich reihten sich Italien, Spanien und Portugal in die Gruppe der „Schengen-Staaten“ ein. Einige andere EU-Staaten haben ihre Absicht bekundet, dem Abkommen beizutreten, weil sie sich von ihm ebenfalls eine Entschärfung des Asylproblems erhoffen.

Das Schenger Abkommen das ein völkerrechtlicher Vertrag außerhalb des EU-Rechts ist, verhängte erstens über die - inzwischen 100- wichtigsten Herkunftsländer von Flüchtlingen einen gemeinsamen Visazwang, der den Zugang zur „Fluchtburg Europa“ erheblich erschwert; zweitens drohte es Luftlinien Strafe an, wenn sie Passagiere ohne gültiges Visum befördern; drittens dürfen Asylsuchende nur in einem der „Schengen-Staaten“ einen Asylantrag stellen, dessen Ablehnung für alle Vertragsstaaten gilt; viertens soll ein Informationssystem und Datenaustausch die Durchsetzung dieser Vertragsbestimmungen erleichtern.

Tendenzen zur Abschottung der„Festung Europa“

Die Versuche, durch völkerrechtliche Verträge außerhalb des EU-Rechts die Zugangsbedingungen von Asylsuchenden nach Europa einvernehmlich zu regeln, wurden ergänzt durch Versuche, die EFTA-Staaten und osteuropäischen Staaten in eine europaweite Einwanderungs- und Asylpolitik einzubinden. Im März 1991 schlossen die „Schengen- Staaten“ und den Nachbarstaaten der EU dient. Der deutsche „Asylkompromiß“ kann nur dann seine beabsichtigen Wirkungen erzielen, wenn sich die als „sicher“ deklarierten Nachbarstaaten auf solche Rücknahmeabkommen einlassen, die ihnen erhebliche organisatorische Anstrengungen abfordern und finanzielle Lasten aufbürden. Im Oktober 1991 einigten sich auf der Berliner „Konferenz über illegale Zuwanderung aus und Über Mittel- und Osteuropa“ Minister aus den Staaten der EG und EFTA, aus Ost- und Südeuropa auf schärfere Grenzkontrollen und eine Verhinderung der illegalen Arbeitsmigration über die „grüne Grenzen“ hinweg. Eine Nachfolgekonferenz in Budapest verdichtete und konkretisierte die multilateralen Absprachen. Allerdings können die Herkunftsländer von Asylsuchenden und illegalen Arbeitsmigranten ihre Außengrenzen zum Westen noch weniger abschirmen als die Zielländer, falls sie es überhaupt versuchen sollten, weil Migranten wirtschaftlichen und sozialen Krisensituationen zu entfliehen versuchen und ein soziales Ventil öffnen.

Nach dem Abbau des Eisernen Vorhangs entstanden an der „Wohlstandsgrenze“ zwischen West- und Osteuropa neue Barrieren und Mauern - obwohl die „Charta für das neue Europa“ die Öffnung der Grenzen feierte und das Menschenrecht auf Freizügigkeit betonte, das der Westen vier Jahrzehnte lang als politische Waffe gegen die kommunistischen Regime eingesetzt hatte. Nun richtete sich dieses Menschenrecht gegen die westliche Wohlstandsinseln und gegen die in ihnen wachsenden Festungsmentalität. Es geht aber nicht nur um Abschottung nach außen, sondern auch um Gefährdungen der Rechtsstaatlichkeit und Liberalität innerhalb der „Festung Europa“. Das Curches Committee for Migrants in Europe wies schon früh auf die Gefahr hin, daß die Pläne der TREVI-Gruppe zur Bekämpfung der illegalen Zuwanderung zum Aufbau eines polizeistaatlichen Überwachungssystems führen könnten. Anfang März 1994 verabschiedete das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf, der darauf abzielte, das beim Bundesverwaltungsamt in Köln angesiedelte Ausländerzentralregister als Informationzentrale bei der Bekämpfung der illegalen Zuwanderung und des Untertauchens von abgelehnten Asylbewerbern auszubauen. Erfahrungsgemäß verschonen solche technisch hochentwickelten Überwachungssysteme niemanden, weder Aus- noch Inländer. Nahezu zwangsläufig muß jede fremd aussehende Person als verdächtige Person gelten, die ständigen Personalkontrollen zu erwarten hat. Auch die innere Verfassung der „Festung Europa“ steht vor einer Bewährungsprobe.

Literaturverzeichnis

Mark Terkessidis, Migranten; Hrsg. Martin Hoffmann;

Europäische Verlagsanstalt/ Rotbuch Verlag, Hamburg 2000

Bahman Nirumand, Angst vor den Deutschen; Hrsg. Ingke Brodersen; Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH; Reinbek bei Hamburg

Klaus J. Bade, Ausländer, Aussiedler, Asyl in der Bundesrepublik Deutschland; Hrsg. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung; Hannover 1994;

Informationen zur politischen Bildung; 4. Quartal 2000;

Sozialer Wandel in Deutschland;

Internet:

www.auslaender.de www.amnesty.de www.asyl.de www.asyl.net

www.refugees.org

www.bundesauslaenderbeauftragte.de

Gemeinschaftskunde Klausurersatzleistung von: Anna Krause S 2/ 2001

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Asylanten und Flüchtlinge
Veranstaltung
Klausurersatzleistung
Autor
Jahr
2001
Seiten
17
Katalognummer
V103850
ISBN (eBook)
9783640022267
Dateigröße
390 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Multikulturelle Gesellschaft
Arbeit zitieren
Anna Krause (Autor:in), 2001, Asylanten und Flüchtlinge, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103850

Kommentare

  • Gast am 6.12.2001

    Sorry.

    Sorry, dachte du hättest schon mehr Bewertungen:
    Ich wollte deinen Schnitt ein klein wenig von "perfekt" wegbewegen und da du nur 2 Bewertungen hast, habe ich deinen Schnitt versaut!
    Aber "Danke", dass du mir mit deiner Arbeit meine Politiknote gerettet hast!!!

  • Gast am 5.9.2001

    DAnke.

    VIELEN VIELEN DANK, DURCH DEINE HILFE HAB ICH EINE EINS BEKOMMEN UND HABE DADURCH MEINE VERETZUNG GESCHAFFT.

Blick ins Buch
Titel: Asylanten und Flüchtlinge



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