Johannes Gutenberg


Skript, 1998

16 Seiten


Leseprobe


Gutenberg: Sein Leben und Werk

Fritz Funke: Bücherkunde: III. Die Herstellung des gedruckten Buches - Erfindung und Ent- wicklung des Buchdrucks

- der Buchdruck bildete eine Betriebsform aus, die sich bis zur Erfindung der Schnellpresse nur unwesentlich veränderte

Gutenbergs Leben und Werk

- 1436 hatte der Straßburger Goldschmied Hans Dünne von Gutenberg 100 Gulden erhalten für „das was zum trucken gehöret“, der Drechsler Conrad Saspach hatte eine Presse angefertigt, außerdem ist von Blei, gegossenen Formen und vom Zeug die Rede

- als Urtype Gutenbergs sehen wir die DK-Type, die der gotischen Schrift (Textura) der Missale handschriften dieser Zeit nachgebildet ist; ihren frühesten Zustand glaubt man im „Fragment vom

Weltgericht“ erkannt zu haben àder Text beschreibt das jüngste Gericht und entstammt der Sybillen- sage, einer 1360 in Thüringen entstandenen Dichtung, seine Datierung liegt zwischen 1445 und 1454 àdie Buchstaben sind noch unterschiedlich dick, nach rechts oder links gekippt, haben keine einheit- liche Grundlinie

- der Türkenkalender stammt wahrscheinlich aus dem Jahr 1455, er mahnt vor der drohenden Gefahr der Türken, die 1453 Konstantinopel erobert hatten; ebenfalls in dieses Jahr fällt der Druck der Tür- kenbulle vom 29. Juni 1455 von Papst Calixt; diese beiden Werke tragen erstmals Titel als Überschrif- ten ebenfalls mit der Donat-Kalender-Type wurde ein „Provinciale romanum“ gedruckt, eine Übersicht über die (Erz-)Bistümer von 1456

- ferner erschienen ein Gebeteinblattdruck, ein Aderlaß- undLaxierkalenderfür 1457 und ein deut- scher Csianus, ein Kalender, der als Hilfsmittel zum Auswendiglernen der Kalenderdaten diente, au- ßerdem der 30- (Auszeichnungsschrift ist die Type der B42) und der 31-zeilige (Auszeichnungsschrift ist die DK-Type) Ablaßbrief, die als älteste zu datierende Druckwerke zu rechnen sind (1454/55)

- der „Astronomische Kalender“ beinhaltet eine Planetentafel für Astrologen und stammt verm. aus den Jahren 1457/58

- die B42 ist das kunstvollste Werk, verm. meinte Gutenberg damit auch das „Werk der Bücher“, sie ist verm. 1452 begonnen worden und vor August 1456 beendet gewesen, da zu dieser Zeit ein Rubrikationsvermerk nachgewiesen werden konnte; die ersten 9 Blätter und die Blätter 129-132 sind in 40 Zeilen gesetzt, Blatt 10 in 41, alle anderen in 42 Zeilen, Gutenberg benutzte 2900 Typen mit Ligaturen, Abbreviaturen..., die Schrift war eine Missaltype, sie wirkte eleganter, schlanker und schöner als die DK-Type; hier erreichte Gutenberg erstmals einen gelichmäßigen Abstand zwischen den Buchstaben und Wörtern, die Zeilen sind ausgeschlossen àanfänglich hatte man versucht, die roten Überschriften und Initiale mit einzudrucken, dann ging man aber dazu über, Lücken zu lassen, die ein Rubrikator noch füllen mußte →es handelt sich um ein 2-bändiges Werk von 324 und 317 Seiten, verm. mit 35 Pergament- und 165 Papierexemplaren

- nach dem Prozeß mit Fust, dessen Ausgang nicht ganz klar ist, hatte Gutenberg neben dem verpfändeten Druckmaterial auch die Einrichtung für die B42 an Fust verloren

- es ist nicht sicher, ob Gutenberg nach dem Prozeß noch gedruckt hat, man kann es nur annehmen; jedenfalls hat er nach 1462 nicht mehr gedruckt, 1465 wurde er zum Hofgesinde des Nassauers aufgenommen, er bekommt Korn und Wein, sowie Hofkleidung, muß keine Abgaben mehr zahlen und keine Pflichten mehr erfüllen, Anfang Februar 1468 ist er in MZ gestorben

- über einige Drucke, die zu seinen Lebzeiten entstanden sind, gibt es keine Nachweise, ob sie von ihm sind, oder er an ihnen mitgearbeitet hat: dazu gehören

→der Mainzer Psalter, 1457 mit der Firmenbezeichnung Fust und Schöffer, der so perfekt ist, daß der Schluß naheliegt, Gutenberg hätte daran mitgearbeitet; neue Missalschrift, größer als DK-Type, in zwei Graden geschnitten; Initialen zweifarbig (rot, blau) gedruckt, in 3 Größen verwendet àdie B36, Druck mit der DK-Type in ihrer letzten Vollendung, aber nicht die Qualität der B42, datiert wird sie auf 1457/58, die Rubrikationen sind 1461 beendet →Catholicon: von Dominikaner Johannes Balbus de Janua 1286 verfaßtes Wörterbuch mit lateini scher Grammatik, in kleiner halbgotischer Schrift, 1460 in Mainz entstanden, im Kollophon Hinweis auf Druck mit „des Allmächtigen Hilfe“ àdaher nicht Fust, Schöffer, die ihre Namen unter die Drucke setz- ten

1. Zeittafel

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- sein Leben ist nicht zu rekonstruieren, vor allem fehlen Hinweise auf die Zeit seiner Kindheit bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er in Straßburg ist

- auch die Zuschreibung verschiedener Mainzer Drucke ist nicht eindeutig möglich

- man muß Gutenberg als einen Menschen seiner Zeit verstehen, der zwischen Mittelalter und Renaissance lebte àgläubiger, schicksalsergebener Vertreter der ständischen Ordnung ßà Vertreter der frühbürgerlichen Gesellschaft

Die Entwicklung im Mittelalter

- seit 529 hatte der heilige Benedikt von Nursia das Abschreiben kirchlicher Texte eingeführt, Karl der Große hatte das dann für alle Klöster seines Reiches angeordnet →es entstanden überall in Mittel- und Westeuropa Skriptorien, die neben religiösen Texten auch griech. und röm. Klassiker abschrieben

- der englische Theologe Alkuin von York hatte im Auftrag Karls eine Schriftreform durchgeführt àdie „Carolina“ oder karolingische Minuskel wurde zur Einheitsschrift der römisch-katholischen Kirche und bildet auch noch heute die Grundlage für die Kleinbuchstaben

- der frühgotische Stil (13. Jh.?) brachte schließlich die Textura hervor (gewebter Teppich), die für sakrale, liturgische lateinische Texte verwendet wurde →das ist die Schrift von Gutenbergs Bibeldruck

- bereits in den Klöstern bildeten sich die Arbeiten der Schreiber, Rubrikatoren und Miniatoren heraus

- es entstanden städtisches Buchgewebe und Schreibwerkstätten an den Unis Das 14. und 15. Jh.

- es bildeten sich in den Städten parallel zu den universitären Schreibwerkstätten auch städtische (hauptsächlich notarielle und kaufmännische Aufträge, aber auch Bücher auf Bestellung)

- im 15. Jh. gab es in I, NL, F und D gewerbliche Skriptorien, in denen Bücher auf Vorrat hergestellt wurden und von Buchführern und Handschriftenhändlern vertrieben wurden

- für die Bücher der Humanisten, für Händler und Gerichtsbarkeit bildete sich die schneller zu schreibende gotische Bastarda (Bücher der Landessprache) und die gotische Kurrent oder Kursiv (Notare und Kaufleute) heraus

- die italienischen Humanisten lehnten diese Schriften ab und entwickelten so die karolingische Mi-

nuskel weiter zur humanistischen Minuskel, die als handschriftliche Ausgangsform der Antiqua gelten kann

- durch ein gebildetes Bürgertum wurde der Bedarf an Büchern größer, Papier wurde aus I und E importiert, 1390 entstand die erste deutsche Papiermühle von Ulman Stromer in Nürnberg, Betriebe in Ravensburg, Lübeck, Basel und in den Unistädten folgten

- seit den ersten Jahrzehnten des 15. Jh. wurden in D Spielkarten, religiöse Bildchen von den aus

Arabien bekannten Holzschnitten (Zeugdruck) gedruckt und anschließend per Hand koloriert →der älteste datierte Holzschnitt (Brüsseler Einblattdruck einer Muttergottes) trägt die Jahres- zahl 1418

- vermutlich entstand zuerst in Holland das Blockbuch, von dem man ca. 100 Exp. herstellen konnte (durch abreiben), das erste datierte stammt aus 1470, verm. um 1430/40 entstanden à Biblia pauperum, Ars moriendi, Canticum cantiorum, Speculum humanae salvationes

- in der ersten Hälfte des 15. Jh. wurden auch Metallschnitte hergestellt

- neue Technologien waren erfunden oder aus anderen Ländern eingeführt worden:

Wasserradantrieb, Getreidemühle, mechanische Säge, Kran, Hobel, Uhren mit Gewichten, Kompaß, Schießpulver, Papierherstellung

- Kreuzfahrer berichteten über Astronomie, Medizin, Mathematik, Geographie, Philosophie

Mainz um 1400 (ca. 6000 Einwohner)

- Wirkungsstätten Gutenbergs: MZ, Straßburg, Eltville

- seit Bonifatius 746 ist MZ Sitz des Erzbischofs, seit 1244 hatte MZ Stadtrechte

- MZ entwickelte sich zu einer der reichsten und bedeutendsten rheinländischen Städte àTuchhandel, Goldschmiedezunft

- in dieser Zeit kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Zünften (die den Reichtum der Stadt sicherten, aber kein Mitspracherecht hatten) und den Patriziern/Interessen der Stadt und die des Erz- bischofs

- Gutenbergs Vorfahren waren z.g.T. Ministerialen des Erzbischofs; diese Stellung wurde im 13./14. Jh. aufgewertet (zum Adel gehörig); da der Erzbischof eine Residenz in Eltville besaß, waren die Ministeriale sowohl in MZ als auch in Eltville zu Hause

- die herrschende Schicht der Patrizier war untereinander stark verwandt, versippt

- im 13./14. Jh. gab es noch keine Familiennamen, was eine Untersuchung erschwert, die Patrizier nannten sich nach ihren Häusern, wer mehrere besaß trug evtl. auch mehrere Namen

Geburt Gutenbergs

- der Legende nach ist Gutenberg am Johannistag 1400 geboren

- seine Eltern Friele und Else Gensfleisch, geb. Wirich, waren seit 1386 verheiratet, 2. Ehe des Vaters

- Gutenbergs Geburtsjahr liegt verm. zwischen 1394 und 1404, wahrscheinlich um 1400 oder etwas später

- sein Vater war evtl. Tuchhändler und gehörte der Münzerhausgenossenschaft an, in die Gutenberg nie eintreten konnte, da er nur zu ¾ Patrizier war

Der Hof zum Gutenberg

- der vordere Teil war verm. das Wohnhaus, der hintere könnte die erste Mainzer Druckerei beherbergt haben

- 1448 oder ´49 zog Gutenberg nach seiner Rückkehr aus Straßburg dort wieder ein

- es könnte sich bei diesem Hof um einen Hof handeln, der ehemals Juden gehört hatte, die bei einem Pogrom verbrannt worden waren (nur Spekulation!!!!!!!)

- Gutenbergs Abstammung läßt sich nicht an seinem Namen festmachen, höchstens anhand seines Wappens rekonstruieren

Kindheit, Schüler- und Studentenjahre

- über diese Zeit ist nichts überliefert!!!!!!!!!!!!

- verm. konnten beide Elternteile lesen und schreiben, was Gutenberg verm., zusammen mit dem Rechnen auch zu Hause gelernt hat

- anschließend ist er verm. in die Stiftsschule des St.-Viktor-Stifts gegangen, die nahe Weisenau lag; dieses ist anzunehmen, weil Gutenberg auch noch im hohen Alter der St.-Viktor-Bruderschaft ange- hörte

- 15.8.1411 verließ der Vater Friele MZ wegen der Auseinandersetzungen der Alten (Patrizier) und der Neuen (Zünfte), denn ihm drohten Steuern; ob die Familie ihn begleitete ist nicht überliefert, aber an- zunehmen, wahrscheinlich gingen sie nach Eltville, wo die Mutter ein Anwesen von ihrer Mutter ererbt hatte

- im Herbst 1411 kam es zu einem Vergleich und zur Rückkehr nach MZ

- der Winter 1412/13 brachte Hungerkrawalle, im Jan. 1413 verließ der Vater erneut MZ (mit Fami- lie?!)

- obwohl bereits am 1.2. ein Verbündnisbrief geschlossen wurde, kam es 1415 und ´16 zu weiteren Auseinandersetzungen

- Gutenberg setzte seinen Schulbesuch evtl. in Eltville fort, die ein sehr gut entwickeltes Schulsystem hatten und auch in den Dorfschulen Latein unterrichteten

- 1418 begann Gutenberg verm. ein Studium in Erfurt als Johannes de Alta villa, zusammen mit 2 Vettern

- erst 1427/28 existiert eine Urkunde über seine Leibrente und die seines Bruders Friele

- in der Zeit von 1429-´34 war Gutenberg nicht in MZ, genaues ist nicht bekannt

- vielleicht war Gutenberg mit Nikolaus von Kues bekannt, der manchmal in der Stadt weilte

- Cusanus war es ggf. auch, der Gutenberg nach einer Orientreise, wo er den Druck mit beweglichen Metallettern gesehen haben könnte, zum Druck der B 42, des Türkenkalenders und der Türkenbulle anregte (Türken eroberten 1453 Konstantinopel)

- Gutenberg druckte auch die ZYPRISCHEN ABLASSBRIEFE und das CATHOLICON (lateinisches Wörterbuch mit Sprachlehre)

Gutenberg in Straßburg

- er war insgesamt 11 Jahre dort, es existieren für diese Zeit 18 Urkunden

- Straßburg war mit ca. 25000 Einwohnern eine der größten deutschen Städte, zu der Zeit, zu der Gutenberg in der Stadt war, muß etwa auch der Bau des Münsters beendet worden sein

- die Zünfte bekamen bereits 1332 (?) Mitspracherecht, bald ein Übergewicht im Rat àStadtrepublik

- verm. erbte Gutenberg nach dem Tode der Mutter 1433 eine Rente in Straßburg und blieb vorerst

Die Heilsspiegel

- ab 1437 lehrte Gutenberg den Bürger Andreas Dritzehn das Polieren und Schleifen von Edelsteinen

- 1438 wurde eine Genossenschaft gegr., die bei der nächsten großen Heiltumsfahrt nach Aachen

(Kleid Marias, Windel von Jesus, Lendentuch des Gekreuzigten, Tuch in dem der Kopf des enthaupte-

ten Johannes der Täufer gelegen haben soll) Spiegel verkaufen wollte àdie Spiegel sollten die Heiltumskräfte konservieren, so daß sie der Wallfahrer mit nach Hause nehmen könnte

- die Heilsspiegel hatten eine Größe von ca. 10 x 5 cm, sie waren aus einer Blei-Zinn-Legierung und hatten einen konvexen Spiegel

- 1439 begann Gutenberg s Unternehmen „Aventur und Kunst“

- 1440 fand die Heiltumsfahrt statt, leider ein Jahr später als geplant, da Geld festlag; Gutenberg begann mit dem Kauf von Metall, der Herstellung der Presse und beauftragte einen Goldschmied zum gravieren von Formen

- durch den Tod eines Genossenschaftlers kam es zum Prozeß mit den Angehörigen, nachdem sie sich geweigert hatte, die Brüder des Toten ebenfalls aufzunehmen

- verm. beginnt 1436 die Arbeit an der Erfindung, es wird über Presse, Blei, Formen und etwas „das zum Drucken gehöret“ berichtet

- verm. kommt es 1440 zum Verkauf der Heilsspiegel und damit zu einem großen Gewinn

- verm. bereits in Straßburg gedruckt, da die Mainzer Drucke eine sehr gute Qualität aufweisen, man vermutet den Donatus und Einblattdrucke, erhalten ist keiner dieser Drucke

- der letzte Nachweis von Gutenberg in Straßburg ist am 12.3.1444

- ab 17.10.1448 haben wir den Nachweis in MZ

- Kapr vermutet, daß die eigentliche Erfindung in Straßburg war, aber die Verbreitung von MZ aus verlief

Die technischen Probleme der Erfindung

Das Handgießinstrument

- verm. in Straßburg erfunden; es wurde damit möglich, Buchstaben aus Blei oder einer Bleilegierung aus einer Matrize aus härterem Material (Kupfer...) zu gießen

- das Neue bei Gutenberg war, daß er Buchstaben zu Kolumnen zusammensetzen wollte àdaraus ergaben sich die Form und Größe der Lettern: rechtwinklig, gut handhabbar in Stäbchenform mit erhabenen, spiegelverkehrten Schriftbild (Schriftauge), die Dicke war unterschiedlich, die Höhe mußte gleich sein (was durch Abfeilen und Abhobeln erreicht wurde)

- der Stempeldruck war bereits in der Antike bekannt, die Römer und Griechen stempelten auf Ton; Stempelprägen war im MA voll ausgereift: Buchbinder, Münzmacher und Graveure beherrschten diese Kunst

- auch Gutenberg kannte die Kunst des Stempelgravierens (und beherrschte sie vielleicht auch) → ein handgeschriebener Buchstabe wurde auf dünnes, durchscheinendes Papier gepaust, das mit Öl durchscheinend gemacht und spiegelverkehrt auf das Metall übertragen wurde à dann gravierte man den Buchstaben in Stahl (oder ein anderes hartes Material)das in einen Schraubstock gespannt war, und dessen Kopf man rechtwinklig zur Höhe gefeilt und poliert hatte; der Hintergrund wurde tief eingeschnitten, so daß ein Stempel entstand à diesen Stempel haute man mit einem Hammer in eine schmale, rechteckige Kupferplatte (Matrize), da Kupfer weicher als Stahl ist, kam es zu einer Verdrängung der Masse an den Seiten, diese wurden abgefeilt → nun war der Buchstabe richtig herum; die Buchstabenkanten mußten parallel zu den Kannten der Matrize sein, alle Buchstaben mußten die gleiche Schriftlinie haben und die gleiche Einschlagtiefe, damit sie gleich intensiv druckten →mit einem Stempel konnten mehrere Matrizen hergestellt werden (àman konnte also verschiedene Schriften durchaus an verschiedenen Orten einsetzen, entweder als Typenmaterial oder als Matrizen verkauft, die wiederum den Vorteil hatten, daß auch hiervon weitere Exemplare hergestellt werden konnten)

- die erste Abbildung eines Handgießinstruments stammt erst aus dem 16. Jh. (1568 in einem Holzschnitt, aber auch andere), diese Abb. waren ziemlich ungenau

- die erste „gute“ Erklärung des Geräts erscheint 1740 bei Gessner in Leipzig àGutenbergs Gerät war vermutlich einfacher, aber vom Prinzip her hatte sich bis ins 18. Jh. nichts an der Drucktechnik extrem weiterentwickelt →es besteht aus vielen Teilen, die durch Schrauben miteinander verbunden sind; sobald eine Type fertig gegossen ist, kann man das Instrument in 2 Teile aufschlagen und anschließend wieder fest miteinander verbinden →Teile: Eingußstücke, Bodenstücke, Wände, Kerne, Böcklein, Sattel, Draht oder Feder; diese Teile kann man auf die Matrize setzen, ein Haken hilft beim herausholen der fertigen Type

- die Kernstücke der Matrize sind beweglich, um auf die unterschiedliche Breite und Höhe (Schrift ist mindestens so hoch wie der Kegel, de sich auf die Ober- und Unterlängen der Schriftart einstellen muß) gebracht werden zu können

- das Wichtigste am Handgießinstrument ist : →Breite und Kegel müssen ein veränderbarer, länglicher Hohlraum sein, an dessen Ende man die Matrize befestigt und in dessen obere Öffnung das flüssige Blei eingefüllt wird (um 1740 konnten Gießer ca. 4 Lettern pro Minute herstellen, zu Gutenberg s Zeiten verm. weniger (eine/min??)) →man kann eine enorme Produktivitätssteigerung vermerken, weil die Herstellung schneller ging als Buchstaben in Holz zu schneiden, außerdem waren sie haltbarer àaber die Lettern mußten nachbearbeitet werden:

den Gußansatz abbrechen (Gießzapfen, der durch das Einfüllen entstanden war)

die Buchstaben mußten auf die gleiche Höhe gebracht werden und nochmals genau geprüft werden

- Typen um 1580 hatten eine Legierung von ca. 82% Blei, 9% Zinn, 6% Antimon und Spuren von Kupfer, bei Gutenberg lag der Anteil an Zinn evtl. höher

- aus der Häufigkeit der Typen, dem Typenmaterial kann man schließen, daß Gutenbergs erste Schriften lateinisch waren, denn es fehlen die Buchstaben w, x, y, z

- ob bereits Gutenberg s Typen Signaturen hatten ist umstritten, es könnte sich auch nur um Einker- bungen handeln, die verhindern sollten, daß die Typen im Winkelhaken auf dem Kopf zu stehen ka- men

(Funke, Fritz: Die Erfindung des Buchdrucks:

- das Handgießinstrument bestand aus 2 gegeneinander verschiebbare , dickwandige Metallwinkel, die mit Holz umkleidet waren (àHitze) und so einen rechtwinkligen, variablen Hohlraum bildeten, der an einem Ende mit durch die Matrize abgeschlssen wurde, die mit einem Federbügel gehalten wurde; durch Verschieben der Hohlraumwinkel ließ sich das Gießinstrument auf unterschiedliche Kegelstärken und Dickten einstellen)

Die Setzereieinrichtung

- es gibt aus dem 15. Jh. keinerlei Abb. einer Setzerei, was vielleicht der Geheimhaltung dienen sollte

- die erste erhaltene Darstellungen ist der „Totentanz“, eine in Holz geschnittene Abb. aus der Lyoner Werkstatt Mathias Hus, 1500

- in weiteren Holzschnitten des 16. Jh. kann man eine Menge interessanter Details entdecken: →wichtigster Gegenstand: schräg aufgestellter Setzkasten, ca. 120 x 100 cm, mit etwa 100 Fächern für die Typen und das Ausschußmaterial; häufig benutzte Typen legte man nach vorn in die Fächer

(Gutenberg hatte 290 Typen für die B42 benutzt, daß er einen größeren Setzkasten hatte ist nicht nachzuweisen, evtl. besaß er einen weiteren Steckschriftkasten für die Sonderzeichen) àder Setzer sitzt auf einem Hocker (meist mit Hut oder Mütze), mit der linken Hand hält er den Winkelhaken, die rechte greift nach den Lettern, dabei guckt er auf das in der Mitte des Setzkastens angebrachte Manuskript, das mittels eines Tenakels (senkrechter Halter) und eines Divisoriums (waagerechte hölzerne Gabel) befestigt ist →der Winkelhaken war zu Gutenberg s Zeiten verm. aus Holz und auf eine Zeilenbreite fixiert àdie fertig gesetzte Seite wurde evtl. mit dem Satzschiff zusammen in den Wagen der Presse gestellt und abgezogen (evtl. nur für Korrekturabzüge, die verm. bereits damals gemacht wur- den →andere Setzereieinrichtungen sind auf den Abb. nicht zu sehen, man kann aber annehmen, daß evtl. auch derMettagetisch, Satzregale, Stehsatzregale,Regletten, Stege vorhanden waren

Die Druckpresse und die Druckfarbe

- das Kernstück von Gutenbergs Erfindung bildete das Handgießinstrument, doch die Druckpresse fand fast ebenso große Bedeutung, denn bisher waren alle „Drucke“ nur abgerieben worden (auch in Ostasien)

- Abreibung: 1. Einfärben der Schriftplatte, 2. Auflegen des (leicht angefeuchteten) Papiers, 3. Fest- drücken per Hand, 4. mit hölzernem Reiber partienweise über die Fläche fahren àRelief zeichnete sich ab, so daß man daraus auf die Gleichmäßigkeit schließen konnte; die linke Hand drückte das Papier auf den Druckstock, die rechte konnte es an einer anderen Stelle leicht abheben, um den Ab rieb zu kontrollieren èANOPISTOGRAPHIE (Abriebdruckverfahren, das auch heute noch für den Probedruck eines Holzschnittes benutzt wird)

- zu Gutenberg s Zeit waren bereits Weinpressen in verschiedenen Größen bekannt, Gutenberg konnte sie bereits aus seiner Kindheit in MZ oder Eltville gekannt haben, außerdem war er in Straßburg als Weinliebhaber bekannt (er zahlte hohe Weinsteuern)

- Pressen wurden auch beim Holzmodeldruck auf Textilien eingesetzt, der Druck wurde mit Hilfe eines einarmigen Hebels ausgeführt

- auch Buchbinder und Papiermacher benutzten Pressen, Gutenberg mußte sich also die geeignete heraussuchen und weiterentwickeln

- da alle frühen Abb. von Druckpressen fast identisch sind, kann man davon ausgehen, daß Gutenbergs Presse als Vorbild diente (vom Straßburger Kistner Konrad Saspach hergestellt)

- so sieht die hölzerne Druckpresse auf Abb. aus: → Gestell aus 2 mächtigen hölzernen Seitenwänden, die durch die Krone verbunden sind

(Querbalken mit fast 50 cm Durchmesser), sie mußte auch den Druck des Hebels nach oben abfangen

unten sind sie durch einen Verbindungsbalken gehalten, der Schienen trug, auf denen der Karren ein- und ausgefahren werden konnte; darauf wurde der Satz abgestellt außen am Karren gab es einen aufklappbaren Deckel, in den man die zu bedruckenden Bo- gen legte und ein sog. Rähmchen, das die nicht zu bedruckenden Flächen vor Verschmutzung schützen sollte nach dem Einfärben des Satzes wurde der Deckel geschlossen, das Papier legte sich auf den Satz und der Karren wurde eingefahren

der Druck wurde mit Hilfe eines Tiegels ausgeübt: eine dicke, glatte, hölzerne Platte, die an Hakenstangen an einer mächtigen (hölzernen oder eisernen?) Schraube (der Preßspidel) an- gebracht war

- während ein Drucker den erhaltenen Druck auf Sauberkeit hin überprüfte, ihn auf eine Leine zum Trocknen hing, färbte ein Kollege bereits den Satz für den nächsten Druck àder Farbtisch stand in der Nähe der Presse

der Einfärber hielt in jeder Hand einen Druckerballen, einen hölzernen Pilz, der mit Roßhaar gepolstert und mit weichem Leder bezogen war er tauchte die Ballen in die Farbe und verteilte sie durch gleichmäßiges aneinander reiben, danach verteilte er die Farbe durch gleichmäßiges Abrollen der Ballen auf der Satzkolumne

- der Drucker mußte dafür sorgen, daß alle Bogen der Auflage an der gleichen Stelle bedruckt wurden àAnlegemarken, am Rähmchen angebracht, ermöglichten deckungsgleichen Druck auf der Schön- und Widerdruckseite (kleine Nadeln) →bereits Gutenberg machte den Schön- und Widerdruck mit größter Genauigkeit, er war auch der erste, der beidseitig druckte, da beim Reibedruck die Rückseite nicht mehr benutzt werden konnte; aber Gutenberg wollte auch hier den handschriftlichen Vorbildern folgen

- bis ca. 1800 wurde mit der fast unveränderten Presse Gutenbergs gedruckt, erst Stanhope brachte eine Presse ganz aus Eisen auf den Markt, später gab es dann die Kniehebelpresse, in der Mitte des

19. Jh. erfand König dann die Schnellpresse

- die Druckerschwärze war eine geniale Mischung, die die Brillanz der Farbe auch 500 J. später noch hatte, verm. bestand sie aus Lampenruß und Firnis, was mit menschlichem Harn und Eiweiß ver- mischt wurde

Wieder in Mainz

Neue Kulissen in der Heimatstadt

- die Menschen im MA hatten je nach ihren sozialen Gemeinschaften (Bruderschaften, Orden, Zünfte, Geschlechterverbindungen) unterschiedliche Moralvorstellungen; Einführung von Neuerungen war nicht erlaubt, die ökonomischen und gesellschaftlichen Veränderungen mußten also außerhalb dieser Verbindungen erfolgen

- Handwerk und Kunst bildeten eine Einheit, Qualität wurde höher bewertet als Quantität

- Anregungen zu seinen Erfindungen fand Gutenberg im fortschrittlichen I und im reichen NL

- MZ verlor immer mehr seine politische Bedeutung; andauernde Kämpfe zwischen Zünften und den alten Geschlechtern wurden durch die Forderungen des Erzbischof, der Zölle, Steuern erheben wollte und Kriegsdienst forderte noch verstärkt

- die zunehmende Verschuldung der Stadt wurde 1438 durch einen Zusammenschluß der Gläubigerstädte aufgefangen, aber 1448 kam es zum endgültigen Bankrott

- ab 1444 setzte sich der Rat nur noch aus Mitgliedern von Zünften zusammen, den Patriziern blieben die Rechte an der Münzerhausgenossenschaft und am Tuchgaden

Vom neuen Anfang 144-48

- Gutenbergs Rückkehr nach MZ lag zwischen 1444 und 1448, er verließ Straßburg Ende ´44; nach dem Tod der Schwester (verm.1443) hatte ihm sein Schwager verm. angeboten zu ihm in den Gutenberghof zu ziehen und hier auch seine Werkstatt einzurichten

- man kann nur annehmen, daß Gutenberg nicht im Dezember 1444 nach MZ zurückgekehrt ist, da zu diesem Zeitpunkt die Zünfte die Herrschaft in der Stadt übernommen hatten, wo er sich allerdings in der Zwischenzeit aufhielt bleibt reine Spekulation; vielleicht stellte er erneut Heilsspiegel für die Heil- tumsfahrt 1447 her

- auch Konrad Saspach (der Druckpressenhersteller) verließ nachweislich Straßburg für eine bestimmte Zeit, evtl. ging er mit Gutenberg

- der kehrte vielleicht nach dem Verkauf der Heilsspiegel in Aachen nach MZ zurück (mit Kapital)

- verm. war er aber bereits vorher zu Besuch in MZ, um seine Arbeitsmöglichkeiten zu erkunden, nachweislich ist er 1448 wieder in MZ, wo er am 17.10. mit Hilfe seines Vetters Gelthus zum Echtzeler eine Anleihe von 150 Gulden mit einer 5%igen Verzinsung erwirkte; Gutenberg scheint seinem Vetter also kreditwürdig erschienen sein, vielleicht sah er Drucke, die in Straßburg hergestellt worden waren oder sie hatten bereits gemeinsam begonnen, die Werkstatt in MZ einzurichten (eine neue Presse von Saspach scheint bereits vorhanden gewesen zu sein)

- zusammen mit Gutenberg erschien auch sein Diener und verm. dessen Frau in MZ, denkbar wäre auch, daß er einige seiner Mitarbeiter mitgebracht hätte, die alle im Gutenberghof Platz gefunden hätten, ebenfalls seine Werkstatt

- Gutenberg taucht in seinen Drucken nie als Drucker auf, vielleicht gehörte ihm die Offizin nicht allein (Gemeinschaftsunternehmen) oder er hatte religiöse Gründe?

- es gibt auch eine Theorie, die Gutenberg zwischen 1444 und 1447 in Holland vermutet, wo er sich über die Herstellung der Blockbücher informiert haben könnte àin Haarlem

Die Donat- und Kalendertype (DK-Type)

- Urtype Gutenbergs, was auch einwandfrei nachgewiesen ist

- benutzt wurde sie für Donat- und Kalenderdru>àGewebeschrift, sah aus wie textiles Muster

- Vorbild war die Missalschrift des MA, in der Meßbücher in franz. und dt. Klöstern geschrieben wurden; sie hat ein dunkles und schweres Schriftbild, gleichmäßig weit entfernte senkrechte Abstriche; große Mittelhöhen (x-Höhe=5mm), kleine Ober- (2mm) und Unterlängen (1mm)

- verbessert benutzte sie Gutenberg später für die B36

- Gutenbergs Schriftsystem: →Groß- und Kleinbuchstaben →schmale und breite Varianten der kleinen Buchstaben →Ligaturen, Abbreviaturen, Interpunktionen, grammatische Zeichen

- Wortzwischenräume sind gleich groß, um den Grauwert nicht zu stören

- die Drucke der Urdruckerei hatten Flattersatz (wie auch die Handschriften), erst später, durch Verwendung unterschiedlich breiter Buchstaben, Blocksatz

- man fand 202 Typen dieser Type heraus, allein 10 Varianten des kleinen „a“

- da man immer wieder neue Typen schnitt, konnte man eine Entwicklung erkennen

Die Donate (Donat[us]= „Ars minor“ des römischen Grammatikers Aelius Donatus, wichtigstes Schulbuch, meist gebrauchte Einführung in die lateinische Sprachlehre im MA)

- verm. erfand Gutenberg bereits vor 1440 das Handgießinstrument in Straßburg, da er verm. zwi-

schen 1440 und 1444 die Sibyllenweissagung gedruckt hat (àKaiser-Friedrich-Legende), und bereits vor dessen Erscheinen wurden verm. Donate gedruckt →der 27zeilige Donat vor der Sibyllenweissagung àdann der Berlin-Heiligenstätter Donat a àdann der Berlin-Heiligenstätter Donat b →abschließend erst einmal der Pariser Donat man kann beweisen, daß die DK-Type für lateinische Texte vorgesehen war, weil ihr w, x, y, z fehlen

- der Donatdruck beendete verm. Gutenbergs Straßburger Arbeit

- kein Donat vollständig erhalten, aber mind. 24 unterschiedliche Auflagen nachgewiesen (evtl. mehr, die dann verschollen sind oder zerstört)

- Umfang 14 Blätter=28 Seiten, auf Pergament, weil haltbarer (starke Nutzung); in einer Kolumne

- relativ geringe Auflage, weil Pergamentmangel und schnelle Abnutzung der Type

- es gab 26-, 27-, 28-, und 30zeilige Donate, die mit einer Auflage von 2-400 Ex. erschienen à insgesamt ca. 4800-9600

- Absatz vermutlich in Unistädten und bei Kloster- und Stadtschulen àgute Verdienstmöglichkeit für Handschriftenhändler und Buchführer (evtl. auch für Johannes Fust?)

- Vorteile der Druckwerke: weniger Fehler, da Korrekturabzug vor Druck

- die älteste Donatausgabe ist verm. der 27zeilige Donat, der in Fragmenten erhalten ist, es sind 12 unterscheidbare Auflagen erschienen, verm. 1440-44 in Straßburg, 1448-52 in MZ

- beim 28zeiligen Donat, kann man die gleiche Type wie beim Türkenkalender feststellen, daher ordnet man ihn zeitlich zwischen 1452 und 56 ein

- in den bisher 2 entdeckten Auflagen der 26zeiligen Donate sind bereits Fragezeichen enthalten, ihr Drucke sind ähnlich exakt wie die der B42, Blocksatz, aber zeitlich nicht gut einzuordnen

- man vermutet, daß seit Beginn der Druckerei im Gutenberghof (1448 oder 49) bis 1458 in regelmäßiger Abfolge Donate gedruckt worden sind

Das Werk der Bücher

Die Krönung der Erfindung

- das 15. Jh. ist die Blütezeit des geschriebenen Buchs, deshalb sollte Buchdruck nicht nur schneller, sondern qualitativ gleichwertig sein

- die Stundenbücher in Frankreich und Burgund gehörten zu den besonderen Kostbarkeiten

- in den Kloster-Skriptorien in Europa hatte sich die Schriftkunst der Gotik durchgesetzt

- das wichtigste Buch des MA war die Missale (=Meßbuch), das jede Kirche zum Lesen der Messe benötigte àNikolaus von Kues , der sich für eine Klosterrefom einsetzte forderte u.a. einheitliche Meßbücher

- bis 1457 sind 4 Textur-Typen entstanden, die man für den Druck der Missale verwenden konnte (nachweislich alle von Gutenberg, zumindest begonnen) →verm. hatte Gutenberg eine Meßbuchherstellung geplant, mußte dann aber auf ein anderes Werk

ausweichen, das nur eine Schrift benötigte, verm. wollte er Psalterien drucken (=>Sammlung von Lob- Dank- und Klagepsalmen für den Gottesdienst), dafür hätte er aber 2 neue Typenapparate benötigt und der Absatz wäre nicht sehr groß gewesen, da man regional unterschiedliche Psalterien benutzte

- daß die Wahl schließlich auf die Bibel fiel war nicht abzusehen, weil die Kirchenväter eine Verbreitung der Schrift nicht verhindern wollten, weil sie glaubten, die Erklärung der Bibel obliege dem Priester, außerdem war eine Übersetzung in die Landessprachen verboten, nur wenige vorreformatorische Bestrebungen (z.B. Kues) förderten die Verbreitung der Bibel àdaher Absatz unklar, als potentielle Käufer kommen nur Klöster, reicher Klerus, Feudale, Kirchenfürsten, Hochschullehrer in Frage (evtl. war die Wahl der Bibel von Kues beeinflußt)

- Johannes Fust, Kaufmann und Geldverleiher aus Mainz (vielleicht auch Goldschmied) war verm.

auch Handschriftenhändler, der Unistädte bereiste und Donate verkaufte [sein Bruder: Jakob Fust:

Goldschmied, Sitz im Rat der Stadt, später Bürgermeister] unterhielt evtl. seit 1449 lockere geschäftliche Beziehungen zu Gutenberg, da der für die Donate Händler benötigte

- nach bekanntwerden der Druckkunst lag nicht nur den Druckern, sondern auch den Händlern daran, die Kunst neben Handschriften als gleichwertig zu verbreiten

- HELMASPERGERSCHES NOTARIATSINSTRUMENT: →Urkunde, die der Notar Helmasperger auf Verlangen von Fust über den Verlauf der Gerichtsverhandlung niedergeschrieben hatte: wichtigstes Dokument der Gutenbergforschung

- erste Anleihe 1449 für die Herstellung von „geczuge“ (=Druckgerät)

- Ulrich Zell (Frühdrucker) erzählt, daß 1450 mit dem Druck der Bibel in lateinischer Sprache begon- nen wurde

- Johannes Fust ermöglichte mit einem Kredit über 800 Gulden die Einrichtung einer größeren Offizin (Hof zum Humbrecht), die verm. erst mit 4, dann mit 6 Pressen ausgestattet war (Gutenberghof hatte verm. nur eine), die Setzerei besaß mind. 6 Arbeitsplätze → Pfand für die 800 Gulden war das Druckgerät im Wert des Geldes, weitere Umstände sind umstritten (schon Gutenberg und Fust stritten darüber, was vereinbart worden war): war Geld auf einmal ausgezahlt worden, Zinsen vereinbart????

- beide Druckereien existierten verm. nebeneinander

- 1450 erneut Vertrag zwischen Gutenberg und Fust über den Aufbau einer neuen Druckerei

Type und Druck der 42zeiligen Bibel

- Gutenberg entwarf eine neue Schrift für seine B42, er wählte ein Manuskript aus (im Einverständnis mit den Mitarbeitern), das abgepaust wurde, dann erfolgte die Stempelgravur, Einschlag in die Matrizen, justieren und gießen →290 Typen, davon 47 Groß-, 234 Kleinbuchstaben in schmaler und breiter Ausfertigung, Abbrevi aturen, Interpunktionen

- er setzte erst 4, später 6 Setzer ein, die gleichzeitig mit der B42 beschäftigt waren, für jede Bibelseite wurden 2600 Zeichen versetzt, von jedem Drucker waren 3 x so viele im Umlauf (Setzen, Drucken, Ablegen), man benötigte also mindestens 46000 Typen

- Bibeltype: 7,2 mm, davon x-Höhe 4,2 mm, Oberlänge: 2 mm, Unterlänge 1 mm, sie war enger und wirkte eleganter als die DK-Type

- man nimmt an, daß Gutenberg sie nicht selbst geschnitten hat, denn er hatte sehr viel organisatorisches zu erledigen

- die Bibel war in Folio, ihre Maße betragen 310 mm x 420 mm, sie ist zweispaltig gesetzt, was den Anordnungen der handgeschriebenen Bibeln aus den besten Skriptorien entsprach

Von der Organisation der Arbeit

- 1452 und ´53 erhielt Gutenberg erneut insgesamt 800 Gulden von Fust für das „Werk der Bücher“ bzw. für das „Werk zu ihrer beiden Nutzen“, nach Gutenbergs Angaben erhielt er den Kredit zinslos, nach Fusts zu 6% mit dem Werk als Pfand

- mit dem Geschäftsanteil von 800 Gulden konnten Satz und Druck der Bibel begonnen werden

- man erkennt an der Bibel, daß mehrere Setzer parallel an der B42 arbeiteten und noch während des Setzens Korrekturen vorgenommen werden mußten: S. 1-9 und die Blätter 129-132 wurden nur in 40 Zeilen gesetzt, die S. 10 in 41, alle anderen in 42 àermöglichte die Einsparung des Papiers und Per- gaments um ca. 5%

- das Zusammenrücken der Zeilen ergab außerdem ein schöneres Bild, das Gutenberg verm. auch noch während der Herstellung verbessern wollte

- zu Beginn wurden Überschriften und Kapitelzählungen im Rotdruck gleich mitgedruckt, erst später ließ man diese Stellen frei und ein Rubrikator, der 8 Seiten Tabellen-Anleitung bekam, setzte die fehlenden Hinweise ein

- am 40zeiligem Druck kann man erkennen, daß 2 Setzer zugleich an der Bibel gearbeitet haben mußten, einer begann mit der S.1, der andere mit 129; ein dritter und vierter teilten sich die Arbeit am 2. Band (Blatt 1, bzw. 161); am meisten setzte der Drucker 2, der 140 Blatt = 280 Seiten setzte

- bei der B42 sind erstmals alle Zeilen gleich lang, d.h., sie haben einen geraden rechten Rand, in den die Interpunktionen und Trennstriche hineinragen

- im Gutenberghof legte man scheinbar nicht so viel Wert auf Blocksatz, aber im Humbrechthof schenkte man der Ästhetik besondere Beachtung

- die B42 ist ein so perfekter Druck, daß er bis heute nicht übertroffen wurde, er hat einen regelmäßigen Satz, gleichmäßige Schwärze des Drucks undPasserhaltigkeit

- es arbeiteten 6 Setzer, an den 6 Pressen 12 Drucker, je ein Färber, einer, der die Bögen anlegt, den Karren einfährt, den Preßbengel bewegte, zusätzlich noch Schriftgießer, Graveure, Ableger, Farbenmischer, andere Hilfskräfte

- der Humbrechthof kann als Lehrstätte für Wiegendrucker gelten

- Pergament mußte vor dem Druck geschnitten werden, möglichst so, daß der „Abfall“ noch zum

Druck von Kleindrucken (Ablaßbriefe, Einblattdrucke) benutzt werden konnte, dann mußte der Bogen angefeuchtet werden, exakt gefalzt und die Anlegepunkte mußten mit Hilfe einer Vorlage (àStellungsbogen) eingestochen werden

- der Druck erfolgte seitenweise, verm. wurden erst die Seite 1, dann die 4., nach dem Trocknen dann die 2. und 3. Seite gedruckt, nach einem erneuten Trockenvorgang wurden die Drucke geprüft, gestapelt und je 5 Bogen ineinandergelegt zu Quinternionen

- man geht davon aus, daß mit den damaligen Pressen, 2 Drucker, die gemeinsam an einer arbeiteten, in einer Stunde ca. 8-16 Drucke herstellen konnten

- der Druck der 1282 Seiten bei einer Auflage von 180 Exp. benötigte 237170 Arbeitsgänge an der

Presse àbei einer täglichen Arbeitszeit von ca. 10 Stunden wären das 333 reine Arbeitstage (ein Jahr hatte aber nur 188 Arbeitstage) àverm. dauerte die Arbeit 2 Jahre

- erhalten sind heute 12 Pergament und 35 Papierexemplare àhergestellt worden sind verm. 30-35 Pergament- und 145-150 Papierexemplare

- vermutlich wurde die B42 im Herbst 1454 oder 1455 vollendet, das Rubrizieren, Illuminieren und Einbinden der 2 Foliobände dauerte bis August 1456

Ein Zeitgenosse berichtet

- Enea Silvio Piccolomini, der spätere Papst Pius II., Sekretär des Königs Friedrich III. weilte vom 5.-

31.10.1454 auf dem Reichstag in Ffm. àin einem Brief vom 12.3.1455 an den Kardinal Juan de Carvajal nach Rom berichtet er von Fragmenten der Bibel, von denen 158 oder 180 gefertigt worden seien; bereits vor ihrer Vollendung hatte sie viele Interessenten und Abnehmer

Das Helmaspergersche Notariatsinstrument vom 6.11.1455

- nach Piccolomini ist anzunehmen, daß die Bibel zu einem guten Preis verkauft werden konnte, dennoch war Geldnot in der Druckerei → es kam zum Streit zwischen Fust, der sein Geld zurückforderte mit Zins und Zinseszins, weil er Gutenberg der Veruntreuung bezichtigte und Gutenberg àFust erhob Klage vor dem weltlichen Gericht des Erzbischofs, das Datum ist unklar, verm. liegt es ein halbes Jahr vor dem H.N.

- 1455 verliert Gutenberg den Prozeß und die Offizin geht an Fust über

Was war das Werk der Bücher?

- Fust hatte verm. keine bewußte Teilnahme an der Erfindung

- die ersten 800 Gulden von ihm hatten als Pfand das Werkzeug, die zweiten „Betriebseinlage für ‚gemeinsames Werk‘“

- Fust warf Gutenberg Unterschlagung vor, die dieser auch nicht widerlegen konnte; die vom Gericht geforderte Abrechnung ist aber leider nicht erhalten

- klar ist, daß Gutenberg den Prozeß gegen Fust verlor, dem die Werkstatt, das verpfändete Gerät, die Pressen, die Typen der B42, die große und kleine Psaltertype und die evtl. bereits begonnenen Drucke des Psalters für die ersten 800 Gulden zugesprochen wurden; für den zweiten Kredit erhielt er verm. die Hälfte der B42, das bereits verdiente Geld wurde verrechnet

- die errechneten Kosten für die Bibel, Herstellung der Werkzeuge, Einrichtung der Offizin... lagen höher als die Kredite Fusts àhatte Gutenberg weitere Geldgeber oder hatte er beim Verkauf der Heilsspiegel eine so gute Einnahme gehabt, daß er es selbst finanzieren konnte?

- theoretisch hätte Gutenberg nach dem Verkauf der B42 genug Geld haben müssen, um seine

Schulden zu bezahlen, aber er hatte dieses Geld nicht àmußte die Gemeinschaftsoffizin aufgeben

Weitergehende, aber zerschlagene Pläne

- Gutenberg wollte die Bibel ganz fertigstellen, um seine Druckherstellung gut darzustellen, aber der verlorene Prozeß warf alle seine Pläne um →Rubrizieren: Einfügen illustrativer Initialen,Alineazeichen, rote, senkrechte Striche zum Hervorheben von Satzanfängen, Einschreiben von Kapitelüberschriften und lebenden Kolumnentiteln àIlluminieren: Rahmenillustration, Initialen →Heften der Lagen und Einbinden in lederbezogene oder geschmückte Holzdeckel èdafür wären ca. 6-9 Monate nötig gewesen, Gutenberg konnte das nicht mehr in Auftrag geben

- Ähnlichkeiten in der farbigen Illustration mit der Mainzer Riesenbibel fallen auf (sie ist etwa zur glei- chen Zeit entstanden); diese wiederum ähneln den Zeichnungen des “Meisters der Spielkarten”

- der erste datierte Kupferstich stammt aus dem Jahr 1446, demnach hätte Gutenberg an der Erfindung beteiligt sein können

- die Illuminationen der Bibel zeigen - anders als die der handgeschriebenen Bibeln keine religiösen Motive, sie ähneln eher den Bildern der Spielkarten, haben z.T. sogar heidnisch anmutende Motive (Wotan)

- vielleicht war von Gutenberg der Verkauf bereits gebundener Bibeln - jedenfalls einiger Exp. geplant

Die ungleiche Konkurrenz

Recht und Unrecht

- die im 15. Jh. einsetzende Frühbürgerlichkeit leitete zugleich eine Rechtsunsicherheit ein, Kredit war in der Scholastik unrecht, sobald Zinsen verlangt wurden, aber Leibrenten oder Leibgedinge waren üblich (zur Sicherung des Lebensunterhalts der begünstigten Personen)

- Gutenberg erhielt von der Stadt MZ bis 1448 und in Straßburg bis 1453 ständig Renten, eine andere Ausnahme war, wenn der Kreditgeber nachweisen konnte, daß auch er Zinsen für das Geld bezahlen mußte (das hatte Fust ausgesagt)

- trotz der Kritik auf das Zinsen-Nehmen führte die Kirche eigene Leihhäuser in I ein, die sich auch in D durchsetzten, selbst Gutenberg nahm am 17.11 1442 in Straßburg einen Kredit von 80 Pfund Dena- re auf

- in der Zeit änderte sich die Rechtsauffassung, zum einen beruhte es noch auf dem des deutschen oder altem kanonischen Recht, auf der anderen Seite galt das neue römische Recht und wurde so auch von allen angenommen

Die Zyprischen Ablaßbriefe (= literae indulgentiales)

- in den Jahren 1454 und ´55 druckte Gutenberg auch Ablaßbriefe, die als die ältesten exakt datierbaren Drucke gelten

historischer Hintergrund: am 29.5.1453 hatten die Türken Konstantinopel erobert, Ende April 1454 war ein Reichstag in Regensburg, um dort über den Feldzug gegen die Türken zu beraten àergebnislos, im Herbst erneut zusammengekommen, Piccolomini warb als Kanzler des Königs für einen Feldzug

- man nimmt an, daß die ersten Ablaßbriefe (datiert 22.10.14454) zugunsten des Königreich Zypern verkauft wurden, während noch der Johannes Capistrano auf dem Römerberg und dem Domkirchhof predigte und das Volk zum Kampf aufrief; verm. sah Enea Silvio Piccolomini zu dieser Zeit nicht nur die Bibel, sondern auch die gedruckten Ablaßbriefe gesehen hat

- man konnte diese Drucke wie einen Vordruck ausfüllen, Name, Datum, Anlaß des Ablasses, Ablaßformel, Unterschrift des Ablaßhändlers (oder Siegel)

- Ablaßbriefe können als Sondersteuer der Kirche gelten, in diesem Fall hatte der König von Zypern 1450 wegen der Bedrohung der Insel durch die Türken den Papst eingeschaltet und ihn um Hilfe gebeten, dieser gewährte ihm den Ablaß für drei Jahre vom 1.5.1452-30.4.1455

- verm. gelangte wegen Unterschlagung und weil die Hälfte der Gelder dem Erzbischof zugute kamen, nur ein geringer Teil der Einnahmen an den zyprischen König, der das Geld zum Bezahlen der Söld- ner nutzte

- bereits am 2.5.1452 hatte Nikolaus von Kues den Prior von St.-Jacob in MZ ermächtigt, bis zum

Monatsende 2000 geschriebene Ablaßbriefe zu verkaufen àes gibt Vermutungen, die davon ausgehen, daß Gutenberg bereits diese Ablaßbriefe gedruckt haben könnte, aber es ist keiner davon erhalten, so daß dies nicht gesichert ist

- für die in 1454 und 55 gedruckten Ablaßbriefe kann man eine viel höhere Auflage annehmen, da

zum einen das Verbreitungsgebiet nicht eingeschränkt war und zum anderen sieben Monate als Ver- kaufszeitspanne zur Verfügung standen; außerdem war die Bereitschaft der Bevölkerung gegen die Türken zu kämpfen auch sehr viel größer geworden, nachdem man Konstantinopel an die Türken verloren hatte

- man muß beachten, daß für die Ablaßbriefe des zyprischen Königs in zwei verschiedenen >Schriften und in unterschiedlichen Kolumnen gedruckt wurden, beide Schriften wurden speziell für den Ablaßbrief gestochen: man unterscheidet den 30zeiligen, der mit der Initiale U beginnt, und den 31zeiligen Ablaßbrief, der mit der Initiale V beginnt, obwohl beide denselben Text vermitteln

- für den 31zeiligen Ablaßbrief wurde die DK-Type, die etwa zur gleichen Zeit für die Türkenbulle des Papstes Calixtus und den Türkenkalender benutzt wurde verwendet

- für den 30zeiligen Ablaßbrief wurde in derselben Anordnung die Type der B42 benutzt, mit der zur

gleichen Zeit die B42 gedruckt bzw. gerade fertig gedruckt worden war (Typenbeschreibung s.S. 191, Kapr)

- alle erhaltenen Ablaßbriefe sind auf Pergament gedruckt

- Satzspiegel und Format sind bei beiden Ausführungen ähnlich, in der Typographie gibt es allerdings Unterschiede: der 30zeilige hat gleich breite Zeilen (Blocksatz), Trennungsstriche in freiem Raum (s. auch B42)

- von den 41 erhaltenen, 31zeiligen Ablaßbriefen sind 7 Auflagen zu unterscheiden, der erste überlieferte Ablaßbrief trägt das Datum 22. Oktober 1454, der letzte 30. April 1455, fast alle erhaltenen Indulgenzbriefe sind im Bereich der Erzdiözese Mainz verkauft worden

- vom 30zeiligen Ablaßbrief sind nur 8 Exp aus 6 verschiedenen Auflagen erhalten, der älteste trägt das Datum 27. Februar 1455, der jüngste 30. April 1455; der Absatz dieses Ablaßbriefs lag v.a. im Bereich der Erzdiözese Köln →es wird vermutet, daß der 30zeilige im Humbrechthof, der 31zeilige im Gutenberghof gesetzt und gedruckt worden ist èHypothese!

- normalerweise wird angenommen, daß die Druckerei im Gutenberghof für Akzidenzien und Kleindrucke zuständig war

- Kapr geht davon aus, daß Gutenberg den Auftrag annahm, um seine Schulden bei Fust zurückzah-

len zu können, er geht so weit, zu behaupten, daß es wegen der Ablaßbriefe zum Streit zwischen Fust und Gutenberg gekommen ist àevtl. hatte Gutenberg für die Herstellung der Typen für die Ablaßbrie- fe Geld von Fust abgezweigt; außerdem könnte Fust sich daran gestört haben, daß Gutenberg den Auftrag von der Gemeinschaftsoffizin abgelenkt hatte und so die Gewinne für sich allein nutzen wollte

- es mußten eigentlich beim Bibeldruck genug Pergamentreste übriggeblieben sein, die sich wunderbar zum Ablaßbrief-Druck geeignet haben könnten

- Fust hatte bereits vor dem Streit mit Gutenberg seinen Adoptivsohn und Kleriker und Kalligraphen Peter Schöffer als seinen Vertrauten in die Offizin eingebracht àverm. auch Auftrag für die Schrift für den 30zeiligen Ablaßbrief von Fust; die Zeit der ersten Drucke im Humbrechthof könnten mit der der Klage gegen Gutenberg identisch sein

Peter Schöffer aus Gernsheim

- nach dem Prozeß arbeiteten in MZ zwei Druckereien, andere Forscher nehmen an, daß Gutenberg bereits nach der Einrichtung der größeren Offizin im Humbrechthof seine Urdruckerei aufgegeben haben könnte, dann wäre von 1455-62 die von Fust die einzige in MZ gewesen; da aber im Jahr 1455 ein Drucker neben der Fust-Schöfferschen Druckerei gearbeitet hat, geht man davon aus, daß es sich um Gutenberg gehandelt haben muß

- die Erfindung der Buchdruckerkunst war ein schöpferischer Prozeß, der von ca. 1437 bis 1455 dau- erte

- Peter Schöffer wurde zwischen 1420 und 1430 in Gernsheim am Rhein geboren, das liegt zwischen MZ und Worms; er wurde 1515 als Adoptiv- und Pflegesohn Fusts erwähnt àer hatte verm. auch die Goldschmiedekunst beherrscht und war seinem Adoptivvater verm. schon lange verpflichtet, der ihn verm. 1444 auf die Erfurter Uni geschickt hatte; noch 1449 finden wir ihn als Kleriker an der Pariser Uni, wo er verm. als Schreiber und Kalligraph arbeitete

- verm. kehrte der Adoptivsohn auf Verlangen des Vaters 1452 nach MZ zurück, denn er war Kalligraph, konnte Latein und hatte verm. auch Kenntnisse in der Goldschmiedekunst

- man nimmt an, daß er auch an der kleinen und großen Psaltertype von Gutenberg mitgearbeitet hatte

- Peter Schöffer heiratete später die Tochter Fusts, evtl. war er also nicht sein Adoptivsohn, sondern hat sich angebiedert, um die Hand der Tochter zu bekommen

Wie Fust und Schöffer das Werk Gutenbergs weiterführten

- 1. Mainzer Psalter (Psalterium Moguntium): 340 Folioseiten, alle Exp. aus Pergament; erstes Buch, das einen Druckvermerk enthält; erstes Druckerzeichen (14.8.1457) in roter Farbe; Werkstatt im Humbrechthof; 496 Figuren

- mit Schnitt und Druck der Psaltertypen muß bereits vor dem Prozeß begonnen worden sein, Druckbeginn verm. vor 1456, während des Prozesses wohl nicht unterbrochen

- brachte Anerkennung und geschäftlichen Erfolg, da Psalter für den Gottesdienst benötigt wurde

- 1457 in zweiter Auflage, die nur noch 246 Seiten hatte, man hatte nicht benötigte Psalmen heraus- gekürzt

- obwohl Meßbuch wichtigstes Buch des MA, mußte der Plan, es zu drucken aufgegeben werden, weil es nicht zu einer Reform und Vereinheitlichung kam; man druckte nun nur einen Teil “canon missae”, der für alle Katholiken auf der Welt gleich war à1458 mit 24 Folioseiten gedruckt

- 1459 Benediktiner-Psalter aus dem Mainzer Psalter

Kleindrucke und Kalender in der DK-Type

- seit 1448 Druck der 27zeiligen Donate im Gutenberghof, verm. die ersten 12 Auflagen noch in

Straßburg, wo zwischen 1440 und ´44 auch das Fragment vom Weltgericht aus der Sybillenweissagung entstanden ist

- größere Einnahmen evtl. durch den Verkauf der zyprischen Ablaßbriefe

- zwischen 1454 und ´56 erfolgte verm. der Druck der 30zeiligen Donate (7 Ausgaben) im Gutenberg- hof

- zwischendurch Kalenderdruck, da sie sehr beliebt waren und der Absatz als gesichert gelten konnte

- Türkenkalender für 1455 àpolitische Kampfschrift aus 6 Quartblättern: „Eyn Manung der christenheit widder die durken“ àweltliche und geistliche Herren werden zum Kampf gegen die Türken aufgerufen àDruck zwischen dem 6.12. 1454 und dem 1.1.1455

- Aderlaß- und Laxierkalender: Einblattdruck, nur als Fragment erhalten àmuß 1456 gedruckt worden sein, weil er für 1557 bestimmt war

- Cisianuskalender, deutsch; Einblattdruck zum Auswendiglernen der Kalenderdaten, unabhängig von einem bestimmten Jahr, verm. erst nach dem Aderlaßkalender, weil Typen bereits mehr abgenutzt waren àPapierdruck, 310 mm x 450 mm

- 1455/56 Türkenbulle des Papstes Calixtus III. , der hatte bereits am 29.6.1455 zum Kreuzzug gegen die Türken aufgerufen, der am 1.5.1456 beginnen sollte àin lateinischer und deutscher Sprache erschienen; möglicherweise Auftragsarbeit: 14 Papierblätter 140 mm x 210 mm, von denen aber nur 25 Seiten bedruckt worden sind

- evtl. auch 1456 „Provinciale Romanum“: Verzeichnis sämtlicher Erzbistümer der ganzen Welt

- lat. Gebet vor 1456/57 ?

- Astrologischer Kalender für 1448: Einblattdruck 670 mm x 720 mm, aus 6 Teilen zusammengeklebt (je 180 mm x 270 mm), verm. aber erst 1457/58 gedruckt

- viele andere Drucke könnten verschollen sein; die Hauptarbeit lag wohl im Gutenberghof bei der Donate

- am 21.6.1457 taucht Gutenberg als Zeuge auf einer Urkunde auf, die ihn zu diesem Zeitpunkt als begüterten Bürger und Freund der St.-Viktor-Bruderschaft ausgibt

Die 36-zeilige Bibel

- in der DK-Type, 13 Exp. erhalten in zwei, manchmal auch 3 Bänden gebunden àschlechter gedruckt als die B42

- Blätter 1-4 des Bandes I und Blätter 1 und 2 des Bandes II benutzten eine fremde Vorlage, der Rest nach der B42 gedruckt

- 1458-60 Druck des Catholicons im Gutenberghof, gleichzeitige Herstellung der B36 unmöglich àaber Rubrikator hat seine Arbeit 1461 beendet àDruck also verm. 1458 bis Anfang ´60

- Bamberger Drucker Pfister arbeitete bereit ´60/61 mit den Typen der B36, hatte aber verm. nicht an ihr mitgearbeitet àBamberg als Druckort?

- für die B36 hatte man 10 Sorten Papier benutzt, die fast alle aus den Papiermühlen der Gegend kamen

- evtl. noch in MZ konzipiert, man fand Probedrucke, allerdings mit 40 Zeilen, auch der Typenapparat ist verm. in MZ hergestellt und von Mitarbeitern (u.a. Friedrich Keffer) nach Bamberg transportiert worden; Gutenberg war verm. selbst zwischen 1458 und 1459 mehrfach in Bamberg

- benutzt wurde eine größere Type als bei der B42 àgrößerer Umfang: 1768 statt 1286 Seiten àdeshalb manchmal in 3 Bänden

- verm. arbeiteten nur 2 Pressen und 4 Setzer mit 186 Figuren an dem Druck, der nicht im Blocksatz gesetzt wurde, Durchführung verm. durch Keffer

- ca. 20 Pergament- und 60 Papierexp.

- die gesamte Druckerei mit den Pressen und den Typen ging nach Fertigstellung der B36 an Pfister über, der sich auf kleinere, volkstümliche, dt.-spr. Drucke spezialisierte; er war der erste Drucker, der Text und Illustration verband („Der Edelstein“ mit 200 Holzschnitten)

Wer war der Drucker des Catholicons? 1460

- verm. Ausbau der Druckerei im Gutenberghof, deshalb pleite, so daß Gutenberg den Kredit nicht mehr zahlen konnte

- neuer Geldgeber: Dr. Konrad Humery, Sekretär der Stadt Mainz; Gutenberg verpfändete Werkzeug und Schriften

- 1460 Catholicon des Johannes Balbus de Janua, was den Menschen neben Wörterbuch und Grammatik auch als Konversationslexikon diente àerste Abschrift 1246, danach immer wieder, daher schien der Absatz gesichert

- 744 Folioseiten, hohe Auflage (ca. 300 Exp.) àerhalten sind 64 Papier- und 10 Pergamentexp.

- kleine Schrift: Gotico-Antiqua in ihrer bisher kleinsten Form, 2-spaltiger Druck mit Flattersatz (Rauh- satz)

- Zuschreibung zu Gutenberg nicht sicher, aber im Schlußwort steht, daß es in MZ gedruckt wurde

- es existierten 3 Varianten des Catholicons, 3 x verschiedene Papiere, eine Ausgabe mit 2 Sorten Papier àNachauflage? Verschiedene Aufträge? Teilen der Gesamtauflage? Oder gar Klischeedruck?àSehr unwahrscheinlich!!!!!!!!!

- verm. war es üblich, den Mitarbeitern einen Teil der Auflage als Entgelt zu überlassen

Der Mainzer Stiftsstreit

Die Ablaßbriefe für Neuhausen bei Worms 1461 und 1462

-18.6.1459 Wahl Diether von Isenburg-Büdingen zum neuen Erzbischof gewählt, er verpflichtete sich dafür, einen Krieg gegen die Pfalz zu führen; bei dem Krieg wurde das Kloster Neuhausen zerstört, das im Interesse beider Parteien so schnell wie möglich wieder aufgebaut werden sollte

- am 4.8.1460 schlossen sie Frieden und ein Bündnis auf 20 Jahre àMißtrauen des Papstes

- dennoch gewährte man ihm einen Ablaß zum Wiederaufbau des Klosters

- der Ablaßbrief zum Besten der Cyriakuskiriche (?) zu Neuhausen bei Worms: zwei verschiedene

Typen mit nahezu gleichem Text àeine mit Catholicontype, die andere die Durandustype, beide Brie- fe gibt es in zwei Ausführungen, eine für weibliche, eine für männliche Käufer, von allen 4 Fassungen existiert noch ein Nachdruck aus dem Jahr 1462 àzwei Varianten mit unterschiedlichen Typen: 2 Druckereien àDurandustype bei Fust und Schöffer, Catholicontype verm. im Gutenberghof

- in dem Ablaßbrief mit der Catholicontype befinden sich 2 Abkürzungszeichen aus der Type des 31zeiligen zyprischen Ablaßbrief aus der DK-Type als Auszeichnungsschrift

- beide Varianten sind auf Pergament gedruckt, schmucklos

Diplomatische Händel, gedruckte Flugblätter, Krieg

- nach einem Streit zwischen Diether von Isenburg mit dem Papst, die schließlich mit der Absetzung Diethers endete und Adolf von Nassau zum Erzbischof ausgerufen worden war, tauchten Flugblätter aus der Fust-Schöfferschen Werkstatt auf, die einmal für Diether, einmal für Adolf Partei ergriffen, genaue Drucktermine lassen sich nicht feststellen

- als erstes Flugblatt liegt der Aufruf Kaiser Friedrichs in der damals neuen Type der B48 vor; am

8.8.1461 kam ein Anschlagblatt mit der Bulle des Papstes Pius II. über die Absetzung Diethers her- aus, danach die Ernennung Adolfs, außerdem ein Breve an das Domkapitel von MZ zur Wahl Adolfs àalle diese Flugblätter sind in der Durandustype aus der Fust-Schöfferschen Druckerei gesetzt

- außerdem fand man noch Streitschriften, Flugblätter und Sendeschreiben Diethers und Adolfs, die

alle in den Schriften der Fust-Schöfferschen Werkstatt entstanden sind, die alle versuchten, die öffentliche Meinung auf die eigene Seite zu ziehen

Der Fall von Mainz

- Abschaffung der Pfaffenrachtung, der Vorrechte und der Steuerfreiheit der Pfaffen, hatte Diether von Isenburg viele Anhänger unter den Bürgern von Mainz eingebracht

- am 28.10.1462 überfiel Adolf von Nassau mit seinen Leuten Mainz; 400 Männer von Mainz kamen um, Häuser fielen Plünderungen zum Opfer! Am nächsten Tag trat Adolf von Nassau in die Stadt ein àer wies alle überlebenden Männer aus der Stadt; Gläubiger der Stadt und Rentenbezieher wurden ihrer Ansprüche enthoben; die Rechte der Pfaffen wurden wiederhergestellt, das meiste Geld floß nach Rom; aber wie könnte es zu dieser Katastrophe kommen? àverm. Verräter in der Stadt!

- Diether von Isenburg verzichtete auf seine Würde las Erzbischof und erhielt eine Abfindung und später die Absolution

- die Fust-Schöffersche Druckerei, die für beide Kontrahenten gedruckt hatte blieb verm. vom

28.10.1462 bis Fastnacht 1463 geschlossen, wahrscheinlich waren Besitzer und Drucker ebenfalls der Stadt verwiesen worden

- dann wurde die Türkenbulle in lat. und dt. Sprache gedruckt, erstmals erschien ein Druck mit Titel- blatt!!!!

- sicher ist Gutenberg enteignet worden, denn der Gutenberghof ist an einen Parteigänger Adolfs von Nassau verpachtet worden, Gutenberg selbst muß am 30.10.1462 die Stadt verlassen haben

- nach dem Tod Adolfs wurde Diether von Isenburg schließlich gegen den Willen des Papstes erneut Erzbischof von Mainz àGründer der Mainzer Universität

- verm. hatte Gutenberg mit Diether sympathisiert, denn seine Leiche wurde bei den diesen unterstützenden Franziskanern beigesetzt und sein Geldgeber, Dr. Humery war der Berater Diethers

- Peter Schöffer unterhielt evtl. eher Verbindungen mit den papsttreuen Benediktinern, er errichtete auch 1473 eine Meßstiftung im Mainzer Bendiktinerstift

Memento mori

Wieder ins Exil - nach Eltville

- etliche Drucker des Gutenberghofs zog verm. nach Straßburg und Bamberg, wo bereits gedruckt

wurde, andere nach Basel oder Köln und einige nach Italien, ihr Versprechen, die Kunst des Druckens geheim zu halten, war nicht mehr gültig

- vielleicht ging Gutenberg zu seiner Nichte Else Humbrecht nach Ffm, die auch evtl. seine Erbin sein könnte, allerdings war über Gutenberg die Acht verhängt, nachdem er seit 1457 die Zinsen für sein Straßburger Darlehen nicht mehr bezahlt hatte, die Acht war innerhalb der Mainzer Stadtgrenzen un- gültig, aber er konnte wohl kaum nach Ffm reisen àer mußte verm. doch wieder nach Eltville, wo er noch Kontakt zu dem Ehemann seiner anderen, bereits verstorbenen Nichte hatte, außerdem lebten auch dort einige Mainzer Patrizier, die Gutenberg bereits aus seiner Kindheit kannte

War Nikolaus Jenson in Eltville dabei?

- evtl. ging der oben genannte Nikolaus Jenson, ein Franzose, mit Gutenberg nach Eltville, er ist später im Kloster Marienthal im Rheingau tätig gewesen, das sich zu der Zeit gerade im Aufbau befunden hat àer war einer der besten Wiegendrucker, technisch und künstlerisch sehr begabt; ursprünglich war er von König Karl VII. von Frankreich nach MZ entsandt worden, um die Druckkunst nach F zu bringen, kehrte aber nie wieder zurück

- später soll Jenson den Frühdruckern in Venedig eine Schrift geschnitten haben, dort arbeitete er weiter; von ihm stammt die schönste Antiqua des 15. Jh.

- aber bis 1463 könnte er Gutenberg noch bei der Arbeit in Eltville geholfen haben

Die Bechtermünze-Druckerei in Eltville und Johannes Gutenberg

- 1458 Gewährung des Ablasses zum Freikaufen gefangener Christensklaven durch Papst Pius II.

- 1464 Druck eines Ablaßbriefes in der Catholicontype

- ebenfalls 1464 ein Ablaßbrief in der Fust-Schöfferschen Druckerei in der Auszeichnungsschrift der B48 und der Durandustype als Textschrift →erneut 1 Ablaßbrief in 2 Druckereien in 2 unterschiedlichen Schriftarten, man unterscheidet auch hier einen „U- Ablaßbrief“ und einen „V-Ablaßbrief“

- die Catholicontype stammt aus der Druckerei von Gutenberg im Gutenberghof, wo aber zu dieser

Zeit nicht mehr gedruckt wurde àman geht davon aus, daß Dr. Humery als Gläubiger Gutenbergs die Lettern und Matrizen übergeben bekam, evtl. Verkauf an eine andere Druckerei

- man vermutet, daß Gutenberg persönlich am Aufbau einer neuen Druckerei in Eltville der Brüder Bechtermünze beteiligt war

- 17.1.1465 Ernennung Gutenbergs zum Hofmann, Lieferung von Wein, Getreide und Kleidung nach Mainz wurde ihm garantiert

- 3.2.1468 Tod Gutenbergs

- 18.2.1468 der Erbe der Druckereiwerkzeuge Dr. Humery verpflichtet sich, die Druckmaterialien nicht außerhalb von Mainz zu benutzen oder dorthin zu verkaufen

- 26.2.1468 Dr. Humery bestätigt den Empfang des Druckwerks

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Johannes Gutenberg
Autor
Jahr
1998
Seiten
16
Katalognummer
V103632
ISBN (eBook)
9783640020102
Dateigröße
398 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Johannes, Gutenberg
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Martina Wiederrecht (Autor:in), 1998, Johannes Gutenberg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103632

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Titel: Johannes Gutenberg



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