Erfindungen und Innovationen, die zur Herausbildung der westeuropäischen Industriegesellschaft beigetragen haben


Hausarbeit, 2000

30 Seiten


Leseprobe


Thema: Erfindungen und Innovationen die zur Herausbildung der westeuropäischen Industriegesellschaft beigetragen haben

Einleitung

Es gibt nichts bedeutenderes als eine Idee im menschlichen Geist. Die Leistungen des Menschen beruhen auf seinen Ideen. Das faszinierende an Erfindungen ist, daß wir oft sehen können, wie eine Idee im Kopf eines Menschen in einem bestimmten Moment der Geschichte den Verlauf der Zivilisation veränderte. Wir können bei der Erfindung auch sofort sehen, wie die Idee sich ausgewirkt hat, denn das Produkt ist oft noch vorhanden.

Oft handelte es sich bei Erfindungen um neue technische Errungenschaften, wobei die Geschichte der Technik nicht erst mit dem Aufkommen der maschinellen Vorrichtungen im 16. und 17. Jahrhundert oder mit dem Beginn der "Metallzeit" begann1. Sie begann mit dem ersten bewußt verwendeten Steinwerkzeug in der Urzeit.

Faustkeil und Hammer, Axt und Nadel, Rad und Wagen - diese Ur-Erfindungen sind der Beginn dessen, was wir Technik nennen: Die Bewältigung der Natur zum Nutzen des Menschen.

Ich möchte und kann in meiner Hausarbeit nicht auf alle "Meilensteine" der technischen Erfindungen eingehen, da dieses Thema viel zu komplex ist um es in einer einzigen Hausarbeit zu behandeln. Ich konzentriere mich auf Erfindungen und technische Innovationen, die sowohl die "Industrielle Revolution" in England begründeten, als auch zur Herausbildung und Weiterentwicklung der heutigen Industriegesellschaft beigetragen haben.

Die Literatur zum Thema ist umfangreich, die nachfolgenden Ausführungen sind als ein Beitrag zusammenfassenden Charakters gedacht und müssen dort, wo das Interesse nach detaillierten Informationen verlangt auf das Literaturverzeichnis verweisen. Im ersten Gliederungspunkt dieser Arbeit erfolgt eine überblicksartige Darstellung von technischen Verfahren und Errungenschaften aus dem ausgehenden Mittelalter, die vor und während der Anfänge der Industrialisierung weiterentwickelt wurden und so den Grundstein zur Entwicklung der westeuropäischen Industriegesellschaft gelegt haben.

Im Hauptteil der Arbeit wird dann auf entscheidende Erfindungen und Innovationen eingegangen, die die europäische Gesellschaft revolutionierten und so maßgeblich zur Entwicklung einer neuen Industriegesellschaft beitrugen. Es wird außerdem Bezug auf die Gegenwart genommen, da viele dieser Erfindungen noch heute unser alltägliches Leben bestimmen.

Schließlich erfolgt im dritten Teil der Ausführungen eine qualitative Bewertung der Erfindungen und Innovationen, wobei auch hier Bezug auf den heutigen Alltag genommen wird. Im vierten Teil und letzten Punkt sind einige Graphiken und Illustrationen der Erfindungen abgebildet, die ich in meiner Hausarbeit behandelt habe.

I. Die wichtigsten technischen Errungenschaften zwischen dem ausgehenden 15. und dem beginnenden 18. Jahrhundert und ihre Weiterentwicklung während der Anfänge der industriellen Revolution

1.) Der Buchdruck und die Verbreitung technischer Kenntnisse

Wenn es um die technischen Errungenschaften geht, die in Europa zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert gemacht worden sind, denkt man zuerst an den Buchdruck und seine Auswirkungen. Der Buchdruck machte es viel leichter möglich, Informationen über technische Neuerungen weiterzugeben, als dies mit Handschriften der Fall war; die damit verbundene Beeinflussung der westlichen Zivilisation war unabsehbar2. In Europa arbeitete seit 1435 der Mainzer Johannes Gutenberg an der Entwicklung beweglicher Drucklettern aus Metall. Er verwendet Papier und experimentierte mit unterschiedlichen Tuschearten. 1445 verfügt er über ein selbst konstruiertes Handgießinstrument, mit dem er stündlich mehr als 100 Buchstaben in von ihm hergestellte Blei-Negativformen gießen konnte.

Die Lettern wurden zu Worten und Zeilen zusammengefügt, mit Blei hintergossen und in einem Rahmen zu kompletten Druckseiten montiert. Für den Abdruck entwickelte Gutenberg eigens eine Hand- Druckpresse. Als erstes Werk stellte Gutenberg mit seinen beweglichen Lettern 1447 einen Kalender her3. Die Mainzer Druckerei konnte jedoch ihr ursprüngliches Monopol nicht bewahren und so breitete sich der Buchdruck bald über ganz Europa aus; um 1500 kannte man ihn schon in 12 Ländern.

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts breitete sich der Buchdruck nach Amerika aus und 1539 wurde die erste Druckerei in Mexiko gegründet.

Werkzeuge und Methoden des Letterngusses und Drucks wurden erweitert und verbessert und hatten Mitte des 16. Jahrhunderts einen Stand erreicht, der bis in die Zeit der Industrialisierung nicht mehr geändert werden sollte. Die durchschnittliche Leistung eines Druckers betrug am Tag ca. 3000 Bogen Papier4. Eine außerordentlich wichtige Zutat war die Illustration der Bücher, denn mit der Anschauung konnte vieles, was in Worten nur unklar ausgedrückt wurde, wesentlich deutlicher gesagt werden. Gedruckte Illustrationen (in Holz- und Metallschnitt üblich), sowie Diagramme, Pläne und Karten trugen so entscheidend zur Verbreitung des technischen Wissens durch das Buch bei5. Auf die Weiterentwicklung des Buchdruckes während der Industriellen Revolution möchte ich nicht eingehen, denn meiner Meinung nach war die Verbreitung von technischen Kenntnissen während des ausgehenden Mittelalters ausschlaggebend.

2.) Innovationen in der Textilindustrie, Entwicklung diverser Web- und Spinnverfahren bis hin zum mechanischen Webstuhl

Ein Bereich der die Industrielle Revolution einleitete und später auch zum Aufkommen der Fabriken und Massenproduktionen führte war die Baumwollverarbeitende Industrie in England6. Nachdem um 1600 in Sachsen das Flügelspinnrad erfunden wurde, mit dem der Faden gleichzeitig gesponnen und auf eine Spule gewickelt werden konnte, war im Jahre 1733 mit der Erfindung des fliegenden Weberschiffchens (Schnellschütz) von John Kay eine weitere entscheidende Innovation gelungen, da es die Erzeugungsmenge des Webers ungefähr verdoppelte. Nachdem das "fliegende Schiffchen" in den 50er und 60er Jahren des 18. Jahrhunderts in Lancashire, England allgemein in Verwendung kam führte das zu einer Garnknappheit7. Die natürliche Folge davon war eine Reihe von Erfindungen zur Erhöhung der Leistung des gewöhnlichen Hausspinnrades. Um den ständigen Bedarf an Garn zu decken, das noch immer handgesponnen wurde baute 1764 James Hargraves die erste Spinnmaschine, die "spinning jenny". Von Hand angetrieben ahmte sie die Handgriffe eines Spinners nach der ein Hausspinnrad bediente, und verband diese derart, daß eine Person mehrere Spindeln bedienen konnte. Das Produkt war jedoch noch nicht befriedigend, da die Fäden zu weich waren. 1769 konstruierte Richard Arkwright eine wasserkraftgetriebene Maschine für den Spinnprozeß, die "water frame" oder auch "Drossel" genannt. Sie benützte Walzen zum Strecken des Vorgespinstes, aber im wesentlichen war sie das mittelalterliche Spinnrad (mit Flügeln) mit Kraftantrieb. Es konnten nun gleichmäßige und reißfeste Baumwollfäden erzeugt werden. Im Laufe der nächsten sechs Jahre mechanisierte Arkwright auch das Spinnen vorausgehender Arbeitsgänge, das Kämmen der Rohfasern und das Ziehen des Vorgarns in Laufrichtung. Der nächste entscheidende Schritt zur weiteren Automatisierung/Mechanisierung der Textilindustrie war die Erfindung der "spinning mule" 1779 von Samuel Crompton, der die Elemente der Spinning jenny und water frame verband. Anfangs auch handangetrieben wurde die "mule " im Laufe der Jahre auf Kraftantrieb umgestellt und war um 1800 rum zu einer Arbeitsmaschine für Fabriken geworden, wobei jedoch noch Facharbeiter zur Bedienung notwendig waren. 1825 entwickelte der Ingenieur Richard Roberts die spinning mule von Crompton zur vollautomatischen Spinnmaschine weiter. Aufgrund der nun hohen Leistungsfähigkeit der Spinnereiindustrie, kam es bei der Weiterverarbeitung des Garns in der Weberei zu einem Produktionsstau. Die Folge davon war die Entwicklung von mechanischen Webstühlen. Den ersten entwarf 1775 der Franzose Jacques de Vaucanson, der jedoch technisch erfolglos blieb. Mehr Erfolg hatte der britische Geistliche Edmund Cartwright, der 1785 einen funktionierenden mechanischen Webstuhl baute, der sich sogar 1807 automatisieren ließ. Eine der wichtigsten Elemente dieses Webstuhls war das fliegende Schiffchen, das sein Landsmann John Kay im Jahre 1733 erfunden hatte. Der mechanische Webstuhl der sich schließlich durchsetzte, wurde wiederum von demselben Ingenieur konstruiert der die selbsttätige mule gebaut hatte: von Richard Roberts um ca. 18228. Aufgrund dieser Anzahl von Erfindungen wird die Textilindustrie Ende des 18. Jahrhunderts zum Pfeiler der britischen Wirtschaft. Zusammenfassend kann gesagt werden das in der britischen Textilindustrie eine permanente Weiterentwicklung von Spinnrad und anderen technischen Verfahren aus dem ausgehenden Mittelalter die Grundlage für die "Revolution" im Textilsektor darstellte. Im Laufe der Jahrzehnte dauerte die fortwährende Entwicklung an, z.B. baute 1846 der Amerikaner Elias Howe die erste funktionierende Nähmaschine, wobei chemische Erzeugnisse und Fasern nun eine größere Rolle spielten und so der französische Chemiker Graf von Chardonnet de Grange 1891 mit der kommerziellen Herstellung der von ihm 1883 erfundenen Kunstfasern für Textilstoffe begann. Es wurde so dem Menschen immer einfacher gemacht Kleidung, ein wichtiges Lebensbedürfnis, einfach und in großer Stückzahl herzustellen. Im 20. Jahrhundert trugen chemische Kunstfasern wie Nylon oder Orlon zur Weiterentwicklung verschiedener Textilien bei.

3.) Bergbau, Hüttenwesen und Metallindustrie

Eine weitere durch Innovationen modernisierte Industrie war die Eisenindustrie. Bereits 1709 hatte Abraham Darby in England erstmals Eisenerz erfolgreich mit Steinkohlenkoks verhüttet, wobei die Qualität jedoch noch dürftig war. Dieser Schritt war sehr wichtig , da Großbritannien zwar reich an Steinkohle, aber arm an Holz und damit Holzkohle war, dem bis dato neben dem Erz wichtigsten Grundstein der Eisenproduktion. Der Höhepunkt der britischen Erzeugung von Holzkohleeisen lag dementsprechend im 17. Jahrhundert; seither stagnierte die Industrie, auch aufgrund der Tatsache, das aus Schweden Erz importiert werden mußte9. Der Bergbau war im ausgehenden 17. Jahrhundert relativ weit fortgeschritten, erste erfolgreiche Sprengverfahren zum Abbau waren entwickelt und seit Beginn des 18. Jahrhunderts wurden auch Bohrmaschinen immer häufiger erfolgreich verwendet. Zum Wasserabpumpen in Bergwerken wurde eine Art von Dampfmaschine benutzt, die 1712 von Thomas Newcomen erfunden wurde: Sie saugte Wasser mittels Niederdruck an; in der Maschine bewegte der Arbeitsdampf einen Kolben in einem Zylinder10. Die Verhüttung des Eisens wurde vorwiegend in Schacht- oder Stücköfen vorgenommen, die im Mittelalter schon eine Höhe von 4-6 m hatten. Die Weiterentwicklung waren die ersten Hochöfen, die eine Größe von bis zu 8 m aufwiesen. Wichtiger Bestandteil der Hochöfen waren die Blasebälge, die zur Erhöhung der Temperatur beitrugen. Sie wurden meistens von Menschen-, Tier- oder Wasserkraft bedient. Jedoch breitete sich das Kokseisen nur langsam aus: 1760 gab es in Großbritannien nur 17 Kokshochöfen, 1775 war die Zahl erst auf 31 Stück angestiegen11. Der Grund lag darin, daß die Erzeugung von Gußwaren - worin das neue Verfahren der Eisengewinnung sehr erfolgreich war - damals nicht die Bedeutung erlangte, wie das Überführen von Gußeisen (Roheisen) in Schmiedeeisen, dessen Hämmerbarkeit und Zugfestigkeit einzigartig war, im Gegensatz zum brüchigen Kokseisen. Die Qualität des koksverhütteten Eisens war nach wie vor nicht so gut, als das es sich zur Überführung in Schmiedeeisen eignen würde. Als jedoch Henry Cort, der schon 1754 das Eisenwalzen perfektionierte, 1783 sein Puddelverfahren für die Überführung von Roh- in Schmiedeeisen im Flammofen erfand, ließ sich nun aus Roheisen sowohl Stahl als auch Schmiedeeisen herstellen. Das Verfahren war relativ einfach: In einem Flammofen ohne Gebläse, der ausschließlich mit Steinkohle beheizt wurde, kam das Roheisen nur mit der Verbrennungshitze, nicht mit der Kohle selbst in Kontakt; der zähflüssige Metallbrei wurde kräftig gerührt und dabei entkohlt. Der Kohlenstoff des Eisens wurde von der oben kommenden Luft oxidiert, und entwich als Gas12. Die Bereitschaft etwas verminderte Qualität bei stark verbilligten Preisen in Kauf zu nehmen, führte schnell zur Verwendung von koksverhüttetem Kokseisen als Ausgangsmaterial für die Überführung in Schmiedeeisen. 1790 gab es 81 Kokshochöfen in Großbritannien gegenüber 25 Holzkohlehochöfen; das Koks hatte sich durchgesetzt. Als schließlich John Wilkinson 1776 erstmals eine Wattsche Dampfmaschine für den Betrieb eines Gebläses im Hochofen benutzte, das so die Schmelze permanent glühend hielt, war Roheisen kein Engpaß mehr und der "Aufstieg" der Metallindustrie begann. Mit neuartigen Verfahren, wie z.B. dem Metallschleuderguß, der das Erzeugen von Hohlkörpern ermöglichte (erfunden 1809 vom deutschen Ingenieur Eckhardt) oder dem Bau eines gewaltigen "Dampfhammers" durch James Nasmyth 1839, der der Wegbereiter der Gesenkschmiedekunst war, wurden auch die ersten Grundlagen für den Bau verschiedener Maschinen und Motoren gelegt, die nachhaltig das "Gesicht" Europas verändern sollten.

II.) Entscheidende Erfindungen und Innovationen die die europäische Gesellschaft und Industrie revolutionierten

1.) Die Dampfmaschine, die daraus folgende Maschinisierung und Motorisierung und ihre Auswirkungen auf das Transport- und Verkehrswesen

Im Zuge der Entwicklung der industriellen Technik wurde die geringe Antriebskraft, die in den Wasser - und Windmühlen zur Verfügung stand, zu einem begrenzenden Faktor, der insbesondere einer weiteren Steigerung der Produktion von Metallen im Wege stand. Die traditionellen Kraftquellen reichten nicht mehr zum Antrieb der zur Wasserhaltung der Bergwerke erforderlichen Pumpenanlagen aus, als man gezwungen war, den wachsenden Bedarf an Kohle und Erzen durch Ausbau der Bergwerke in größere Tiefen zu entsprechen. Die Erfindung einer wirkungsvolleren Kraftmaschine und damit die Nutzbarmachung anderer Naturkräfte war ein technisches und ökonomisches Bedürfnis. Bei der Suche nach einer solchen neuen Kraftmaschine konzentrierte man sich seit langem auf die Ausnutzung der Dampfkraft13. Bereits 1690 konstruierte der französische Physiker Denis Papin einen Messingzylinder in dem sich ein Kolben bewegte. Wurde im Zylinder Wasser zum Kochen gebracht, trieb der Dampf den Kolben bis zum Anschlag nach oben; bei Entfernung der Wärmequelle kondensierte der Dampf, der Druck im Zylinder sank und der Kolben lief zurück14.1707 benutzt er diese erste von ihm gebaute einfache Dampfmaschine zum Antreiben eines Schaufelradbootes auf der Fulda von Kassel bis nach Minden; jedoch scheiterten erste Versuche diese Dampfmaschine produktionswirksam in der Praxis einzusetzen. Auch die vom englischen Militäringenieur Thomas Savery 1698 entwickelte Dampfpumpe zur Hebung von Wasser aus Bergwerken erfüllte die in sie gesetzten Hoffnungen nur bedingt, war jedoch ein Fortschritt in der Nutzung der Dampfkraft. Getrennt von einer Kesselanlage zur Dampferzeugung, bestand die Maschine anfangs aus einem, später aus zwei birnenförmigen Dampfaufnehmern. In ihnen wurde durch den einströmenden Dampf das Wasser in eine Steigleitung gedrückt und nach der Umsteuerung saugte das durch Kondensation des Dampfes entstehende Vakuum erneut Wasser an. In den Saug- bzw. Steigleitungen der beiden Dampfaufnehmer regelten Klappventile den Wasserfluß. Eine anfangs von Hand zu bedienende Schieberplatte gab abwechselnd dem Dampf aus dem Kessel den Weg in den einen oder den anderen Dampfaufnehmer frei. Savery wollte mit seiner Maschine die Bergwerke von zudringendem Wasser befreien, aber auch Paläste, Landhäuser sowie Städte mit Wasser versorgen und schließlich Wasser heben um damit Mühlräder betreiben zu können. Die Probleme der Maschinenbautechnik jener Zeit, aber auch die Tatsache, daß höhere Dampfdrücke als 3 at technisch noch nicht beherrschbar waren, gestatteten nur den Bau kleiner Dampfpumpen. Einige davon wurden um 1710 mit Erfolg, wenn auch mit hohen Kosten in einem Londoner Wasserwerk betrieben15. 1698/1699 erhielt Savery auf seine Erfindung ein bis 1733 gültiges Patent, veröffentlichte jedoch entgegen der bis dahin üblichen Geheimniskrämerei 1702 seine Erfindung in der Zeitschrift "The miners friend" und verwendete erstmals als Werbung für seine Dampfmaschine den Begriff "PS - Pferdestärke". Da Papins Versuchsmodelle und Saverys Maschinen die Erwartungen der Grubenbesitzer nicht erfüllten, wurde weiter daran gearbeitet, eine wirklich brauchbare Maschine zu schaffen, die mit Hilfe von Feuer Wasser aus den Bergwerken heben konnte. So hatte sich auch der Schmiedemeister und Eisenhändler Newcomen aus Dartmouth in England mit den Maschinen von Savery und Papin befaßt. Newcomen begann etwa 1705 mit eigenen Versuchen und mußte sich dabei mit dem sehr umfassend formulierten Patent Saverys auseinandersetzen. Er erhielt den Auftrag eine "Feuermaschine" auf einer Steinkohlengrube bei Birmingham zu errichten. Die 1712 vollendete Maschine war eine Kombination schon zuvor bekannter Bauteile und Wirkprinzipien, stellte aber trotzdem eine neue, geniale Leistung dar. Im Gegensatz zu Saverys und Papins Maschinen diente bei Newcomens Erfindung der Zylinder und Kolben nur zur Erzeugung mechanischer Energie, wogegen die Arbeitsleistung von getrennt angeordneten Kolbenpumpen ausgeführt wurde. Die Kraftübertragung von der "Feuermaschine" auf die Pumpen erfolgte durch einen Balancier (Schwinge). Die Wirkungsweise läßt sich folgendermaßen erklären: Der Aufwärtsgang des Kolbens wurde durch die Last des Pumpengestänges und durch den bei geöffnetem Dampfhahn vom Kessel in den Zylinder strömenden Dampf bewirkt. Hatte der Kolben seine höchste Lage erreicht, wurden der Dampfhahn geschlossen und der Kühlwasserhahn geöffnet, so daß der Dampf im Zylinder kondensierte. Es entstand ein Vakuum, und der Luftdruck, der auf die Oberfläche des Kolbens wirkte, drückte diesen nieder. Kam der Kolben in seiner untersten Lage an, wurde der Kühlwasserhahn wieder geschlossen und der Dampfhahn geöffnet, der Vorgang begann von neuem. Da der Dampf durch das Feuer erzeugt und der eigentliche Arbeitsvorgang der Maschine, der Hub des Pumpengestänges, nicht durch den Dampfdruck, sondern durch den Druck der Luft auf den Kolben im evakuierten Zylinder bewirkt wurde, nannte man damals die Newcomenmaschine exakt eine "atmosphärische Feuermaschine". Die Geradführung der Kolbenstange bei der Bewegungsübertragung auf den Balancier erfolgte mit Kettenstücken, die auf den Bogensegmenten auf - und abliefen. Die Dichtung des Kolbens war bei den ersten Newcomenmaschinen durch eine Schicht Wasser gewährleistet16. Die ursprüngliche Newcomenmaschine konnte bald weiterentwickelt werden. Einspritzkondensation, selbsttätige Steuerung durch Verbinden des Balanciers mit Stricken, später auch mittels Einführung eines Steuerbaumes, der am Balancier befestigt wurde, sowie Verbesserung der Hubbegrenzung und des Sicherheitsventils waren wichtige Neuerungen. In den 1760er und 1770er Jahren wurde die Dampfmaschine durch James Watt in verschiedenen Schritten entscheidend verbessert. 1765 repariert der schottische Ingenieur James Watt eine atmosphärische Dampfmaschine. Zwei Jahre zuvor hatte sein Freund Joseph Black die Latentwärmeenergie erkannt. Watt wußte, dass das ständige Aufheizen und Abkühlen des Maschinenzylinders eine immense Energieverschwendung bedeutete. Um Energie zu sparen konstruierte er eine Maschine mit zwei Zylindern. Ein Zylinder war ständig heiß, der andere immer kalt. Der Dampf verrichtete seine Arbeit im heißen Zylinder; zur Abkühlung und Kondensation wurde er anschließend in den kalten Zylinder geleitet. So erfand er den Dampfmaschinenkondensator, der die Effizienz dieser Kraftmaschine erheblich steigerte. Während bei Newcomens "atmosphärischer Feuermaschine" der Dampf nur zur Erzeugung des Vakuums diente und der Abwärtsgang des Kolbens vom Luftdruck bewirkt wurde, tat dies bei Watts Maschine der Dampfdruck. Damit war diese erst die eigentliche Dampfmaschine. Am 5/1/1769 ließ sich Watt seine Erfindung patentieren, in den Folgejahren folgten stetige Verbesserungen, wie z.B. der Einbau eines Planetengetriebes und eines Schwungrades für die Umwandlung der Pumpbewegung des Kolbens in eine Kreisbewegung, sowie die Konstruktion eines Fliehkraftreglers für eine konstante Drehzahl; durch diese Neuerungen wurde der Einsatzbereich der Maschinen schlagartig erweitert17. Damit stand eine wirklich universell verwendbare Arbeitsmaschine zur Verfügung, unabhängig von Wasser- und Windkraft, geeignet, den Produktionsstätten ganz neue Dimensionen zu geben. Schon bald erkannte man aber, das sich die Dampfmaschine auch zu ganz anderen Zwecken nutzen ließ. Nachdem erste Versuche mit dampfangetriebenen Schiffen erfolgreich waren (1775 Perier/Auxiron; 1788 Symington...) verband 1804 der britische Erfinder Richard Trevithick zwei technische Prinzipien - die Schienenbahn und die Dampfmaschine - zur Dampflokomotive. Schienenbahnen mit von Pferden gezogenen Wagen gab es schon seit Jahrzehnten, insbesondere im Bergbau und in Hüttenbetrieben. Versuche, mit Dampfmaschinen Landfahrzeuge - sogenannte Lokomobile- zu bewegen, waren weniger erfolgreich, da es an ebenen Straßen fehlte, auf denen sich derartige Vehikel hätten fortbewegen können. Trevithick verlegte deshalb die Lokomobile auf Schienen und bewies, daß selbst bei glatten Schienen und Rädern die Bodenhaftung groß genug war, um eine Dampflokomotive fahren zu lassen und dazu noch einen Wagenzug zu ziehen. Nach ersten Versuchen im Jahr 1801 führte er 1804 eine Lokomotive vor, die fünf beladene Wagen mit einer Geschwindigkeit von 8 km/h etwa 15 km weit bewegte18. Dies war die Geburtstunde der Eisenbahn. Anfang des 19.

Jahrhunderts wurden vor allem für die kleineren Gewerbetreibenden nach einer billigeren, kleineren und ortsveränderlichen Kraftmaschine als Antrieb für die neuen Werkzeug- und Arbeitsmaschinen gesucht.

Nach vielen Versuchen mit veränderten Dampfmaschinen und diversen Gasmotoren (1801 Lebon) baut 1831 der britische Physiker Joseph Henry den ersten technisch funktionierenden Elektromotor, nachdem er ein Jahrzehnt mit der Herstellung von Elektromagneten experimentiert hatte. Er hatte unabhängig von Michael Faraday 1823 die elektrische Induktion entdeckt. Er verwendete in einem praktischen Experiment ein kreisförmiges Kupferrad, was sich in einem magnetischen Feld drehte, in das dadurch ein elektrischer Strom induziert wurde. Henry kam zu der Frage ob ein elektrischer Strom im Leiter eine Rotationsbewegung auslösen könne? Praktische Versuche zur Klärung der Frage ergaben den ersten Elektromotor19. Im Laufe der Jahre (1834- 1838) kamen die ersten arbeitsfähigen Elektromotoren auf den Markt, wo hingegen zur Entwicklung der Verbrennungskraftmaschine noch einige Jahre vergingen. 1860 baute Etienne Lenoir, ein französischer Mechaniker belgischer Abstammung, die erste Verbrennungskraftmaschine. Seit mehreren Jahrzehnten waren sich die Ingenieure klar über den geringen Wirkungsgrad der Dampfmaschine und über den Bedarf für einen Motor, der den Treibstoff innerhalb des Zylinders verbrannte, statt ihn als Zwischenglied zur Erzeugung von Dampf zu verwenden. Es gab viele Prototypen, aber der erste der über das Experimentalstadium hinausging war Lenoirs Motor. Er funktionierte mit Leuchtgas - das aus Kohle gewonnen wurde -, welches mit Luft gemischt und durch Zurückziehen eines Kolbens in einen Zylinder gesaugt wurde: auf halbem Weg wurde die Mischung durch einen elektrischen Funken entzündet, so daß nur die zweite Hälfte jedes Kolbenweges angetrieben wurde20. Lenoirs Maschine war doppeltwirkend, so daß der Treibstoff abwechselnd zu beiden seiten des Kolbens eintrat. Kurz, die Konstruktion hielt sich eng an die Tradition der Dampfmaschine. Dieser neue Motor funktionierte zwar, aber sehr unzulänglich; er verbrauchte große Mengen an Treibstoff und konnte bei 100 Umdrehungen pro Minute nur etwas über 1 PS Leistung abgeben. Er lief auch sehr unruhig, erzeugte bei jeder Explosion heftige Stöße, obwohl Lenoir ihn durch Verwendung von Federn und anderen Vorrichtungen abzudämpfen versuchte. 1862 veröffentlichte ein Eisenbahningenieur namens Alphons Beau de Rochas eine Broschüre über die Verbesserung von Lokomotivkonstruktionen, in der er eine Verbindung von Dampf- mit Gasmaschinen anregte. Das Gas in der Maschine sollte, wie er sagte, unter hoher Kompression spontan zünden, was man erreichen sollte, indem man die Maschine in vier Phasen arbeiten lassen sollte:

1. Ansaugen während eines ganzen Kolbentaktes
2. Kompression im folgenden Takt
3. Zünden auf dem toten Punkt und Expansion im dritten Takt
4. Auspuff des verbrannten Gases aus dem Zylinder im vierten und letzten Takt.

Damit hatte er das Prinzip des Viertaktmotors erfaßt welches 1876 der deutsche Ingenieur Nikolaus August Otto in dem ersten erbauten Viertaktmotor vollendete, der einen gewaltigen Erfolg hatte. Seine Leistung betrug 3 PS bei 180 U/min und wurde mit der gefährlichen Flammenzündung (während Lenoir einen Funken verwendet hatte) und Leuchtgas betrieben (obwohl der österreichische Erfinder ´Siegfried Marcus 1867 einen Vergaser zur Umwandlung flüssigen Petroleums in brennbares Gas erfunden hatte)21. In Handwerk und Industrie setzte sich der

Verbrennungsmotor allerdings gegen die Konkurrenz des Elektromotors nicht durch. Dafür trug er wesentlich zur Revolutionierung des Verkehrswesens bei, indem er sich als Antriebsaggregat für Kraftwagen und Flugzeuge bewährte. Auch heutzutage ist der Otto- Motor der wichtigste PKW - Antrieb. Weitere Motorvarianten folgten, wie z.B. der erste schnell laufende Benzinmotor ("Daimlermotor") 1883 von Wilhelm Maybach oder der Zweitaktverbrennungsmotor von Emil Capitaine 1889, der als Vorläufer des Dieselmotors (1897, Rudolf Diesel) galt. Mit der Motorentechnik begann im ausgehenden 19. Jahrhundert auch die Geschichte des Automobils , welches auch nachhaltig zur Herausbildung zur westeuropäischen Industriegesellschaft beitrug und auch noch heute unseren Alltag bestimmt.

2.) Elektrizität und elektrische Energietechnik

Im Jahre 1780 beobachtete der italienische Arzt und Anatom Luigi Galvani, daß sezierte Froschschenkel, die Kontakt mit zwei unterschiedlichen Metallen bekommen, zu zucken beginnen. Weder chemisch noch physikalisch bewandert, meinte er, daß ein elektrischer Strom die Reflexbewegung des Muskels auslöse und war davon überzeugt, dass der Strom im Froschschenkel selbst entstünde. 1794 befasst sich der italienische Physiker Alessandro Giuseppe Volta mit Galvanis Beobachtung. Er erkannte, das der Strom aus den beiden Metallen stammt und sieht sofort die technische Möglichkeit, mit verschiedenen Metallen eine neuartige Stromquelle aufzubauen. Jahrelang experimentiert Volta mit Kombinationen zahlreicher Metalle und im Jahr 1800 konnte er der Öffentlichkeit eine Stromquelle vorstellen, die ununterbrochen Elektrizität produziert, wenn ihr ständig Strom entnommen wird. In einer bereits fortgeschrittenen Bauform stellt Volta 1800 seine elektrische Batterie ("Volta-Säule") vor: Kleine runde Kupfer- und Zinkplatten sowie mit einer Salzlösung getränkte Pappscheibchen werden so angeordnet, daß über einer Kupferplatte eine Zink- und darüber eine Pappscheibe liegt, danach folgen wechselweise Kupfer, Zink, Pappe usw.; den Abschluß bildet eine Zinkscheibe. Wird diese leitend mit der Kupferplatte am Boden verbunden, fließt im Verbindungsdraht ein elektrischer Strom22. Ein Jahr vor Michael Faraday, 1830, entdeckte der britische Physiker Joseph Henry das Prinzip des elektrischen Dynamos. Weil er seine Entdeckung nicht publizierte gilt heute meist Faraday als geistiger Vater des Dynamos. Beide Wissenschaftler bauten aber keine technisch einsetzbaren Maschinen, sondern nur Funktionsmodelle. Die Entdeckung des Dynamoprinzips beruhte auf der Erkenntnis der Induktion eines elektrischen Stromes durch Bewegung eines Leiters in einem Magnetfeld. Nach diesem Prinzip arbeiten heute alle stromerzeugenden Maschinen. Erste Versuche, technische Dynamos zu bauen, begann 1832 der Franzose Hippolyte Pixii. Er baut stromerzeugende Maschinen für den Handkurbelantrieb und den ersten Wechselstromgenerator23. Weitere wichtige Erfindungen von Joseph Henry waren der Bau des ersten technisch funktionierenden Elektromotors 1831, sowie die Entwicklung des Relais, einem elektrischen Schaltelement 1835. Eine weitere Innovation war die Entwicklung der ersten Kupfer-Zink Batterie 1836 von John Frederic Daniell. Es war die erste für die technische Stromerzeugung geeignete elektrische Batterie. 1839 wurde ein weiteres Verfahren, neben der Batterie und Generatoren, zur Gewinnung von Elektrizität von William Robert Grove entwickelt: die Brennstoffzelle. Im Gegensatz zur Batterie, wo Metalle zersetzt wurden, erzeugt die Brennstoffzelle elektrischen Strom durch Verbindung von Wasserstoff mit Sauerstoff, d.h. durch Wasserstoffverbrennung. Jedoch kam die Entwicklung technischer Brennstoffzellen nicht über die Laborphase hinaus. Heute werden mit Brennstoffzellen u.a. Raketen angetrieben und geplant ist sogar der Einsatz in Kraftfahrzeugen24. Eine Weiterentwicklung der Batterie war die Erfindung der wiederaufladbaren elektrischen Batterie (Akkumulator) durch den französischen Physiker Gaston Plante´1859. Plante´s Akkumulator enthielt zwei dünne Bleiplatten in Schwefelsäure. Wurden diese an eine äußere Spannungsquelle angelegt, oxidierte die Oberfläche einer Platte. So entstand eine elektrische Batterie, die Strom zu liefern vermochte. Bei der Stromabgabe wurde das Bleioxid wieder zu reinem Blei reduziert und der entladene Akkumulator befand sich wieder im Ausgangszustand und ließ sich erneut aufladen. Damit war es erstmals möglich, elektrische Energie zu speichern25. Bereits 1867 entdeckt der deutsche Erfinder und Ingenieur Werner von Siemens das dynamoelektrische Prinzip und erfand die Dynamomaschine und leitet so die Starkstromtechnik ein. Die Dynamomaschine wurde kontinuierlich verbessert (u.a. von Gramme´, Hefner-Alteneck...) und 1880 erfand John Hopkinson das Dreiphasensystem zur Fortleitung elektrischer Energie über größere Entfernungen. Die ersten Elektrizitätswerke wurden nun in Betrieb genommen (1881 in Godalming in Surrey, England; 1885 das erste öffentliche Kraftwerk in Berlin). Weitere verschiedene Kraftwerke, wie das Wasserkraftwerk an den Niagarafällen 1895 oder das erste Erdwärmekraftwerk 1904 in Larderello in der Toskana folgten. Mit der Weiterentwicklung verschiedener Kraftwerkstypen, wie z.B. Windkraftwerken oder Nuklearkraftwerken war es nun möglich die gesamte Bevölkerung mit Strom zu versorgen, was die Basis für unseren heutigen Lebensstandard mit TV, Computer und z.B. Mikrowelle ist.

3.) Die Entwicklung der Nachrichtentechnik durch das Telephon und die Telegraphie

Ein erst durch die Entwicklung der Elektrizität möglich gewordene Kommunikationsform über größere Entfernung stellte die Telegraphie dar. Bereits 1804 baute der Spanier Francisco Salva einen ersten elektrischen Telegraphen mit einer eigenen Leitung für jeden Buchstaben. Als der eigentliche Erfinder der ersten elektrischen Telegraphen gilt gemeinhin jedoch der deutsche Anatom Samuel Thomas von Sömmering26. Er baute 1809 einen Telegraphen, der sehr kompliziert aufgebaut war und insgesamt 35 Übertragungsdrähte benötigte. Er arbeitete sehr langsam und hatte kaum kommerzielle Chancen. Der Telegraph benutzte für jeden Buchstaben eine eigene elektrische Leitung sowie eine gemeinsame Rückleitung. Jeder Draht war mit einer Elektrode verbunden, die beim Empfänger in einem Glasröhrchen mit angesäuertem Wasser steckte. Die zweite Elektrode aller Gläser zusammen war an die Rückleitung angeschlossen. Gab Sömmering auf eine Leitung einen Stromstoß, wurde beim Empfänger im zugeordneten Glasröhrchen das Wasser elektrolytisch aufgespalten. Es stiegen Gasblasen auf, die auf den übertragenden Buchstaben hinwiesen. Obwohl das Prinzip umständlich war, fand es überraschenderweise viele Nachahmer. Im Jahre 1832 konstruierte der russische Diplomat Pawel Schilling in Berlin einen elektrischen Nadeltelegraphen mit sechs Übertragungsleitungen und zwei Anzeigenadeln, den ein Jahr später die Göttinger Professoren Carl Friedrich Gauß und Wilhelm Eduard Weber verbesserten. Schilling verwandte im Prinzip ein Meßinstrument (Zeigergalvanometer), bei dem elektrischer Strom über eine längere Zuleitung durch eine Magnetspule floß und eine Nadel ablenkte, die je nach Stellung ja - nein Signale anzeigte. Gauß und Weber arbeiteten mit schweren Elektromagneten von 170 und 50 Windungen und pfundschweren Magnetnadeln. Mit den Instrumenten telegrafierten sie über eine 2,7 km lange Strecke zwischen der Sternwarte und dem physikalischen Institut der Universität Göttingen. Beim jeweiligen Empfänger schlug die Nadel an eine Glocke an. Aber auch die Briten Cooke und Wheatstone forschten im Gebiet der Telegraphie, den Anstoß gab das wachsende Eisenbahnsystem. Sie ließen 1837 einen Telegraphen patentieren , der fünf derart angeordnete magnetische Nadeln verwendete, daß sie auf verschiedene Buchstaben zeigten. 1838 hatte man bereits die Zahl der Nadeln auf zwei reduziert, indem man einen Code einführte, den der Maler Samuel Morse erfand. Er bereicherte die Telegraphie entscheidend durch das von ihm entwickelte Morse-Alphabet zur binären Kodierung zu übertragender Zeichen27 (aus zwei Einheiten bestehend).

Um die Mitte des 19 Jahrhunderts funktionierte der elektrische Telegraph, mit dem Botschaften durch verschiedene Codes versendet werden konnten, mit Erfolg - sogar über den Ärmelkanal hinweg -, aber erst bei Graham Bells Vorführung des ersten Telefons 1876 konnte man miteinander auf Entfernung sprechen28. Aber bereits 1861 hatte der hessische Volksschullehrer Johann Philipp Reis der physikalischen Gesellschaft in Frankfurt/M. das erste von ihm erfundene Magnettelefon vorgeführt. Bei diesem Gerät waren ein Geber und ein Empfänger durch zwei Stromleitungen miteinander verbunden. Der Geber war äußerlich eine Nachbildung der menschlichen Ohrmuschel, in deren Zentrum eine Tierblase als Membran das Trommelfell ersetzte. Zwei federnde Metallstreifen berührten sich leitend, wenn die Membran ausgebaucht war und gegen sie drückte. Durch den so geschaffenen, sprachgesteuerten Kontakt floß von einer Batterie aus Strom, der über die beiden Drähte zum Empfänger gelangte und dort durch eine Magnetspule lief. Im Spulenkern befand sich ein Eisenstab, der durch die sprechstromabhängigen Veränderungen des Magnetfeldes zum schwingen angeregt wurde. Die Schwingungen wurden dann mechanisch auf eine Membran übertragen, die beim Empfänger die Sprache des Anrufenden wieder akustisch verständlich werden ließ29. Kommerzielle technisch Reife besaß das "Reistelefon" nicht, aber es war die Grundlagenerfindung des Fernsprechens. Auf dem Weltmarkt setzte sich jedoch das 1876 patentierte Telefon des US Amerikaners Alexander Graham Bell durch, dessen Telefon aus Spulen bestand, die über Magnetkerne gewickelt waren und so eine Metallmembran bildeten. Wenn die Schallwellen die Mikrophonmembran trafen, verursachten deren Bewegungen Veränderungen im Magnetfeld der Windungen und erzeugten dadurch unterschiedliche elektrische Ströme, die dem Schall entsprachen. Diese Ströme flossen durch die Hörerwindung, welche das Magnetfeld dementsprechend veränderte und die Hörermembran gleichfalls in Schwingungen versetzte, wodurch der ursprüngliche Schall neu hervorgerufen wurde30. Im Prinzip funktionieren die heutigen Telefonhörer ähnlich, nur verwenden die Sprechmuscheln empfindlichere Mikrophone. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Telefonleitungen gelegt und 1956 wurde das erste transatlantische Telefonkabel zwischen Schottland und Neufundland eingeweiht. Die Verbreitung der Kommunikation über das Telefon war nun nicht mehr aufzuhalten. Für viele Menschen ist im heutigen Internetzeitalter, der weltweiten Vernetzung, ein Telefon unabdingbar, was nicht nur durch die steigenden Kundenzahlen der Mobilfunkbetreiber eindeutig dokumentiert wird.

III.) Qualitative Bewertung der Erfindungen und Innovationen

Einzelne Erfindungen herauszuheben und gegenüber anderen zu gewichten ist meiner Meinung nach sehr schwierig, da die Gesamtheit der Erfindungen und Innovationen vor allem zu Zeiten der Industrialisierung einen wechselseitigen Entwicklungsprozeß darstellten. Es bestehen z. B. große Zusammenhänge zwischen dem Bergbau, Hüttenwesen und der Erfindung der Dampfmaschine. Ohne Verhüttung von Eisenerzen, die aus Bergwerken gewonnen wurden wäre aus dem Problem des Wasserabpumpens aus den Stollen nie die Erfindung der Dampfmaschine gefolgt, die andererseits aus metallischen Bauteilen bestand die im Hüttenwesen gewonnen bzw. gegossen wurden. Und ohne den Buchdruck und die Illustration von Hochöfen z.B. hätte es vielleicht noch Jahrhunderte länger gedauert technische Verfahren zu verbreiten. Daß die Dampfmaschine der Wegbereiter der Motorentechnik und der Maschinisierung war, ist meiner Meinung nach unbestritten und deshalb kann ihr und ihren Entwicklern, die bekannte Verfahren aufgriffen und weiterentwickelten, ein besonderer Stellenwert eingeräumt werden.

Den Wegbereitern der Elektrizität, meistens Physiker wie Volta oder den Briten Maxwell, Faraday und Henry muß ebenso ein besonderer Platz in den Geschichtsbüchern eingeräumt werden, da ohne Elektrizität heutzutage nicht mehr auszukommen ist. Die Erfindung der Glühbirne durch Edison, das Telefon, der Telegraph, erste Elektromotoren sowie unsere gesamte heutige Kommunikation wären ohne diese Pioniere der Physik nicht möglich. Sicherlich konnte ich in dieser Hausarbeit nicht auf alle entscheidenden Erfindungen eingehen die unseren heutigen Alltag ausmachen, ich habe aber versucht die meiner Meinung nach wichtigsten Innovationen kurz darzustellen und teilweise auch ihre Funktionsweise zu erläutern.

[...]


1 Vgl.: von Klinckowstroem, Carl Graf: Knaurs Geschichte der Technik. S.7 Abs. 5

2 Vgl.: Cipolla/Borchardt: Europäische Wirtschaftgeschichte Band 2. S. 115 Abs. 2

3 Vgl.: Paturi, Felix: Harenberg Schlüsseldaten Entdeckungen und Erfindungen. S. 122 Abs. 3

4 Vgl.: Cipolla/Borchardt: Europäische Wirtschaftsgeschichte Band 2. S. 115 Abs. 2

5 Vgl.: Buchheim, Christoph: Industrielle Revolutionen. S. 55 ff

6 Vgl.: Cipolla/Borchardt: Europäische Wirtschaftsgeschichte Band 3. S. 122 Abs. 3

7 Vgl.: Paturi, Felix: Harenberg Schlüsseldaten Entdeckungen und Erfindungen. S. 176

8 Vgl.: Cipolla/Borchardt: Europäische Wirtschaftsgeschichte Band 3. S. 124 Abs. 1

9 Vgl.: Buchheim, Christoph: Industrielle Revolutionen. S. 57 Abs. 1

10 Vgl.: Paturi, Felix: Harenberg Schlüsseldaten Entdeckungen und Erfindungen. S. 149 Abs. 2

11 Vgl.: Cipolla/Borchardt: Europäische Wirtschaftsgeschichte Band 3. S. 128 Abs. 2

12 Vgl.: Paturi, Felix: Harenberg Schlüsseldaten Entdeckungen und Erfindungen. S. 196

13 Vgl.: Henseling, Karl Otto: Bronze, Eisen, Stahl. Bedeutung der Metalle in der Geschichte. S. 92 Abs. 1

14 Vgl.: Paturi, Felix: Harenberg Schlüsseldaten Entdeckungen und Erfindungen. S. 131 Abs. 1

15 Vgl.: Wagenbreth/Wächtler: Dampfmaschinen. S. 37 Abs. 1

16 Vgl.: Wagenbreth/Wächtler: Dampfmaschinen. S. 39 Abs. 1

17 Vgl.: Wagenbreth/Wächtler: Dampfmaschinen. S. 45 Abs 2 ff

18 Vgl.: Paturi, Felix: Harenberg Schlüsseldaten Entdeckungen und Erfindungen. S. 222 Abs. 2

19 Vgl.: Paturi, Felix: Harenberg Schlüsseldaten Entdeckungen und Erfindungen. S. 275 Abs. 2 ff

20 Vgl.: de Bono, Edward, Illustrierte Geschichte der Erfindungen. S. 76 Abs. 4

21 Vgl.: de Bono, Edward: Illustrierte Geschichte der Erfindungen. S. 76 Abs. 6 ff

22 Vgl.: Paturi, Felix: Harenberg Schlüsseldaten Entdeckungen und Erfindungen. S. 210 Abs. 3

23 Vgl.: Paturi, Felix: Harenberg Schlüsseldaten Entdeckungen und Erfindungen. S. 260 Abs. 5

24 Vgl.: Paturi, Felix: Harenberg Schlüsseldaten Entdeckungen und Erfindungen. S. 276 Abs. 4

25 Vgl.: Paturi, Felix: Harenberg Schlüsseldaten Entdeckungen und Erfindungen. S. 316 Abs. 1 ff

26 Vgl.: Paturi, Felix: Harenberg Schlüsseldaten Entdeckungen und Erfindungen. S. 216 Abs. 1

27 Vgl.: de Bono, Edward: Illustrierte Geschichte der Erfindungen. S. 54 Abs. 4

28 Vgl.: de Bono, Edward: Illustrierte Geschichte der Erfindungen. S. 55 Abs. 4

29 Vgl.: Paturi, Felix: Harenberg schlüsseldaten und Erfindungen. S. 330 Abs. 5

30 Vgl.: de Bono, Edward: Illustrierte Geschichte der Erfindungen. S. 55 Abs. 5

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Erfindungen und Innovationen, die zur Herausbildung der westeuropäischen Industriegesellschaft beigetragen haben
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Autor
Jahr
2000
Seiten
30
Katalognummer
V103564
ISBN (eBook)
9783640019427
Dateigröße
378 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erfindungen, Innovationen, Herausbildung, Industriegesellschaft
Arbeit zitieren
Daniel Reich (Autor:in), 2000, Erfindungen und Innovationen, die zur Herausbildung der westeuropäischen Industriegesellschaft beigetragen haben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103564

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