Huntingtons These vom Kampf der Kulturen am Beispiel Pakistans


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

26 Seiten, Note: 3


Leseprobe


Gliederung:

1. Vorwort

2. Globale Ebene Die Thesen Huntingtons zur Globalisierung

3. Nationale Ebene Untersuchung am Fall Pakistan: Wie homogen ist der Islam?
3.1 Die Diskrepanz zwischen Ideal und Wirklichkeit
3.1.1 Das homogene Ideal
3.1.2 Die heterogene Wirklichkeit
3.2 Historische Gründe für die Diskrepanz
3.2.1 Nach der Staatsgründung
3.2.2 Die Ära Zulfikar-ul Haq
3.2.3 Demokratie und Militärherrschaft Musharraf
3.3 Gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Moslems
3.3.1 Die Ahmadis
3.3.2 Sunniten versus Schiiten
3.3.3 Karachi

4. Globale Ebene: Ableitungen zur Globalisierung

1. Vorwort

Die Zeitschrift „Foreign Affairs“ veröffentlichte 1993 einen Artikel des Politologen Samuel P. Huntington mit dem Titel „The Clash of Civilization“. Huntington präsentiert mit seinem Aufsatz ein neues Weltmodell und stellt die Hypothese auf, daß mit der neuen Weltordnung nach dem Kalten Krieg anstelle von Konflikten zwischen Nationalstaaten oder Ideologien vor allem Auseinandersetzungen zwischen „Zivilisationen“ treten werden. Mit seinem Beitrag, den er später in einem Buch konkretisierte, sorgte Huntington weltweit für Aufsehen. Dabei waren die Kritiker Huntingtons bei weitem in der Mehrheit, es ging den wenigsten darum, Huntingtons Gedankenmodell fortzuführen sondern vor allem wurden Gegenargumente aufgelistet, um seine Theorie zu widerlegen. Das Erstaunliche ist: Trotz der zahlreichen logischen Lücken in Huntingtons Werk verschwand es bis heute nicht aus dem wissenschaftlichen und halbwissenschaftlichen Diskurs sondern wird immer wieder zum Anlaß genommen, sich dem Thema der neuen Weltordnung zu nähern,. Es scheint, als hätte Huntington mit seinem prognostizierten Kampf der Kulturen ein theoretisches Vakuum gefüllt, das mit dem Ende des Kalten Krieges entstand. Nach dem Zusammenbruch des Sozialismus und der technischen Entwicklung der letzten Dekade haben die weltweiten Veränderungen eine Geschwindigkeit erreicht, der eine erklärende Theorie bis heute nicht gewachsen ist. Huntingtons Modell vom „Clash of Civilisation“ bietet eine willkommende Möglichkeit, sich zumindest nach dem Ausschlußverfahren einer Abbildung von Wirklichkeit und Entwicklung zu nähern.

Diese Möglichkeit wird auch in dieser Arbeit genutzt, um die Situation Pakistans in der globalisierten Welt darzustellen. Dabei geht es nicht darum, Huntington generell zu bestätigen oder zu widerlegen. Darum haben sich schon zu viele Autoren bemüht. Huntington wird an dieser Stelle als Schlüssel genutzt, sich dem Thema zu nähern. Aus Huntingtons Werk werden relevante Thesen seperiert, die anhand des Staates Pakistan überprüft werden können. Diese Methode bietet sich auch insofern an, als daß es Huntington von vielen Seiten zum Vorwurf gemacht wurde, er würde seine Thesen nicht an Fallbeispielen überprüfen. Um die Darstellungen nicht aus dem Zusammenhang zu reißen, wird dazu in angebrachter Kürze zunächst Huntingtons Modell vom Kampf der Kulturen dargestellt un die für diese Arbeit entscheidene These Huntingtons hervorgehoben. Da Huntington sein Modell vor allem auf den asiatischen Raum bezieht und der Islam dabei eine entscheidene Rolle spielt, ist sein Modell durchaus geeignet, die Realitäten in Pakistan abzubilden.

Konkret wird anhand der pakistanischen Verhältnisse untersucht, ob Huntingtons Bild von einer homogenen islamischen Bewegung seine Berechtigung hat.

Mit der Beantwortung dieser Frage werden in einem dritten Schritt die Betrachtung der nationalen Ebene verlassen und eigene Schlußfolgerungen für die allgemeine Darstellung und Bewertung der Globalisierung gezogen, die sich aus der Betrachtung des pakistanischen Staates ergeben. Dem Umstand, daß die Situation Pakistans den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet, wird dabei Rechnung getragen.

2. Globale Ebene Die Thesen Huntingtons zur Globalisierung

Huntington prognostiziert mit seinem Beitrag „Clash of Civilisation“ den Beginn einer neuen Epoche, in der anstelle von Kriegen zwischen Fürsten, Nationalstaaten oder Ideologien in Zukunft Kriege zwischen den einzelnen Kulturen vorherrschen würden. Statt politischer Ideologien oder ökonomischen Interessen sei die Kultur nun identitätsstiftend. Als Zivilisationen bezeichnet Huntington, „die umfassendste Ebene kultureller Identität unterhalb der Unterscheidung der Menschheit von anderen Arten“ (1993, S. 24). Diese Zivilisationen lassen sich nach Huntington anhand der Kennzeichen Kultur, Religion sowie den historischen und sozialen Idealen deutlich voneinander abgrenzen. Demnach unterscheidet er zwischen acht Weltkulturen: japanisch, sinisch, islamisch, orthodox, hinduistisch, lateinamerikanisch, westlich und afrikanisch.

Zum ersten Mal in der Geshcichte hätten diese Zivilisationen die politische und ökonomische Macht, ihre eigenen Interessen aktiv in der Weltpolitik zu vertreten.

Huntington erwartet dabei vor allem einen Zusammenstoß der westlichen Zivilisation mit der islamischen. Der Islam ist für Huntington eine der Kulturen mit dem größten Bevölkerungswachstum, das jedoch nicht durch eine adäquate Wirtschaftsleistung aufgefangen werden kann. Dies schaffe ein „Rekrutierungspotential für Fundamentalismus, Terrorismus, Aufstände und Migration“ (Huntington 1993, S.33).

Huntington hebt zwar hervor, daß kulturelle Konflikte nicht notwendig zu Kriegen führen müssen. Allerdings weist er auf der anderen Seite auch darauf hin, daß kulturelle Konflikte zu den längsten und blutigsten in der Geschichte zählten.

Für die wachsende Bedeutung von Zivilisationen führt Huntington drei Hauptfaktoren an. Erstens führe die Globalisierung zu erhöhtem Druck: Der zunehmende Kontakt zwischen Migliedern unterschiedlicher Zivilisationen fördere das Bewußtsein für Differenzen. Die Globalisierung schwäche zudem lokale Identitäten und die Bindung an den Nationalstaat und stärke andererseits die Bildung von Wirtschaftsblöcken auf der Grundlage gemeinsamer kultureller Identität.

Zweitens nutze der Westen seine ökonomische und militärische Macht zum Erhalt seiner Hegemonie in internationalen Institutionen, zum Schutz seiner Interessen und zur Durchsetzung westlicher politischer und ökonomischer Werte. Als Beispiele nennt Huntington den IWF, der anderen Ländern politische Strategien diktiere, oder den zweiten Golfkrieg, der durch die Vorherrschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen legitimiert würde. Diese auschließlich eigenen Interessen folgende Weltordnungspolitik werde als im Interesse aller liegend dargestellt (Huntington 1993, S. 40).

Als dritten Faktor für zunehmende Konflikte zwischen Zivilisationen nennt Huntington die neue Weltordnung nach Ende des Kalten Krieges. So könnten nicht-westliche Länder ökonomische, politische und militärische Unterstützung nicht mehr auf der Basis von Ideologien mobilisieren. Vielmehr werde nun vielen die Unterstützung wegen einer unzulänglichen Situation der Menschenrechte oder ähnlichem entzogen (Huntington 1993, S. 29).

Huntington folgert, es gebe für die nicht westlichen Länder aus dieser Situation nur wenige Auswege: Sie können sich dem westlichen Einfluß entziehen, indem sie sich von der internationalen Gemeinschaft abkoppeln, wie es Myanmar und Nordkorea praktizieren. Oder sie können sich der westlichen Gemeinschaft anschließen. Da beide Wege mit hohen Kosten verbunden sind und die Aufnahme eines Staates in die westliche Gemeinschaft mit der partiellen Aufgabe von landesspezifischen Merkmalen verbunden ist, bleibt den Staaten unter Umständen nichts anderes übrig, als sich mit anderen Ländern zu einem Block gegen den Westen zusammenzuschließen. Angesichts der Schwäche der Nationalstaaten könnten viele Länder dabei nur an ihre gemeinsame kulturelle und religiöse Identität appellieren, um Unterstützung zu mobilisieren (Huntington 1993, S. 25ff).

Auf der Mikroebene äußere sich der Konflikt der Zivilisationen an den Grenzen der Nationalstaaten. Auf der Makroebene sieht Huntington ein Beispiel für diese Entwicklung in der Kooperation zwischen konfuzianischen und islamischen Staaten (Huntington 1993, S. 41ff).

Im Folgenden wird ein zentraler Aspekt von Huntingtons Modell am Fall Pakistan näher betrachtet. Es wird auf nationaler Ebene untersucht, was Huntington auf globaler Ebene prophezeit: Tritt der Islam als ein homogener kultureller Block auf?

3. Nationale Ebene: Untersuchung am Fall Pakistan: Wie homogen ist der Islam?

3.1 Die Diskrepanz zwischen Ideal und Wirklichkeit

3.1.1 Das homogene Ideal

Auf den ersten Blick scheint die Geschichte und gegenwärtige Situation Pakistans durchaus für die Thesen Huntingtons zu sprechen. Das geringe Bruttosozialprodukt von $ 470,- pro Einwohner (1998) und die hohe Analphabetenrate von 42 % der männlichen und 71 % der weiblichen Bevölkerung (1998) sind Indikatoren dafür, daß das jährliche Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 4,2 % (1990 – 1998) nicht ausreicht, um das Bevölkerungswachstum von durchschnittlich 2,8 % pro Jahr aufzufangen und die Bedürfnisse von breiten Schichten der Pakistanis zu befriedigen (von Baratta 2000, Spalte 613f). Die Voraussetzungen für eine Radikalisierung durch Armut in den islamischen Staaten, wie sie Huntington prognostiziert, sind demnach in Pakistan gegeben.

Zudem ist der Islam in Pakistan in der Tat weitaus mehr identitätsstiftend, als es der Nationalstaat ist. Die Gründe hierfür sind auch in der Geschichte des Landes zu suchen: Die Staatsgründung 1947 erfolgte aus religiösen Motiven und als die Staatsgrenzen zu Indien festgelegt wurden, war die Religionszugehörgkeit das Merkmal, nach dem die Grenzen gezogen wurden. Ein historisch kongruentes Staatsgebiet existiert nicht. Auch heute noch ist der Islam das Hauptbindeglied der 16 verschiedenen Ethnien Pakistans, deren Kultur er eindeutig prägt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Huntingtons These vom Kampf der Kulturen am Beispiel Pakistans
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr-Institut)
Veranstaltung
HS: Globalisierung in Südasien
Note
3
Autor
Jahr
2001
Seiten
26
Katalognummer
V10351
ISBN (eBook)
9783638168007
Dateigröße
456 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pakistan Huntington Islam
Arbeit zitieren
Felix Göpel (Autor:in), 2001, Huntingtons These vom Kampf der Kulturen am Beispiel Pakistans, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10351

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