Das Gedächtnis - eine Übersicht


Skript, 2001

8 Seiten


Leseprobe


Kernwissen Gedächtnis

- I. Gedächtnisentwicklung

1. Was ist das Gedächtnis ?

= nicht nur jene psychischen Prozesse, die Umweltinformationen speichern und abbilden zweck Reproduktion und Wiederkennung, sondern auch Voraussetzung für eine effektive Informationsaufnahme, dass zeitlich frühere Ereignisse bereitgehalten und deren Auswirkungen mit zeitlich späteren Ereignissen verknüpft werden.

- seit Anfang der 70er Jahre (Kog. Wende) verstärktes Forschungsinteresse an Gedächtnisprozessen und deren Entwicklung.

2. Determinanten der Gedächtnisentwicklung

= haben kausale Bedeutung für die Verbesserung von Gedächtnisfertigkeiten

a) Veränderung der Gedächtniskapazität

Gedächtnisspanne des KZG nimmt mit steigendem Alter zu [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] beim Erwachsenen ca. 7 Informationseinheiten Grund = schnellere Informationsverarbeitung, weniger benötigter Speicherplatz, Gedächtnisstrategien ABER = trotzdem bleibt die Kapazität des gesamten Speicherplatzes ab dem 5. Lebensjahr konstant.

Also: Obwohl sich die Gedächtnisspanne für unterschiedliches Lernmaterial (Zahlen, Wörter etc.) mit zunehmenden Alter vergrößert, bleibt fraglich, ob sich die Gesamtkapazität des Gedächtnises vergrößert. Mit Sicherheit vergrößert sich die Informationsgeschwindigkeit, während der insgesamt zur Verfügung stehende Speicherplatz sich über die Lebensspanne hinweg nicht wesentlich verändert

b) Entwicklung von Gedächtnisstrategien (Enkodierungsstrategien)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ENDKODIERUNGSSTRATEGIEN

- Memorieren: Definition von Waters:

Memorieren ist als lautes und leises Wiederholen zu lernender Elemente definiert. Zwei qualitativ unterschiedliche Formen gibt es:

(1) Einfaches (Passives) Memorieren einzelner Elemente

Beispiel: Hund, Hund, Hund, Buch, Buch, Buch ..[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] tritt im Vorschulalter spontan auf

(2) Kummulatives (Aktives) Momorieren Beispiel: Hund, Buch,.Hund, Buch.

= Wiederholen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Lautes oder leises Wiederholen des Lernstoffs [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] kaum pos. Effekte aufs Gedächtnis Memorieren ist nur bei begrenztem Lernmaterial nützlich

Kumulatives Wiederholen = pos. Auswirkung auf die Gedächtnisleistung

- Organisieren: Definition nach Oerter:

= Kategorisieren [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Umstrukturierung des Lernmaterials nach logischer Zusammengehörigkeit, also Organisation von Oberbegriffen

Voraussetzung nach Piaget: Fähigkeit zur Klasseninklusion Untersuchungen:

(1) Wimmer 1977: Spontanes Organisieren erfolgt i.d.R. nicht bei Fünfjährigen, aber schon bei 50% der Zehnjährigen und bei allen Erwachsenen
(2) Liberty 1973: Gedächtnisleistungen verbessern sich erheblich, wenn sie nach einem hierachischen Schema geordnet sind.

- Elaborieren: Definition nach Oerter / Montada:

Strategien des Elaborierens sind gekennzeichnet durch die Ausarbeitung oder Transformation des vorgegebenen Lernmaterials Zweck einer verbesserten Lernleistung, vor allem bei unszuammenhängenden Informationen. Bereits gespeichertes Wissen wird in Zusammenhang gebracht, die neuen Verknüpfungen bilden Hinweisreize beim Abruf der Informationen.

Zwei Formen: stabile bildhafte oder sprachliche Assoziationen zwischen Wortpaaren

ABRUFSTRATEGIEN

- Altersunterschiede sind von größerer Bedeutung als bei der Einspeicherung [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Überlegenheit der älteren Kinder
- schnelleres Finden eines geeigneten Kontextes für den Suchprozess
- Suchprozess ist zielstrebiger und flexibler Empirische Untersuchung:

c) Erwerb allgemeines Gedächtniswissens (Metagedächtnis)

- Metagedächtnis = Wissen über Gedächtnisvorgänge und Anforderungen von Ged.aufgaben
- Im Laufe der Grundschulzeit verbessert sich das MG beständig. In der vierten Klasse ist z.B. die Leistungseinschätzung und Zeiteinschätzung fast wie beim Erwachsenen.

a) deklaratives MG: das faktisch verfügbare + verbalisierte Wissen um Ged.vorgänge (Wissen um Personen- Aufgaben- und Strategiemerkmale)
b) prozeduales MG: Fähigkeit zur Regulation + Kontrolle ged.bez. Aktivitäten

- Bedeutung von Metagedächtnis
- Derklaratives metakognitives Wissen
- Wissen über gedächtnisrelevante Personenmerkmale
- Wissen um gedächtnisrelevante Aufgabenmerkmale
- Wissen über Gedächtnisstrategien
- Prozedurales metakognitives Wissen
- Leistungsvorhersage
- Erfassung der eigenen Produktionseigenschaft
- Feeling-of-knowing-Urteile
- Korrelation zwischen Metagedächtnis und Gedächtnismaßnahmen ca r = 0.6

d) Einfluss unterschiedlicher Wissensformen auf die Geächtnisleistung

(1) Entwicklung bereichsspezifischen Vorwissens

= spezifisch inhaltliche Kenntnisse in einem Gegenstandsbereich .

Menschliches Wissen ist in Netzwerken organisiert, in denen ähnliche Inhalte miteinander assoziiert sind hinischtlich der Kategoriezugehörigkeit, ihrer Eigenschaften und den visuellen Vorstellungen.

Ausmaß des Vorwissens beeinflusst die Gedächtnisleistung in dem Bereich, in dem man das Vorwissen hat.

- Studien zum Experten und Novizenwissen von Chi (1978) und Schneider (1989)

(2) Semantisches Wissen (=allgmeines Weltwissen)

= Einfluss auf die Leistung in verbalen Gedächtnisaufgaben

- Ausmaß ist bedeutsam für die Anwendung von Strategien

(3) Strukturelles Wissen

= gemeint ist das Wissen um allgemeine Organisationsformen (z.B. von Texten)

= Skripts haben Bedeutung für das Einspeichern und Erinnern von Ereignissen und Geschichten.

Bedeutung von Vorwissen für den Lernerfolg

- Vorwissen erleichter den Einsatz von Strategien
- Vorwissen ermöglicht die Übertragung von Strategien auf andere Problembereiche
- Vorwissen kann die Notwendigket von Strategien erübrigen
- Erst in neuerer Zeit ist man auf die besondere Bedeutung des Vorwissens für Gedächtnisleistungen aufmerksam geworden. Wichtige Erkenntnisse lieferte das sog. Experten-Novizen-Paradigma, bei dem Experten und Laien in einem Gegenstandsbereich im Hinblick auf ihr Gedächtnis für Merkmale verglichen werden, die diesem Bereich entnommen sind.
- Schlussfolgernungen
- Wenn das bereichsspezifische Vorwissen einer Person außerordentlich groß ist (Expertise), kann es einen größeren Einfluss auf kog. Leistungen nehmen als Kapazität, Strategien und metakognitives Wissen zusammengenommen
- Großes bereichsspezifisches Wissen kann Einflüsse von Intelligenzunterschieden auf die Leistung in solchen Aufgaben eliminieren, die keine bewußten Strategein erfordern (z.B. Textproduktion); zusätzliche Effekte von I.unterschieden sind dann zu verzeichnen, wenn Problemlöseaufgaben den Einsatz von Strategien erfordern
- Da junge Schüler in den meisten Schulfächern über wenig Vorwissen verfügen, dürften Vorwissens-Effekte auf die Leistung im Grundschulbereich noch relativ gering sein. Der Einfluss des Vorwissens auf die schulische Leistung nimmt in der Folgezeit jedoch drastisch zu.

FAZIT: Gute Informationsverarbeiter zeichnen sich dadurch aus, dass sie

- Informationen schnell auffassen und weiterverarbeiten
- aktiv über verschiedene Strategien verfügen, die flexibel und gzielt nutzbar sind
- zusätzlich zum strategischen Wissen auch ein breites Weltwissen besitzen
- in den jeweiligen Problemlösesituationen gleichzeitig Strategien, Metagedächtnis, Welt und Vorwissen aktivieren.

3. Verlauf der Gedächtnisentwicklung

- Allgemein: Gedächtnisentwicklung im Vorschulalter: Wiedererkennung vs. Reproduktion,

Defizite bei jungen Kindern sind das Mediationsdefizit und das Produktionsdefizit.

Seit dem Forschungsboom seit den 70er Jahren gibt es neue Erkenntnisse. Schon Neugeborene sind zu Wiedererkennungsleistungen fähig. Beachtlich ist, dass auch wenn das Wiedererkennen als wenig komplexe Gedächtnisleistung gilt, diese schon bei Säuglingen auf relativ hohem Niveau funktioniert und sich danach auch nicht mehr bedeutsam verändert. Säuglinge können aber auch schon assoziativ Lernen. Bei Kleinkindern funktioniert auch sehr gut, die Lokations-Gedächtnis oder Orts-Gedächtnis. Das Orts-G. verbessert sich zwischen 6-12 Monaten.

Die Reproduktionsleistung verändert sich bis in die späte Jugendphase hinein, während, Wiedererkennungsleistungen über die Lebenspanne hinweg relativ unverändert bleiben.

a) das Gedächtnis der frühen Kindheit 0-2 Jahre

- Problematik bei der Untersuchung von Kleinkindern, da sie nicht direkt befragt werden können. Es gibt nur indirekte Erschießungsmöglichkeiten
- Ansatz: Habituierungsmethode = Neugeborene verfügen bereits über Wiedererkennungsfähigkeiten die sich ständig während der ersten sechs Monate verbessern. Neue Reize werden immer länger angeschaut
- Ansatz: Bewegungs-Verstärkungsferfahren
- Kleinkinder haben schon die Fähigkeit zum assoziativen Lernen
- durch Imitationslernen sind die Kinder zur freien Reproduktion fähig.
- geringes Ortsgedächtnis
- Die Untersuchungen deuten alle darauf hin, dass bei Kleinkindern unterschiedliche Gedächtniskompetenzen vorhanden sind. Es stehen also schon UKZG, KZG und LZG zur Verfügung

b) das Gedächtnis zwischen 2-4 Jahren

- nur geringe Kenntnisse über die G.entwicklung in diesem Altersbereich, da Probleme bei Studien auftreten z.B. Sprache noch schlecht, Wortschatz noch schwach
- Behaltensinstruktionen sind für das Memorierverhalten eher hinderlich
- unwillkürliches Gedächtnis spielt gegenüber dem willkürlichen Gedächtnis eine wesentlich größere Rolle
- Reproduktionsleistungen sind vergleichsweise gering, die Wiedererkennungsleistungen überraschend gut
- bei Reproduktionsaufgaben werden Gedächtnisstützen bereits sinnvoll verwendet.
- Verbesserung des Ortsgedächtnis
- Grund = Suchfertigkeiten werden flexibler, Suchaktivitäten werden konsistenter eingesetzt, unangemessene Suchmuster fallen weg

c) Gedächtnisentwicklung zwischen 5 und 15 Jahren c siehe Unterlagen

- hier liegen die meisten empirischen Forschungsbefunde vor, sind so alt wie die G-Forschung selber
- Klassische Studie von Brunswik: der größte Zuwachs im Alter zwischen 6-10.
- Neuere Studien = haben weniger die Frage nach der Veränderung der G.leistung im Entwicklungsverlauf zum Thema. Sie versuchten vielmehr aufzuklären, was genau die zugrundeliegenden Motoren oder Determinanten der beobachteten Entwicklungsveränderungen in der G.leistung sind. Als wesentliche Bedingungsfaktoren wurden die G.kapazität, G.strategein, das Metagedächtnis und das bereichsspezifische Vorwissen angesehen.

4. Bei Kognitiver Retardierung

- Gedächtnisstörung = in der Psychopathologie Oberbegriff für Störungen der Speicherung von Erfahrung

III. Gedächnispsychologie und - modelle

- Ebbinghaus: Beginn der experimentellen Gedächtnisforschung (1885 „Das Gedächtnis“) [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ließ sinnlose Silben wiederholgen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ältere Gedächtnispsychologie ist durch die Auffassung geprägt, dass man sich das Lernmaterial durch häufiges Wiederholen mechanisch einprägt.

Kognitive Wende (Ende 60er Jahre) führte zu einer Reihe von Informationsverarbeitungsmodellen

1. Modellannahmen zur Funktionsweise des Geächtnis

c M e h r s p e i c h e r m o d e l l e

a) William James (1890) unterschied

- primäres Gedächtnis: leicht zugänglich, bewußte + aktuell ablaufende Informationen
- sekundäres Gedächtnis: erfordert konzentrierten Willensakt, peramanenter Speicher für alle vergangenen Gedächtnisinhalte

- Die ersten Mehrspeichermodelle stellen eine direkte Weiterentwicklung dieses Konzepts dar:

b) ZEITabhängige Gedächtnisklassifikationen = Gedächtnis in Zeitabschnitte unterteilt z.B. Atkins / Shiffrin: (aber auch: Wippich)

- Ultrakurzzeitgedächtnis: sensorisches Register [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] enorme Kapazität

Teilmenge wird ausgewählt und an das KZG weitergeleitet

- Kurzzeitgedächtnis: Grenze = ca. 30 sec, Zentrum bewußter mentaler Tätigkeit

Kapazität sehr begrenzt

- Langzeitgedächtnis: bei großen Zeitdifferenzen zwischen Einspeicherung und

Abruf wird die Information aus dem LZG abgerufen

- Die Unterscheidung zwischen UKZG, KZG und LZG ist zwar nicht unumstritten, sie hat sich jedoch als praktisch zweckmäßig erwiesen. Im Zusammenhang von KZG und LZG spielen Codierungs- und Abrufprozesse, Fragen nach der Informationsorganisation und Mnemotechniken eine zentrale Rolle.

c) INHALTSabhängige Gedächtnisformen

Insbesondere beim LGZ [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] LZG ¹ eigene Größe, sondern hat mehrere Komponenten:

- deklaratives Gedächtnis: = relativ schnell, flexibel, mit Worten beschreibbar
- episodisches Gedächtnis: eigene Erfahrungen, autobiograph.
- semantisches Gedächtnis: Weltwissen ¹ zeitlich
- nicht dekl. Gedächtnis: = rel. langsam,wenig flexibel, mit Worten schwer beschreibbar

= unbewußte Gedächtnisprozesse:

- prozeduales Gedächtnis: einfache mechanische Ablaufmuster
- Priming: bessere Reizerkennung, da man Reiz schon kennt
- Kontroverse um die Frage ob ein oder mehrere Speicher

- ABER: Mehrspeichermodelle kommen der Wahrheit am nächsten.

Ende der Leseprobe aus 8 Seiten

Details

Titel
Das Gedächtnis - eine Übersicht
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Autor
Jahr
2001
Seiten
8
Katalognummer
V103396
ISBN (eBook)
9783640017744
Dateigröße
368 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gedächtnis
Arbeit zitieren
Joachim Brenner (Autor:in), 2001, Das Gedächtnis - eine Übersicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103396

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