Goethe, Johann Wolfgang von - Faust I: Szene "Kerker"


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

3 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Diese letzte Szene von Goethes Drama "Faust. Der Tragödie erster Teil" lässt sich in fünf Sinnabschnitte gliedern. Der erste Abschnitt von Zeile 4405 bis 4422 besteht aus einem Monolog Fausts, der kommt, um Gretchen aus dem Kerker zu befreien, sowie aus einem Lied, dass er Gretchen aus dem Innern des Gefägnisses singen hört.Im zweiten Abschnitt (Z. 4423-4459) wird deutlich, dass Gretchen Faust nicht gleich erkennt, sondern ihn für den Henker hält. Sie glaubt, sie werde bald sterben und phantasiert von ihrem Hochzeitstag und ihrem Kind . Zu Beginn des dritten Sinnabschnittes(Z. 4460-4497) erkennt

Gretchen ihren Geliebten, als dieser sie beim Namen ruft. Sie wendet sich ihm zu und nähert sich ihm, spürt dann aber, dass er abweisend ist und wendet sich wieder von ihm ab. Faust redet im Folgenden auf sie ein, will sie zum Fliehen bewegen. Magarete aber fühlt sich schuldig und macht Faust auf ihre und auch seine eigene Schuld aufmerksam. Sie will ihm nicht folgen und erinnert sich an die Toten, während Faust sie mehr und mehr beschwört, ihre letzte Chance zu nutzen und der Hinrichtung zu entkommen. Der letzte Abschnitt beginnt in Zeile 4574. Magarete sieht ihre Hinrichtung nahen und denkt über ihren kommenden Tod nach, als plötzlich Mephisto auftaucht und die beiden zur Eile drängt. Nun wendet sich Gretchen endgültig gen Himmel. Sie will mit Mephisto nichts zu tun haben und bittet, sich ihrer anzunehmen. Mephisto zwingt Faust, ihn zu begleiten und Gretchen zurückzulassen.

Analyse

Als Faust sich dem Tor zum Kerker nähert, fasst ihn "ein längst entwohnter Schauer". Er ist von Gretchens Schicksal tief berührt, er bezeichnet ihr Unglück als "der Menschen ganzer Jammer" Z.4406) und will sie befreien. Er spricht sich selbst auf sein Zögern an: "Du zauderst, zu ihr zu gehen. Du fürchtest, sie wiederzusehen!" und verdeutlicht damit seine Angst vor dem Wiedersehen. Dennoch öffnet er das schloss des Kerkertores, um sie zu retten. Indem er sagt: "Dein Zagen zögert den Tod heran" versucht er sich selbst zu ermutigen und zu tun, wofür er gekommen ist.

Als er eintritt, erkennt Gretchen ihn nicht sofort: "Weh! Weh! Sie kommen. Bittrer Tod!" . Sie hält Faust für en Henker, der sie zur Hinrichtung abholen will. Sie rechnet fest mit ihrem Tod und bittet darum, noch bis zum Morgen leben zu dürfen. "Bist du ein Mensch, so fühle meine Not!" Mit diesem Ausspruch macht sie deutlich,dass sie aufgrund ihrer Schuld die Hölle fürchtet und sie hat Angst, schon zu sterben, ehe sie ihre Sünden vergeben und sich von Gott begnadigt weiß. Auf Fausts Einwände reagiert sie anfangs gar nicht, sondern versucht, den vermeindlichen Henker von einem Aufschub der Vollstreckung zu überzeugen. Sie betont, sie sei "doch noch so jung, so jung" und solle dennoch "schon sterben" (Z.4432f.). Nach diesem Gedanken kommt ihre Verzweiflung sehr deutlich hervor. Sie ist verwirrt und erinnert sich an ihr Kind, an die geplante Hochzeit und an das, was Lieschen am Brunnen über unverheiratete Mütter gesagt hat: "Zerissen liegt der [Braut]Kranz, die Blumen zerstreut" (Z.4436). Sie wird traurig, kommt dann aber wieder zu sich und versucht, sich gegen Faust zu wehren, den sie ja noch immer nicht erkannt hat. Sie bittet ihn, ihr Kind noch tränken zu dürfen (Z.4443ff), was ihre Verwirrung verdeutlicht. Sie glaubt, man hätte ihr das Kind genommen und sie würde nun zu Unrecht beschuldigt, es getötet zu haben. Sie scheint nicht mehr in der Lage zu sein, rational über ihre Situation nachzudenken und in ihrer großen Angst wil sie Gott anrufen, um der Hölle zu entgehen: "O lass uns knien, die Heil'gen anzurufen! [...] Unter der Schwelle siedet die Hölle..." (Z. 4453ff) . Sie fühlt, dass sie sich zwischen Himmel und Hölle befindet, spürt das Böse, das ihr in Gestalt des Mephisto so nahe gekommen ist.

Als Faust schließlich ihren Namen ruft, um sie zur Besinnung zu bringen, erkennt sie ihn endlich

(Z.4460ff) und fühlt sich befreit. In ihrer Freude springt sie auf und ruft erleichtert: "Er rief Gretchen! Er stand auf der Schwelle. Mitten durchs Heulen und Klappen der Hölle, [...] erkannt ich den süßen, den liebenden Ton". Zu diesem Zeitpunkt verkörpert Faust für sie noch die Rettung. sie liebt ihn, also bedeutet er für sie das Gegenteil der Hölle. Erst später wird sie begreifen, dass er mit dem Teufel persönlich verbündet ist und sie ihn deshalb aufgeben muss. Aber schon als sie sich ihm nähert, stellt sie eine Veränderung fest: "Warum wird mir an deinem Halseso bang?" (Z.4487); "O weh, deine Lippen sind kalt, sie sind stumm. Wo ist dein Lieben geblieben? Wer brschte mich drum?" (Z.4493ff). Sie fühlt sich von Faust abgewiesen und wird sofort skeptisch, deshalb wendet sie sich wieder von ihm ab. Faust geht auf ihre Zweifel nicht ein, sondern drängt Gretchen, ihm zu folgen, mit ihm zu fliehen. Aber plötzlich erinnert Gretchen wieder an das, was sie getan hat, an ihre Schuld der Familie gegenüber: "Meine Mutter hab ich umgebracht, mein Kind hab ich ertränkt" (Z.4507f.) . Sie bekommt Schuldgefühle und glaubt, dass sie ja eigentlich zurecht zum Tode verurteilt wurde. "Deine liebe Hand! [...] Wie mich deucht, ist Blut daran. Ach Gott! Was hast du getan!" Mit dem Symbol des Blutes an Fausts Händen erinnert sie auch ihn vor allem an den Mord an Valentin. Sie macht ihn darauf aufmerksam, dass er, ebenso wie sie, schuldig ist, was er jedoch verdrängt: "Lass das Vergangne vergangen sein" . Er verlangt von Gretchen, zu vergessen, was geschehen ist, sich auf ihre gemeiname Zukunft zu konzentrieren und schnell aus dem Kerker zu verschwinden. Doch damit erwartet er von Gretchen zu viel. Sie ist verwirrt, misstrauisch und fühlt sich schuldig. In den Zeilen 4521 bis 4530 spricht sie von Gräbern; von denen ihrer getöteten Angehörigen und von ihrem eigenen. Sie weiß also, dass sie für das was sie getan hat sterben muss und will Faust nun klarmachen, dass sie ihn aufgrund ihres "bösen Gewissens" nicht begleiten kann und fürchtet, dann für immer verfolgt und gejagt zu werden (Z.4545ff). Faust beschwört sie mehr und mehr, aber umso mehr plagt Gretchen auch ihr Schuldgefühl. Als er erklärt, er wolle bei ihr bleiben, wird sie wieder von Wahnvorstellungen gequält: "Rette dein armes Kind! [...] Fass es nur gleich! Es will sich heben, es zappelt noch!" (Z.4551ff). Die Erinnerungen mischen sich in die Realität und Gretchens Angst ist so groß, dass sie beides nicht mehr auseinander halten kann. "Besinne dich doch! Nur einen Schritt so bist du frei!" (Z.4563f). Auch mit diesen Imperativen kann Faust sie nicht wieder zur Besinnung bringen. dass Faust mit solchen Appellen reagiert, verdeutlicht, dass auch er Angst hat und zur Eile drängt, dass er Gretchen unbedingt retten will. Das wird noch deutlicher, als er es in Betracht zieht, sie "hinwegzutragen" (Z.4575), als sie weiter panisch an ihre tote Mutter denkt: "Da sitzt meine Mutter auf einem Stein und wackelt mit dem Kopfe" (Z.4568). Sie winkt nicht, sie nickt nicht, der Kopf ist ihr schwer, sie schlief so lange, sie wacht nicht mehr" (Z.4570ff). Mit dieser Aussage bekräftigt Gretchen, dass sie zwar weiß, dass ihre Mutter tot ist, zeigt aber auch, dass sie trotzdem von den Toten "verfolgt" wird, dass sie den Gedanken an ihre Schuld nicht los wird und immer wieder die Leiche der Mutter vor Augen hat. Ihre große Angst drückt sie noch in der Metapher "Es fasst mich kalt am Schopfe" (Z.4568) aus. Der Gedanke an die Mutter scheint sie zutiefst zu quälen. Faust versucht, sie aus dem Kerker zu bringen, worauf Gretchen sehr heftig reagirt: "Lass mich! [...] Fasse mich nicht so mörderisch an!" (Z.4576f). Das zeigt, wie sehr auch ihr Misstrauen gegen Faust gewachsen ist, dass sie sich inzwischen auch von ihm verfolgt fühlt.

"Der Tag graut!" Dieser Ausruf, mit dem Faust Gretchen erneut zur Eile mahnt, erreicht genau das Gegenteil. Gretchen wrd an die nahende Hinrichtung erinnert: "Zum Blutstuhl bin ich schon entrückt" (Z.4592) und sieht ihren baldigen Tod vor Augen: "Stumm liegt die Welt wie das Grab" (Z.4595). Spätestens jetzt wird klar, dass sie keine Möglichkeit sieht, dem Tod zu entkommen, dass sie es nicht versuchen wird. Mephisto taucht auf und drängt zur Eile. doch letztendlich seine Gegenwart schreckt

Gretchen so sehr ab, dass sie endgültig beschließt, faust aufzugeben um ihr Seelenheil zu retten. "Gericht Gottes! Dir hab ich mich übergeben!" ruft sie, wie, um ihren Entschluss zu besiegeln und sich gegen Mephistos Anwesenheit zu wehren. Sie bittet also um die Errettung durch das Himmelreich und wird auch "gerettet", wie eine "Stimme von oben" verkündet (Z.4612), während Mephisto Faust mit sich zieht und ihn damit der Errettung entzieht.

Margarete ist sich an dieser Stelle "des rechten Weges wohl bewusst", was ja die Worte des Herrn im Bezug auf Faust waren.

Diese letzte Szene des Faust I ist sehr dramatisch, da sich Gretchen immer mehr in den Wahn steigert und Faust immer ungeduldiger und sogar panisch wird. Bis zur endgültigen Entscheidung Gretchens zwischen Himmel und Hölle wir die Spannung so mehr und mehr aufgebaut. Letztendlich verliert Faust gretchen, denn sie schafft es nicht, ihn auf den rechten Weg zu leiten und er schafft es nicht, sie zur Flucht zu bewegen, um ihr Leben zu retten. Aber Gretchen hat es geschafft in ihrem gestärkten Glauben ihre und Fausts Schuld zu erkennen und die Verantwortung für ihr Tun zu tragen.

Ende der Leseprobe aus 3 Seiten

Details

Titel
Goethe, Johann Wolfgang von - Faust I: Szene "Kerker"
Autor
Jahr
2000
Seiten
3
Katalognummer
V103317
ISBN (eBook)
9783640016952
Dateigröße
328 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Textanalyse, Faust, Kerker
Arbeit zitieren
Stefanie Deventer (Autor:in), 2000, Goethe, Johann Wolfgang von - Faust I: Szene "Kerker", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103317

Kommentare

  • Gast am 6.12.2007

    STARK.

    ganz stark setffi

  • Gast am 18.3.2007

    OK!.

    Wer eine ausführliche Interpretation braucht, sollte sich damit noch nicht zufrieden geben, es gibt weitaus mehr was deiner Analyse entgangen ist. Aber insgesamt nicht schlecht!
    MfG
    Melody

  • Gast am 1.4.2004

    Sehr gut!.

    Also deine Analyse war sehr aufschlussreich. Vor allem Kombination aus gedanklichen Verknüpfungen (Assoziationen) und Text waren SUPER!! Danke

  • Gast am 5.3.2002

    super.

    Einfach spitze, Danke, hat mir sehr geholfen

  • Gast am 18.12.2001

    Herr.

    Geiles Teil

  • Gast am 4.10.2001

    danke, wirklich gut.

    Die Analyse und zusammenfassung ist wirklich gut, jetzt habe ich die szene richtig verstanden. ;)
    Guter Textbezug und Belege

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Titel: Goethe, Johann Wolfgang von - Faust I: Szene "Kerker"



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