Die Spirale als Symbol für Leben und Tod


Facharbeit (Schule), 2001

10 Seiten, Note: 15 Punkte


Leseprobe


Gliederung

0 Spiralen allgemein
0.1 Bedeutung der Form
0.1.1 Definition „Spirale“ / Besonderheiten
0.1.2 Grenzen der Definition / Probleme der Form
0.1.3 Spiralen mathematisch
0.2 Die Spirale als Symbol

1 Grundsätzliche Umsetzung
1.1 Prinzipielle Möglichkeiten der Darstellung
1.1.1 Als selbsttransportierendes Medium / Als Kristallisationsmedium
1.1.2 Dimensionalität

2 Projekt 1
2.0.1 Beschreibung / Skizze
2.0.2 Materialwahl
2.1 Arbeitsprozess

3 Projekt 2
3.0.1 Beschreibung
3.0.2 Materialwahl
3.1 Arbeitsprozess

4 Reflexion
4.0 Vergleich Projekt 1 zu 2
4.1 Projekt „Spiralen“ (gesamt)

Einleitung

Alle im Folgenden von mir beschriebenen Gedanken und Hypothesen sind Auswüchse persönlicher Auffassungen. Sie müssen nicht unbedingt der Realität bzw. den Auffassungen anderer entsprechen. Wenn ich über die Bedeutung von speziellen Spiralen und deren künstlerische Umsetzung und Wirkung spreche, beziehe ich mich auf persönliche Erfahrungen, Mutmaßungen und Überlegungen.

Das einzig universal Richtige an meinem Text sind wissenschaftliche, mathematische und philosophische Hintergründe, die auch als solche vermerkt sind. Alles andere sind meine Interpretationen. Und die sind vielleicht nicht einmal besonders gut.

0 Spiralen allgemein

0.1 Bedeutung der Form

0.1.1 Definition „Spirale“ / Besonderheiten

„Eine Spirale ist eine ebene Kurve, die aus unendlich vielen Windungen um einen festen Punkt besteht und aus höchsten zwei Ästen zusammengesetzt ist, bei denen der Abstand vom Mittelpunkt streng monoton vom Drehwinkel abhängt.“

Wenngleich dies die mathematisch korrekte Definition einer Spirale ist, ist sie dennoch unvollständig.

Hier ist die Spirale als ebenes, zweidimensionales Objekt beschrieben. Dieses Bild entspricht aber nur der idealen Spirale. In der Realität existiert eine solche Spiralidee nicht. Vielmehr wird jeder Mensch, nach seine persönlichen Definition gefragt, den Reichtum seiner Erfahrungen zugrunde legen, um in seiner Formulierung möglichst alle Grenz- und Sonderfälle einzuschließen.

Sicherlich wird diese Definition stark von der streng mathematischen differieren.

Allein die Beschränkung auf die Ebene entzieht sich der tatsächlichen Vorstellbarkeit, die, erfahrungsgemäß, ausschließlich dreidimensionale Objekte fasst.

Zweidimensionale Objekte entziehen sich generell dem menschlichen Geist, denn er erschafft immer eine dritte, vertikale Ebene. So wird sich der Begriff der Spirale schließlich auf diese ausdehnen müssen.

Ein weiterer elementarer Reibungspunkt ist die Vorstellung einer Spirale, die ausschließlich ein Zentrum besitzt, und die sich gleichermaßen auf dieses zu bewegt.

Denn letztlich werden, wieder auf Erfahrungen beruhend, auch die Spiralfeder (deren Name allein im Gegensatz zur mathematischen Definition steht), die Wendeltreppe, das Schraubengewinde und ähnliche Objekte in die Definition einfließen.

Hier wird selbstverständlich auch die dritte Dimension vorausgesetzt, denn solche Spiralen sind eben nicht vorstellbar.

Ferner ist es auch möglich, eine Spirale von anderem als von einer Linie bzw. Kurve zeichnen zu lassen - auch eine „imaginäre Spirale“ kann ich mir durchaus vorstellen. So bezeichne ich Spiralen, die sich fragmentarisch und diskontinuierlich fortsetzen und nur assoziativ vom Beobachter die Spiralform annehmen können (Grenzfälle in Punkt 0.1.2).

Als einfachstes Beispiel hierzu lässt sich eine Spirale anführen, die statt aus einer Kurvenlinie aus einer Strichlinie oder Punktlinie besteht, ähnlich wie auf meinem Bild dargestellt.

Gemeinsam müssen alle Definitionen, die sich ergeben können, jedoch eines haben: der Weg, auf der die Spirale beschrieben wird, darf ein gewisses Grenzmaßan Berührungen nicht überschreiten (dazu mehr in Punkt 0.1.2).

Ich bedaure die Tatsache, dass der Mensch rein physisch-sinnlich nicht in der Lage ist, in seine Überlegungen die zeitliche Dimension voll mit einzubeziehen, denn da ihn die Natur nicht mit einem entsprechenden Sinnesorgan ausgestattet hat, kann er die Zeit - erfahrungsgemäß- wohl isoliert, nicht aber geometrisch-kombiniert als Raumzeit wahrnehmen.

So ist es nur schwer vollziehbar, die vierte Dimension mit einer mehrdimensionalen Spirale gedanklich zu kombinieren. Ich habe dies in meinen Überlegungen versucht, und bin letztlich auch zu einem Ergebnis gekommen - die Spirale könnte sich so tatsächlich eben fortpflanzen, ohne sich zu berühren und ohne auf ein Zentrum zuzulaufen bzw. von diesem davonzulaufen, eine vertikale Dimension könnte so also vermieden werden (der mathematischen Definition entgegenkommend). Hierzu müsste die beschreibende Kurve lediglich eine Kreisbahn beschreiben, die sich nur eine Regel halten müsste:

Es dürfte keine rekursiven (sich in negative Zeitrichtung fortpflanzenden) Kurvenpunkte geben, da diese auf der Bahn der bereits beschriebenen Kurve lägen oder diese kreuzen würden, wohl aber dürften sich Kurvenpunkte synchron bewegen, solange sie das einzige Kriterium dieser Spirale erfüllen würden - zu keinem frei wählbaren Zeitpunkt dürften zwei oder mehr Punkte auf einem Punkt der Spirale liegen und einen entgegengesetzten oder nicht verfolgbaren Impuls haben.

Meine Raum-Zeit-Definition ist zugegebenermaßen schwer vorstellbar, jedoch ist sie akzeptabel. Dies allerdings soll nur der Verdeutlichung der Komplexität des Themas dienen, denn eine kontinuierliche objektive Darstellung von Zeit gibt es in der Kunst nicht, daher wird meine Definition in keine weiteren Überlegungen einfließen.

0.1.2 Grenzen der Definition

„Eine Spirale ist ein mehrdimensionales geometrisches Objekt, das aus mehrfachen Bewegungen einer Kurve endlicher oder unendlicher Länge um mindestens ein Zentrum besteht, wobei diese bei Zweidimensionalität ein solch hohes Maßan eindeutig konzentrisch verlaufenden Bewegungspunkten ausbilden, dass das Gesamtobjekt sich deutlich von einem Kreis oder einer Fläche unterscheidet, bei Dreidimensionalität eine maximale Anzahl von Eigenberührungen der Kurve nicht überschritten wird.“

Dies ist meine - stark zu relativierende - Definition einer Spirale als Ergebnis meiner Überlegungen.

So sehr ich mich bemüht habe, eine eindeutige Definition zu schaffen, so sehr habe ich mich von einer einfachen Definition entfernt. Noch immer habe ich nicht alle Grenzfälle einschließen können, und noch immer existiert erweiternder Erklärungsbedarf.

Wenn ich von „Kurve“ spreche, meine ich sowohl eine aus einer Linie mit ausreichender Durchschnittskrümmung bestehende Kurve, als auch eine wie in 0.1.1 beschriebene „imaginäre“ Kurve.

Letztere ist allerdings viel weniger allgemeingültig. Hier ist eine nicht notwendigerweise objektivierbare Re-Definition nach individueller Betrachtung notwendig. Die im Geiste gezogene Verbindungslinie, die den Betrachter eine Spirale erkennen lässt, wird immer weniger wahrscheinlich gezogen, je geringer die Anzahl der Punkte und je weniger eindeutig die Spirale ist, d.h. je weniger die Spirale einer mathematischen Fassbarkeit folgt.

Auch die Anzahl der ebenfalls in 0.1.1 beschriebenen möglichen Berührungen darf, wie ich es in meiner Definition versucht habe, zu verallgemeinern, ein Maximum niemals überschreiten.

Anderenfalls wäre das Resultat eine zweidimensionale gefüllte Fläche bzw. ein dreidimensionaler gefüllter Körper, oder, bei einer zu hohen Anzahl nicht konzentrischer Überschneidungen im zweidimensionalen Bereich, ein multipler Kreis mit leerem Zentrum.

Welche Definition auch immer gebildet wird, Grenzfälle wird es immer geben müssen. Wie in einer mathematischen Funktion existieren Definitionslücken, und zu untersuchen, ob sich an ihnen die Funktion fortsetzen lässt oder sich ins Grenzenlose verliert, ist immer ein Prozess, der keine allgemeine Lösung in sich trägt, wohl aber einen Lösungsweg: die bislang nicht fassbare Kreativität des menschlichen Geistes.

0.1.3. exkurs Spiralen mathematisch

Mathematisch erzeugte (historische) Spiralen

Hier werde ich mich auf die rein historischen Hintergründe und das Aussehen der Spiralen beschränken, da ich eine Nennung und Erläuterung komplizierter mathematischer Gleichungen aus Gründen der Einfachheit vermeiden möchte.

I. Die archimedische Spirale

Die archimedische Spirale ist nach der Quadratix des Hippias von Chios die zweitälteste bekannte kinematisch erzeugte Kurve.

Archimedes schreibt in seiner Abhandlung "Über Spiralen":

"Wenn ein Halbstrahl sich innerhalb einer Ebene um seinen Endpunkt mit gleichförmiger Geschwindigkeit dreht, bis er wieder in seine Ausgangsstellung zurückkehrt, gleichzeitig aber sich ein Punkt auf diesem Halbstrahl mit gleichförmiger Geschwindigkeit vom Endpunkt des Halbstrahls aus bewegt, so wird der Punkt eine Spirale beschreiben."

Definition:

Eine Archimedische Spirale ist die Bahn eines Punktes, der sich auf einem mit konstanter Winkelgeschwindigkeit rotierenden Halbstrahl mit konstanter Geschwindigkeit vom Zentrum nach außen bewegt.

Wie eingangs erwähnt ist die Archimedische Spirale eine kinematisch erzeugte Kurve, d.h. hier wirken sowohl zwei verschiedene Arten von Bewegung (linear und zirkular), als auch zwei verschiedene bewegte Elemente (Punkt und Gerade) zusammen.

Die archimedische Spirale hat die Besonderheit, dass der Abstand zwischen den Linien immer gleich bleibt.

II. Die logarithmische Spirale

René Descartes, der von 1596 - 1650 lebte, gilt als Begründer der analytischen Geometrie. 1638 erläuterte er die logarithmische Spirale, die allerdings schon bei Albrecht Dürer (1471 - 1528) vorkommt. Torricelli (1608 - 1647) kam mit Descartes zeitgleich auf diese Form.

Der entscheidende Unterschied zur archimedischen Spirale ist der, dass der Abstand der Linien zueinander nach außen hin expotentiell zunimmt. Diese Kurve ist leicht mit der natürlichen Anschauung von Spiralen vereinbar.

Diese Form tritt vor allem bei Schnecken und anderen Schalentieren auf, was auf deren exponentielles Wachstum zurückzuführen ist.

Es existieren noch viele weitere Spiralentypen, die ich hier aber zu nennen vermeide.

0.2 Die Spirale als Symbol

Da wir uns bereits auf die Bedeutung der Spirale als Symbol für Leben und Tod allgemein geeinigt haben, werde ich an dieser Stelle nicht auf weitere oder erweiternde Möglichkeiten der Betrachtung eingehen. Ich werde mich im Folgenden auf die Auswirkungen verschiedener Betrachtungsweisen konzentrieren.

Unabhängig davon, ob die Spirale als Symbol für das eigene Leben oder für Leben und Existenz allgemein gewertet wird, sind die Konsequenzen, die aus der speziellen Form einer Spirale entstehen, fundamental davon abhängig, welche Bewegung auf der Spirale zur Hauptbewegung erklärt wird, die zentrifugale, nach außen führende, oder die konzentrische, die im Zentrum endet (ob sie dort überhaupt endet bzw. was dort geschehen kann wird später erörtert).

Die zentrifugale Bewegung deute ich weniger als Bewegung eines Individuums als vielmehr als Lauf, der von der Existenz allgemein vollzogen wird.

Die Suche nach dem Ursprünglichen und dem, zu dem es im Laufe der universalen Zeit wird, hat die Menschheit seit den Anfängen analogen Denkens beschäftigt. Vielfach ist in solche Überlegungen das Wirken einer göttlichen Macht eingeflossen. Doch mit der Entwicklung der Wissenschaft konnten mehr und mehr Naturphänomene determiniert und in Gleichungen gefasst werden.

Die Wissenschaft schuf die Physik, und diese schuf die Gesetze der Thermodynamik. Und genau an diesem Punkt beginnt das alte kulturell-spirituelle Spiralsymbol an existenzieller Richtigkeit zuzunehmen.

Die Thermodynamik sagt, vereinfacht formuliert, aus, dass aus einem Zustand höchster Ordnung, wie er zum Zeitpunkt der Entstehung unseres Universums geherrscht haben muss, die Vielzahl der entstandenen Energien zu einer einzigen, nicht mehr zu nutzenden Energie fließen muss in einen Zustand niederer Ordnung, in dem es keine Bewegung und keine Unterschiede mehr geben darf.

Genau diesem Bild entspricht das der nach außen ins Unendliche verlaufenden Spirale (ich will mich zuerst auf die Betrachtung logarithmischer Spiralen beschränken). Auch hier ist die Energiedichte im Zentrum unendlich hoch, da alle Linien extrem dicht nebeneinander laufen. Mit zunehmendem Abstand nimmt auch die relative Anzahl der Linien ab, bis die Kurve sich im Unendlichen verliert.

Sobald allerdings das eigene Leben als eine so verlaufende Spirale angesehen wird, muss damit zwangsläufig eine Art „existentieller Pessimismus“ einhergehen.

Wie grundlegend anders ist dagegen die konzentrische Betrachtung. Hier liegt der Anfang bei einem Punkt auf der Kurve, der Weg, der beschritten wird, ist geprägt von steter Energiezunahme, bis in unendlicher Dichte der „höchste Augenblick“, wie ihn Faust nennt, erreicht wird.

Diese Form der Betrachtung ist sicherlich die häufigere, da die Spirale sofort vom Betrachter dreidimensionalisiert wird (diesen Prozess habe ich ja schon in 0.1.1 beschrieben). Die häufigste Assoziation ist somit der Strudel mit seinem ebenfalls konzentrischen Sog.

Mir ist - nebenbei - aufgefallen, dass genau dieser Strudel in vielen Geschichten als Metapher für den unvermeidlichen Tod steht, bzw. dem Tod vielfach vorausgeht. Ich denke dabei an „ Die Flaschenpost “ und „ Im Strudel des Mahlstroms “ von E.A. Poe und an die Schlussszene in Jules Vernes „ 20.000 Meilen unter dem Meer “ .

Diese Auffassung entspricht auch dem wissenschaftlich-biologischem Bild des Lebens. Auch die Evolution, und mit ihr auch die Entwicklung des Individuums, funktioniert nach diesem Prinzip. Es entsteht, indem von außen Energie aufgenommen wird (hauptsächlich von den Pflanzen über Photosynthese) stets höhere Ordnung als zuvor (so formt sich aus Wasser, Kohlendioxid und der Energie des Sonnenlichtes das komplexe Glukosemolekül).

Ob das Zentrum jemals erreicht wird, hängt von der mathematischen Genauigkeit ab. Der Definition nach erreicht die Kurve niemals das Zentrum.

Doch dieses ist - weder in der Realität noch in der Kunst - gültig. Eine in der weltlichen Realität existierende logarithmische Spirale hat immer einen konkreten Mittelpunkt, sei er von der Größe eines Planeten, eines Atoms oder eines Pinselstriches.

Ist das Zentrum, das folglich immer existiert, letztlich erreicht, bleiben zwei prinzipielle Zustandsübergänge. Zum einen kann der Weg im Zentrum enden, zum anderen kann er umkehren und gleichsam „zurückgehen“ (in Einzelfällen kann aufgrund der Darstellung der Weg auch weitere Zustände annehmen, wie eine Ruhelage oder ein Ausbruch in zusätzliche Dimensionen oder Bereiche außerhalb der Spirale).

Sollte der Weg enden, ist dies eine ähnlich pessimistische Betrachtungsweise wie bei der zentrifugalen Spirale (das Wort „pessimistisch“ soll hier keine negative Konnotation haben sondern allein eine von vielen möglichen Einstellungen zeigen). Das Leben, die Existenz wäre hier folglich vorbei.

Warum sollte dies allerdings der Fall sein? Hier greift wieder die Thermodynamik, die an die Stelle der Evolution tritt. So lange sich das Leben entwickelt, ordnet es sich, absorbiert Energie. Ist es allerdings vorbei, wird alle Energie frei. Eine Pflanze gibt, nach ihrem Tod, genau so viel Kohlendioxid ab, wie sie im Laufe ihres Lebens in Zucker umgewandelt hat.

Und auch der Mensch zerfällt - „zu Humus“, wie Hundertwasser glaubte und sich daher auch unbekleidet beerdigen lassen wollte.

Neues Leben entsteht, anderes Leben. Aus demselben Kohlendioxid anderer Zucker für eine andere Pflanze, die selbst den Weg auf der Spirale geht, gen Zentrum...

Dies alles sind Deutungen der logarithmischen Spirale. Die archimedische Spirale ist für Interpretationen viel weniger geeignet, da in ihr kein Energieübergang stattfindet. Die Energie, die auf der Kurve transportiert wird, ist immer gleich, nur der Abstand zum Zentrum ändert sich. Wird das Zentrum erreicht, endet der Verlauf abrupt.

Das entspricht keinem natürlichen Vorgang, am allerwenigsten dem des Lebens.

Nichtsdestoweniger findet die logarithmische Spirale nur als Modellspirale ihren Platz, sobald das Thema auf künstlerisch dargestellte Spiralen fällt. Es werden kaum mathematisch korrekte logarithmische Spiralen dargestellt, vielmehr ist die Darstellungsweise stark an archimedische Spiralen angelehnt, so wie bei Hundertwasser.

In derartigen Fällen wird oft eine additive Assoziation mit einer logarithmischen Spirale vorausgesetzt, zusätzlich aber eine Interpretation der Spirale als Weg angenommen. Dies ist häufig der Fall bei Spiralen, die mit dem Lebensweg assoziiert werden sollen. Der Abstand der Kurven zueinander bleibt - meist - gleich, trotzdem soll hier eine Entwicklung der Energie erkennbar sein.

Will man die Spirale als Symbol nicht mathematisch exakt darstellen (und das ist fast nie der Fall, selbst bei der technophilosophischen Kunst des Peter Neunzig z.B. werden zwar sich expotentiell öffnende Spiralen dargestellt, diese aber auch nur fragmentarisch oder verfälscht), sondern sie zugunsten der Vermittlung frei verformen, so bietet sich tatsächlich eine unendliche Zahl von Möglichkeiten.

Hält man sich nur an die Definition aus 0.1.2, so ist alles ihr entsprechende eine Spirale. Die Frage, die ich in Punkt 2 behandeln will, ist, inwiefern die erzeugten Spiralen geeignet sind, eine halbwegs verständliche Botschaft zu transportieren, wie sie (und mit ihr die Idee dahinter) also künstlerisch umzusetzen sind.

1 Grundsätzliche Umsetzung

1.1 Prinzipielle Möglichkeiten der Darstellung

1.1.1 Als selbsttransportierendes Medium / Als Kristallisationsmedium

Sobald es nun zur Umsetzung des Themas bzw. der Idee kommt, stellt sich eine weitere bedeutende Frage: die der zu vermittelnden Information. Nicht was das Kunstobjekt (sei es plastisch oder nicht) vermittelt, denn das ändert sich mit dem Betrachter. Wie die Information durch das Objekt an sich getragen wird, ist ein Problem, vor dem auch ich stand (später mehr in Punkt 3).

Abgesehen von den unzähligen möglichen technischen Umsetzungen, auf die ich hier nicht eingehen kann, gibt es zwei grundlegende Formen, in denen die Spirale vorliegen kann. Ich bezeichne diese als „selbsttransportierendes Medium“ und als „Kristallisationsmedium“.

Als selbsttransportierendes Medium ist die Spirale selbst Träger (fast) aller Informationen des Bildes bzw. des Kunstobjektes. Dies ist der Fall bei Spiralen, die eine hohe Kurvendichte aufweisen und bei denen Objekte in die - meist sehr farbwechselnden - Kurvenabschnitte eingearbeitet sind, wie wir es bei Hundertwasser beobachten können.

Auch sehr einfache, sogar imaginäre Spiralen können selbsttransportierend sein, wenn sich außerhalb von ihnen kaum Informationen, also nur wenige Farben und fast keine Objekte, befinden.

Bei solchen Spiralen ist, abhängig von ihrer Komplexität, eine klare Interpretation vielfach unmöglich. Solche Spiralen sind geeignet, eine hohe Informationsdichte zu transportieren, in die der Betrachter sehr viel hineinlegen kann.

Was ich mit der Bezeichnung „Kristallisationsmedium“ meine, ist folgendes:

Eine selbsttransportierende Spirale kann störend sein, wenn es um die Vermittlung weniger vager Informationen geht. Eine Konkretisierung kann durch Objekte außerhalb der Spirale stattfinden, aber auch durch komplexe Farbgebung oder Anordnung von Passagen, die die Spirale durchläuft.

Solche Spiralen wirken als Kristallisationspunkt äußerer Handlung und dienen nur dazu, diese Handlung zu verdeutlichen bzw. in einen Fluss zu bringen.

1.1.2 Dimensionalität

Hier steht nur eine dreidimensionale Darstellung einer zweidimensionalen gegenüber.

Die Wahl ist unabhängig von weiteren Überlegungen, sondern beschränkt sich auf die Art, in der Informationen übertragen werden können.

Ein wichtiger Aspekt der Dreidimensionalität ist der der Betrachtung. Hier kann der Betrachter sich (meist) um das Objekt bewegen und somit eine Vielzahl von verschiedenen Informationen aufnehmen. Über Lichteinfall und Perspektive, über Reflexionen auf den (verschiedenen) Oberflächen und Schattenrisse unterscheiden sich Dynamik und Wirkung des Objektes erheblich.

Generell kann so mit einem plastischen Objekt kaum eine konkrete Wirkung erzeugt werden, da diese stets wechselt.

Insofern sind plastische Spiralen sehr komplex, und sollten sie dann zusätzlich selbsttransportierend sein, wäre eine Interpretationskonkretheit vollkommen auszuschließen.

Zweidimensionale Spiralen dagegen können konkretere Informationen übertragen. Zwar sind auch hier Licht und Schatten, Oberflächenstrukturen und ähnliches darzustellen, allerdings können sich diese nicht verändern und so eine geringere Auswahl an Interpretationsmöglichkeiten bieten.

Durch die räumliche Begrenzung des Bildes kann allerdings auch zusätzlicher Interpretationsspielraum geschaffen werden. Auch hier möchte ich auf meine Theorie der sofortigen Übertragung der zweidimensionalen in eine dreidimensionale Ebene hinweisen. Dadurch können Räumlichkeiten geschaffen werden, die nicht so konkret fassbar sind wie bei einem plastischen Objekt, die aber eine ebenfalls starke Wirkung haben können.

2 Projekt 1

2.1 Beschreibung / Skizze (siehe Anhang)

Die Grundidee, die mich hier bewegte, war die einer plastischen Darstellung des Wandels.

Hierzu bediente ich mich der asiatischen Philosophie, die auch hier durch Feng Shui große Popularität erlangt hat. Dort nämlich wird von einem steten Wechsel der fünf Elemente (Wasser, Holz bzw. Wind, Feuer, Erde und Metall) ausgegangen, die den Lauf der Erde, des Universums und des Schicksals wesentlich mitbestimmen.

Diese Philosophie plastisch umzusetzen, machte ich mir zur Aufgabe. Ich wollte eine komplexe Spirale schaffen, die mehrfach durch Gebiete läuft, die von speziellen Elementen gekennzeichnet sind, in der Reihenfolge, in denen sich auch die Elemente wandeln.

Jedes der Elemente hat eine symbolische Entsprechung (spitze Kegel bei Feuer z.B.) und eine dem Element entsprechende Farbe. Diese Entsprechungen wollte ich in die Spirale bzw. in ihren Weg einbauen, bis die Spirale (der Lebensweg) sich im Zentrum plötzlich auf immer höhere Energieniveaus begibt und im Ch’i (dem - durch ein entsprechendes Zeichen verdeutlichten - „Atem des Universums“) endet, bzw. sich außerhalb des Objektes wie nach einem Sprung fortpflanzt und zum Anfang zurückkehrt.

2.2 Materialwahl

- Karton als Untergrund, da er leicht zu bearbeiten ist
- Stuckgips zum Modellieren der Oberfläche
- Metallblech, Kunststoffglas, Holz (Baumwurzelende), Sand und Papier zur Darstellung der Elementflächen
- Roter Alkydharzlack zur Grundierung
- Acrylfarben

2.3 Arbeitsprozess

Nach wenigen Stunden Arbeit habe ich bereits Mängel in meinen Überlegungen gewählt. Mein Karton war 32x28 cm groß, und allein durch die stark wechselnde, sehr plastisch-hügelig modellierte Oberfläche wurde mir das Arbeiten erheblich erschwert.

Nachdem ich die gelbe Grundspirale auf das Modell gezeichnet und an den verschiedenen Elementbereichen farbig ergänzt hatte, brachte ich zusätzliche Trigramme und sinojapanische Schriftzeichen entsprechend der Bereiche auf, um die Wirkung der Elemente zu verstärken.

Insgesamt jedoch - auch bedingt durch die extrem dichte Spirale - stellte ich leider fest, dass ich das Modell äußerst unübersichtlich und überladen gefertigt hatte.

Ich zog meine Lehren daraus.

Mein erster Fehler war, dass ich mich bei dem gesamten Arbeitsprozess von der ursprünglichen Idee der Elemente fesseln ließ. Dadurch war ich spontanen Eingebungen, die ich hätte verwirklichen können, gegenüber verschlossen. Ich wurde so sehr von den Elementbezügen geleitet, dass ich erst zu spät bemerkte, wie ich zur Umsetzung Techniken anwenden musste, die mir prinzipiell nicht zusagen.

Dies wollte ich ändern. Mein neues Projekt sollte nicht bestimmt werden von einer konkreten Idee. Vielmehr wollte ich eine Spirale schaffen, die sich während des Arbeitsprozesses entwickelt.

Außerdem wollte ich entgegen der Enge arbeiten, die beim ersten Projekt entstanden war.

Das Konzept der Dreidimensionalität erweckte ebenfalls keine große Begeisterung mehr bei mir. Ich wollte nun möglichst viel entgegen meines ersten Projektes arbeiten, um mehr oder weniger experimentell den richtigen Weg zu finden, meine Spirale zu verwirklichen.

3 Projekt 2

3.1 Beschreibung

Folglich wählte ich hier eine große Arbeitsfläche von 70x58 cm. Auch wich ich ab vom Konzept der selbsttransportierenden Spirale, wie ich sie zuvor zu verwirklichen dachte.

Wenngleich ich mich nicht unbedingt als Pessimisten bezeichnen würde, bin ich in gewisser Weise doch Existentialist. Wenn die Spirale im Rahmen der Aufgabenstellung für das Leben stehen sollte, so musste ich es mir zur Aufgabe machen, das Bild der Spirale folgenderweise umzusetzen:

Ich will nicht bestreiten, dass das Leben ein gewisses Maßan Absurdität, das Dasein ein wenig nihilistisch ist. Um mich nicht in Schilderungen der Existenzangst und Vereinzelung des Menschen zu ergeben, will ich nur darauf hinweisen, dass ich in meinem Bild diese Freiheit des Menschen darstellen wollte, sich selbst zu entwerfen.

In den Mittelpunkt meines Bildes sollten daher umzusetzende Begriffe wie Freiheit, Entscheidung und natürlich Tod rücken, da ich diese in unmittelbaren Zusammenhang zum Leben stelle. Mehr Vorgaben machte ich mir nicht.

3.2 Materialwahl

- Rohspanplatte als Untergrund
- Der gleiche rote Alkydharzlack, er hat mir einfach gefallen
- Und auch auf die Verwendung der bewährten Acrylfarben wollte ich nicht verzichten.

3.3 Arbeitsprozess

Bevor ich mit dem Zeichnen der Spirale begann, schuf ich ein dunkles Zentrum, auf das ich im folgenden Arbeitsprozess alle Hauptkraftlinien zulaufen lassen wollte. Dann begann ich mit der Spirale, addierte danach die Figur rechts unten und den Stern rechts oben, es folgten Leiter, Kometen und Chaos.

Interessant war, wie sich Fehler ausgewirkt haben. Stellen, an denen ich mit einem Pinsel gemalt habe, an dem sich noch Acetonreste befanden, zwangen mich zur Oberflächenkorrektur und zu einer intensiveren Farbgebung an Stellen, an denen ich dies ursprünglich nicht geplant hatte. Während ich mir bei Projekt 1 noch Vorgaben machte, die freie Farbwahl unmöglich machten, konnte ich mich hier spontan entschließen, bestimmte Farben an einigen Stellen einzusetzen, um den Gesamteindruck total zu verändern (positiv!).

Bei dem, was ich vorhin „Chaos“ genannt habe, ließich Eindrücke eines Bildes von Miro einfließen. Das „Stilleben mit altem Schuh“ war mir zuvor zufällig begegnet. Der apokalyptisch anmutende Kampf darin inspirierte mich, denn immerhin greift dieses Gemälde exakt das existentialistische Thema meines Bildes auf. Diese glühenden Aureolen als Sinnbild des Kampfes zwischen Licht und Dunkel habe ich übernommen als Kampf zwischen Leben und Tod, als Bild des zehrenden Chaos.

4 Reflexion

4.1 Vergleich P1 zu P2

Nur eine Gemeinsamkeit ist feststellbar: in beiden Projekten habe ich Alkyd- und Acrylfarbe verwendet. Denn diese Farben haben stärker als alle anderen einen glänzenden, fast leuchtenden Effekt, der trotz verschiedener Intention beiden Objekten zugute kam.

Insgesamt lässt sich vermerken, dass mich mein zweidimensionales Projekt weit mehr zufrieden stellt als das dreidimensionale. Die Botschaft meines Bildes ist klarer als die meiner überladenen Plastik. Die Objekte sind assoziativ eindeutig erkennbar, der Interpretationsspielraum groß, aber überschaubar.

Während mein erstes Projekt noch einen verschwommenen Ausdruck verfehlter Positivität hat, ist durch klare Farbgebung (und nicht durch seltsame Buntheit) erkennbar, welche Elemente ich anspreche.

Die - imaginär angehauchte - blaue Kristallisationsspirale hat nur wenige Windungen, gerade so viele, dass sie als Spirale klar erkennbar ist.

Es ist klar ein Sog auszumachen, von dem dunklen Punkt ausgehend, an dem die Spirale endet. Die umgebenden und einfließenden Objekte haben eine klare dynamische Gesamtausrichtung, entgegen dem ersten Projekt, in dem die Elemente passiv überflossen werden. In meinem Bild konnte ich so die gewünschte Dynamik und Bewegung ausdrücken.

4.2 Projekt (gesamt)

Selbstverständlich ist der Arbeitsaufwand bei aufgetragener Heimarbeit ungleich größer als er es bei Schularbeit wäre. Konkret bedeutet dies für meine Arbeit einen Aufwand - ohne die Zeit in der Schule - von etwa 4 - 5 Zeitstunden für Projekt 1, mindestens 10 für Projekt 2 und letztlich mindestens 9 Stunden allein für diesen Text (alles reine Arbeitszeit, ohne Hintergrundrecherche oder Überlegungen).

Dies soll jedoch nur der Verdeutlichung des Aufwandes dienen, denn ich würde ein solches Projekt jederzeit einer 90minütigen Klassenarbeit vorziehen.

Die Möglichkeit der freien Arbeit zwingt zur weit intensiveren Beschäftigung mit dem Thema, denn die Umsetzung folgt keinem Schema. Die erforderliche Eigeninitiative und die Eigenverantwortlichkeit, die Freiheit der Arbeit machen derartige Projekte zu einer Herausforderung.

Ich hoffe, ihr gerecht geworden zu sein.

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Die Spirale als Symbol für Leben und Tod
Note
15 Punkte
Autor
Jahr
2001
Seiten
10
Katalognummer
V103139
ISBN (eBook)
9783640015184
Dateigröße
356 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Für diese schriftliche Arbeit - die mit einer praktischen zusammen jeweils 15 Puknte bekommen hat - habe ich auch Material von Hausarbeiten.de verwendet...
Schlagworte
Spirale, Symbol, Leben
Arbeit zitieren
Mike Beckers (Autor:in), 2001, Die Spirale als Symbol für Leben und Tod, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103139

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