Auswirkung der Zinspolitik auf die Volkswirtschaft


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

4 Seiten, Note: 5,5 (CH)


Leseprobe


1 Einführung und Definition des Zinses

Der Begriff „Zins“ leitet sich ab vom lateinischen Wort census, das soviel bedeutet wie „Steuerkataster“ oder „Vermögen“. In der Volkswirtschaftslehre versteht man darunter das Besitzeinkommen, welches den Preis für die Überlassung von Kapital auf Zeit darstellt. Meistens handelt es sich dabei um Geldkapital, gelegentlich jedoch auch um Sachkapital. Die Berechnung des Zinses ist relativ einfach und sollte eigent- lich für niemanden ein Problem darstellen, weshalb ich an dieser Stelle nicht mehr darauf eingehen möchte.

2 Der Zinseszins

Die Zinseszinsen entstehen dann, wenn fällige Zinsen nicht ausbezahlt, sondern dem Kapital hinzugefügt und mit diesem zusammen verzinst werden. Es handelt sich also um die Verzinsung des Zinses bei einem während mehrerer Jahre angelegten Kapital. Die Formel für die Berechnung des Zinseszinses lautet folgendermassen (Folie):

Kn entspricht dem Endkapital nach n Jahren, K0 entspricht dem Anfangskapital. Der Zinssatz wird mit p abgekürzt, n schliesslich steht für die Anlagezeit des Kapitals in Jahren. Als Hilfsmittel der Zinseszinsrechnung werden in der Praxis meistens Zinseszinstabellen benützt.

Der Zinseszins ist eine Wunderwaffe der Kapitalanlage, die sich jedoch erst über eine lange Anlagedauer immer stärker bemerkbar macht. Ein kleines, aber eindrückliches Beispiel dazu:

1626 kauften die Holländer den Indianern für den Gegenwert von etwa 24 Dollar Manhattan Island ab. In diesem Zusammenhang ist oft zu hören, dass dies für die Verkäufer ein äusserst schlechtes Geschäft war - angesichts der rasanten Entwicklung New Yorks. Hätten die Ureinwohner diese 24 Dollar aber zu einem jährlichen Zins von 6,5 Prozent angelegt, wären daraus bis in die heutige Zeit dank dem Zinseszinseffekt rund 400 Milliarden Dollar geworden. Mehr als genug also, um sich die attraktivsten Lagen Manhattans zurückzukaufen...

3 Die wichtigsten Zinsarten

Es gibt verschiedene Zinsarten. Auf die wichtigsten unter Ihnen möchte ich im Folgenden kurz eingehen.

Nominalzins

Unter dem Nominalzins versteht man den auf den Nennwert von Wertpapieren bezogenen und für die Laufzeit vereinbarten Zinssatz, der in der Regel auf dem Coupon des festverzinslichen Wertpapiers festgehalten ist.

Diskontzins

Der Diskontzins entspricht dem Zinsabzug beim Ankauf noch nicht fälliger Forderungen. Ein typisches Beispiel ist der Ankauf von Wechseln. Für die Zeit vom Verkaufstag bis zur Fälligkeit des Wechsels wird ein Zinsabzug gutgeschrieben, wobei die Berechnung des Diskonts nach der herkömmlichen Zinsformel erfolgt. Dem Verkäufer wird der um die Zinsen verminderte Wechselbetrag gutgeschrieben, welcher auch als Barwert bezeichnet wird.

Lombardsatz

Der Lombardsatz entspricht dem Zinssatz, zu dem die Schweizerische Nationalbank den Kreditinstituten Geld gegen die Verpfändung von Wertpapieren anbietet. Der Lombardsatz liegt regelmässig über den anderen Leitzinssätzen wie zum Beispiel dem Diskontsatz, da der Lombardkredit grundsätzlich nur der kurzfristigen Überbrückung vorübergehender Liquiditätsengpässe dienen soll.

LIBID und LIBOR

Der LIBID (London Interbank Bid Rate) ist der Zinssatz, zu welchem eine erstklassige Bank von einer anderen erstklassigen Bank Depositen mit fester Laufzeit übernimmt. Der LIBOR (London Interbank Offered Rate) ist der in Prozent ausgedrückte Geld- marktsatz, zu dem in London eine Bank einer anderen erstklassigen Bank einen un- gesicherten Kredit mit kurzer Laufzeit offeriert. Beispielsweise ist der 6-Monats EU- RO-LIBOR der Zinssatz für 6 Monate für EURO-Mittelaufnahmen unter Banken in London.

Der Leitzins

Der Leitzins ist der Zins (auf Jahresbasis), zu dem die Schweizerische Nationalbank den Geschäftsbanken Notenbankgeld leiht. Die wichtigsten Leitzinsen sind der Diskontsatz und der Lombardsatz. Das Niveau der Geldmarktzinsen orientiert sich vornehmlich am Gefüge der Leitzinssätze.

4 Zusammenhang zwischen dem Zins und der Konjunkturlage

Wie wir gelernt haben, gibt es bestimmte Konjunkturindikatoren, welche als Anzeiger für die Gesundheit einer Volkswirtschaft dienen. In der Praxis wird der Konjunkturver- lauf anhand der Wachstumsrate des realen BIP gemessen, das BIP ist also der Hauptindikator. Ein weiterer Indikator ist der Zins, welcher der Konjunktur nachhinkt und deshalb zu den nachhinkenden Indikatoren zählt. Dies wird aus dieser Grafik er- sichtlich:

Grundsätzlich gilt: Sinkende Zinsen geben der Wirtschaft eines Landes Aufschub.

Besteht beispielsweise die Gefahr, dass ein Land einer Rezession entgegensteuern könnte, so wird die Notenbank versuchen, durch Zinssenkungen ein sogenanntes „Hard Landing“ zu verhindern um dadurch der Wirtschaft wieder Auftrieb zu geben. Denn mit tieferen Zinssätzen verfügen die Anleger über mehr Kapital, und folglich können sie auch mehr investieren. Dies wiederum gibt den verschiedenen Anbietern neuen Antrieb und aufgrund der grösseren Nachfrage muss mehr produziert werden. Damit werden neue Arbeitsplätze frei, wovon schlussendlich die Gesamtwirtschaft profitiert.

Der oben erwähnte Grundsatz klappt jedoch nur unter monetaristischen Gesichts- punkten. Denn es ist nicht zwingend, dass diese Zinssenkungen auch die erhoffte Wirkung einer Verbesserung der Wirtschaftslage nach sich ziehen, denn die Wirt- schaft wird schliesslich nicht nur durch die Zinsen regiert. Ist beispielsweise die Kon- sumentenstimmung oder die Investitionsfreudigkeit schlecht, so nützen auch Zins- senkungen nichts. Diese Tatsache wurde den Anlegern in den letzten Monaten deut- lich vor Augen geführt. Trotz zweier kurz aufeinander folgenden Zinssenkungen durch die amerikanische Notenbank FED konnte die Talfahrt der amerikanischen Wirtschaft nicht gebremst werden.

Die monetaristische Konzeption mündet grundsätzlich und sehr vereinfachend ge- sagt darin, dass Veränderungen der Geldmenge im wesentlichen für die Konjunktur- schwankungen verantwortlich sind. Im Zentrum der monetaristischen Konjunkturpoli- tik steht also die Wachstumsrate der Geldmenge. Die Verantwortlichkeit für die Kon- junkturpolitik liegt somit bei der Nationalbank. Folglich sollte beispielsweise also eine Zinssenkung die Wirtschaft eines Landes ankurbeln. Doch dass dies einfach gesagt, aber nicht einfach getan ist, lässt sich zur Zeit am Beispiel USA betrachten. Obwohl die amerikanische Notenbank FED die Zinsen bereits im Januar zwei Mal gesenkt hatte, setzten die amerikanischen Aktienmärkte ihre Talfahrt fort.

5 Auswirkungen des Zinsniveaus auf die Geld-und Kapitalmärkte

Selbstverständlich hat eine Veränderung des Zinsniveaus auch eine Auswirkung auf die Börsen. Sowohl die Geld-, als auch die Kapitalmärkte werden durch das Zinsniveau beeinflusst. Je nach Zinslage werden andere Wertpapierarten vom Anleger bevorzugt. Wie die Kurse der Wertpapiere unterliegen auch die Zinssätze stetigen Schwankungen. Folgende Grafik macht diese Tatsache deutlich. Sie zeigt die Entwicklung der Zinssätze für Geldmarktanlagen von 1980 bis 2000.

Die meisten Zinsen orientieren sich an den kurzfristigen Geldmarktsätzen. Bei einem tiefen Zinsniveau für kurzfristige Anlagen können die verhältnismässig hohen Kom- missionen die Rendite empfindlich reduzieren. Sobald die Zinsen für Festgeld jedoch wieder über drei bis vier Prozent steigen, können Geldmarktpapiere wieder zu einer interessanten (allerdings kurzfristigen) Anlageform werden. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass Geldmarktanlagen mit steigendem Zinsniveau interessanter werden.

Auswirkung des Zinsniveaus auf den Obligationenmarkt

Die Wertentwicklung der Obligationen wird zu einem grossen Teil durch die Zinsent- wicklung und die Zinserwartung bestimmt. Das Verhältnis zwischen Zins und Wert einer Obligation funktioniert einer Waage ähnlich, wie die folgende Grafik1 sehr schön zeigt. Ein allgemein steigendes Zinsniveau bewirkt einen Wertverlust der Obli- gationen. Demgegenüber werden Obligationen wertvoller und teurer, wenn die Zin- sen sinken.

Auswirkung des Zinsniveaus auf den Aktienmarkt

Die Auswirkungen des Zinsniveaus auf den Aktienmarkt sind vielfältig. Grundsätzlich darf davon ausgegangen werden, dass bei sinkenden Zinsen auch der Gesamtakti- enmarkt profitiert, da die Anleger über eine grössere Kaufkraft verfügen. Aber es ist selbstredend, dass nicht alle Branchen gleich auf eine Zinsveränderung reagieren.

2.1 Auswirkung des Zinsniveaus auf die einzelnen Branchen

Die Nahrungsmittelbranche

Genau wie alle anderen Branchen leidet auch die Nahrungsmittelindustrie unter ei- nem steigenden Zinsniveau. Höhere Zinsen drücken auf die Konsumations-und In- vestitionsfreudigkeit der Anleger und mindern den Wert der zukünftigen Unterneh- mensgewinne. Analog dazu geben Zinssenkungen auch den Nahrungsmittel-Titeln neue Kursfantasie und Nahrung. Allerdings sind die Papiere der Nahrungsmittelin- dustrie nur wenig konjunkturabhängig und somit auch nicht sehr zinssensitiv. Sie er- freuen sich deshalb vorallem in unsicheren Börsenzeiten grösserer Beliebtheit.

Die Banken

Die Banktitel sind besonders abhängig von der Zinsentwicklung. Ein sinkendes Zins- niveau und dadurch ansteigende Gewinne sprechen generell für die Finanztitel und machen deren Titel attraktiv. Steigende Zinsen sind dagegen denkbar schlecht, denn damit erhöht sich die Gefahr fauler Kredite, was sich natürlich negativ auf die Markt- kurse auswirkt. Aber auch die Konjunkturlage wirkt sich stark auf die Kursentwicklung aus. Ein abnehmendes Wirtschaftswachstum macht sich vorallem im Kreditgeschäft unangenehm bemerkbar und sorgt auch im Bereich Investment Banking für weniger Aufträge. So hat die schlechte Börsenstimmung von Oktober 2000 bis Januar 2001 die Bankaktien in der Gunst der Aktionäre weit zurückgeworfen, denn Rückschläge an den Finanzmärkten wirken sich direkt auch auf die Kommissionseinnahmen im Wertschriftenhandel aus.

Die Auto-und Maschinenindustrie

Die Maschinenbautitel sind ausgesprochen exportabhängig. Steigende Zinsen können daher gut als Frühwarnindikatoren für den Beginn einer Rezession in dieser Branche herangezogen werden. Viele Kunden könnten sich ohne die Aufnahme von Krediten beispielsweise kaum ein eigenes Auto leisten. Deshalb profitiert diese Branche sehr von einem tiefen Zinsniveau, denn billige Kredite sind beim Kunden aus verständlichen Gründen beliebter als teure. Eine positive Konjunkturstimmung belebt also kapitalintensive Investitionsentscheide, dementsprechend leidet diese Branche ganz besonders unter einer schlechten Konjunktur.

Technologie

Grundsätzlich ist es so, dass den Konsumenten und Anlegern bei einem tiefen Zins- niveau mehr Geld zur Verfügung steht, das diese dann unter anderem für vermehrte Investitionen einsetzen könnten. Davon würden vorallem auch die Technologiewerte profitieren, denn die Nachfrage nach technologischen Gütern steigt so an. Allerdings signalisieren fallende Zinsen meistens eine Konjunkturschwäche, womit auch die In- vestitionen in teure Technologien zurückgestellt werden. Grundsätzlich kann man je- doch davon ausgehen, dass sich sinkende Zinsen positiv auf die Technologietitel auswirken, denn sinkende Zinsen führen oftmals zu einer Konjunkturverbesserung. In einer Hochkonjunktur nehmen daher die Investitionen in neue Technologien zu.

Auch die Technologieaktien sind gegen hohe Zinsen nicht immun und leiden unter der daraus folgenden Abwanderung der Anleger von den Aktienmärkten. Die Pharmaindustrie

Die Pharmatitel wie beispielsweise Papiere von Novartis oder Roche gelten als si- cherer Hafen in unsicheren Börsenzeiten, denn auch bei einem Konjunktureinbruch bleiben die Gewinne mehr oder weniger stabil. So konnten die Pharmatitel vom Ab- sturz der US-Technologiebörse Nasdaq profitieren. Der Grund für diese Stabilität ist vorallem die steigende Anzahl älterer Menschen, welche den Verkauf von Medika- menten in die Höhe treiben. Eine Zinserhöhung bringt für die Unternehmen der

Pharmabranche dank ihrer soliden Eigenkapitalbasis nur geringe Nachteile, demge- genüber bringen jedoch sinkende Zinsen auch nur geringe Einsparungen bei den Kapitalkosten.

Die chemische Industrie

Die Titel der chemischen Industrie reagieren gegenüber den Pharmatiteln stärker auf Wirtschaftsschwankungen und haben einen frühzyklischen Charakter, denn diese Kurse nehmen einen Auf-oder Abschwung der Wirtschaft sehr rasch vorweg. Genau wie die Pharmatitel reagieren aber auch die Chemie-Titel wenig auf Zinsveränderun- gen.

Versicherungen

Die Papiere von Versicherungen zählen zu den Finanztiteln und können grundsätz- lich einmal von Zinssenkungen profitieren. Allerdings ist ein sinkendes Zinsniveau für diese Werte nicht nur positiv. Neugelder müssen nämlich tiefverzinst angelegt wer- den. Zudem müssen künftige Schadenzahlen mit einem geringeren Zinsfaktor abdis- kontiert werden.

Im Vergleich mit anderen Titeln sind Versicherungstitel allerdings relativ konjunkturresistent. Ansteigende Zinsen drücken aber auch bei den Versicherungen auf die Kapitalanlagen und Aktienkurse.

Ende der Leseprobe aus 4 Seiten

Details

Titel
Auswirkung der Zinspolitik auf die Volkswirtschaft
Veranstaltung
Referatereihe
Note
5,5 (CH)
Autor
Jahr
2001
Seiten
4
Katalognummer
V102869
ISBN (eBook)
9783640012497
Dateigröße
333 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Entspricht Benotung 1,5 in Deutschland!
Schlagworte
Zins Volkswirtschaftslehre Zinssatz Leitzins LIBOR LIBID
Arbeit zitieren
Wilhelm, Julian (Autor:in), 2001, Auswirkung der Zinspolitik auf die Volkswirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102869

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Auswirkung der Zinspolitik auf die Volkswirtschaft



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden