Frisch, Max - Homo Faber - Wird Faber an Hanna und Sabeth schuldig oder ist die Geschichte der drei als Reihung unglücklicher Zufälle zu bezeichnen?


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

6 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Gliederung:

A. Themabezogene Inhaltsangabe zu Homo Faber

B. Wird Faber an Hanna und Sabeth schuldig oder ist die Geschichte der drei als Reihung unglücklicher Zufälle zu bezeichnen?
I. Faber wird an Hanna und Sabeth schuldig, da er
1. zu sehr nach eigenen Interessen handelt
2. die Beziehung zu Sabeth für eigene Interessen missbraucht
3. die Beziehung zu Sabeth hätte vermeiden müssen
a) zu hoher Altersunterschied
b) Faber verdrängt Tatsachen
II. Die Geschichte der drei ist als Reihung unglücklicher Zufälle zu bezeichnen, da
1. Faber nichts von der Geburt seines Kindes wissen konnte
2. das Treffen nicht durch Fabers Interesse zu Stande kam
3. man Gefühle auf Dauer nicht unterdrücken kann
III. Die Geschichte bezeichnet eindeutig eine Reihung unglücklicher Zufälle da Faber nicht die Folgen der Beziehung mit Sabeth abschätzen konnte.

C. Eigene Bewertung des Buches

„Je rationaler der Mensch handelt, desto schwerer trifft ihn der Zufall“

Dieses Zitat fasst den Inhalt des Buches „Homo Faber“ von Max Frisch sehr gut in einem Satz zusammen. Die Hauptfigur ist Walter Faber, ein Ingenieur um die 50, dessen Leben von technischen Einschätzungen bestimmt wird, bis das Schicksal ihn mit Begebenheiten konfrontiert, die sich nicht durch Berechnungen handhaben lassen und somit sein konstruiertes Weltbild drastisch verändern.

Im Leben von Faber spielen zwei Frauen eine entscheidende Rolle. Hanna, die nach ihrer gescheiterten Beziehung zu Faber gegen sein Wissen das gemeinsame Kind zur Welt bringt und Sabeth, eine 30 Jahre jüngere Frau, die er auf einer Schiffsreise kennenlernt. Das Drama beginnt, als er sich in diese junge Frau, die seine eigene Tochter ist, verliebt. Trotz allem schafft er es nicht, seine Gefühle zu unterdrücken.

Schließlich stirbt Sabeth an den Folgen eines Schlangenbisses und Faber kehrt zu seiner ehemaligen Lebensgefährtin Hanna nach Athen zurück. Zunächst scheint es, als hätte Faber auch ihr Leben zerstört doch kurz vor seinem Tode bittet ihn Hanna um Verzeihung.

Es stellt sich somit die Frage, ob Faber die Schuld an dieser Katastrophe trägt oder ob es einfach als „eine Reihung unglücklicher Zufälle“ zu bezeichnen ist. Dies soll im Folgenden genauer erörtert werden.

Schon früh wird ersichtlich, dass Faber oft nur an sich denkt, ohne seine Mitmenschen zu berücksichtigen. So lässt er seine schwangere Lebensgefährtin Hanna für einen Job in Bagdad sitzen. „...meinerseits entschlossen, die Stelle in Bagdad anzutreten“, da dieser „eine Chance sondergleichen für einen jungen Ingenieur“ (S.47) darstellt. Wahrscheinlich ist dies mit ein Grund für Hannas Trennung, die aber hauptsächlich auf Fabers unklugem Ausspruch, es sei „dein“ Kind anstatt „unser“ Kind begründet liegt. (vgl. S.48) Somit macht sich Faber zum ersten Mal an Hanna schuldig und verletzt sie, ohne es sich bewusst zu machen. Für ihn zählen immer nur die eigenen Vorteile, was ihn zu einem Egoisten macht.

Auch im folgenden Abschnitt macht sich Faber aufgrund seiner egoistischen Haltung schuldig, da er die Beziehung mit Sabeth nur ausnutzt, um die alten Zeiten mit Hanna zurückkehren zu lassen. Das Verhältnis zu seiner Tochter dient nur der Erinnerung an die Beziehung zu Hanna bzw. dem Versuch, die alten Zeiten mit Hanna wieder zurückzuholen. Da Hanna für ihn die Liebe seines Lebens darstellt und er es nie geschafft hat, über die Trennung hinwegzukommen, sucht er verzweifelt nach einem Ersatz. So erscheint ihm die Beziehung zu Sabeth als ideale Verbindung, da sie ihrer Mutter nicht nur äußerlich gleicht sondern sie sich auch sehr von Gefühlen leiten lässt und an Mystik glaubt. Somit macht sich Faber eindeutig an der Entstehung der Beziehung zu Sabeth schuldig.

Der schwerwiegendste Fehler, den Faber begangen hat war jedoch, die Beziehung mit Sabeth überhaupt einzugehen. Zunächst ist es völlig unverantwortbar, eine Beziehung mit einem 30 Jahre jüngeren Mädchen einzugehen. Angenommen die Beziehung wäre noch 20 Jahre weiter gelaufen, so wäre Faber 70 Jahre alt und Sabeth stünde in ihrer Blütezeit von 40 Jahren mitten im Leben. Meiner Meinung nach ist man als 70jähriger Mann jedoch nicht mehr im Stande, eine glückliche Beziehung mit einer 40jährigen Frau zu führen da der Unterschied von 30 Jahren mit dem Alter des Mannes immer eklatanter wird. Somit übernimmt er ihr gegenüber keine Verantwortung und macht sich schuldig.

Viel markanter ist jedoch der Fehler Fabers, nicht näher auf die Ähnlichkeit zwischen Sabeth und Hanna einzugehen. Obwohl er sich des Öfteren kurz mit einem Vergleich zwischen den beiden befasst, führt er den Gedanken nicht weiter, um somit schon früher dahinter zu kommen, dass Sabeth seine eigene Tochter sein könnte. Statt dessen wehrt er diesen Gedanken regelrecht ab, da er diese Tatsache nicht wahrhaben will. Auch wenn er selbst abstreitet, dass er jemals ein Verhältnis mit seiner Tochter haben würde, versteckt er sich im Grunde genommen nur hinter jener Aussage, die er eigentlich gar nicht befolgt. „...ich bin ja nicht krankhaft, ich hätte meine Tochter als meine Tochter behandelt, ich bin nicht pervers!“ (S.81) Auch der Vorwand, dass ihn jedes junge Mädchen irgendwie an Hanna erinnern würde (vgl. S.78) oder „es an den Haaren herbeigezogen wäre, die beiden zu vergleichen“ (S.78) bestätigen noch einmal Fabers Versuch, sich hinter der Wahrheit zu verstecken. Spätestens nachdem er definitiv wusste, dass Sabeth seine eigene Tochter ist, hätte er den Schlussstrich ziehen müssen. (vgl. S.117f)

Andererseits muss man Faber auch Verständnis entgegenbringen. Im Grunde genommen fällt er seinem Unwissen betreffend Sabeths Geburt zum Opfer. Da er sich von Hanna getrennt hatte, bevor das Kind zur Welt kam, und er seit der Trennung nie wieder mit Hanna gesprochen hatte, konnte er nichts davon wissen. „ich wusste ja nicht einmal, dass ich Vater bin“ (S.72) Desweiteren hat Hanna die Abmachung, das Kind abzutreiben, gebrochen und es statt dessen mit ihren neuen Lebensgefährten aufgezogen. Aus diesem Grund ist die Schuldzuweisung Faber gegenüber nicht gerechtfertigt, da ihn Hanna mit der Geburt seines Kindes hintergangen hat.

Desweiteren kann man Faber nicht vorwerfen, dass er unbedingt eine Beziehung mit Sabeth wollte. Sie trägt mindestens genauso Schuld daran, dass die Beziehung zu Stande gekommen ist. Schließlich war Faber nie davon besessen, eine Beziehung mit ihr einzugehen. Er hätte es sicherlich auch hingenommen, wenn er nicht mit ihr zusammen gekommen wäre. Im Gegenteil: Es war ihm sogar stets wichtig, sich nicht aufzudrängen. (vgl. S.72, 73, 78, 83)

Außerdem war Faber nie ein Anhänger von Ehen. Das gemeinsame Erwachen am Morgen oder die Frage, wie er geschlafen hat, stellt für ihn eine Last dar, da er sich glücklich schätzt, allein zu wohnen und kein Wort sprechen zu müssen. (vgl. S.91f)

Zusätzlich ist zu erwähnen, dass das erste Treffen der beiden ein purer Zufall gewesen ist. Das heisst, das Zusammentreffen der beiden war nicht auf Fabers Willen zurückzuführen. Kein Mensch konnte ahnen, dass er seine Tochter, von deren Existenz er nicht einmal wusste, auf einer spontanen Kreuzfahrt trifft. Es muss hier von Zufall gesprochen werden, da Faber aufgrund einer Verkettung von Ereignissen (Flugzeugabsturz, Trennung von Ivy) eine Schiffsreise nach Europa bucht, und gerade auf diesem Schiff seine Tochter trifft, in die er sich, wieder durch eine Reihung von Zufällen verliebt, was bei einer damaligen Weltbevölkerung von ca. vier Milliarden Menschen sehr unwahrscheinlich ist. (vgl. S.59-73) Aus diesem Grund kann man Faber keine Schuld zuweisen, dass ein Treffen mit Sabeth zu Stande gekommen ist.

Sehr wichtig scheint mir im Übrigen zu sein, dass man die Liebe nicht kontrollieren kann und sie hinfällt wo sie will. In diesem Fall ist sie eben auf Faber und Sabeth gefallen. Vor allem bei Faber kann dies zu einem unvorhersehbaren Verhalten führen, da er es nicht gewöhnt ist, sich von Gefühlen verleiten zu lassen. Bei bewegenden Situationen, die er vergessen wollte, wie beispielsweise dem Abschied von Ivy oder dem Bild seines toten Freundes Joachim, hat er immer versucht, durch technische Mittel ein Schutzschild gegen Gefühle aufzubauen. Emotionale Begebenheiten betrachtet er gewöhnlich durch das maschinelle Auge der Kamera. Bei den Gefühlen die er für Sabeth empfindet, ist er jedoch hilflos. Er ist seiner Liebe zu Sabeth völlig ausgeliefert und schafft es nicht, sich von Sabeth zu trennen obwohl sie seine eigene Tochter ist.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Geschichte, wie Faber selbst sagt, eine Kette von Zufällen beschreibt, auch wenn er selbst nicht an Zufälle glaubt. (vgl. S.22) Meiner Meinung nach kann man Faber also nicht für die Geschehnisse verantwortlich machen. Schließlich ist auch er nur ein Mensch der wie jeder andere auch Gefühlen unterliegt und gerade in der Liebe gerne über die Vernunft hinaus handelt. Im Übrigen kann auch er trotz seiner objektiven Ansichtsweise, die er im Laufe der Geschichte verliert, nicht voraus sehen, um die Folgen, nämlich den Tod Sabeths, abzuschätzen.

Das Buch hat mir persönlich sehr gut gefallen, da ich mich selbst mit der Figur Walter Faber identifizieren kann und mir der sachlich trockene Erzählstil, der sich das gesamte Buch hindurchzieht gefällt. Auch die Kritik am Verhalten Fabers hat mir verdeutlicht, dass das Leben nicht nur aus Berechnungen und rationalem Denken besteht sondern im Gegenteil viel Gefühl und Unberechenbarkeit in sich birgt. Viele Menschen, die nach Fabers Muster handeln, werden wie er, früher oder später erkennen müssen, dass man sich dem Leben stellen muss und auch Irrationales, wie Schicksal und Zufall akzeptieren muss. Andernfalls könnte man wie Faber mit einem Schicksalsschlag konfrontiert werden, der das ganze Leben in Frage stellt.

Ende der Leseprobe aus 6 Seiten

Details

Titel
Frisch, Max - Homo Faber - Wird Faber an Hanna und Sabeth schuldig oder ist die Geschichte der drei als Reihung unglücklicher Zufälle zu bezeichnen?
Note
2
Autor
Jahr
2001
Seiten
6
Katalognummer
V102737
ISBN (eBook)
9783640011179
Dateigröße
336 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frisch, Homo, Faber, Wird, Faber, Hanna, Sabeth, Geschichte, Reihung, Zufälle
Arbeit zitieren
Fabian Ripke (Autor:in), 2001, Frisch, Max - Homo Faber - Wird Faber an Hanna und Sabeth schuldig oder ist die Geschichte der drei als Reihung unglücklicher Zufälle zu bezeichnen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102737

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