Deutschlandpolit. Debatten um den Dritten Weg - Der Nauheimer Kreis im Spiegel der Gründungsjahre der BRD


Hausarbeit, 2000

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INALTSVERZEICHNIS

Einleitung

1. Ausgangslage
1.1 Die Deutschlandpläne der Allierten - Konferenzen und Beschlüsse
1.1.1 Die Konferenzen von Jalta und Potsdam
1.1.2 Die Zeit der Außenministerkonferenzen von 1945 bis 1949
1.2 Innerdeutsche Reaktionen - Möglichkeiten der Einflussnahme und Entstehung der Bundesrepublik Deutschland

2. Ulrich Noack und der Nauheimer Kreis
2.1 Persönliche Hintergründe Noacks und seiner Vereinigung
2.2 Ideen, Konzepte, Ziele - und die Resonanz in Deutschland (Ost und West)

3. Resumé

Literaturverzeichnis

Einleitung

Geht es um Alternativen zur Entstehung der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg und der mit ihr einhergehende Westintegration, so werden in diesem Zusammenhang am häufigsten und oft auch als einziger Punkt die sogenannten "Stalin-Noten" aus dem Jahre 1952 genannt.

Um diese Noten rankt sich so mancher Mythos und weitverbreitet ist auch die Annahme, dass mit ihnen (und ihrer Ergebnislosigkeit) so ziemlich die einzige Möglichkeit, ein "neutrales Deutsch- land“ zu schaffen, vertan wurde.

Doch verkennt man durch eine solche Betrachtungsweise, dass es im Nachkriegsdeutschland sehr wohl Personen, Verbände und Parteien gab, die ausgeprägte alternative Ideen, Konzepte und Pläne zur Begehung eines "Dritten Weges" - eben der eines neutralen Deutschlands - ausgearbeitet hatten, diese alternativ zu den Plänen der Westallierten und der Regierung Adenauer zur Diskussion stellten und durchsetzen wollten.

Im Endeffekt blieben aber all diese Pläne (u.a. „Brückenkonzept“ Jakob Kaisers, Konzept des "na- tionalen Sozialismus´" Kurt Schumachers, Gustav Heinemanns GVP, Wolf Schenkes „Dritte Front“ etc.) innen- wie auch außenpolitisch ohne großes Durchsetzungsvermögen - so auch die des Historikers Ulrich Noack und des von ihm ins Leben gerufenen "Nauheimer Kreises".

Die Gedanken, Hintergründe und Ziele dieser Vereinigung versucht diese Hausarbeit aufzuzeigen. Um das Entstehen, den Glauben an die Notwendigkeit eines speziellen alternativen Konzeptes und dessen schließliches Scheitern verständlich zu machen, geht die Arbeit am Anfang detailliert auf die deutsche Ausgangslage nach dem Krieg (basierend auf den Potsdamer Beschlüssen und den folgenden Außenministerkonferenzen) ein.

Schlussendlich wird es dann vielleicht möglich sein, in Bezug auf den "Nauheimer Kreis" ein Resumé zu ziehen.

1. Ausgangslage Deutschlands

1.1 Die Deutschlandpläne der Allierten - Konferenzen und Beschlüsse

1.1.1 Die Konferenzen von Jalta und Potsdam

Um ihre Nachkriegspolitik sowie die spätere Formulierung ihrer Friedenspläne festzulegen, trafen sich die drei Allierten Großbritannien, Sowjetunion und USA schon während des Krieges auf der Konferenz von Teheran (28. November bis 1. Dezember 1943).

Erste konkrete Schritte und Ziele wurden dann auf der Konferenz von Jalta (4. bis 11. Februar 1945) versucht zu deklarieren, die dann in den "Potsdamer Beschlüssen" (Konferenz in Potsdam vom 17. Juli bis 2. August 1945) eine detailliertere Ausarbeitung und Fixierung zur Durchsetzung erfuhren.

In Jalta wurden u.a. die Einteilung Deutschlands in spätere Besatzungszonen, die Einrichtung einer allierten Kontrollkomission in Berlin, der spätere "Allierte Kontrollrat", beschlossen und auch auf spezielle Punkte bzgl. Polens eingegangen, was auch für Deutschland von Bedeutung war - so z.B. die Abtretung deutschen Gebiets an Polen als Ausgleich für dessen Gebietsabtretungen an Russ- land, die polnisch - russische Westgrenze, welche jedoch erst in einer späteren Friedenskonferenz festgelegt werden sollte. In ebendiesem Punkt und bzgl. der Pläne für eine dauerhafte Aufteilung Deutschlands sowie der Reparationsfrage (die Sowjetunion dachte in Dimensionen in der Höhe von 20 Mrd. $) erging jedoch kein endgültiger Beschluss. Die Vereinbarungen Polen betreffend, sollten später dann Anlass verschiedenster Auslegungen und dementsprechender Diskussionen bieten.1

Es hatte sich offensichtlich „die Auffassung durchgesetzt, man müsse zwar den deutschen Mili- tarismus und Nationalismus zerstören [...] aber dem deutschen Volke die Möglichkeit geben, sein Leben auf einer demokratischen und friedlichen Grundlage wieder aufzubauen [...]."2

Deutschland sollte unmöglich noch einmal dazu in der Lage sein, seine Nachbarn oder die Erhal- tung des "Weltfriedens" zu bedrohen.

Um dieses vorrangige Ziel durchzusetzen, sollte "[...] das Konzept eines neutralisierten Deutschlands [...]"3 realisiert werden.

Trotz der vereinbarten Grundsätze blieb die Konferenz von Jalta (ebenso auch die Folgekonferenz in Potsdam) geprägt von den unterschiedlichen Interessen und Zielvorstellungen der drei Teilneh- mernationen. So sahen z.B. die USA Deutschland vordringlich als wichtigen Partner zumindest auf dem Weltmarkt an, den es wieder einzubinden galt. Die Sowjetunion strebte nach einer gebiets- mäßigen Ausdehnung gen Westen wie auch nach einer maximalen Reparationsforderung, wohinge- gen Großbritannien Deutschland zwar als auszuschaltende, potenzielle wirtschaftliche wie politi- sche Bedrohung empfand, aber auch seinen Stellenwert als Element in der britschen balance-of- power-Politik erkannte.4

Die Beschlüsse der Konferenz von Potsdam betrafen politsche (u.a. Einteilung Deutschlands in vier Besatzungszonen, Friedensvertragentwurf durch einen Rat der allierten Außenminister, Ausübung der obersten Gewalt in Deutschland durch die allierten Oberbefehlshaber; Entnazifizierung, De- militarisierung, Demokratisierung), wirtschaftliche (u.a. Dezentralisierung, Behandlung Deutsch- lands als wirtschaftliche Einheit mit gemeinsam festgelegter Wirtschaftspolitik der vier Zonen, Re- parationsansprüche seien im wesentlichen aus der jeweiligen Besatzungszonen zu befriedigen - ohne Festlegung einer Gesamtsumme - Verlegung auf Landwirtschaft statt Schwerindustrie) und territoriale („Westverschiebung“ Polens: Gebiete östlich der Oder und westlich der Neiße kommen unter polnische Verwaltung, der nördliche Teil Ostpreußens wurden Russland zugesprochen, übrige Gebiete mit Danzig, Stettin gehen an Polen; endgültige Grenzregelung soll einer Friedenskonferenz vorbehalten sein) Fragen.5

Die Durchsetzung der Beschlüsse erwies sich jedoch problematisch, da sie von zu vielen Faktoren abzuhängen schien, u.a. vom Fortbestehen der Kriegskoalition und auch von der Tatsache, dass die Allierten übereinkamen, erst mit den europäischen Verbündeten Nazi-Deutschlands Friedensverträ- ge abzuschließen und damit die Lösung der "Deutsche Frage" zeitlich nach hinten zu verschieben. Dies geschah vor allem in der Hoffnung, dass sich in der Zwischenzeit die starken Differenzen (v.a. bzgl. Reparationen und der russischen bzw. polnischen Westgrenze) zwischen den Westallierten und Russland, die in Jalta und Potsdam offensichtlich wurden, etwas abgemildert hätten.6

So wurden konkrete Deutschlandpläne mit der Außenministerkonferenz von Moskau (10. März bis 24. April 1947) erst relativ spät ins Zentrum der Verhandlungen gerückt.

1.1.2 Die Zeit der Außenministerkonferenzen von 1945 bis 1949

Nach den Schwierigkeiten der vorangegangenen Dreimächtekonferenzen, war es dann an den ers- ten drei Außenministerkonferenzen in London (11. September bis 2. Oktober 1945), Paris (25. Ap- ril bis 12. Juli 1946) und New York (4. November bis 12. Dezember 1946), über die Friedensver- träge für Italien, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Finnland zu beraten. In New York wurde überdies auch festgelegt, dass in Moskau dann konkret und ausschließlich Deutschland im Mittelpunkt der Konferenz stehen würde.7

Die Hoffnung, dass sich nun in Moskau, im Frühjahr 1947, die Gegensätze zwischen der Sowjet- union und den Westallierten seit Jalta und Potsdam mit Hilfe der Zeit etwas abgemildert hätten, wurde nicht erfüllt, eher das Gegenteil war der Fall. Aufgrund der immer weiter auseinander gehen- den Positionen in der Praxis (die sich konsequenterweise aus den wenig konkreten Beschlüssen von Jalta und Potsdam ergaben), hatten sich schon am 1. Januar 1947 die USA und Großbritannien zur Bizone zusammengeschlossen, die sich wenig später um Frankreich zur Trizone erweiterte.8

Diese Tatsache, fußend auf den ideologischen Antagonismus, belastete die Konferenz von Anfang an, allseitiges Misstrauen verbreitete sich stetig, so hörte man z.B. aus sowjetischen Kreisen immer mehr von „[...] Plänen imperialistischer Kreise, die Weltherrschaft zu gewinnen.“9

Zwar differierten dann die Deutschlandpläne des britischen Außenministers Bevin nicht sonderlich von denen seines russischen Amtskollegen Molotow - beide sahen deutsche Zentralverwaltungen, Wahlen, provisorische Regierung und eine vom Volk bestätigte Verfassung vor - doch ein Unter- schied war gravierend: nach Plänen Molotows sollte die Verfassung unter Mitwirkung eines Kon- sultivrates entstehen, der sich u.a aus Vertretern „antifaschistischer Organisationen“ zusammenset- zen sollte. Dieses Detail rief bei den Westallierten Misstrauen hervor, denn was die Russen darunter verstanden, blieb ungeklärt. Somit lag der Verdacht nahe, dass die Sowjetunion hier nur eine Möglichkeit schaffen wollte, „[ ] auf dieser Ebene die kommunistisch infiltrierten verschiedenen Massenorganisationen ihrer Zone stärker ins Spiel zu bringen [...]“.10

Darüber hinaus blieb die Sowjetunion bei ihrer Forderung, Reparationen auch aus der laufenden Produktion zu entnhemen sowie an der allierten Kontrolle des Ruhrgebiets teilzuhaben - was für die amerikanische Regierung nicht annehmbar war. Diese war längst zu der Überzeugung gelangt, diese Forderungen beeinträchtigten zum einen die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit Deutsch- lands stark, andererseits wären sie auch nicht mit den (sowieso schon vagen) Potsdamer Beschlüs- sen vereinbar gewesen. Besagten diese doch, dass die Reparationsforderungen ausschließlich aus den eigenen Besatzungszonen zu befriedigen seien. Würde man in diesen Punkten nachgeben, be- stünde eine zu große Gefahr, dass sich Deutschland sehr schnell in wirtschaftliche und auch poli- tische Abhängigkeit von der Sowjetunion begäbe. Auch zum Wiederaufbau Westeuropas könnte ein so seines wirtschaftlichen Potenzials beraubtes Deutschland nichts beitragen.11

Unter diesen Voraussetzungen schloss sich auch Bevin der US-Meinung an, die Konferenz vertagte sich mit dem einzigen Ergebnis, eine gesamtdeutsche Bodenreform (selbst diese wurde schlussend- lich nicht realisiert) durchzuführen auf den November desselben Jahres in London.12

Nach dem dem besonders harten Winter 1946/47 und der sich dramatisch verschlechternden Situa- tion Deutschlands und Westeuropas stellte der US-Außenminister George C. Marshall im Juni 1947 den (schließlich nach ihm benannten) Plan zum europäischen Wiederaufbau (European Recovery Program) vor, an dem auch die SBZ partizipieren könne, doch die Sowjetunion lehnte dies für ihr Einflussgebiet als imperialistischen Angriff auf den Sozialismus ab. Diese Tatsache, zusammen mit der schon im März ´47 verkündeten „Truman-Doktrin“ vertieften die Gräben zwischen Ost und West13 und zu Beginn der fünften Außenministerkonferenz in London (25. November bis 15. De- zember 1947) war der Umgangston der einstigen Koalitionäre untereinander feindseliger und vor- wurfsvoller, die Positionen unvereinbarer denn je. Nochmals wurden die Pläne und Forderungen der Moskauer Konferenz (u.a. Reparationen) zur Sprache gebracht, doch auch dies verlief ergebnis- los. Die amerikanischen Pläne wurden von der Sowjetunion als „imperialistisch“ eingestuft, eine Teilung Deutschlands für den Fall der Ausdehnung des „Marshall-Planes“ auf die westlichen Be- satzungszonen angedeutet. Mit einer friedlichen Einigung für Gesamtdeutschland war nicht mehr zu rechnen, die Außenministerkonferenz von London war gescheitert, der Bruch der Kriegskoali- tion schien endgültig.14

Im Frühjar des Jahres 1948 brachten die Westallierten für Deutschland entscheidende Innovationen auf den Weg: schon im Februar wurde ein Zwei-Zonen-Wirtschaftsrat gebildet, in London fand eine Sechsmächte-Konferenz (die drei Westallierten plus die Beneluxstaaten) mit dem Ziel der Bil- dung eines föderativen Regierungssystems, Einbindung der Westzonen in den Marshall-Plan und in die Kontrolle des Ruhrgebiets statt. Darüber hinaus sollten die westdeutschen Ministerpräsidenten mit der Bildung einer verfassungsgebenden Versammlung beauftragt werden. Daraufhin verließ die Sowjetunion am 20. März 1948 den Allierten Kontrollrat in Berlin, was gleichzeitig die gemeinsame Deutschlandpolitik der Vier Mächte beendete.

Um im Herannahen des „Kalten Krieges“ Deutschland für den Westen zu gewinnen, folgten den bereits eingeleiteten Maßnahmen die Durchführung einer Währungsreform in den drei Westzonen (20. Juni 1948) - vier Tage später, am 24. Juni 1948 reagierte die Sowjetunion mit dem Beginn der Berlin-Blockade, die bis zum 12. Mai 1945 aufrechterhalten wurde. In der SBZ führte die Sowjet- union eine seperate Währungsreform durch. Am 1. Juli 1948 übergaben die drei Westallierten den deutschen Ministerpräsidenten die „Frankfurter Dokumente“, die zur Einberufung einer verfas- sungsgebenden Versammlung beauftragten, der damit betraute „Parlamentarische Rat“ konstituierte sich am 1. September 1948, die ersten Schritte zur Schaffung eines seperaten west- deutschen Staates waren gemacht.15

1.2 Innerdeutsche Reaktionen - Möglichkeiten der Einflussnahme und Entstehung der Bundesrepublik Deutschland

Allen anfänglichen deutschen Unsicherheiten (über die genauen Inhalte und Ausrichtung der Londoner Sechs-Mächte Empfehlungen) zum Trotz hatten durch die Konstituierung des Parla- mentarischen Rates mit den dortigen Delegierten zum ersten Mal seit der Kapitulation Deutsche freien politischen Einfluss auf die Geschicke der Westzone, die ihnen nicht von den Allierten vor- geschrieben wurden.16 Im Vorfeld der Versammlungen des Rates, zu dessen Vorsitzenden Konrad Adenauer gewählt wurde, versuchten die Ministerpräsidenten auf ihrer Konferenz in Koblenz im Juli 1948 auf den provisorischen Charakter des angestrebten politischen Zusammenschlusses hin- zuweisen und damit eine endgültige Zweiteilung Deutschlands zu verhindern. Ebenso sprach man sich für eine Bekanntgabe des Besatzungsstatuts vor den Beratungen zum Grundgesetz aus - For- derungen, die den Vorstellungen und Bestrebungen vor allem des amerikanischen Militärgouver- nements zuwider liefen. Auch zeigte sich die festgefahrene und dramatische Situation des blo- ckierten Berlins, wie unsicher die Zukunftsaussichten gesamtdeutscher Pläne waren. Schließlich stimmte man einer baldigen Staatsgründung Westdeutschlands zu (entgegen warnender Stimmen z.B. Carlo Schmids), sodass der Parlamentarische Rat seine Arbeit aufnehmen konnte, am 8. Mai 1949 das vom Verfassungskonvent in Herrenchiemsee entworfene Grundgesetz im Rat ange- nommen wurde und am 23. Mai nach der Genehmigung durch die Westallierten (mit der Verkün- dung des Besatzungsstatus) und die Landtage in Kraft trat.17 Am 12. Mai hatte die Sowjetunion ihre Blockade Berlins beendet und als es daraufhin in einer letzte Außenministerkonferenz der vier Mächte in Paris (23.05. bis 20.06. 1949) zumindest zu einer vorläufigen Verständigung zwischen Ost und West kam, folgte die erste Wahl zum (west-) deutschen Bundestag am 16. August 1949. Konrad Adenauer wurde am 15.09.1949 zum ersten Bundeskanzler gewählt, die Gründung der Bundesrepublik war vollzogen.

Kurz darauf konstituierte sich am 7. Oktober in Ost-Berlin eine provisorische Volkskammer, und die Verfassung der DDR wurde verkündet.18 Von nun an gab es zwei deutsche Staaten.

2. Ulrich Noack und der Nauheimer Kreis

2.1 Persönliche Hintergründe Noacks und seiner Vereinigung

Der 1899 in Darmstadt geborene, spätere Historiker und Universitätslehrer Ulrich Noack widmete sich schon von je her dem Verhältnis und der Geschichte von Staaten und ihren Völkern im Zusammenhang mit ihrer geographischen Lage. Geprägt von seinen Auslandsaufenthalten, vor allem in der Schweiz und in Skandinavien (Norwegen und Schweden) und der eingehenden Beschäftigung mit der Ideenwelt des englischen Historikers Lord Acton entwickelte Noack früh und konsequent sein historisch-politisches Weltbild, das sein späteres, vehementes Eintreten für ein neutralisiertes Deutschland erklären mag19:

„[...] Die Position des Neutralen, der unbeeinflusst beobachtet nach allen Seiten hin und für den es Sache der nationalen Ehre ist, sich nicht vorschnell an die eine oder andere Seite zu binden; diese Position bringt eine geistige Überlegenheit, die unabhängig macht von Schlagworten. Gegen eine solche ´Verschweizerung´ des deutschen Volkes hätte ich nichts einzuwenden. [...]“20

Seine politschen Hinter- bzw. Beweggründe sind stark ethisch ausgerichtet, er fühlte sich schließlich dazu verpflichtet, „[...] in die Tagespolitik einzubreifen“.21

In seiner Rede zum Gesamtthema „Die neue Form des deutschen Staates“ am 18. Mai 1947, dem ersten Jahrestag des von ihm ins Leben gerufenen „Tags der jungen Generation“ in Frankfurt/Main formulierte Ulrich Noack erstmals seine Gedanken über eine Neutralisierung Deutschlands.

Seine Thesen zogen ihre Kreise in In- wie Ausland, sodass um Noacks fachmännische Meinung bzgl. eines möglichen Sonderfriedens der USA mit Westdeutschland seitens der Militärregierung in Würzburg gebeten wurde. Noack kam dem nach, indem er am 5. Juli 1947 seine überarbeitete, schriftliche Ausarbeitung zu den gestellten Fragen in Form einer Denkschrift mit dem Titel „Der Sonderfrieden der westlichen Zonen Deutschlands als Weg zum weltwirtschaftlichen Ausgleich mit Russland“ einreichte.22

Noack ging hierbei auf die momentane Situation zwischen Ost und West ein, worin er potenzielle Gefahren des offenen Bruchs feststellte. Desweiteren erklärt er, dass im Zentrum eines wie auch immer gearteten Planes eine künftige deutsche Wiedervereinigung und die Schaffung eines „Gesamtfriedenssystems“ stehen müsse. Deutschland fiele allein schon wegen seiner geostrategischen Lage eine besondere Rolle zu, die sich nur durch eine Neutralisierung im Sinne einer Friedenslösung wahrnehmen ließe. Diese Neutralität sei durch die Vereinten Nationen zu garantieren und die Friedenslösung ebenso der Sowjetunion zu offerieren. Auch für die Verwirklichung eines solchen Planes gibt er in seiner Denkschrift Antworten - die Amerikaner nahmen dies nicht mehr und nicht weniger als zur Kenntnis.23

Eine nochmals überarbeitete Fassung dieser Denkschrift übergab Ulrich Noack am 28. März 1948 unter dem Titel „Die Rettung des Friedens durch Neutralisierung Deutschlands“ der Amsterdamer Weltkirchenkonferenz, wo ihr wohlwollende Anerkennung zuteil und sie im Mai desselben Jahres in Köln in einer Erstauflage zu 10.000 Stück publiziert wurde. Diese Denkschrift und die im Laufe einer Tagung im Juni 1948 aus ihr abgeleitete Vorschläge - so u.a. unbewaffnete Neutralität Deutschlands, Verbot jedweder Rüstungsindustrie, Umwandlung der bestehenden Reparationsfor- derungen der Sowjetunion in dauerhafte Handelsbeziehungen, keine Mitgliedschaft Deutschlands in der WEU - dienten als Grundlage für die erste Tagung des Nauheimer Kreises am 31. Juli und und 1. August 1948.24

2.2 Ideen, Konzepte, Ziele - und deren Resonanz in Deutschland (Ost und West)

Per Eigendefinition Noacks war der Nauheimer Kreis „[...] keine Organisation mit Mitgliedern, sondern ein offener zwangloser Kreis, [...] weder Partei noch Sekte, [...] ein Kreis von Einzelpersönlickeiten auf überparteilicher Grundlage, aus dem politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben. [...] Der Kreis hat die einzige Aufgabe, die leitende Idee, die Neutralisierung Deutschlands mit Fachleuten durchzuarbeiten und der Öffentlichkeit zur Diskussion zu stellen. [...]“25

Dies versuchte Ulrich Noack nicht nur in der Westzone, sondern auch in einigen Reisen in die SBZ bzw. die spätere DDR, in die er als Gründungsmitglied der Greifswalder Ost-CDU gute Kontakte unterhielt. So diskutierte Noack bei einem Zusammentreffen in Weimar mit Präsidiumsmitgliedern des Deutschen Volksrates (u.a. Walter Ulbricht) am 26.August 1949, um einerseits vermittelnd auf das vorhandene, weitverbreitete gegenseitige Misstrauen - West: Ost-Regierung nicht durch freie Wahlen legitimiert, undemokratisch-totalitärer Staat, sowjetischer „Erfüllungsgehilfe“; Ost: imperi- alistischer Ausläufer, „Kolonie“ der West-Allierten, Symbol des „Vertragsbruches“ von Potsdam, etc. - einzuwirken, Gesprächsbereitschaft und Dialogfähigkeit zwischen Ost und West zu organi- sieren und seine Idee einer gesamtdeutschen Einigung auf den Weg zu bringen.26

Sein Plan und der des Nauheimer Kreises war es, mittels „geistige Neutralisierung“ auf einen Frie- densschluss zwischen Ost und West hinzuwirken, „[...] Die Mittlerrolle muss also das Werk der Deutschen selbst sein, muss gerade ihre Wiedergutmachung vor der Welt sein! [...]“27 und dies lasse sich am ehesten durch einen „[...] föderativen Bundesstaat mit mehreren Länderregierungen und eigenen Landespolizeikräften in jedem Land [...]“ und „[...] nach unserer Wiedervereinigung einen Burgfrieden zu unserer inneren Ausseinandersetzung [...]“28 bewerkstelligen. Diese Wieder- vereinigung sei durch einheitliche Währung und Verkehrsgrenzen, Abzug sämtlicher Besatzungs- mächte und einen freien Wettbewerb der Ideologien, Ablehnung jeglicher Remilitarisierung der Rüstungspotenziale an Rhein und Ruhr, mit definitiver Bündnisneutralität und Garantien seitens Ost und West bzgl. Grenzen und Verfassung einzuleiten. In diesem Rahmen hätte die Ost-Zone die Optionen, entweder als Einheit zur gesamtdeutschen Föderation oder als eigene Fünf-Länder- Föderation, der Bundesrepublik beizutreten, jedoch müsste ein Zeichen der Bereitschaft aus dem Osten kommen.29

In Verlauf der Diskussion dieser Gedanken hielten sich die Mitglieder des Volksrates teils an vage Formulierungen (bzg. Föderalismus oder Zentralismus, innerstaatliche Ordnung, Polizei, etc.), teils am bekannten Ost-West - Antogonismus fest, sie sahen sich u.a. nicht in der Position, Vorleis- tungen (bzgl. freier Wahlen) zu erbringen bzw. wiesen eine Entscheidung über Deutschland den Großmächten statt den Deutschen selbst zu. Zum Neutralitätsgedanken Noacks´ jedoch wurde Ulbricht deutlich: im Osten seien die Potsdamer Beschlüsse durchgeführt worden - im Gegensatz zu West-Deutschland, mit dem Ruhrstatut habe der Westen (und damit auch West-Deutschland) eindeutig eine kriegstreibende und kolonialisierende Haltung bezogen, die in keinster Weise als neutral zu bezeichnen ist und dementsprechend Deutschland spalten müsse. Die Nichtberücksichti- gung dieser Tatsachen sei realitätsfern, Noack verkenne damit die Lage.30

Noack selbst hielt daraufhin dagegen, dass auf beiden Seiten, Ost wie West, die gleichen Bedenken herrschten, die es gemeinsam durch gegenseitige Akzeptanz zu zerstreuen gelte. Tatsache sei ein- fach, „[...] dass es heute zwei Europas gibt, und dass Deutschland als das Land der Mitte Europas eine Zwischenstellung zwischen diesen zwei Europas einnehmen muss. [...] Wir müssen klar machen, dass wir zwischen den Gegensätzen der Weltmächte hindurchgehen müssen. [...] Was sie [die Umwelt; der Verf.] und uns sicher machte, wäre die Neutralisierung, also eine unbewaffnete Neutralität und eine Dezentralisierung der Machtmittel in einem föderativen, gegen Bürgerkriege sich selbst schützenden Deutschland.“31 Die Differenzen waren nicht überseh- und erst recht nicht überbrückbar, Noack reiste zurück in den Westen, wo die anfängliche Zurückhaltung der west- deutschen Politiker in „[...] offenen Feindschaft [...]“ 32 umgeschlagen war. So empfing ihn z.B. trotz mehrmaliger Anfragen der Bundeskanzler nicht, für von Brentano (immerhin Anwesender der ersten Tagung des Nauheimer Kreises) waren Noacks Ideen indiskutabel.33 Schließlich wurde sogar der für November 1948 in Rengsdorf (Rheingau) geplante „Deutschland-Kongress der Freunde des Neutralisierungsgedankes“ vom dortigen Regierungspräsidenten verboten, was Ulrich Noack und den Kreis um ihn zwar wieder mehr Beachtung bescherte, aber auch öffentlichkeits- wirksam von sowjetisch gefärbten Zeitungen propagandistisch instrumentalisiert wurde.34

Auch in der DDR herrschte 1949 volksratsintern zwar zumindest Interesse an Noacks Ideen und weiteren Gesprächen mit ihm, Innovationen oder konkrete Veränderungen erwartete man von ihnen jedoch nicht - außer dass sie vielleicht zu geeigneter Zeit zu Ost-Zwecken instrumentalisierbar sein würden.35

Am 25. März 1950 hielt er auf Einladung der Verwaltungsakademie Forstzinna einen Vortrag über „Probleme der deutschen Souveränität“, in dessen Verlauf er 12 größtenteils geschichtsphiloso- phische Thesen mit den bekannten Kernpunkten (Abhaltung gesamtdeutscher, freier Wahlen als Voraussetzung für folgenden Friedensvertrag und Neutralisierung) vorstellte. In der sich anschlie- ßenden Diskussion ging es dann „hoch her“, denn im zeitlichen Dunstkreis der heraufziehenden Debatte um einen möglichen westdeutschen Verteidigungsbeitrag im Rahmen einer europäischen Armee, wollte man es in der DDR genau wissen, wie es um die Friedensplanung im Westen bestellt ist. Das Misstrauen des Ostens wurde mit den an Noack gerichteten Fragen immer offensichtlicher, die Stimmung gereizter, man beharrte auf der einer Nationalversammlung, bevor man sich auf freie Wahlen zu einem gesamtdeutschen Parlament einlassen wollte - Noack hatte einen schweren Stand und wenig Zeit, angemessen zu erwidern, blieb jedoch bei seinen Forderungen. Die Veranstaltung endete mit einem Eklat, als Noack einen aus der DDR an ihn ge- schickten Brief mit offensichtlich äußerst subversivem Inhalt (nach Auffassung der Anwesenden) verlas, diese „Provokation“ wurde mit dem Absingen der DDR-Hymne beantwortet und man schied im Streit - es war Noacks letzte Reise in den Osten.36

Die Verkündung des „Schuman-Planes“, einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) am 9. Mai 1950, das Herannahen der Korea - Krise und der aufkommenden Debatte um eine mögliche westdeutsche Wiederbewaffnung verschärfte die Situation Noacks´ und der Neutrali- sierungsbefürworter. Der Nauheimer Kreis erneuerte daraufhin seine Forderungen und Thesen in einer Proklamation nach seiner Tagung vom 18. Mai des Jahres. Auf die Krise in Korea, vor deren Wiederholung bzw. Übertragung in/nach Deutschland reagierte die Vereinigung mit der Betonung der Unterschiede zwischen Nord-/Süd-Korea und Ost-/West-Deutschland - in Asien gab es nur beidseitigen, militärischen Rückzug ohne Garantien der Groß- mächte, weder Neutralisierung noch Verfassung und Regierung - würde man den Plänen des Nauheimer Kreises folgen, der eben diese Punkte vorsah, bliebe Deutschland vor einer solchen Situation sicherlich verschont.37

Am 10. September schließlich veröffentlichte der Nauheimer Kreis sein umfangreichstes Pro- gramm, mit dem er erstmalig auch in die Innenpolitik vorstieß. Dort wurde die geplante Neutralisierung auf ganz Europa ausgedehnt, wofür eine breite parteiübergreifende Basis geschaffen wer- den sollte, ebenso ein „Volkssenat der Deutschen“ (einer beaufsichtigenden und beratenden Kam- mer), Gründung eines Südwest- und eines Nordweststaaten, Auflösung des Landes Rheinland-Pfalz und Organisation einer westdeutschen Länderpolizei als Ausgleich zur Volkspolizei in OstDeutschland. Doch da u.a. in einigen Bundesländern Landtagswahlen direkt bevorstanden, fiel die Resonanz dementsprechend unzureichend aus.38

Zum Ende 1950 hin und im Verlauf des Jahres 1951 versuchte Ulrich Noack immer wieder mit an- deren namenhaften Persönlichkeiten (u.a. Gustav Heinemann, Pfarrer Niemöller - doch diese lehnten entscheidene Mitwirkungen stets ab) Aktivitäten und Veranstaltungen ins Leben zu rufen, wie z. B. den „Aufruf gegen die Wiederaufrüstung“ (22.12.1950) oder zur Bündelung aller Neutra- litäts- und Friedensorganisationen den „Deutschen Kongress für aktive Neutralität“ bzw. die „Deut- sche Friedensfront“ (17./18. März 1951), wie auch der Nauheimer Kreis am 20. Januar 1951 seinen überaus aggressive „Stellungnahme zum Jahreswechsel“ - welche heftige Angriffe gegen Bundes- kanzler Adenauer, die Politische Kultur in Deutschland, die USA und den Atlantik-Bund enthielt - veröffentlicht.39

Jedoch war auch der einberufenen Kongress nicht von durchschlagendem Erfolg gekrönt, man verlor sich in Detailfragen, Ulrich Noack wurde nicht einmal in das Präsidium gewählt.40

Dermaßen auf eigenem Spezialgebiet marginalisiert, im Osten auf Granit beißend, im Westen ste- tigen Diffamierungen und Verdächtigungen für die „andere Seite“ zu arbeiten ausgesetzt, im Ver- lauf des Jahres 1951 aus der CSU ausgeschlossen, gingen Noack und sein Nauheimer Kreis vor der Bundestagswahl 1953 schlussendlich in Gustav Heinemanns die Noack auch für den Bundestag nominierte - erfolglos.41

Resumé

Wendet man sich der Frage zu, warum Alternativen zur Westintegration der BRD - in diesem Fall die Neutralisierungsbestrebungen Ulrich Noacks und des Nauheimer Kreises - scheiterten, so kann man es sich einfach machen: man blickt auf den „realpolitschen“ historischen Kontext (Herannahen des Kalten Krieges), die maßgebenden politischen Entscheidungsträger (Adenauer, Schumacher - die Westallierten außer Frankreich) und kommt zu dem Schluss, dass es eben nicht anders möglich war. Das ist natürlich zutreffend.

Doch nicht nur wenn man sich als Gedankenspiel oder rein idealistisch die Frage „Was wäre ei- gentlich gewesen, wenn... ?“ stellt und nachhakt, entdeckt man Sichtweisen, Positionen und kom- plizierte Zusammenhänge - vor allem wenn man bedenkt, welche Richtungsdiskussionen im Kon- text der Zeit der Wiedervereinigung stattgefunden haben (und auch eben nicht stattfanden) - die eine andere Begründung bzw. Beantwortung zulassen, wenn nicht sogar erfordern.

Ulrich Noacks stark ethisch und geschichtsphilosophisch und vor allem theoretischen Ideen und Forderungen waren in Zeiten, die Instinkt, schnelles Handeln und vor allem Pragmatismus verlang- ten (Eigenschaften, um die man bei Konrad Adenauer wusste) zu idealistisch und einfach unrealis- tisch.

Ausgehend von der Tatsache, dass sich die Siegermächte nie auf eine gemeinsame und einheitliche Deutschlandpolitik einigen konnten, ihre Kommunikation sehr bald total gestört schien und ihre Beschlüsse so verschachtelt und unkonkret formulierten, dass es zu verschiedenen Auslegungen - je nach Interessenlage - kommen musste, hat jedwede Deutschlandpolitik und Alternativdenken erheblich erschwert. Das dies trotzdem stattfand und z.B. in den hier dargestellten Bemühungen und Anstrengungen des Nauheimer Kreises und seines „Gründers“ Ulrich Noack seinen Ausdruck fand, bleibt trotz allem ein Erfolg für die damals so junge Republik.

Noack muss sich jedoch auch berechtigte Kritik gefallen lassen, waren seine Gedanken und daraus resultierenden Forderungen oft einfach zu überhöht und realitätsfern. Stets sprach er von der „be- sonderen“, der „speziellen“ Rolle (u.a. der eines „Vorbildes“), die Deutschland zufalle, zu der es „verpflichtet“ sei, seiner „geistigen Überlegenheit“ etc. Das bei diesen seinen teilweise etwas „ge- spreizt“ anmutenden Formulierungen kurz nach dem Krieg bei manchem der Gedanke nach dem sprwörlichen „Deutschen Sonderweg“ aufkommen musste, kann nicht wirklich verwundern.

Auch Noacks früh geäußerte Vorstellung von einem vereinigten Deutschland mit seiner symbolischen Hauptstadt „Hohenmeißner“ am Schnittpunkt der Zonengrenzen in der Nähe von Kassel oder seine späteren stetigen Forderungen nach mehr direkter Demokratie (Anfang der 50er Jahre) mittels Durchführung von Volksentscheiden - gerade diese Elemente waren für die Gründer der BRD absolut unvorstellbar - trugen nicht gerade dazu bei, seine in der Sache oft plausibel klingenden Ideen und Vorschläge wohlwollend und ernsthaft aufzunhemen.

Darüber hinaus schien ein „politischer Kreis“ im Nachkriegsdeutschland schon wegen begrifflichen Assoziation zu den „Kreisen“, welche die Demokratie des Deutschen Reichs zur Weimarer Zeit erschwerten, suspekt.

Dass Wilhelm Cornides Noack jedoch sogar den Versuch der „Restauration nationalistischen Ge- dankenguts“42 (in Zusammenhang mit Thesen Carl Schmitts) vorwirft, erscheint bei allen persön- lichen Scheiterungsgründen (Hang zur Selbstdarstellung, vergeistigtes, realitätsfernes und somit mangelndes Politikverständis, etc.) doch übertrieben und als des „Guten“ zu viel.

Bei aller Kritik scheinen Noacks Pläne punktuell (Neutralisierung bzw. Neutralität an sich ist keine zu verdammende „Krankheit“) durchaus interessant, denk- und durchführbar. Für die damalige Zeit waren sie und seine daraus resultierenden, manchmal exaltiert und vermessen anmutenden Konse- quenzen und Forderungen scheinbar nicht praktikabel, ebensowenig wie sie es 1989/90 für die Bundesrepublik und die DDR waren - selbst wenn man es sich gewünscht hätte, die welt- bzw. realpolitischen Umstände hätten dies wohl kaum zugelassen. Doch hat man beim Nachlesen und Nachdenken (z.B. der Diskussionsprotokolle von Noacks Vortragsreisen in den Osten oder den Schriften des Nauheimer Kreises) sehr oft den Eindruck, dass einiges, in einem anderen historischen Kontext betrachtet, deutlich zur Verringerung oder gar Abbau einiger typischer Ost- West - Missverständnisse hätte beitragen können.

Da aber „hätte“, „wenn“ und „aber“ vor allem in der Politik relativ wenig Bedeutung haben, denn schließlich soll diese sich am Machbaren orientieren, bleibt die Arbeit für einen „Dritten Weg“ - da erfolglos - eine, die in Deutschland kaum Beachtung fand bzw. findet.

Literaturverzeichnis

Adenauer, Konrad: Erinnerungen 1945-1953 , Stuttgart 1965

Amtliche Verlautbarung über die Berliner Konferenz der drei Mächte (2. August 1945), in: Jürgen Weber, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (I), Auf dem Wege zur Republik 1945- 47, München 1994, S.314

Colschen, Lars C. : Deutschlandpolitik der Vier Mächte, in: Werner Weidenfeld/Karl-Rudolf Korte (Hrsg.), Handbuch zur deutschen Einheit 149-1989-1999, Bonn 1999

Cornides, Wilhelm: Die Neutralitätslehre des Nauheimer Kreises und der geistige Hintergrund des West-Ost Gesprächs in Deutschland, in: Europa-Archiv, 5. Jg. (1950), 11. und 12. Folge sowie 6. Jg. (1951), 8. Folge

Diemer, Gerhard: Die Sieger und die Deutschen. Machtpolitische Interessen - ideologische Kon- flikte, in: Jürgen Weber, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (II), Das Entscheidungsjahr 1948, München 1995

Dohse, Raine r: Der dritte Weg. Neutralitätsbestrebungen in West Deutschland zwischen 1945 und 1955, Hamburg 1974

Dokumente zur Deutschen Politik. II Reihe. Band 2 1949. Unveröffentlichte Dokumente, Mün- chen 1996

Euler, Heinrich: Ein Leben aus freier Mitte, in: Ulrich Noack - Ein Leben aus freier Mitte. Bei- träge zur Geschichtsforschung. Festschrift für Prof. Ulrich Noack von seinen Kollegen, Schülern und Freunden zum 60. Geburtstag gewidmet, Göttingen 1961

Jesse, Eckhard: Bundesrepublik Deutschland: Geschichte, in: Werner Weidenfeld/Karl-Rudolf Korte (Hrsg.), Handbuch zur deutschen Einheit 1949-1989-1999, Bonn 1999

Noack, Ulrich (Hrsg.): Die Nauheimer Protokolle. Diskussionen über die Neutralisierung Deutschlands. Die ersten drei Tagungen des Nauheimer Kreises August, September, Dezember 1948, Würzburg 1950

Overesch, Manfred: : Deutschland 1945-1949, Vorgeschichte und Gründung der Bundesrepublik. Ein Leitfaden in Darstellung und Dokumenten, Düsseldorf 1979

Theimer,Walter: Lexikon der Politik. Politische Grundbegriffe und Grundgedanken, Tübingen 1981

Weber, Jürgen: Auf dem Weg zum Grundgesetz. Von der Londoner Konferenz zum parlamenta- rischen Rat, in: Jürgen Weber, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (II), Das Entscheidungsjahr 1948, München 1995

[...]


1 Theimer, Walter: Lexikon der Politik. Politische Grundbegriffe und Grundgedanken, Tübingen 1981, S. 144f.

2 Cornides, Wilhelm: Die Neutralitätslehre des Nauheimer Kreises und der geistige Hintergrund des West-Ost Gesprächs in Deutschland, in: Europa-Archiv, 5. Jg. (1950), 11. Folge, S.3069.

3 Ebd.

4 Colschen, Lars C.: Deutschlandpolitik der Vier Mächte, in: Werner Weidenfeld/Karl-Rudolf Korte (Hrsg.), Handbuch zur deutschen Einheit 149-1989-1999, Bonn 1999, S. 267ff.

5 Amtliche Verlautbarung über die Berliner Konferenz der drei Mächte (2. August 1945), in: Jürgen Weber, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (I), Auf dem Wege zur Republik 1945-47, München 1994, S.314. Konkrete Vorschläge oder Ansätze zur Lösung der von französischer Seite angemeldeten Ansprüche auf das Saargebiet , der Problematik des Ruhrgebiets, auf das auch Russland sehr gerne direkten Zugriff bekommen hätte oder Hinweise auf das „Wie“ der Durchsetzung aller vier Ds (Dezentralisierung, Demobilisierung, Denazifizierung, Demo kratisierung) sucht man in den „Potsdamer Beschlüssen“ jedoch vergeblich.

6 Cornides, W.: a.a.O., S. 3069.

7 Overesch, Manfred: Deutschland 1945-49, Vorgeschichte und Gründung der Bundesrepublik. Ein Leitfaden in Dar- stellung und Dokumenten, Düsseldorf 1979, S.116f.

8 Jesse, Eckhard: Bundesrepublik Deutschland: Geschichte, in: Handbuch zur deutschen Einheit 1949-1989-1999, S.102.

9 Diemer, Gerhard: Die Sieger und die Deutschen. Machtpolitische Interessen - ideologische Konflikte, in: Jürgen Weber, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (II), Das Entscheidungsjahr 1948, München 1995, S.58.

10 Overesch M., a.a.O., S. 117.

11 Vgl. Diemer, G., a.a.O., S. 58f., Overesch M., a.a.O., S. 117f.

12 Overesch M., a.a.O., S. 118.

13 Vgl. Diemer, G., a.a.O., S. 60ff., Colschen, L.C., a.a.O., S. 271

14 Vgl. Diemer G., a.a.O., S. 60ff.

15 Vgl. Colschen, L.C., a.a.O., S. 271ff.

16 Vgl. Adenauer, Konrad: Erinnerungen 1945-1953 , Stuttgart 1965, S. 138ff, S.144.

17 Weber, Jürgen: Auf dem Weg zum Grundgesetz. Von der Londoner Konferenz zumParlamentarischen Rat, in: Jür- gen Weber, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (II), Das Entscheidungsjahr 1948, München 1995, S.71-114.

18 Colschen, L.C., a.a.O., S. 272.

19 Angaben zu Noacks Lebenslauf entnommen: a) Dohse, Rainer, Der dritte Weg. Neutralitätsbestrebungen in West- Deutschland zwischen 1945 und 1955, Hamburg 1974, S. 41-61. b) Cornides, W., a.a.O., S.3072-3075. c) Heinrich Euler, Ein Leben aus freier Mitte, in: Ulrich Noack - Ein Leben aus freier Mitte. Beiträge zur Geschichtsforschung. Festschrift für Prof. Ulrich Noack von seinen Kollegen, Schülern und Freunden zum 60. Geburtstag gewidmet, Göt- tingen 1961, S. VII - XXXII.

20 Zit. nach Cornides, W., a.a.O., S. 3072.

21 Cornides, W., a.a.O., S. 3073.

22 Vgl. Noack, Ulrich (Hrsg.), Die Nauheimer Protokolle.Diskussionen über die Neutralisierung Deutschlands. Die ersten drei Tagungen des Nauheimer Kreises August, September, Dezember 148, Würzburg 1950, S. 6ff.

23 Ebd.

24 Noack, Ulrich, a.a.O., S. 15-19.

25 Zit. nach Cornides, W., a.a.O., S. 30074.

26 Vgl. Cornides, W., a.a.O., S. 3075ff.

27 Zit. nach Cornides, W., a.a.O., S. 3077.

28 Ebd.

29 Ebd.

30 Cornides, W., a.a.O., S. 3080-3082.

31 Cornides, W., a.a.O., S. 3082.

32 Cornides, W., Die Neutralitätslehre des Nauheimer Kreises und der geistige Hintergrund des West-Ost Gesprächs in Deutschland, in: Europa-Archiv, 5. Jg. (1950), 12. Folge, S. 3103.

33 Cornides, W., a.a.O., S. 3103f.

34 Vgl. Cornides, ebd.; Dohse, Rainer, a.a.O., S. 50f.; Dokumente zur Deutschen Politik. II Reihe. Band 2 1949. Unver- öffentlichte Dokumente, München 1996, S. 820.

35 Vgl. Dokumente zur Deutschlandpolitik, a.a.O., S. 828.

36 Vgl. Cornides, W., a.a.O., S. 3105-3112f.

37 Vgl. Cornides, Wolfgang, Die Neutralitätslehre des Nauheimer Kreises und der geistige Hintergrund des West-Ost Gesprächs in Deutschland, in: Europa-Archiv, 6. Jg. (1951), 8. Folge, S. 3879-3883.

38 Vgl. Cornides, W., a.a.O., S. 3884.

39 Vgl. Cornides, W., a.a.O., S. 3886ff.

40 Dohse, Rainer, a.a.O., S. 56ff., S. 112-116. „Gesamtdeutscher Volkspartei“ auf,

41 Ebd.

42 Cornides, Wilhelm, a.a.O., S. 3889ff.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Deutschlandpolit. Debatten um den Dritten Weg - Der Nauheimer Kreis im Spiegel der Gründungsjahre der BRD
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltung
Kontroversen zur deutschen Frage in der Bundesrepublik Deutschland
Note
1,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
18
Katalognummer
V102661
ISBN (eBook)
9783640010417
Dateigröße
379 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Deutschlandpolit, Debatten, Dritten, Nauheimer, Kreis, Spiegel, Gründungsjahre, Kontroversen, Frage, Bundesrepublik, Deutschland
Arbeit zitieren
Andreas Bauer (Autor:in), 2000, Deutschlandpolit. Debatten um den Dritten Weg - Der Nauheimer Kreis im Spiegel der Gründungsjahre der BRD, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102661

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