Dürrenmatt: Der Auftrag oder Vom Beobachten des Beobachters der Beobachter


Referat / Aufsatz (Schule), 1998

2 Seiten


Leseprobe


Friedrich Dürrenmatt (1921-1990)

Der Auftrag oder vom Beobachten des Beobachters der Beobachter

Philosophischer Kriminalroman

Der Roman spielt in der Gegenwart, unter anderem in einem fiktiven, nordafrikanischen Wüstenstaat.

Das Motto des Romans ist vom dänischen Philosophen und Theologen Kierkegaard (1813-1855): „Was wird kommen? Was wird die Zukunft bringen? Ich weiss es nicht, ich ahne nichts. Wenn eine Spinne von einem festen Punkt sich in ihre Konsequenzen hinabstürzt, so sieht sie stets einen leeren Raum vor sich, in dem sie nirgends Fuss fassen kann, wie sehr sie auch zappelt. So geht es mir: vor mir stets ein leerer Raum. Was mich vorwärtstreibt, ist eine Konsequenz, die hinter mir liegt. Dieses Leben ist verkehrt und grauenhaft, nicht auszuhalten.“

Tina, die Frau des Psychiaters Otto von Lambert, wird nach einem überstürzten Aufbruch von daheim bei der Ruine eines in einem afrikanischen Staat gelegenen islamischen Heiligtums tot aufgefunden; die Leiche, von Schakalen teilweise aufgefressen, ist kaum mehr zu identifizieren. Der Psychiater von Lambert beauftragt die Journalistin und Filmemacherin F. mit der Aufklärung des offensichtlichen Mordes. Dabei zeigt sich, dass sich das Ehepaar von Lambert gegenseitig bis ins Detail zu beobachten pflegte; jeder für sich fertigte ausführliche schriftliche Berichte über das Beobachtete an. Vielleicht war Tinas Abreise also eine Flucht aus der allgegenwärtigen Überwachung. Die F. begibt sich nach einer Beratung mit ihrem väterlichen Freund, dem Logiker D., in das Atelier eines verstorbenen Malers, dessen Adresse sie in Tinas Notizen gefunden hat. Dort sieht sie ein Porträt der Toten, das sich später jedoch nicht wiederfinden lässt. Dann bricht die F. mit ihrem Team in den wüsten Staat auf, wo der Polizei- und der Geheimdienstchef, beide von Putschabsichten getrieben, miteinander um Macht und Einfluss rivalisieren. Auch sie überwachen sich gegenseitig: überall sind, kaum getarnt, Wanzen, Horch- und Beobachtungsposten zu entdecken. Unter witzigen Umständen von der Polizei zur Ruine, dem Fundort der Leiche, begleitet, findet F. nur die Leichen einiger religiöser Fanatiker vor, die beim Warten auf das Erscheinen ihres Heiligen gestorben und vertrocknet sind. Nachdem man ihr die Exekution von Tinas angeblichem Mörder vorgeführt hat, schickt man ihr Team nach Hause. Es ist klar, dass man sie möglichst schnell aus dem Land haben will. Sie selbst bleibt jedoch noch und kauft in einem Basar den roten Pelzmantel der Toten. Danach steigt sie im selben Hotelzimmer ab, in dem diese gewohnt hat. Im Papierkorb findet sie das Kierkegaard-Zitat, unser bekanntes Romanmotto. Ferner begegnet sie dem dänischen Kameramann Björn Olsen, der sie zunächst mit einer Kollegin, Jyette Sörensen, verwechselt. Die Meldung einer Frauenzeitschrift, dass Tina von Lambert nach einem von Depressionen ausgelösten Fluchtversuch wohlbehalten zu ihrem Mann zurückgekehrt sei, gibt der Vermutung Anlass, dass es sich bei der Ermordeten um Jyette Sörensen gehandelt haben muss, die mit den Papieren und dem selben roten Pelzmantel Tina von Lamberts eingereist war. Noch aber bleibt ihr Motiv ebenso im Dunkeln wie das des Mörders. Es klärt sich allmählich auf, als Björn Olsen mit seinem VW -Bus in die Luft gesprengt und dabei von einem "Polyphem" genannten Kameramann gefilmt wird, der in einem hochtechnisierten unterirdischem Wüstenbunker haust, ( ähnlich wie der Zyklop in einer Höhle, den wir von Homer her kennen). In der Wüste findet, wiederum bis ins Detail in Film und Foto dokumentiert, seit Jahrzehnten ein sinnloser Krieg statt, der einzig dem Zweck dient, konventionelle Waffen aus verschiedenen Ländern zutesten. "Polyphem" macht F. auch mit dem - völlig motivlosem - Mörder Jyette Sörensens bekannt: Achilles, einem früheren amerikanischen Bomber-Piloten, den ein in Vietnam erlittenes Hirntrauma in ein reissendes Monster verwandelt hat. Seither vergewaltigt und erwürgt er wahllos Frauen. F. überkommt Lust, sich auf diesen Mann zu stürzen und vielleicht dabei ebenfalls zu sterben. Der Film, der Jyettes Ende genau festhält, zeigt, dass die Frau ihr Sterben regelrecht genossen haben muss, denn der Tod ist in einer Welt, in der Empfindungen nur aus zweiter Hand, durch die Medien, vermittelt werden, die einzige noch unmittelbare Erfahrung. In einer philosophischen Rede führt Polyphem aus, dass „ein Gott, der beobachtet werde, kein Gott mehr sei, und die Unfreiheit der Menschen, dass sie beobachtet würden“ (S. 113). Der Tod, dem Jyette nicht auswich, muss demnach als ein Wiederfinden der Freiheit betrachtet werden. Der sich anschliessenden finalen Panzer- und Raketenschlacht, bei der auch der Bunker zerstört wird, entkommen F. und Polyphem nur ganz knapp. Achilles wird niedergeschossen. In die Heimat zurückgekehrt, erfährt F. nicht nur, dass der Geheimdienst- und der Polizeichef hingerichtet worden sind, sondern auch, dass Tina von Lambert inzwischen Mutter geworden ist.

ANZAHL WOERTER: 740

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Details

Titel
Dürrenmatt: Der Auftrag oder Vom Beobachten des Beobachters der Beobachter
Veranstaltung
Maturaarbeit
Autor
Jahr
1998
Seiten
2
Katalognummer
V102216
ISBN (eBook)
9783640006045
Dateigröße
328 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Textanalyse - Zusammenfassung: F. Dürrenmatt "Der Auftrag"
Arbeit zitieren
Urs Müller (Autor:in), 1998, Dürrenmatt: Der Auftrag oder Vom Beobachten des Beobachters der Beobachter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102216

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