Drexel - Betriebliche Qualifikationsstruktur- und Reproduktionsmuster


Referat (Handout), 1999

17 Seiten


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Probleme der Implementation von Facharbeiter-Ausbildung und -Einsatz
2.1 Strukturmuster des “Klassischen Anlernbetriebes der Prozeßproduktion” - Struktur- typ I
2.1.1 Typischer Berufsverlauf des Angelernten
2.2 betriebliche Arbeitseinsatz- und Gratifikationsstrukturen

3. Das Berufsverlaufsmuster von Facharbeitern
3.1 Berufsverlaufsmuster von (Reparatur)-Facharbeitern
3.2 Beispiel für Lohnkarrieren von Elektro- und Metallfacharbeitern im Hüttenbetrieb
3.3 Strukturelle Problemursachen Integration von Facharbeiter-Karrieren in bestehende betriebliche Strukturen - Problemursachen und Problemlösungen
3.3.1 Strategien und Maßnahmen der Problemlösung
3.3.2 Maßnahmen zur Abfederung des Umstrukturierungsprozesses

4. Schaffung attraktiver Berufsverlaufsperspektiven für Ausbildungsplatzbewerber - Problemursachen und Problemlösungen -
4.1 Strukturelle Ursachen der Unattraktivität
4.2 Unattraktive Berufsverlaufsmuster als indirektes Produkt gegebener betrieblicher Strukturen
4.3 Strategien und Maßnahmen der Problemlösung

5. Betriebe ohne Implementationsprobleme - Strukturtyp II

6. Gesellschaftliche Ursachen der Verbreitung und Verfestigung der Berufsverlaufsmuster von qualifiziert Angelernten und Facharbeitern

7. Zusammenfassung

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In diesem Referat wurde eine Studie von Ingrid Drexel: “Belegschaftstrukturen zwischen Verände- rungsdruck und Beharrung” vorgestellt. Diese Studie wurde vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft in Auftrag gegeben. Das Zielder Untersuchung waren die Implementationsprobleme bei der Einführung neuer Ausbildungsberufe (Facharbeiterberufe) in Betrieben, die überwiegend Angelern- te einsetzten. Die Qualifikationsstruktur vieler Betriebe war durch eine Dreiteilung gekennzeichnet, die sich in Facharbeiter, Angelernte und Ungelernte unterteilte. Es wurden qualitative Untersuchungs- methoden gewählt, wie Fallstudien, Expertenbefragungen, Strukturanalysen. Ausserdem wurden 12 Betriebsfallstudien der 1976/77 durchgeführten Untersuchung in der Chemischen und der Eisen- und Stahlindustrie, Kurzfallstudien in einem Betrieb der Papier, Pappe und Kunststoffverarbeitenden Industrie, einem Betrieb der Flachglaserzeugenden Industrie, einem Betrieb der Papier, Pappe, zellstoff- und holzstoffverarbeitenden Industrie, einem Betrieb der Hohlglas erzeugenden Industrie, einem Betrieb der Kautschuk und Kunststoffverarbeitenden Industrie sowie zwei Betriebe der Lebensmittelindustrie miteinbezogen.

Zuerst wird in dieser Arbeit auf die Probleme der Betriebe bei der Implementationsproblematik eingegangen. Drexel untersucht hier insbesondere die Betriebe mit Implementationsproblemen, die sie auch als Strukturtyp I bezeichnet. Zur Verdeutlichung wird ein typisches Berufsverlaufsmuster eines Angelernten mit einem Beispiel des betrieblichen Arbeitseinsatzes und der Gratifikationsstruktur und ein typisches Berufsverlaufsmuster eines Facharbeiters mit einem Beispiel gegenübergestellt.

Im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit werden die Integration von Facharbeiterkarrieren und deren Probleme, die Strategien und Maßnahmen der Problemlösung, Maßnahmen zur Abfederung des Umstrukturierungsprozesses und die Ursachen der Unattraktivität der Facharbeiterberufe bei Jugendli- chen dargestellt.

Bei dieser Studie gab es auch Betriebe ohne Implementationsprobleme (Strukturtyp II). Auf die Charakteristika dieser Betriebe wird am Schluss dieser Arbeit kurz eingegangen.

2. Probleme der Implementation von Facharbeiter-Ausbildung und -Einsatz

Bei der Implementation von Facharbeiterausbildungen in den vorgenannten Betrieben kam es zu verschiedenen Problemen. Dieser rührten insbesondere von der mangelnden Akzeptanz der Fach- arbeiterausbildung und des Einsatzes durch das vorhandene Produktionspersonal der Betriebe - es wurde sogar aktiver Widerstand dagegen ausgeübt - und die Unmöglichkeit genügend Jugendliche für diese Ausbildungen zu rekrutieren, her.

Die überwiegenden Probleme mit angelernten Produktionsarbeitern stellten sich dar, indem sie versuchten den Jugendlichen in der praktischen Ausbildung wichtige Qualifikationschancen vor- zuenthalten (Brotzeitholen, offene oder verdeckte Antipathie, Spott in Bezug auf faktische oder unterstellte Berufserwartungen). Auch die ungenügende Einarbeitung durch die Angelernten nach der Ausbildung oder der Widerstand seitens der Meister und Vorarbeiter, die Reibereien und Konflikte zu schlichten hatten, verursachten Probleme. Die Betriebleiter der Produktionsbereiche lehnten Aus- bildung ab. Sie wollten die jungen Facharbeiter nicht übernehmen. Daraus folgt, daß die Unter- nehmensleitungen im Hinblick auf die Aufrechterhaltung einer reibungslosen, effizienten und rentablen Produktion kein Interesse daran hatten, durch eine rücksichtslose Durchsetzung von Facharbeiteraus- bildungen und -Einsatz gegen den Willen dieser Kerngruppen des produktiven Personals dieses zu demotivieren oder sogar zu verlieren.[1]

Das weitere größere Problem bestand darin, daß die neuen Berufe für potentielle Ausbildungs- platzbewerber eher unattraktiv waren. Dieses Attraktivitätsproblem ist abhängig von der örtlichen Arbeitsmarktsituation, von der absoluten Größe der betrieblichen Nachfrage nach Auszubildenden pro Jahr, und den geforderten Vorqualifikationen.[2]

Allerdings gab es auch Unterschiede bei den Betrieben, denn nicht alle hatten Probleme. Parallel zu den Rekrutierungsschwierigkeiten bzw. -erfolgen kam der Eintritt der geburtenschwachen Jahrgänge in die Erwerbstätigkeit, so daß auch Betriebe mit weniger oder keinen Rekrutierungsproblemen mit kommenenden Schwierigkeiten rechneten. Es kam zu einer Verringerung des Bewerberangebots. Kompensiert wurden diese Rekrutierungsprobleme durch:

- Verbesserung der Grundlagen der traditionellen Anlernung, z.B. Eingliederung junger Metall- und Elektrofacharbeiter aus der betriebseigenen Ausbildung, die nicht in ausbildungsgerechte Arbeitsplätze in Reparaturbetrieben übernommen werden konnten
- Nutzung der Werkerausbildungen
- Erwachsenenausbildung, Ausbildung bereits langjährig in der Produktion angelernter Arbeits- kräfte in den neuen Produktionsberufen (Qualifizierungsstrategie, die die Verbesserung der Grundlagen der Anlernung durch diese Qualifizierungsgänge systematisch mit einbezieht).[3]

Die Ursachen und Lösungen der Implementationsproblematik wurden lt. Drexel insbesondere ver- ursacht durch ganz bestimmte innerbetriebliche Strukturmuster: durch spezifische Muster des Berufs- verlaufs von angelernten Arbeitskräften und durch spezifische Arbeitseinsatz- und Gratifikations- strukturen, die in Betriebstypen mit Anlernung nicht vereinbar waren.

2.1 Strukturmusterdes “KlassischenAnlernbetriebes derProzeßproduktion” - Struktur- typ I

Die Betriebe mit Implementationsproblemen stellten sich als “Klassischer Anlernbetrieb der Prozeß- produktion” dar. Die Qualifizierung von Arbeitskräften durch erfolgt durch Anlernung. Die Arbeits- kräfte werden auf Arbeitsplätze ohne spezifische Qualifikationsanforderungen, aber mit hohen körperli- chen Anforderungen eingesetzt. Diejenigen Arbeiter, die sich bewähren, steigen vom Status des Hilfsarbeiters in den des angelernten Produktionsarbeiters auf. Eine Anlernung erfolgt, durch Be- obachtung der Produktionsanlagen und der Tätigkeit der Kollegen, in Zusammenarbeit mit Arbeits- kräften des gleichen oder höheren Qualifikationsniveaus, aber auch durch fragen und langjährige Sammlung von Routine. D.h. es entsteht ein Lernprozeß im Kontext von sehr spezifischen Strukturbe- dingungen der Nutzung der Arbeitskraft.

2.1.1 Typischer Berufsverlauf des Angelernten

Die Arbeitskräfte kommen meist aus Handwerk oder Kleingewerbe, wo sie auch ihre Ausbildung absolvierten, d.h. sie besitzen keine entsprechenden fachlichen Qualifikationen des einstellenden Betriebes. Der Einsatz erfolgt auf Arbeitsplätzen mit geringen oder keinen spezifischen fachlichen Anforderungen, aber mit hohen körperlichen Belastungen. Diese Arbeitsplätze beinhalten meist auch eine niedrige Lohneinstufung. Von diesem Einstiegsniveau sind über die Jahre hinweg Aufstiege möglich, die eine bessere Entlohnung, bessere Arbeitsbedingungen und Arbeitsinhalte und damit verbundene Qualifizierungsmöglichkeiten beinhalten. Diese Aufstiege sind wegen hohen körperlichen Belastungen und der daraus entstehenden gesundheitlichen Schäden notwendig.

Aufstiege in Führungspositionen gelten nur für einen begrenzten Teil der Arbeitskräfte. Sie erfolgen nach Betriebszugehörigkeitsdauer (betriebliche Seriosität) und nach Bewährung in bezug auf Leistungs- fähigkeit und -willigkeit, einschließlich der Fähigkeit und Willigkeit der selbstständigen Qualifizierung. Meist dauern sie sehr lange und wenn sie überhaupt erreichbar sind, erfordern sie ein großes Maß an Anstrengung und Durchhaltevermögen.[4]

Es herrscht eine hohe Arbeitsplatzsicherheit, da für den Betrieb eine hohe Abhängigkeit von den angelernten Arbeitskräften wegen langjähriger Anlernung besteht. Jedoch besteht diese Sicherheit nur solange der Gesamtpersonalbedarf gleich bleibt oder steigt. Daraus folgt, dass die Arbeitskräfte sehr lange in Betrieb bleiben, meist sogar bis zum Ende der Erwerbstätigkeit. Die Arbeitsplatzsicherheit besteht nur solange, bis die in der Regel nur anlagenspezifische Qualifikation noch den aktuellen Anforderungen des Betriebes entspricht und solange ihr Arbeitsvermögen, ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit noch nicht verbraucht sind. Ansonsten sind Abstiege die Folge, welche die Ursache hoher soziale Risiken der Erwerbstätigkeit beinhalten. Eine Entwertung der Qualifikationen erfolgt durch grundlegende technische und/oder arbeitsorganisatorische Neuerungen und die durch die Betriebs- Betriebsteil- oder Anlagenspezifik ihrer Qualifikation bedingte Unmöglichkeit, auf gleichem Niveau in einem anderen Betrieb oder andere Abteilung des Betriebes zu wechseln.[5]

Die einzige Chance gegen die Risiken des Abstiegs ist der Versuch in untere Führungspositionen zu kommen, welche z.B. durch Meisterlehrgänge realisiert wird.

[...]


[1] vgl. Drexel, S. 65

[2] vgl. ebd. S. 68

[3] vgl. Drexel, S. 72

[4] vgl. Drexel S. 85

[5] vgl. ebd. S. 86

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Drexel - Betriebliche Qualifikationsstruktur- und Reproduktionsmuster
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Institut für Soziologie)
Autor
Jahr
1999
Seiten
17
Katalognummer
V10221
ISBN (eBook)
9783638167154
Dateigröße
402 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Drexel, Betriebliche, Qualifikationsstruktur-, Reproduktionsmuster
Arbeit zitieren
Eva-Maria Müller (Autor:in), 1999, Drexel - Betriebliche Qualifikationsstruktur- und Reproduktionsmuster, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10221

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