Der Krieg auf dem Balkan und der Friedenseinsatz der Bundeswehr


Seminararbeit, 2001

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Der Krieg auf dem Balkan und der Friedenseinsatz der Bundeswehr

1. Einleitung

Im letzten Jahrzehnt des zweiten Jahrtausends wurden die europäischen Völker von einem Krieg „überrascht“ den es eigentlich nicht hätte geben dürfen.

Beinahe 50 Jahre sorgte der „Kalte Krieg“ mit seiner „Overkill“-Bedrohung für Frieden bzw. Waffenruhe auf dem europäischen Kontinent. Kriege, Friedenssicherung und humanitäre Hilfe waren Erscheinungen und Aufgaben die andere, weit weg liegende, Kontinente betrafen. Urplötzlich und unmittelbar war die europäische Gemeinschaft und damit auch die Bundesrepublik Deutschland durch einen Krieg vor der eigenen Haustür zu schnellem Handeln gezwungen. Für die Bundesrepublik Deutschland stellte sich erstmalig auch die Problematik des Einsatzes der Bundeswehr nicht als Teil einer UN-Friedenstruppe sondern als Armee mit Kampfauftrag unter NATO-Kommando.

Die politischen und ethischen Meinungen und Überzeugungen über den Einsatz des eigenen Militärs auf einem fremden Territorium gingen und gehen weit auseinander. Alle an diesem Disput beteiligten Parteien haben aber Argumente, die für sich gesehen durchaus überzeugen.

Diese Hausarbeit hat den Anspruch davon zu überzeugen, dass ein Konflikt wie der im ehemaligen Jugoslawien nur gelöst bzw. entschärft werden kann, durch die kombinierte und aufeinander abgestimmte Tätigkeit der zivilen, staatlichen und privaten, Organisationen und Initiativen, im Rahmen der internationalen Gemeinschaft, und der Bundeswehr als Armee einer Demokratie unter deren Primat.

Meine These ist es, dass Politik und Gesellschaft durch diese Konflikte aufgefordert sind zu handeln, es aber auch außer Frage steht, dass das Militär und die in ihm dienenden Soldaten Teil der Gesellschaft sind und damit, unter dem Primat der Politik, ebenfalls in das aktive Handeln einbezogen werden sollten.

Im Verlauf der Hausarbeit werde ich erkennbar machen, dass die internationale Staatengemeinschaft alle diplomatischen Versuche unternommen hat um zum Frieden zurück zu führen. Leider sind diese Versuche sämtlich gescheitert, zum Teil wegen des Unvermögens von UNO und EG, zum Teil wegen des Unwillens der beteiligten Konfliktparteien.

So kam es zu einer Situation die ein ehemaliger UN-Generalsekretär, bezogen auf einen anderen Konflikt, treffend mit den Worten bezeichnete:“ Es ist kein Job für Soldaten, aber nur Soldaten können ihn tun.“

2. Hintergrund und Entwicklung des Konfliktes

Der Balkan und das Gebiet des ehemaligen Jugoslawien war schon immer eine durch Vielvölkerstaaten geprägte Region. Unter der Herrschaft des Osmanischen Reiches muslimischer Prägung, der Herrschaft der Habsburger Monarchie christlicher Prägung und zuletzt als Sozialistische Förderative Republik Jugoslawien sozialistischer Prägung ist er wegen der vorhandenen ethnischen Gegensätze nie zur Ruhe gekommen. Extreme Ereignisse des Kampfes der im 19. und 20. Jahrhundert konstruierten bzw. „erfundenen“ Nationen (S. 20, Krieg in Europa) waren die „Flurbereinigungen“ der Balkankriege 1912/13 und die ethnischen Säuberungen 1941/45 (S. 26, Krieg in Europa).

Nach dem Tode Titos, 1980, hatte das serbisch dominierte zentralisierte System auf Dauer keinen Bestand, da es nicht gelang oder nicht gelingen wollte die wirtschaftlichen und kulturellen Voraussetzungen für eine problemfreie Integration der nicht-serbischen Volksgruppen Jugoslawiens in einen gemeinsamen förderativen Staat zu schaffen. In allen jugoslawischen Republiken befanden sich seit den Wahlen von 1990 mehr oder minder nationalistische Führungen an der Macht. Sie alle setzten als bestimmendes Herrschaftsinstrument eine nationalistische Politik ein, die die selbstgeforderten Rechte anderen nicht zugestehen wollte, eine politische Kultur die für einen förderativen Staat den Untergang bedeutet (S. 28, Krieg in Europa).

Nach dem Zerfall des alten Jugoslawien, der mit den Unabhängigkeitserklärungen von Slowenien und Kroatien im April/Mai 1990 begann, sich mit dem Parlamentsbeschluß Sloweniens zum Austritt aus dem jugoslawischen Staatsverbund am 19.02.1990 steigerte und mit der Resolution des kroatischen Parlaments zur Auflösung Jugoslawiens vollzogen hatte, strebten die meisten nicht-serbischen Volksgruppen die eigene autonome Staatlichkeit an. Die serbische Führungselite des ehemaligen Jugoslawien und viele Führer der serbischen Volksgruppen in den verschiedenen Regionen dagegen (siehe Karte 1) strebten einen neuen serbisch dominierten Staat Jugoslawien bzw. als Alternative ein Groß-Serbien an. Sie scheuten dabei keineswegs vor der Anwendung von Gewalt zurück. Allerdings waren auch die anderen zwei großen Ethnien, Kroaten und Moslems, bereit zur Durchsetzung ihrer Interessen Gewalt anzuwenden.

So begann 1991 mit der Besetzung der Plitvitzer Seengebiete durch die Jugoslawische Volksarmee zur Unterstützung serbischer Freischärler der Krieg in Kroatien. Ein dreiviertel Jahr später, am 15. Oktober 1991 erfolgte die Unabhängigkeitserklärung Bosnien-Herzegowinas und im Frühjahr 1992 die Proklamation der „Serbischen Republik“ innerhalb Bosnien-Herzegowinas und dadurch bedingt der Ausbruch eines Bürgerkrieges zwischen Serben, Kroaten und Muslimen.

1992 gab es also auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien einen Krieg zwischen der serbisch dominierten BR Jugoslawien und der Republik Kroatien sowie einen Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina mit Unterstützung der serbischen Kriegspartei durch Serbien und der Unterstützung der kroatischen Kriegspartei durch Kroatien.

Im Verlauf der folgenden 3 Jahre bis 1995 kam es zu wechselnden Gebietsverlusten und - gewinnen, verbunden mit den Massenfluchten der jeweils unterlegenen Volksguppen sowie Vertreibungen und ethnischen Säuberungen. Parallel dazu fand der „Krieg auf dem Parkett“ mit end- und fruchtlosen Verhandlungen auf politischer Ebene zwischen den Kriegsparteien und den internationalen Gremien statt.

1993 einigten sich die drei Kriegsparteien in Bosnien-Herzegowina auf eine gemeinsame Förderation mit drei ethnischen Regionen. Im selben Jahr kam es im September zu Gefechten zwischen kroatischen und muslimischen Truppen in Zentral- und Südbosnien, nach 12 Tagen beschließen Kroatien und Bosnien-Herzegowina jedoch die Feindseligkeiten einzustellen. 1994, am 31. Januar, kam es zu einer Generalmobilmachung in der „Republik Serbien“ in Bosnien-Herzegowina und am 18. März 1994 unterzeichneten Muslime und Kroaten einen Vertrag zur Bildung einer Förderation. Damit war die politische Einigung von 1993 über eine gemeinsame Förderation zerbrochen, die erst am 31. Dezember 1994 durch die Einigung über die Einstellung der Feindseligkeiten zwischen bosnischen Serben und Muslimen, nach 1000 Tagen Krieg, und dem am 02. Januar 1995 erfolgendem Anschluß an die Waffenruhe durch die bosnischen Kroaten unter neuen Verhältnissen wieder in Kraft trat.

Damit herrschte zu diesem Zeitpunkt auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien faktisch Waffenruhe jedoch begann am 01. Mai. 1995 Kroatien eine Offensive gegen die KrajinaSerben in Westslawonien. Die Krajina-Serben antworten auf diese Aggression mit dem Beschuss der kroatischen Hauptstadt Zagreb woraufhin der kroatische Präsident Tudjman das Ende der Offensive verkündete. Am 04. August 1995 startete Kroatien dann einen zweiten Versuch zur Rückeroberung der Krajina der für Kroatien erfolgreich endet.

Während dieser mehrere Jahre andauernden bewaffneten Konflikte mit wechselnden Bündnissen kam es zu direkten Angriffen der bosnischen Serben gegen die UN-Schutzzonen Srebrenica, Zapa, Gorazde, Tuzla, Sarajewo und Bihac und die diese Zonen sichernden UNPROFOR-Soldaten.

So wurde am 19. April 1993 die Stadt Srebrenica, mit der UN-Resolution 819 vom 16. April 1993 zur Schutzzone erklärt ,durch bosnisch-serbische Belagerer zur Kapitulation gezwungen. Weiterhin wurde 1994 die ostbosnische Stadt Gorazde belagert und im Dezember 1994 wurden 400 Blauhelm-Soldaten von bosnischen Serben als Geiseln genommen. 1995 nahmen Serben erstmals Blauhelm-Soldaten zum Schutz gegen weitere NATO-Luftangriffe in Bosnien als Geiseln und verbrachten sie an für sie taktisch bedeutsame Orte. Am 11. Juli 1995 eroberten Serben die UN-Schutzzone Srebrenica und wenige Tage später die Schutzzone Zepa.

Die am bedeutsamsten Angriffe der bosnischen Serben auf UN-Schutzzonen waren wohl die auf die über 4 Jahre eingekesselte Stadt Sarajewo, die erst am 14. September 1995 mit dem Abzug der schweren Waffen der bosnischen Serben und dem an diesem Tage eintretendem Waffenstillstand endeten.

Am 12. Oktober 1995 trat dann, nach 4 Jahren Krieg, Vernichtung, Zerstörung und Vertreibung, ein für ganz Bosnien-Herzegowina geltender endgültiger Waffenstillstand in Kraft. Mit diesem Tage herrschte auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien erstmals vollständ ige Waffenruhe.

Die deutsche Politik zum Balkan-Konflikt

Die aktive Politik der Bundesrepublik Deutschland zum Balkan-Konflikt begann am 23. Dezember 1991 mit der diplomatischen Anerkennung von Slowenien und Kroatien. Die grundsätzliche Überlegung, diesen Staaten durch diplomatische Anerkennung einen größtmöglichen Schutz vor militärischer Intervention zu geben, wurde allerdings nicht erreicht und von den Mitgliedsstaaten der EU als „Alleingang“ kritisiert. Anschließend daran war die deutsche Politik zum Balkan-Konflikt in ihrem weiteren Verlauf wieder eng in die Arbeit von UNO, OSZE, NATO und EU eingebettet.

Nach langwierigen kontroversen und leider auch durch Parteipolitik bestimmten Diskussionen in Politik und Gesellschaft setzten sich dann die Kräfte durch, welche trotz der besonderen Vergangenheit Deutschlands, für ein auch militärisches Engagement im ehemaligen Jugoslawien plädierten.

Der Deutsche Bundestag billigte am 06. Dezember 1995 mit großer Mehrheit die Beteiligung deutscher Soldaten an der von der NATO geführten Operation zur Unterstützung und Durchsetzung der Friedensvereinbarungen im ehemaligen Jugoslawien. Damit war die rechtliche Grundlage für einen Einsatz gegeben, der nach Art und Umfang einen neuen Abschnitt in der deutschen Außenpolitik und in der Bundeswehr bedeutete. Das Bundesverfassungsgericht hatte am 12. Juli 1994 entschieden, dass deutsche Soldaten ohne Einschränkung an internationalen UN-Friedensmissionen außerhalb des Bündnisgebietes der NATO teilnehmen können. In jedem einzelnen Fall ist aber die Zustimmung des Bundestages mit einfacher Mehrheit Voraussetzung.

Dem vorausgegangen waren am 15. Juli 1992 der Kabinettsentschluß der deutschen Bundesregierung zur Teilnahme der deutschen Marine an Embargoüberwachungsmaßnahmen in der Adria und ab Juli 1992 die Beteiligung der deutschen Luftwaffe an der Luftbrücke zur Versorgung Sarajewo.

Am 08. April 1993 entschied das Bundesverfassungsgericht über den Einsatz deutscher Soldaten in AWACS-Aufklärern zur Durchsetzung des von der UNO verhängten Flugverbotes über Bosnien-Herzegowina. Im April 1994 wies das Bundesverfassungsgericht Einwände politischer Parteien zum AWACS-Einsatz zurück und Ende des Monats billigte die Koalitionsmehrheit von CDU/CSU und FDP im Bundestag den Einsatz. Im Dezember 1994 sicherte die Bundesregierung der UNO bzw. NATO die grundsätzliche Unterstützung zum Schutz der UNPROFOR zu und präzisierte diese Zusage im Februar 1995 mit der Bereitstellung eines Feldlazarett sowie Aufklärungs- und Transportflugzeugen. Am 30. Juni 1995 stimmte der deutsche Bundestag der Unterstützung des „Schnellen Einsatzverbandes“ mit Sanitätern und Kampfflugzeugen zu.

Das Scheitern der UNO im ehemaligen Jugoslawien

Die Aktivitäten der UNO lassen sich prinzipiell in drei Bereiche gliedern.

Erstens die diplomatischen Interventionen durch Resolutionen und Verhandlungen, zweitens die Stationierung von Blauhelm-Truppen (UNPROFOR) im Kriegsgebiet zur Überwachung der Sanktionen und zur Sicherstellung humanitärer Hilfe für die Bevölkerung sowie drittens, als neues Instrument, die „Schutzzonenpolitik“ die prinzipiell darauf hinaus läuft sichere Bereiche für die Zivilbevölkerung zu schaffen in denen sie vor Übergriffen wie Mord, Vertreibung und anderen Kriegsverbrechen geschützt ist.

Begleitet wurden diese Maßnahmen von intensiven diplomatischen Bemühungen die Kriegsparteien zu einem Waffenstillstandsabkommen zu bewegen und zum Frieden zurück zu finden.

Die Verhängung von UN-Resolutionen ist zunächst die Grundlage für Aktivitäten der UNO und im weiteren für konkrete Auswirkungen auf die betroffene Bevölkerung, so zum Beispiel die UN-Resolution 721, die Bedingungen für die Stationierung von Friedenstruppen der UN im ehemaligen Jugoslawien festlegt. UN-Resolutionen dienen aber auch als Mittel auf Parteien einzuwirken, die sich einer konstruktiven Zusammenarbeit entziehen, wie zum Beispiel die UN-Resolution 757, in der die Verhängung eines Handelsembargos gegen Serbien und Montenegro beschlossen wurde.

Die Stationierung von Blauhelm-Soldaten im Kriegsgebiet dient zunächst der Überwachung, ob die Kriegsparteien sich an die Resolutionen halten. Jedoch haben die Blauhelm- Truppen nicht das Mandat diese Resolutionen durchzusetzen, da sie ausdrücklich als Beobachter fungieren.

Spätestens an diesem Punkt beginnt das Scheitern der UNO im ehemaligen Jugoslawien.

Die Kriegsparteien Serbien, unter Führung von Milosevic, und Kroatien unter Führung von Tjudman haben wiederholt gegen die in den Resolutionen beschlossenen Maßnahmen verstoßen und haben zum Teil das Vorgehen ihrer Einheiten gegen Blauhelm- Truppen gefördert bzw. geduldet. So zum Beispiel Ende Mai 1995, als Serben erstmals UN-Soldaten zum Schutz gegen weitere NATO-Luftangriffe in Bosnien als Geiseln nehmen. Ein weiteres Beispiel für das Scheitern der UNO in Jugoslawien ist die Schutzzone Srebrenica.

Durch UN-Resolution 819 wurde Srebrenica am 16. April 1993 zur Schutzzone erklärt. Zur Sicherung dieser Schutzzone waren ca. 400 niederländische Blauhelm-Soldaten eingesetzt. Am 19. April 1993, drei Tage später, kapitulierte die Stadt Srebrenica gegenüber den bosnisch-serbischen Belagerern und die Blauhelm-Soldaten waren aufgrund ihres Mandates nicht in der Lage die Zivilbevölkerung zu schützen. Ergebnis dieses gescheiterten Einsatzes der Blauhelm- Truppe war die ethnische Vertreibung von tausenden Menschen und eines der größten Massaker an der Zivilbevölkerung in Bosnien-Herzegowina.

Ein weiterer Punkt ist die tatsächliche logistische Unfähigkeit der UNO.

So gab es für die Blauhelm- Truppen nur mobile Fernmeldeverbindungen in das UN-Hauptquartier in New York in dem in einem kleinem Büro ein Koordinator zu den „üblichen“ Bürozeiten anzutreffen war. Daher konnte die UNO also nicht adäquat auf aktuelle Entwicklungen im Kriegsgebiet, die schnelles Handeln erforderlich machten, reagieren. Auf der Suche nach einem neuem Mittel die Politik und Absichten der UNO durchzusetzen fand sich in der damaligen politischen Situation nur eine Alternative - die NATO. Nach dem die UNO in ca. drei Jahren mit der traditionellen Methode der Blauhelm- Truppe gearbeitet und der Weltöffentlichkeit zu sehens „vorgeführt“ wurde gibt sie 1994 das Mandat an die NATO die Blauhelm- Truppen zu unterstützen.

Vom 09. Februar 1994, mit dem Ultimatum der NATO an die Serben, ihre schweren Waffen aus der Schutzzone Sarajewo abzuziehen, bis zum 12. Oktober 1995, schafft es die NATO die Resolutionen der UNO durchzusetzen und zu einem endgültigem Waffenstillstand in Bosnien-Herzegowina zu kommen.

Wesentliches Mittel das den Blauhelm- Truppen per definition verboten ist, war der Einsatz und die Anwendung militärischer Gewalt, nach dem die diplomatischen Bemühungen scheiterten.

Das Friedensabkommen von Dayton

Am 21. November 1995 kam es in Dayton zur Unterzeichnung eines Vertrages der die Übereinkünfte für einen Frieden in Bosnien-Herzegowina beinhaltet. Diese Übereinkunft wurde von der Republik Bosnien-Herzegowina, der Bundesrepublik Jugoslawien und der Republik Kroatien unterzeichnet. Zur Übereinkunft kam es durch die UN-Kontaktgruppe in der die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Russland vertreten waren. Das sogenannte „Dayton-Abkommen“ verpflichtet die ehemaligen Kriegsparteien die volle Souveränität der jeweils anderen Vertragspartner zu respektieren, die Menschenrechte durchzusetzen und die Rechte der Kriegsflüchtling zu erfüllen.

Im weiteren werden in 11 Punkten die Aspekte Militär, regionale Stabilität, inter-ethnische Grenze, Menschenrechte, Flüchtlingsrückkehr, internationale Polizei u.a.m. festgelegt. Grundlage für die Gestaltung des Friedens ist die militärische Absicherung, niedergelegt in Artikel 1. In ihm ist festgelegt, dass die am 05. Oktober 1995 eingetretene Waffenruhe Grundlage aller Entwicklung ist und fortgesetzt werden wird. Weiterhin wird vereinbart, dass fremde Truppen sich innerhalb von 30 Tagen auf ihre jeweilige Seite der IEBL (siehe Karte 2) zurück ziehen müssen und schwere Waffen und Truppen sich in die Kasernen zurück ziehen. Dort ist mit der Demobilisierung zu beginnen.

Wesentlich ist, dass alle Vertragspartner die Stationierung von IFOR-Truppen unter NATO- Kommando, autorisiert durch die UNO, akzeptieren und den IFOR-Truppen das Recht zugestehen Maßnahmen zur Unterstützung des Dayton-Abkommens zu ergreifen. Die Durchführungsbestimmungen zur regionalen Stabilisierung verpflichten die Vertragspartner mit der OSCE zusammen zu arbeiten, so zum Beispiel auf den Kauf von Waffen und Kriegsgerät zu verzichten, das vorhandene Kriegsgerät gegenüber der OSCE aufzulisten u.a.m..

Zweite und ebenfalls bestimmende Grundlage ist die Einrichtung einer Zwischen-Ethnischen Grenze zwischen der Förderation von Bosnien und der bosnischen Serbischen Republik auf dem Gebiet Bosnien-Herzegowina, die Garantie das Sarajewo allen Ethnien offen steht und es einen Korridor zwischen Sarajewo und der Stadt Gorazde gibt. Über den Status der Stadt Brcko wird in einem Jahr entschieden.

Im Punkt Wahlen und Verfassung sind die Regularien für demokratische und freie Wahlen für alle Ethnien und die Errichtung von Verfassungsorganen festgelegt. Die OSCE nimmt in diesem Punkt die Stellung eines Supervisors ein.

Zur Thematik Menschenrechte und Flüchtlinge sagt der Vertrag, dass die international gültigen Menschenrechte Grundlage des staatlichen Handelns sind und die Flüchtlingsrückkehr an ihre Herkunftsorte besonderes Gewicht hat.

In weiteren Punkten sind die Organisation öffentlich-rechtlicher Körperschaften (z.B. Handel, Versorgung, Eisenbahn und Verkehr), Grundlagen der zivilen Ausführung bzw. Durchsetzung der Zusammenarbeit mit IFOR und der internationalen Polizei IPTF geregelt.

Der Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der IFOR

Die Beteiligung der Bundeswehr an der Friedensmission auf dem Balkan läßt sich grundsätzlich in fünf zeitliche und inhaltliche Abschnitte gliedern.

So wäre zunächst im Rahmen der humanitären Hilfe die Beteiligung an der Luftbrücke zur Versorgung Sarajevo und Ost-Bosnien zu nennen in deren Verlauf durch die deutsche Luftwaffe vom 04. Juli 1992 bis zum 19. August 1995 in über 1.720 Einsätzen ca. 12.900 Tonnen Hilfsgüter transportiert bzw. abgeworfen wurden. Diese Einsätze fanden ausschließlich unter der UN-Flagge statt und führten zu einer hohen Gefährdung der Besatzungen durch bosnisch-serbische Truppen. Im Verlauf dieser Operation war die Gefährdung der Beteiligten oft so hoch, dass die Luftbrücke über Tage eingestellt werden mußte.

Ein weiterer Bereich ist die Überwachung des Handels- und Waffenembargos.

Seit Juli 1992 wurden im Auftrag der NATO und der WEU in den Operationsgebieten Otrano und Montenegro, einschließlich der Hoheitsgewässer Albaniens und Montenegros die Überwachung des Handels- und Waffenembargos durchgeführt.

Die deutsche Marine beteiligte sich mit zwei Schiffseinheiten, drei Seeaufklärern und 60 Soldaten. Die Bilanz bis zum Ende des Mandates am 22. November 1995 beträgt 74332 abgefragte Schiffe, 5.975 kontrollierte Schiffe und 1.416 umgeleitete Schiffe. Durch Fernaufklärer wurden 695 Einsätze geflogen. Auch die Einsätze der Marine fanden unter der UN-Flagge statt.

Die dritte Maßnahme an der sich die Bundeswehr beteiligte war die Unterstützung des Schnellen Einsatzverbandes.

Ziel des aus zwei Brigaden (ca. 10.000 Mann) bestehenden Schnellen Einsatzverbandes war es, die Bewegungsfreiheit der UNPROFOR-Friedenstruppen in Bosnien-Herzegowina zu gewährleisten und deren Durchsetzungsfähigkeit zu erhöhen. Die deutsche Beteiligung begann am 08. August 1995 und endete am 20. Dezember 1995 mit der Übernahme der Verantwortung für die Operationen im ehemaligen Jugoslawien durch die NATO. Beteiligt war ein Kontingent des Heeres in Kroatien mit ca. 530 Soldaten zum Betrieb eines deutsch-französischen Feldlazarett mit allen wichtigen Facharztabteilungen sowie beweglichen Arzttrupps (BAT) auf gepanzerten und ungepanzerten Fahrzeugen.

Der nächste Bereich, der auch einen neuen Aspekt der Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland darstellt, ist die Teilnahme der Bundeswehr an der Operation Implementations Force - IFOR.

Vom 20. Dezember 1995 - 19. Dezember 1996 war die Bundeswehr mit drei Kontingenten von jeweils ca. 4.000 Soldaten am Auftrag der IFOR-Truppen beteiligt. Ziel des IFOREinsatzes war es, den Friedensprozess im ehemaligen Jugoslawien auf der Basis des DaytonAbkommens zu unterstützen.

Die Bilanz, bezogen auf unmittelbare Leistungen, gliedert sich in die vier Bereiche Heer, Sanitätsdienst, Luftwaffe und Marine.

Im Bereich Heer sind 5.615.000 gefahrene Kilometer für Aufträge durch IFOR zu verbuchen. Diese Aufträge dienten sowohl der Versorgung der IFOR-Truppen als auch der Lieferung von Hilfsgütern an die Bevölkerung. Diese Transporte die 34.550 t Fracht und 12.100 m3 Betriebsstoffe beförderten führten durch die Bereiche aller Ethnien und erforderten oft ein diplomatisches und dabei starkes Auftreten der Soldaten. An die Fähigkeit des neutralen Verhaltens wurden oft hohe Anforderungen gestellt. Insgesamt wurden 492 Konvois bzw. Transporteinsätze durchgeführt.

In 1.056 Lufttransporteinsätzen, oftmals in schwer erreichbare Regionen, wurden 5.010 Flugstunden abgeleistet um ebenfalls Fracht- und Personentransporte durch zu führen. An 45 Pioniereinsatzstellen setzten Soldaten der Bundeswehr 9 Brücken instand bzw. bauten sie unter oft schwierigsten Bedingungen neu.

So kann ich aus eigenem Erleben vom Brückenneubau in Ustikolina, Gorazde-Korridor, über die Save berichten, in der Soldaten meist in Handarbeit, bis zur Brust im Wasser stehend bei teilweise winterlichen Wetterbedingungen eine für den Personenverkehr vorgesehene Brücke innerhalb weniger Wochen bauten. Der Einsatz von Baumaschinen war aufgrund der geographischen Verhältnisse nicht möglich.

Weiterhin wurden durch Soldaten der Bundeswehr im Gorazde-Korridor 35 km Straße neu gebaut um es den dort ansässigen muslimischen Bewohnern zu ermöglichen die Hauptstadt Sarajevo zu erreichen ohne sich durch serbisch bewohntes Gebiet zu bewegen. Für diese 35 km Straße mussten zusätzlich Querneigungen und Hangabstriche in 4.000 m Länge geschaffen werden sowie 11 Ausweichstellen und 5.000 m Abwassergräben gebaut werden.

Zusätzlich wurden in anderen Bereichen Bosnien-Herzegowinas 21 km Straßenerhaltungsmaßnahmen durchgeführt. Diese Baumaßnahmen mussten unter ständiger militärischer Sicherung erfolgen da es ständig zu Versuchen von Sabotage und bewaffneten Angriffen durch lokale Einheiten kam (siehe Einsatztagebuch).

Auf einem Gebiet in dem es im Laufe der Kriegshandlungen zu einer geschätzten Verlegung von 6 Millionen Minen kam wurden durch Soldaten der Bundeswehr 38.200 m MinenRäumung durchgeführt.

Der Sanitätsdienst der Bundeswehr kann in seiner Leistungsbilanz 17.984 Behandlungen ambulanter Patienten und 2.721 Behandlungen stationärer Patienten verzeichnen. Diese Patienten wurden im Feldlazarett der Bundeswehr in Trogier, Kroatien, behandelt und sind oft auf dem Luftweg transportiert worden.

Die Luftwaffe der Bundeswehr flog 1.006 ECR-Einsätze (Electronic Combat Reconnaissance) und 1.085 RECCE-Einsätze (Reconnaissance) zur Überwachung von Kasernen und Truppenbewegungen in Bosnien-Herzegowina um die Bestimmungen des Dayton-Abkommens bezogen auf die militärischen Kräfte der ehemaligen Kriegsparteien durch zu setzen. Zusätzlich gab es bei der Luftwaffe 750 Lufttransporteinsätze.

Die Marine verzeichnet 29 Einsätze von Zerstörern/Fregatten, 4 Tankereinsätze sowie 29 Einsätze zur Seeraumüberwachung aus der Luft.

Weiterhin gab es 132 Einsätze zur elektronischen Überwachung.

Diese oben aufgeführten Leistungen sind durch zivile Hilfsorganisationen nicht zu erbringen, da ihnen weder die logistischen, materiellen noch personellen Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Sie sind aber notwendig um einen Rahmen für die , später und parallel einsetzende, erfolgreiche Arbeit der zivilen Hilfsorganisationen zu schaffen.

Als ein letzter Bereich ist das Projekt CIMIC ( Civil Military Cooperation) und die ZIPB ( Zivile Infrastruktur Projektbegleitung) zu nehnen.

Der deutsche CIMIC-Verband unterstützt die Maßnahmen des Beauftragten der deutschen Bundesregierung für die Flüchtlingsrückkehr und den rückkehrbegleitenden Wiederaufbau (BEA) durch Informationsgewinnung und Begleitung ziviler Infrastrukturprojekte. Zur Zeit sind ca. 100 Soldaten im Bereich CIMIC eingesetzt.

Kernaufträge sind die Gewinnung, Verdichtung und der Austausch von Informationen sowie die Weitergabe der gewonnenen Erkenntnisse an den BEA in Form bewerteter Berichte. Die Begleitung von Klein- und Einzelprojekten zur Wiederherstellung der zerstörten Infrastruktur und die Koordination der Hilfe sind ebenfalls eine Hauptaufgabe. Die Berichte sind Entscheidungshilfen bei der Koordination der Rückkehr der Flüchtlinge, sie beinhalten u.a. den Bereitschaftsgrad der Bevölkerung Flüchtlinge auf zu nehmen, den Zustand der Wohngebäude, die wirtschaftliche Situation und die öffentliche Sicherheit. Am 15. September 1997 wurde der deutsche CIMIC-Verband um die ZIPB erweitert die den Wiederaufbau begleitet und durch Mittel der EU, der Weltbank und anderer Geldgeber finanziert wird.

Zusammenfassung

Anspruch der Hausarbeit war es überzeugend darzustellen, dass der Konflikt auf dem Balkan nur mit kombinatorischen Methoden, zivile und militärische Implementation, gelöst bzw. entschärft werden kann. Daher war es wichtig die Realität im Lande darzustellen.

Zum Frieden kam es nur durch den Einsatz der NATO.

Im Teil „Hintergrund und Entwicklung des Konfliktes“ habe ich dargestellt, dass die bisherigen Waffenstillstandsabkommen äußerst brüchig und kurzlebig gewesen sind was unter anderem zur Folge hatte, dass die schon während des Konfliktes stattgefundene humanitäre Hilfe permanent unterbrochen wurde und oft nicht weitergeführt werden konnte. Es folgt also, meiner Meinung nach zwangsläufig, das ein dauerhafter Frieden für alle Seiten nur durch internationale militärische Präsenz gesichert werden kann.

Das diese Militärmacht auch das Recht haben muss angemessene militärische Gewalt einzusetzen ist durch die Schilderung über den Missbrauch der UNPROFOR durch die Kriegspartein dargestellt.

Während des gesamten Zeitraumes in dem die internationale Staatengemeinschaft Lösungen für den Konflikt suchte, stellte sich ihr ein grundlegendes Problem, sollten die „ethnischen Säuberungen“ durch den Status quo anerkannt werden oder sollen die Flüchtlinge das Recht haben an ihre Herkunftsorte zurück zu kehren?

Die UNO hat sich entschlossen die Vertreibungspolitik der beteiligten Kriegsparteien nicht zu sanktionieren und damit die Aussicht auf Beruhigung und Stabilisierung in der Region ohne fremde Hilfe unmöglich gemacht.

Es entspräche unserem westeuropäischem Idealbild auf den Einsatz von Militär zu verzichten, doch müssen alle Seiten akzeptieren, dass das Festhalten an diesem Ideal und der Versuch diesem entsprechend zu handeln wieder unnötige Blutopfer unter der Bevölkerung des Balkan fordern würde.

Die Menschen auf dem Balkan scheinen für ein interethnisches Zusammenleben im Frieden noch nicht gereift zu sein, daher denke ich das es die Pflicht der internationalen Staatengemeinschaft ist auf die Durchsetzung ihres Idealbild zu verzichten und später in einem neuen Anlauf zu versuchen dieses umzusetzen.

Anlagen

Quellenverzeichnis:

1. Krieg in Europa, Gaisbacher / Kaser / Promitzer / Sax / Schögler (Hg.) Graz 1992
2. Militär, Krieg, Gesellschaft, Günther Wachtler (Hg.) Campus Verlag Frankfurt/New York 1983
3. Summary of The Dayton Peace Agreement www. Summary of The Dayton Peace Agreement.htm vom 07.01.01 11:54
4. http://www. bundeswehr.de/im_einsatz vom 06.12.00 11:37
5. http://www. bundeswehr.de/publikationen vom 06.12.00 11:32
6. http://www.bundeswehr.de/im_einsatz_grundlagen/geschichte2.htm vom 06.12.00 11:19
7. Einsatztagebuch der 4. Kompanie / Jägerbataillon 292, Ofw Eckardt

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Karten:

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Der Krieg auf dem Balkan und der Friedenseinsatz der Bundeswehr
Hochschule
Alice-Salomon Hochschule Berlin
Veranstaltung
Seminar Grundlagen der Soziologie
Note
1,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
14
Katalognummer
V102170
ISBN (eBook)
9783640005598
Dateigröße
358 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Krieg, Balkan, Friedenseinsatz, Bundeswehr, Seminar, Grundlagen, Soziologie
Arbeit zitieren
Mike Eckardt (Autor:in), 2001, Der Krieg auf dem Balkan und der Friedenseinsatz der Bundeswehr, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102170

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