Konflikte in der Jugendarbeit - Bearbeitung und Lösung


Hausarbeit, 2001

33 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. VORWORT

II. THEORETISCHER TEIL
2.1 KONFLIKT UND AGGRESSION
2.1.1 Dynamik von Konflikten
2.1.2Konflikt
2.1.3Aggression
2.2 ENTSTEHUNG VON AGGRESSIONEN
2.2.1Die Trieb- oder Instinkttheorie
2.2.2Die Frustrations - Aggressions - Theorie
2.2.3Aggression als erlerntes Verhalten
2.3 SCHLUßFOLGERUNGEN AUS DEN THEORIEN ZUR ENTSTEHUNG VON AGGRESSION

III. THEORIEN ZUR KO NFLIKTBEARBEITUNG
3.1 DIE KONFLIKTMODERATION
3.1.1 Ziele vereinbaren und festlegen
3.1.2Kontakt aufnehmen und Beziehungen aufbauen
3.1.3Themen vereinbaren
3.1.4Sichtweisen klären
3.1.5Lösungsmöglichkeiten aushandeln
3.1.6Reflexion der Methode:„Konfliktmoderation“
3.2 DIE GLEICHALTRIGEN - (PEER -) MEDIATION
3.2.1Geschichtliche Hintergründe
3.2.2Voraussetzungen für ein erfolgreiches Mediationsprojekt
3.2.3Vorteile der Gleichaltrigen-Mediation
3.2.4 Ziele und Prinzipien
3.2.5Mediationsphase eins„Kontakt“
3.2.6Mediationsphase zwei„Beide Standpunkte verstehen“
3.2.7Mediationsphase drei„die persönliche Bedeutung des Konfliktes“
3.2.8Mediationsphase vier„von der Vergangenheit in die Zukunft“
3.2.9Mediationsphase fünf„Wiedergutmachung“
3.2.10Reflexion der Methode :„Gleichaltrigen - Mediation“
3.3 SCHLUßFOLGERUNGEN AUS DEN THEORIEN ZUR KONFLIKTBEARBEITUNG

IV. PRAKTISCHER TEIL
4.1 FALLBEISPIEL
4.2 KONFLIKTBEARBEITUNG DURCH MEDIATION
4.2.1 Institutionsanalyse
4.2.2 Situationsanalyse
4.2.3 Ziele
4.2.4Methodenzuordnung
4.2.5Durchführung
2.2.6 Reflexion
4.3 KONFLIKTBEARBEITUNG DURCH KONFLIKTMODERATION
4.3.1 Institutionsanalyse
4.3.2 Situationsanalyse
4.3.3 Ziele
4.3.4Methodenzuordnung
4.3.5Durchführung
4.3.6 Reflexion

V. REFLEXION

LITERATURVERZEICHNIS:

Abschlußerklärung

Konflikte in der Jugendarbeit

- Bearbeitung und Lösung -

I. Vorwort

Überall, wo sich Menschen in Gruppen begegnen und miteinander ihr Leben gestalten, kommt es zu Konflikten. Es wäre naiv, diese Tatsache zu ignorieren oder sie zu verdrängen. So ist es nicht verwunderlich, daß ich durch meine Arbeit als evangelischer Diakon in Ausbildung im Dekanatsbezirk Passau mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit täglich mit Konflikten zu tun habe. Es ist bezeichnend für Konfliktsituationen, daß sie anscheinend niemand mag. „Je schneller, desto besser“ heißt die Devise mit der die Konflikte gelöst werden sollen. Nicht selten kommt es vor, daß eine Partei sich zurücknimmt und getreu dem Motto „der Klügere gibt nach“ den Kopf in den Sand steckt und hofft, daß sich alles möglichst schnell von selbst klären wird.

Der Grund für mich, das Thema „Konflikte in der Jugendarbeit - Bearbeitung und Lösung“ zu wählen ist einfach. Ich sehe Konflikte als konstruktive Möglichkeit zur Veränderung und zum Wachstum junger Menschen auf ihrem Weg zum mündigen Mitglied der Gesellschaft. Im Konflikt kann ich viel über mich und andere lernen, über die eigene Einstellung zu Konflikten, den persönlichen Anteil daran, über förderliche und hinderliche Faktoren bei der Bewältigung von Konflikten und über Schlüsselqualifikationen und Kompetenzen der Kommunikation und Streßbewältigung.

So stehen sich diese beiden Polaritäten, also die Aversion gegenüber Konflikten einerseits und der potentielle Lernerfolg andererseits scheinbar unversöhnlich gegenüber, die ich mit dieser Arbeit in Einklang bringen möchte. Ziel soll sein, am Ende einen Überblick über verschiedene Methoden der Konfliktlösung, deren Vorteile und Hindernisse, praktische Erfahrungen mit ihrer Anwendung und eine gründliche Reflexion der theoretischen und praktischen Abschnitte zu liefern. Blauäugig wäre es zu erwarten, nach dem Studium dieser Lektüre eine Liste mit goldenen Regeln der Konfliktlösung in Händen zu halten, die immer und ausnahmslos einen Erfolg versprechen, weil menschliches Verhalten so komplex ist, daß es Patentlösungen nicht gibt.

II. Theoretischer Teil

2.1Konflikt und Aggression

„Konflikt“ und „Aggression“ sind Begriffe, die oft in einem Atemzug ausgesprochen werden. Dieses Phänomen läßt sich anhand der Dynamik von Konflikten beschreiben.

Abbildung 1:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Graphische Darstellung der Eskalationsdynamik.

2.1.1 Dynamik von Konflikten

1Wissenschaftliche Grundlagen stellen dar, daß Menschen immer wiederkehrende, typische Reaktionen zeigen, wenn sie in einen Konflikt verstrickt sind. Man kann diese Verhaltensweisen fast als Automatismus bezeichnen. Durch alle gesellschaftlichen Schichten und Bildungsgrade hindurch verläuft ein immer wiederkehrendes Muster, welches in Stufen beschrieben werden kann. Von fünf Stufen, die aufeinanderfolgen, hat jede einen eigenen Charakter, eigene Merkmale und eigene Inhalte. Während zu Beginn noch geschimpft und gehänselt wird, verschärfen sich die Provokationen und Reaktionen mit der Zeit, und die Beziehungen der Streitenden verschlechtern sich immer mehr. Einzelne sogenannte „issues“, also Auslöser bewirken das Betreten der nächsten Stufe.

- Die erste Stufe ist die Provokation, die nicht besprochen und geklärt wird. Diese erste Provokation kann auch ein mißgedeuteter Gesichtsausdruck oder eine fehlinterpretierte Gestik sein.
- Die zweite Stufe ist der Gesichtsverlust, bei dem eine oder beide Konfliktparteien vor einer Gruppe entblößt oder lächerlich gemacht werden.
- In der dritten Stufe wird nach Verbündeten gesucht, um die eigene Position zu verstärken. Die Verbündeten können auch juristische Personen wie Gerichte oder Polizei sein.
- In der vierten Stufe kommt es zum Einsatz von direkter, körperlicher oder indirekter, sachbezogener Gewalt. Auf dieser Stufe sind die verbalen Kommunikationswege für die Konfliktparteien nicht mehr zugänglich.
- Die fünfte und letzte Stufe der Dynamik von Konflikten ist die Zerstörung des anderen zum Preis der Selbstzerstörung. Das muß nicht zwangsläufig eine körperliche Zerstörung sein, sondern kann auch eine Vertreibung von Arbeitsplatz oder die Kapitulation der Gegenpartei bedeuten.

2.1.2 Konflikt

2Die Wurzel dieses Wortes liegt im Lateinischen und meint: Lautes Zusammenschlagen der Waffen von Beginn einer Schacht: „arma confligere“. In der chinesischen Sprache setzt sich das Wort „Konflikt“ aus zwei anderen Wörtern zusammen: „Gefahr“ und „Chance“, ein bemerkenswerter Umstand, aus dem Tischer folgende Definition ableitet: „Ein Konflikt liegt vor, wenn jemand in einem Gegensatz zueinem oder etwas anderem steht. Wenn unterschiedliche Ziele, Meinungen, Interessen,Wünsche sich gegenüberstehen die Chance ist, die Entwicklung positiv zu gestalten und im rechten Gleichgewicht zu bleiben ohne zu erstarren“.

2.1.3 Aggression

3 Die ursprüngliche Bedeutung von dem lateinischen Wort „aggredi“ heißt nichts anderes als herangehen, heranschreiten. Es geht also darum, wie ich an einen Konflikt herangehe. Ich kann dies auf unterschiedliche Weise tun. Ich kann mich durchsetzen, für mich oder eine Sache, ich kann zeigen, was ich will und kann, und ich kann für meine Sache mit körperlicher Gewalt kämpfen. Wir haben also verschiedene Möglichkeiten unsere „Aggression“ umzusetzen. Wenn uns die Alternativen ausgehen, stehen wir vor der Situation unsere Meinung mit körperlicher Gewalt durchzusetzen. Andererseits bietet sich uns auch die Möglichkeit, die Gewaltspirale zu durchbrechen und andere, kreative Wege zu beschreiten.

2.2 Entstehung von Aggressionen

4 An dieser Stelle sollen unterschiedliche Modelle für die Entstehung von Aggressionen angeführt werden. Ich beschränke mich dabei auf drei bedeutende Modelle bzw. Theorien.

2.2.1 Die Trieb- oder Instinkttheorie

Die psychoanalytische Theorie nach Sigmund Freud (1856 - 1939) nimmt neben dem Lebenstrieb (Libido) auch einen Todestrieb (Thanatos) an. Der Todestrieb hat die Zerstörung des Lebens zum Ziel. Damit bedeutet der Todestrieb Vernichtung und Zerstörung. Die psychoanalytische Theorie geht also davon aus, daß Aggression eine Erscheinungsform des Todestriebs ist.

Einer der Hauptvertreter der ethologischen Theorie ist der Verhaltensforscher Konrad Lorenz (1903 - 1989). Er geht davon aus, daß Aggression eine Instinktäußerung ist. Diese Äußerung hat verschiedenste (biologisch) nützliche Aufgaben. Die Energie für das Aggressionspotential wird in der Theorie fortlaufend neu gebildet und wiederum über Reize aus der Umwelt abgeführt. Es besteht die Möglichkeit, die aggressiven Energien zu kanalisieren und zu regulieren. Durch eine Ersatzhandlung, zum Beispiel sportlicher, künstlerischer oder geistiger Art, kann die überschüssige Energie abgebaut werden.

Als Kritik an den Trieb- oder Instinkttheorien ist an dieser Stelle aufzuführen, daß sie im Grunde menschliches Verhalten nicht beschreiben oder gar erklären. Diese Theorien schlußfolgern lediglich aus dem beobachteten Verhalten (auch von Tieren) auf einen inneren Trieb, der nicht nachgewiesen werden kann.

2.2.2 Die Frustrations - Aggressions - Theorie

Die Frustrations - Aggressions - Theorie ist auf den Psychologen John Dollard zurückzuführen. Das Kernstück dieser Theorie ist, daß auf jede Frustration eine Aggression folgt. Bei einem Experiment von Robert Sears, wurde einer Gruppe von Studenten unter „Laborbedingungen“ in gehäufter Form, Frustrationen zugefügt. Sie mußten Spiele vor dem eigentlichen Ende abbrechen, sie durften nicht rauchen, ihnen wurde das Sprechen untersagt und ähnliche Dinge. Im Verlauf des Experiments steigerten sich die aggressiven Äußerungen der Versuchspersonen. Der Versuch zeigt einen logischen Zusammenhang zwischen Frustration und Aggression.

Bei der Frustrations - Aggressions - Theorie gilt zu bedenken, daß der Mensch nicht ausschließlich mit Aggression auf Frustration reagiert. Die Theorie vernachlässigt die Fähigkeit des Menschen, frustrierende Erlebnisse auch auf kognitiver Ebene zu bewältigen.

2.2.3 Aggression als erlerntes Verhalten

Die bevorzugte Theorie der Lernpsychologen nimmt an, daß Aggression (wie auch alle anderen Verhaltensmuster) erlernt sind. Das bedeutet im einzelnen, daß an einem „attraktiven“ Modell, in Form eines Vorbildes, Verhaltensmuster abgeschaut werden. Ist das Modell mit dem aggressiven Verhalten erfolgreich, verstärkt sich die Vorbildfunktion. In einem Versuch, bei dem Kindern im Alter von ca. fünf Jahren, ein Film mit aggressivem Verhalten vorgeführt wurde, ergab sich, daß ein hoher Anteil der Kinder die „Bezugspersonen“ aus dem Film imitierten.

An der lernpsychologischen Theorie ist anzumerken, daß die Eigenmotivation der Testpersonen vernachlässigt wurde. Die Gefahr einen direkten Zusammenhang mit Gewalt am Bildschirm und dem aggressiven Verhalten von Kindern zu ziehen ist in dieser Theorie gegeben. Ein gewisser Teil von angeborenem, genetischem Verhalten kann nicht ignoriert werden.

2.3 Schlußfolgerungen aus den Theorien zur Entstehung von Aggression

Eine eindeutige, unwiderlegbare Erklärung ist nicht möglich. Einen gelungenen Versuch die vorgestellten Theorien zu vereinbaren unternimmt Hermann Hobmeier in seinem Buch „Psychologie“, erschienen im „H. Stram GmbH“ Verlag, Köln.

Zitat5: „Beim Menschen ist die ererbte Voraussetzung gegeben, wütend zu sein und aggressiv zu reagieren. Ob und in welcher Situation er sich aggressiv verhält, hängt wesentlich von seiner Wahrnehmung und der kognitiven Bewertung dieser Wahrnehmung ab.

Dazu kommen die Erfahrungen, die er mit aggressivem Verhalten gemacht hat.Den Eltern und Erziehern kommt dabei eine wichtige Modellfunktion zu. Wenn Kinderbei Erwachsenen erleben, wie man mit Konflikten konstruktiv umgeht, dann ist dies diebeste Voraussetzung, daß Kinder diese„nicht- aggressive“ Verhaltenswieseübernehmen und nachahmen.“

Die vorgestellten Theorien sollen als Grundlage für die folgenden Konfliktlösungsstrategien dienen. Auf Grund der Vielzahl von Erklärungsmodellen zur Entstehung von Konflikten, ist auch eine Vielzahl von Bearbeitungs-, und Lösungsmodellen entstanden. Mir ist es wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, daß jeder Konflikt und jeder einzelne, der an diesem Konflikt beteiligten Menschen, sowie dessen Vorerfahrungen mit Kommunikations-, und Konfliktlösungsstrategien, die Dynamik der ablaufenden Prozesse beeinflußt. Ich beschreibe zwei, in der Praxis bewährte Ansätze, zur Konfliktbearbeitung. Um den Transfer auf die jeweils aktuelle Konfliktsituation zu erleichtern, stelle ich die Modelle in einer möglichst offenen und variablen Form dar. Ein praktisches Beispiel dazu beschreibe ich in Punkt IV.

III. Theorien zur Konfliktbearbeitung

3.1 Die Konfliktmoderation

6Die Konfliktmoderation setzt sich aus zwei Bereichen zusammen. Zum einen stammen zentrale Elemente aus der Moderationsmethode, wo Großgruppen durch Klärungsmethoden schrittweise konkrete Aufgaben erarbeiten. Sie sollen helfen, daß eine kreative und konstruktive Lösung an Stelle einer destruktiven, unbefriedigenden Lösung gefunden wird. Die systematische Bearbeitung von Konflikten auf einer sachbezogenen Ebene, mit klaren Strukturen ist dafür maßgeblich. Zum anderen kommt in der Konfliktmoderation auch die Bearbeitung von innerseelischen sowie zwischenmenschlichen Aspekten zum Tragen. Diese Kombination schafft eine entspannte Atmosphäre, in der sich die verhärteten Fronten wieder annähern können. Das Konzept der Konfliktmoderation hat fünf Teilaspekte, die es zu beachten gilt.

3.1.1 Ziele vereinbaren und festlegen

Am Anfang einer professionellen Konfliktmoderation steht die Festlegung von Zielen. Erste Kontaktperson ist in den meisten Fällen der Auftraggeber (z.B.: Anleiter oder Vorgesetzter). Schon im Vorfeld können hier Mißverständnisse und diffuse Vorstellungen über die Ziele der Maßnahme geklärt und Wünsche an die Konfliktmoderatoren formuliert werden. Herrscht eine einseitige oder unklare Zielvorstellung vor, ist es die Aufgabe der Moderatoren, diese zu präzisieren, auszugleichen und schriftlich festzuhalten. Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Gleichgewicht der Ziele von Auftraggeber und Konfliktparteien gewidmet werden. Sind die Abweichungen zu groß, arbeiten die Konfliktmoderatoren und die Konfliktparteien in unterschiedliche Richtungen, was den Moderationsprozeß ungünstig beeinträchtigt. In schwierigen Fällen kann dieser erste Schritt schon einige Zeit beanspruchen.

3.1.2 Kontakt aufnehmen und Beziehungen aufbauen

Dieser Teil der Konfliktmoderation steht am Anfang der Arbeit mit den am Konflikt beteiligten Personen. Den Beginn macht, in Anlehnung an die Gruppenphasen, die „Orientierungsphase“. Charakteristisch dafür ist eine vorsichtige Zurückhaltung der Gruppe. Ungewißheit, Angst vor Ablehnung, unklare Rollendefinitionen und die unangenehme Situation über einen Konflikt sprechen zu müssen, macht die betroffenen Personen zurückhaltend. Sie nehmen eine abwartende und beobachtende Rolle ein. Stimmungsäußerungen, Gefühle und selbstoffenbarende Mitteilungen werden minimiert, um in keine unangenehme Position zu kommen. Würden die Konfliktmoderatoren umgehend mit der Bearbeitung des Konflikts beginnen, blieben Emotionen und zwischenmenschliche Aspekte der Gruppe unausgesprochen. Die Personen kommen in keinen offenen Austausch. Darum ist es wichtig, am Anfang einen Kontakt zu den am Konflikt beteiligten Personen aufzunehmen. Die Umsetzung kann in Form einer Gesprächsrunde stattfinden, bei der die Moderatoren mit jedem einzelnen aus der Gruppe einen Dialog führen. Durch die Informationen über alle Beteiligten und vor allem durch die Vorstellung der Moderatoren, bei der sie eine Kostprobe ihres Moderationsstils geben und auf die individuellen Hoffnungen und Befürchtungen der Gruppenmitglieder eingehen, kann eine Beziehung in der Gruppe aufgebaut werden.

3.1.3 Themen vereinbaren

Nachdem die Kontaktaufnahme gelungen ist, äußern sich die Gruppenmitglieder zunehmend freier. Werden an dieser Stelle keine eindeutigen Themen vereinbart, kommt es zu Verwirrungen. Stellt eine Person ihre Sichtweise des Konflikts dar, meldet sich eine zweite Person, die sich dadurch angegriffen fühlt. Eine dritte Person versucht zu beruhigen, was wiederum von den ersten beiden Personen als Provokation empfunden werden kann. An dieser Stelle hat die Konfliktdynamik ihren ersten Schritt getan. Um von vornherein solche Ausbrüche zu verhindern, empfiehlt es sich, die Bearbeitung konkreter Konfliktthemen abzusprechen. Eine allgemeine Formulierung wie zum Beispiel: „Verbesserung der Kommunikation“ kann nicht eindeutig und zielgerichtet bearbeitet werden. Es hat sich bewährt, Themenvorschläge schriftlich zu sammeln und diese anschließend nach Priorität, zum Beispiel durch Klebepunkte, zu sortieren.

3.1.4 Sichtweisen klären

Sind eindeutige Konfliktthemen vereinbart, kann jetzt mit der eigentlichen Konfliktbearbeitung begonnen werden. Um eine unkontrollierbare Diskussion auszubremsen, sind klare Kommunikationsregeln wichtig. Die Konfliktmoderatoren müssen darauf achten, daß jeder die Möglichkeit hat seine Sichtweise darzustellen, ohne unterbrochen zu werden. Dafür bekommt jeder soviel Zeit, bis er von allen verstanden worden ist. Durch gezieltes Nachfragen können die einzelnen Argumente herausgearbeitet werden. Wenn alle Personen ihre Sichtweisen geschildert haben, kann auf einer emotionalen Ebene, der eine oder andere Punkt vertieft werden. Angriffe und Verletzungen haben dabei keinen Platz.

3.1.5 Lösungsmöglichkeiten aushandeln

Sind alle Sichtweisen für jedes Gruppenmitglied klar, kann es vorkommen, daß sich der Konflikt von selbst aufgelöst hat. Die Konfliktparteien können die Klärung als Auflösung der Verstrickungen erleben. Oft aber bleibt es dabei, daß die Personen die Handlungen und Reaktionen zwar nachvollziehen können aber keine Lösung darin sehen. Die Aufgabe der Konfliktmoderation ist es, die festgefahrenen Positionen zu lockern und nach kreativen und konstruktiven Lösungen zu suchen. Dafür bietet sich ein „Brainstorming“ an. Die Konfliktmoderatoren können so die Kompromißbereitschaft und die Bewegungsmöglichkeiten der Konfliktpartner ausloten. Wenn die Beziehung zwischen den Streitenden sich weitgehend wieder gebessert hat, ist eine gemeinsame Lösung nicht mehr weit.

3.1.6 Reflexion der Methode: „Konfliktmoderation“

Förderliche und positive Aspekte der Konfliktmoderation sehe ich vor allem in der genauen und umfassenden Vorbereitung. Die Absprachen mit den „Vorgesetzten“ erscheinen mir als logisch und sinnvoll. Auf diese Weise werden nicht nur die am Konflikt beteiligten Menschen und die Konfliktmoderatoren beteiligt, sondern auch die Personen aus dem Umfeld. Dadurch können von vornherein unerwartete Zwischenfälle von Seiten der „Auftraggeber“ verringert werden. Hinzu kommt, daß durch die im Vorfeld getroffenen Absprachen eine hilfreiche Offenheit und funktionierende Kommunikationsstruktur geschaffen wird. Ein weiterer Punkt, der auf mich einen soliden Eindruck macht ist, daß in der Konfliktmoderation die systematisch, sachliche Ebene und gleichermaßen die emotionale Ebene betrachtet wird. Jede Kommunikation hat mehrere Ausdrucksebenen. Wie man zwischen Inhalts-, und Beziehungsbotschaften trennen kann, ist es auch möglich Sach-, und Emotionsebene zu trennen. Wird zu Beginn der Konfliktlösung auf einer emotionalen Ebene kommuniziert, wird der Konflikt nicht geklärt sondern unendlich verlängert. Als letzten förderlichen Punkt möchte ich auf den Beziehungsaufbau dieser Theorie eingehen. Für mich steht fest, daß jede Pädagogik eine Beziehungsarbeit ist. Auch eine ablehnende Haltung gegenüber den Konfliktmoderatoren ist eine Form von Beziehung. Betrachtet man nochmals die ursprüngliche Bedeutung von „Aggression“, was ja „herangehen“ oder „heranschreiten“ meint, ist klar, daß die Personen aufeinander zugehen sollen. Eine Annäherung auf inhaltlicher und emotionaler Ebene.

Als bedenkenswert möchte ich anführen, daß durch die Konfliktmoderation zwar der aktuelle Konflikt bearbeitet werden kann, aber eine Weitergabe von Kompetenzen an die Konfliktparteien findet nicht statt. Steht die Gruppe vor einem neuen Konflikt hat sich am Grundproblem nichts geändert. Es ist höchst wahrscheinlich, daß eine erneute Konfliktmoderation erforderlich ist. Die Konfliktmoderatoren machen sich durch ihre Arbeit nicht selbst entbehrlich. So ist, auf einen langen Zeitraum gerechnet, die Konfliktmoderation nur als unterstützende Maßnahme geeignet. Der zweite Kritikpunkt von mir ist, daß keine präventiven Gedanken beinhaltet sind. Ruft man sich die Theorien über die Entstehung von Aggression ins Gedächtnis, vermißt man die Wissensvermittlung über die Modellfunktion von Konfliktbearbeitung und die Möglichkeit aggressive Energien zu kanalisieren.

Die Konfliktmoderation ist eine gute Methode, um mit Gruppen zu arbeiten. Durch sie sind relativ schnelle und zufriedenstellende Ergebnisse möglich. Falls erforderlich, ist eine Nachbereitung der Konfliktbearbeitung und ein Reflexionsgespräch mit der Gruppe sinnvoll. Die Konfliktmoderation ist für die Jugendarbeit nur bedingt geeignet, da Prävention und Wissensvermittlung nicht in ausreichendem Maß gegeben sind.

3.2 Die Gleichaltrigen - (Peer -) mediation

3.2.1 Geschichtliche Hintergründe

7 8 Die Ursprünge des Mediationsverfahrens stammen aus dem in den 60er Jahren des 20. Jhrdts. entstandenen „Collective Bargaining“ (Gemeinsames Verhandeln / Übereinkommen). Die „Religiöse Gesellschaft der Freunde“ („Quäker“), hatte durch ihre erfolgreichen, politischen Verhandlungen der USA mit dem Nahen Osten, großen Einfluß auf die Anerkennung der Mediation. Sie führten 1972 an öffentlichen Grund- und Hauptschulen in New York das Programm „Children’s Response to Conflict“ (CCRC) ein. Das Projekt CCRC hatte zur Aufgabe, in Zusammenarbeit mit Schülern, Eltern und Lehrern, Wege zur Verringerung verbaler, seelischer und körperlicher Gewalt an Schulen zu entwickeln.

Die „Kingston Friends Workshop Group“ aus London entwickelte die Ergebnisse des CCRC Projektes der Quäker weiter. In dem Londoner Projekt setzte man auf Gruppenarbeit. Auf den Seminaren wurde mit Kennenlernspielen begonnen, um die Gruppenarbeit konstruktiv zu gestalten. Anschließend fand eine theoretische Einheit statt. In der theoretischen Einheit wurde Wissen über Kommunikation, Kooperation und Bestätigung des Selbstwertgefühls vermittelt.

Der direkte „Vorfahre“ der gleichaltrigen Mediation ist das „Conflict Management Programm“ aus San Francisco. Es wurde 1982 an öffentlichen Schulen in San Francisco eingeführt und basierte auf ähnlichen Grundlagen wie das Londoner Projekt der „Kingston Friends Workshop Group“.

3.2.2 Voraussetzungen für ein erfolgreiches Mediationsprojekt

Erfahrungen aus den USA zeigen, daß neben den vielen gelungenen Einführungen einer Gleichaltrigen-Mediation an Schulen auch ein beachtlicher Teil der Versuche gescheitert sind. Um die Chance auf einen guten Einstieg in das Mediationsverfahren zu erhöhen, sollte eine umfassende Diskussion mit allen am Projekt beteiligten Personen (Lehrer, Schüler, Eltern, Psychologen, Mediationstrainer, Öffentlichkeitsarbeit „interne“ und „externe“, Berater, ...), stattfinden. Inhaltlich sollten Punkte wie die Bereitschaft zur Einrichtung eines Mediationsprojektes und die Machbarkeit unter den speziellen strukturellen, räumlichen, personalen, zeitlichen und organisatorischen Voraussetzungen besprochen werden.

Des weiteren ist zu beachten, daß die Auswahl der jugendlichen Mediatoren repräsentativ (in Bezug auf Alter, Geschlecht, ethnische Gruppierung, soziokulturelle Voraussetzungen,...) ist. Außerdem muß der Einführung der Gleichaltrigen-Mediation eine sorgfältige Schulung der Jugendlichen und der Erwachsenen vorausgehen. Nicht zu vergessen ist die Beschaffung der erforderlichen finanziellen und räumlichen Mittel.

3.2.3 Vorteile der Gleichaltrigen-Mediation

Da Konflikte offensichtlich nicht vermeidbar sind, können junge Menschen durch die konstruktive Bearbeitung der jeweiligen Konflikte soziale Kompetenzen erwerben. Die Vermittlung von gewaltfreien Lösungsansätzen steht in der Bedeutung gegenüber kulturellen, traditionellen oder geisteswissenschaftlichen Inhalten in nichts nach.

Unter gleichaltrigen Jugendlichen kann es keinen Generationskonflikt geben. Die Hemmschwelle sich gegenüber einem „Gleichgestellten“ zu öffnen ist niedriger als bei einer „Respektsperson“. Fehler werden daher eher eingestanden, weil keine Angst vor vorschnellen Sanktionen besteht. Ein weiterer Vorteil ist, daß Jugendliche untereinander die gleiche „Sprache“ sprechen.

Der präventive Charakter ist bei Gleichaltrigen um ein Vielfaches größer als bei einer institutionalisierten Mediation. Die Schüler lernen eher die Verantwortung für ihr eigenes Handeln zu übernehmen. Sie haben die Möglichkeit ihre Konflikte untereinander zu lösen und fühlen sich dadurch ernst genommen. Gerade bei Jugendlichen, die dabei sind „sich selbst zu finden“, ist das Bedürfnis groß sic h um die eigenen Angelegenheiten „alleine“ zu kümmern.

3.2.4 Ziele und Prinzipien

- 9Befähigung der Jugendlichen, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen
- Vermittlung konstruktiver Einstellungen zu Konflikten
- Vermittlung von Kommunikationstechniken, problemlösendem Handeln sowie aggressionsfreier Strategien in der Konfliktverarbeitung
- Anbahnung von Gemeinschaftssinn und Kooperation zwischen den Jugendlichen
- Stärkung des Selbstwertgefühls; Vermeidung von Gewinner- Verlierer- Situationen
- Positive Auswirkungen auf das soziale Verhalten selbsternannter Anführer unter Jugendlichen, indem diese als neutrale Vermittler geschult und eingesetzt werden können
- Verbesserung des allgemeinen Klimas durch eine Verringerung von aggressiven Konflikten, Spannungen (einschließlich rassistischer, ethnischer Spannungen) und Gewalt zwischen Jugendlichen
- Verringerung der Zeit, die Erwachsene mit der Schlichtung von Konflikten zwischen Jugendlichen verbringen

Neben diesen Zielen, orientiert sich die Mediation an einigen Prinzipien. Sie sind für die Mediation charakteristisch und stehen als klare Bedingung im Vordergrund.

a) Für die am Konflikt beteiligten Personen ist die Teilnahme an der Mediation freiwillig. Werden sie zur Teilnahme gezwungen oder genötigt, kann man nicht mehr von einer Mediation sprechen. Die Rolle der Mediatoren ist die der Vermittler und nicht der Richter. Sie helfen den Konfliktpartnern eine Lösung ihres Konflikts zu finden und nicht den Konflikt für sie zu lösen.
b) Alle Informationen und Aussagen die in der Mediation ausgetauscht werden sind vertraulich. Weder Inhalte noch Namen der Beteiligten werden an Dritte weitergegeben. Man kann das mit einer Schweigepflicht für alle Beteiligten vergleichen.
c) In Konfliktfällen bei denen es um Waffen oder Drogen geht, wird eine Gleichaltrigen-Mediation nicht durchgeführt.
d) Die wohl wichtigste Bedingung ist die Unterstützung der Mediation auf breiter Basis (z.B. durch Eltern, Lehrer, Institution, Schulordnung,...).

3.2.5 Mediationsphase eins „Kontakt“

Der erste Kontakt ist sehr wichtig, um den Konfliktpartnern die Scheu zu nehmen. Es wird eine Verbindung zu den einzelnen Personen hergestellt und von Anfang an mit „offenen Karten“ gespielt. Die erste Phase selbst gliedert sich wieder nach einem bestimmten Schema.

Vorstellung , Begrüßung und Ermutigung. Da die Konfliktpartner zusammen in das Mediationszimmer kommen, zeigen sie bereits Bereitschaft ihren Streit beizulegen. Um einen persönlichen Kontakt herzustellen, Begrüßt der Mediator die Personen einzeln mit Handschlag und stellt sich mit seinem Namen vor. Er fragt auch nach den Namen der beteiligten Personen. Um die Vorstellung abzurunden, bestärkt er die Konfliktpartner nochmals in der Entscheidung sich auf die Mediation einzulassen und gibt ihnen zu verstehen, daß er sich freut sie zu sehen. (Beispiel: „Hallo, ich bin Boris, wer bist du? Hallo, und wer bist du? Toll, daß ihr gekommen seid.)

Reihenfolge erläutern. Es ist gut, wenn die Konfliktpartner so früh wie möglich einen Überblick des Ablaufs, in der nächsten Zeit bekommen. Sie sollen sich nicht überrannt oder unbeteiligt fühlen müssen. (Beispiel: „Ich erkläre euch zuerst was Mediation ist und was euch erwartet und dann reden wir über euren Streit. Ist das für euch in Ordnung? Und für dich auch? Okay.)

Setting herstellen. Das Setting betrifft die äußere Form der Mediation, zum Beispiel daß kein Kreis oder Dreieck aufgebaut wird, bei dem alle Blickkontakt haben können, sondern es stehen zwei oder mehr Stühle nebeneinander, denen gegenüber der oder die Mediatoren sitzen. Durch diesen Aufbau sind die Konfliktpartner nicht zueinander, sondern auf den Mediator konzentriert. Dieses Setting wird den Konfliktpartnern erklärt. (Beispiel: „In der Mediation sprecht ihr am Anfang zu mir und erst im weiteren Verlauf miteinander. Deshalb stehen die Stühle hier anders als gewohnt. Das soll euch helfen, miteinander zu sprechen ohne zu streiten.“)

Mediatorenrolle erläutern. Es soll klar gemacht werden, daß der Mediator kein Richter ist und alle gleich behandeln wird. Jeder soll zu seinem Recht kommen und sie sollen selbst eine Lösung für ihr Problem finden. (Beispiel: „Meine Aufgabe ist es euch beide gleich zu behandeln. Ich werde versuchen erst dich und dann dich zu verstehen. Ich werde euch helfen, daß ihr für euren Streit eine faire Lösung findet.“)

Regeln vorstellen und Zustimmung einholen. Jetzt soll der Rahmen für Gesprächsregeln und Rahmenbedingungen gesetzt werden. Zum einen wird dadurch eine einheitliche Absprache getroffen, die für alle verbindlich ist und zum anderen haben die Konfliktpartner die Chance die vereinbarten Regeln abzulehnen oder zu verändern. (Beispiel: „Ihr sollt zu drei Dingen „Ja“ sagen können. Erstens: Es spricht immer nur einer. Zweitens: Keiner verletzt den anderen oder kränkt ihn. Und drittens: Unser Gespräch ist vertraulich. Alles was gesagt und getan wird bleibt unter uns.“)

3.2.6 Mediationsphase zwei „Beide Standpunkte verstehen“

In der zweiten Phase geht es darum, beide Seiten zu verstehen. In dieser Phase sprechen die Konfliktpartner nur mit dem Mediator und nicht miteinander. Dazu wird erst die eine Seite und anschließend die andere Seite gehört (Beispiel: „Willst du mir zuerst erzählen wie die Sache aus deiner Sicht passiert ist?“). Durch Techniken wie das aktive Zuhören oder das Spiegeln von Informationen kann der Mediator auf die Person eingehen (Beispiel: „Habe ich dich richtig verstanden wenn, ... Du meinst, daß ...). Versucht die andere Partei zu unterbrechen, weist der Mediator auf die vereinbarten Gesprächsregeln hin, in denen ausgemacht wurde, daß immer nur einer spricht und dann der andere an der Reihe ist. Wenn beide Parteien ihre Seite geschildert haben, kann auf einer sachlichen Ebene mit Orientierungsfragen vertieft werden. Zu den Orientierungsfragen gehören Dinge wie zeitliche und räumliche Bestimmungen. Auch eine Abklärung ob es sich bei dem geschilderten Fall um ein einmaliges oder wiederholtes Auftreten handelt (Beispiel: „Wann hat euer Streit angefangen?“). Am Ende der zweiten Phase faßt der Mediator die Standpunkt zusammen und arbeitet die Gemeinsamkeiten heraus (Beispiel: „Ich sehe, ihr seid mit der jetzigen Situation beide unzufrieden und ihr habt euch beide gegenseitig verletzt.“). Das Aufzeigen von Gemeinsamkeiten stärkt die Beziehung zwischen den Konfliktpartnern. Gerade in der zweiten Phase, bei der die Konfliktpartner einander zuhören müssen, kommt es vor, daß sie sich gegenseitig der Lüge bezichtigen. Der Mediator kann darauf reagieren, indem er klarstellt, daß es in der Mediation nicht um Schuld und Wahrheit geht, sondern um die Empfin dungen der Konfliktpartner bei dem Streit.

3.2.7 Mediationsphase drei „die persönliche Bedeutung des Konfliktes“

Jetzt sollen die Konfliktpartner den Ablauf des Konflikts noch einmal beschreiben. Anders als in der zweiten Phase liegt der Fokus diesmal auf den Emotionen und der persönlichen Bedeutung. Auf diese Weise wird den Streitpartnern verdeutlicht, daß sie ernstgenommen und für die Lösung des Konflikts wichtig sind. Um zu erreichen, daß die Personen frei erzählen, kann vor allem die Technik der „offenen“ Fragen angewandt werden. Offene Fragen können weder mit „Ja“ oder „Nein“, noch mit einem einzigen Satz beantwortet werden (Beispiel für eine „offene“ Frage: „Was hält dein Vater von dem Streit?“. Beispiel für eine „geschlossene“ Frage: „Findet dein Vater den Streit auch gut?“). Es können Fragen zu den Empfindungen in der Konfliktsituation gestellt werden ohne die gefragte Person zu bedrängen. Es ist gut, die Konfliktpartner für ihre Offenheit zu loben.

3.2.8 Mediationsphase vier „von der Vergangenheit in die Zukunft“

Sind die Emotionen beider Streitpartner offen ausgesprochen und die Auslöser (issues), welche zu dem Konflikt geführt haben klar, kann die vierte Phase der Mediation beginnen. In dieser geht es darum, einen Bogen von der Vergangenheit über die Gegenwart in Richtung Zukunft zu schlagen. Mit dieser Technik entwickelt sich das volle Potential der Gleichaltrigen-Mediation. Würde dieser Punkt fehlen, wäre es wahrscheinlich, daß beide Parteien auf ihren Standpunkten beharrten und keine Bereitschaft zeigten sich zu vertragen. Man würde sozusagen in der Vergangenheit steckenbleiben und die „Wunden“ des Konfliktes könnten so nicht heilen. Auch für weitere Konflikte würde sich kein Lernerfolg einstellen, da eine Öffnung in die Zukunft fehlen würde. Damit es nicht soweit kommt, verwendet die Mediation eine Technik die sich „Drehbuch umschreiben“ nennt. Bei dieser Technik versetzen sich die Konfliktpartner zurück in die Vergangenheit und haben die Möglichkeit das Geschehen nach ihren Wünschen, rein hypothetisch, zu verändern. Dabei soll darauf geachtet werden, daß ein gewaltfreies und kreatives Ende entsteht (Beispiel: „Stell dir vor, du könntest die Zeit zurückdrehen. Was hättest du dir anders gewünscht? Wie hätte das konkret ausgesehen?“). Durch die Suche nach alternativen Handlungsstrategien gibt man seine Vorwurfshaltung auf und richtet den Blick auf Lösungen. Lösungen weisen immer in eine positive Zukunft. Wenn die Suche nach Alternativen auf beiden Seiten abgeschlossen ist, kann wieder ein direkter Kontakt zwischen den beiden Konfliktpartnern hergestellt werden (Beispiel: „Möchtest du es ihm selbst sagen?“). In der vierten Phase kommt es vor, daß die Personen, die direkt mit den Gefühlen des „Gegners“ konfrontiert werden, Schuldgefühle bekommen. Sie erkennen, daß ihr Gegenüber ein Mensch aus Fleisch und Blut ist und keine Puppe an der man seine schlechte Laune auslassen kann. Diese Einsicht ist sehr wertvoll. Der Mediator muß jetzt sehr behutsam vorgehen und die Personen nicht verurteilen, sondern in Schutz nehmen (Beispiel: „Ich merke, daß es dir leid tut. Du wolltest ihn nicht absichtlich verletzen. Das habe ich jetzt gesehen.“).

3.2.9 Mediationsphase fünf „Wiedergutmachung“

In der letzten Phase der Mediation helfen die Mediatoren den Konfliktpartnern, sich zu versöhnen und Ideen für die Zukunft zu entwickeln. Im Vordergrund steht dabei die Wiedergutmachung von entstandenen Schaden. Es wird sowohl nach Lösungen für materiellen als auch für seelischen Schaden gesucht. Die deutsche Sprache hat dafür eine Redewendung: „Mit jemandem eine Rechnung offen haben“. Diese „Rechnung“ soll durch Zeichen der Wiedergutmachung beglichen werden. So bleibt keiner dem anderen etwas schuldig, was sonst zu neuem Streit führen könnte. Für die Abschlußphase gibt es folgendes Schema:

- Zu Tauschgeschäften anregen. Für diese Tauschgeschäfte gibt es zwei Sichtweisen. Zum einen, was man von seinem Gegenüber erwartet, um den entstandenen Schaden zu begleichen und zum anderen was man selbst bereit ist dem anderen zu geben um ihn zu versöhnen. Diese Form der gedanklichen Beschäftigung mit Wiedergutmachung zeigt auf, daß beide Seiten aufeinander zugehen müssen. Es kann nicht funktionieren, daß nur eine Seite für den entstandenen Schaden aufkommt. Schließlich waren ja auch beide Seiten an dem Streit beteiligt (Beispiel: „Was könntest du von ihm wollen, um dich wieder mit ihm zu vertragen und was wärst du bereit ihm dafür zu geben? Du kannst ihn direkt fragen ob er das möchte.“).
- Wiederholung für die andere Partei. Derselbe Schritt wird nochmals wiederholt um der Gegenpartei die identische Aufgabe zu stellen.
- Ideen schriftlich festhalten. Zum besseren Überblick werden die vorgeschlagenen Ideen visualisiert (auf optisch ansprechende Weise dargestellt). Anschließend wird nach Übereinstimmungen gesucht (Beispiel: „Laßt uns gemeinsam sehen, worin ihr übereinstimmt.“).
- Auf Fairneß überprüfen und gemeinsame Lösung auswählen. Die Auswahl der Lösung überläßt der Mediator den Mediationsteilnehmern. Falls die gewünscht Lösung dem gültigen Gesetz oder der allgemeinen moralischen Empfinden widerspricht, muß der Mediator doch eingreifen.
- Schlußvereinbarung aufsetzen. Die ausgesuchte Lösung wird in einem Vertrag positiv formuliert und schriftlich festgehalten. In dem Vertrag ist die endgültige Lösung, die Form der Wiedergutmachung, ein Termin für das Nachtreffen und das Einverständnis mit diesem Vertrag beider Seiten enthalten. Nachdem der Vertrag von beiden Parteien und dem Mediator unterschrieben wurde wird er bis zum Nachtreffen sicher verwahrt.
- Freundlicher Abschied. Zu einer Mediation gehört auch, daß den Jugendlichen, nach den Mediationsverhandlungen, per Handschlag ein gutes Gelingen der Umsetzung aller Vereinbarungen gewünscht wird (Beispiel: „Es hat Spaß gemacht mit euch zu arbeiten. Wir sehen uns in zwei Wochen zur Nachbesprechung wieder. Da werden wir sehen, daß ihr die Vereinbarungen einhalten konntet.“).

3.2.10 Reflexion der Methode : „Gleichaltrigen - Mediation“

Die förderlichen und positiven Seiten der Gleichaltrigen - Mediation liegen für mich in der klar strukturierten Vorbereitung. Schon die öffentliche Diskussion über die Einführung der Mediation in einer Organisation oder Einrichtung vermittelt Wissen über alternative Konfliktlösung. Eine genaue Beschäftigung mit den Rahmenbedingungen regt zur Reflexion des bestehenden räumlichen und organisatorischen Konzepts an.

Selbst wenn es nicht zur Einführung eines Mediationsprojekts kommt, ist schon eine Auseinandersetzung mit den Themen Konflikt und Aggression in Gang gesetzt. Ist die Entscheidung für die Mediation positiv ausgefallen, wird eine ausgewählte Gruppe von Jugendlichen zu Streitschlichtern ausgebildet. Diese Ausbildung ist der Schlüssel zum Erfolg der Methode. Eine kleine Gruppe von Jugendlichen bekommt eine fundierte und fachlich hochqualifizierte Ausbildung. Für diese Gruppe von Menschen verändert sich das Bild eines Konflikts. Sie werden zu Multiplikatoren des Mediationskonzepts. Die Verbreitung ist dabei nicht nur auf einen Kreis von Insidern beschränkt sondern wird auch in den öffentlichen Bereich hinaus getragen. Sollte es auch in dieser Stufe nicht zu Streitschlichtungsverhandlungen kommen, ist bereits ein hoher präventiver Charakter erreicht.

Geht das Projekt in die Durchführung, werden viele unterschiedliche Jugendliche durch die Mediation erreicht. Der Lernerfolg bleibt dann nicht nur bei den Organisatoren und den ausgebildeten Mediatoren, sondern überträgt sich auch auf die Konfliktpartner. Sie haben die Möglichkeit, vor allem in Mediationsphase vier, selbst nach alternativen Handlungsstrategien zu suchen. Die persönliche Entwicklung ist für die Jugendlichen in hohem Maß gegeben. Diese Beschäftigung kann dazu führen, daß in den nächsten Konfliktsituationen neue Wege der Aggression (im Sinne von „heranschreiten“), begangen werden. Statistische Auswertungen aus erfolgreichen Mediationsprojekten ergaben, daß Konfliktfälle, insgesamt rückläufig verliefen.

Mit kritischem Blick sehe ich auf die Grenzen der Mediation. Zwar ist es logisch, daß die freiwillige Teilnahme an der Mediation sich förderlich auf deren Verlauf auswirkt, aber genau dieser Umstand ist auch ihr größter Schwachpunkt. Ist auch nur eine Konfliktpartei nicht bereit sich auf eine Streitschlichtung einzulassen, fällt das ganze Konzept der Mediation in sich zusammen. Die Mediation hat keine Möglichkeit auf die intrinsische Motivation (aus eigenem Antrieb heraus) der jugendlichen Einfluß zu nehmen. Werden die Jugendlichen extrinsisch motiviert (aufgrund äußerer Antriebe), kann man nicht mehr von Mediation sprechen. So ist die Mediation auf den inneren Antrieb der Jugendlichen angewiesen.

Ein weiterer bedenkenswerter Aspekt ist, die Selbsteinschätzung der jugendlichen Mediatoren. In ihrer Funktion als Streitschlichter geraten sie in Situationen die sehr viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung erfordern. In Konfliktfällen bei denen es um seelische Gewalt geht, werden die Jugendlicher extrem belastet. In dem mir vorliegenden Konzept der Mediation wird auf eine professionelle Begleitung des Schlichterteams nicht in ausreichendem Maß eingegangen. Deshalb ist meine Anregung an die Theorie der Mediation, sich verstärkt mit der Anleitung und Begleitung der jugendlichen Mediatoren und Mediatorinnen zu beschäftigen. Es kann nicht erstrebenswert sein, daß sich die Jugendlichen in den Mediationssitzungen aufarbeiten.

In der Gesamtheit betrachtet ist die Gleichaltrigen - Mediation ein gut durchdachtes und in sich schlüssiges Konzept. Ist die Arbeit der individuellen Anpassung an die vorherrschenden Bedingungen der jeweiligen Einrichtung, Organisation oder Schule erst einmal getan, kann sich die Mediation zu einem „Selbstläufer“ entwickeln. Wichtig dabei wäre allerdings, daßß die Mediation in der Anfangszeit Erfolge liefert. Nur wenn sich herumspricht, daß es eine Alternative zu herkömmlichen Konfliktaustragungen gibt und das auch noch mit Erfolg und gewaltlos, wird sich in den Köpfen von Jugendlichen etwas ändern. Mein persönlicher Blickwinkel für Konflikte hat sich durch die Beschäftigung mit dem Thema alleine schon geweitet. Ich schätze die Mediation als ein gutes, zeitgemäßes und für die Jugendarbeit hervorragend geeignetes Projekt ein.

3.3 Schlußfolgerungen aus den Theorien zur Konfliktbearbeitung

Aus der Betrachtung der Theorien zur Entstehung von Aggression im Zusammenhang mit der Reflexion der Methoden der Konfliktbearbeitung geht für mich hervor, daß jede Methode an ihre Grenzen stößt. Kein Konzept und keine Theorie kann Erfolg garantieren. Sieht man sich den Alltag der Jugendarbeit an, stellt man fest, daß trotz guter Konfliktlösungsstrategien immer noch Konflikte zum Tagesablauf dazugehören. Anstatt zu resignieren regen die Theorien zur kreativen Konfliktbearbeitung an. Sie schaffen uns den Raum, uns immer weiter zu entwickeln. Bezeichnend für professionelle Konfliktbearbeitung ist die umfassende Vorbereitung und Planung sowie die Analyse der individuellen Situation und der Rahmenbedingungen. Diese Erkenntnis ist für alle professionellen, pädagogischen Handlungen essentiell.

Was kann aber ein Erzieher in seinem Alltag tun, wenn doch klar ist, daß es keine Konfliktlösungstrategie mit Erfolgsgarantie gibt? Ich meine, der Ansatz liegt in der Prävention: Das Bedürfnis unter Jugendlichen nach Gemeinschaft ist ungebrochen. Anscheinend gehört es dazu, um das eigene ICH zu definieren, sich selbst von seinem Gegenüber als DU, abzugrenzen. In der Jugendarbeit bieten sich den Jugendlichen viele Gelegenheiten, Gemeinschaft zu erleben. Erreichen die Jugendlichen ein positives Bild von sich selbst, können sie auch ihr Gegenüber wertschätzen. Somit sehe ich die Stärkung des Selbstwertgefühls der Jugendlichen als Aufgabe der Konfliktlösung. „Entfaltung eines gesunden Selbstwertgefühls (Selbstwertgefühl ist eine Voraussetzung, um sich in einer Gemeinschaft zu behaupten, ohne andere abzuwerten oder geringzuschätzen) ist nötig, damit sich der Mensch in einer Gemeinschaft abgrenzen kann und nicht vollständig in ihr aufgeht, damit er eigenständig zu denken vermag und nicht zu Sklaven vorgefaßter Meinungen wird.“10 Stärkung des Selbstwertgefühls Jugendlicher, damit diese einen förderlichen Umgang mit Konflikten erlernen, sehe ich als Teil meines diakonischen Auftrages. Ich erkenne darin das Doppelgebot der Liebe: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst11.

IV. Praktischer Teil

Im praktischen Teil möchte ich auf meine Erfahrungen mit den Theorien zur Konfliktbearbeitung eingehen. Sie sollen es möglich machen, den Theorie - Praxis - Bezug herzustellen. Die Namen und Angaben zu den beschriebenen Personen sind von mir verändert, um meiner Schweigepflicht zu genügen.

4.1 Fallbeispiel

Ich leite als Diakon in Ausbildung, im Rahmen des Berufsanerkennungsjahres, den Jugendmitarbeiterkreis der Gemeinde Pocking im Dekanatsbezirk Passau. Im Januar 2001 begann ich die Kinderfreizeit, welche im Sommer 2001 im Jugendtagungshaus Rammelsbach bei Ortenburg stattfinden wird, vorzubereiten. Als ich mich bei den Jugendmitarbeitern erkundigte, wer Interesse an der Mitarbeit auf der Kinderfreizeit hat, meldeten sich u.a. Stefanie und Kathrin. Beide sind auch Mitglieder in der von mir geleiteten Jugendgruppe. Stefanie und Kathrin haben bereits Erfahrungen in der Kinderarbeit. Jede für sich betrachtet, ist eine sehr gute Mitarbeiterin.

In den Gruppenstunden kam es zwischen Stefanie und Kathrin immer wieder zu Konflikten. Es gab ganze Gruppenstunden, in denen die beiden kein Wort miteinander wechselten. In der darauffolgenden Woche verstanden sie sich wieder so gut, als ob nie etwas gewesen wäre. In einem Einzelgespräch erzählte mir Kathrin, sie käme nicht mit Stefanie aus, da sie ihr zu dominant sei und immer im Mittelpunkt stehen wolle. Demgegenüber erzählte mir Stefanie in einem Einzelgespräch, daß sie nicht viel von Kathrin halte , weil sie so anhänglich sei und oft nur „mitlaufen“ würde.

Für mich stellte sich die Situation, Stefanie und Kathrin zusammen als Mitarbeiter auf der Kinderfreizeit einzusetzen, als äußerst spannungsgeladen dar. Aus meiner Sicht wäre ein offener Konflikt zwischen den beiden (insbesondere vor den Kindern) so hemmend für den Gruppenprozeß, daß ich eine Klärung für notwendig hielt. Aus pädagogischer Sicht könnte ich ohne vorhergehende Klärung beide zusammen nicht mitnehmen. Würde ich mich für nur eine von beiden entscheiden, dann wäre dies aus pädagogischer Sicht wiederum ungünstig, da sich die Zurückbleibende benachteiligt fühlen würde. Entschiede ich mich dafür beide nicht als Mitarbeiterinnen einzusetzen, stünde ich vor dem Problem, keinen ausreichenden Betreuungsschlüssel gewährleisten zu können.

4.2 Konfliktbearbeitung durch Mediation

4.2.1 Institutionsanalyse

12Die Stadt Pocking liegt an der B12 und der A3, etwa 30 km südwestlich von Passau, entlang der österreichischen Grenze. Sie gehört zum Regierungsbezirk Niederbayern und zur Region 12 (Donau Wald). Die Nachbargemeinden sind Bad Füssing, Kirchham, Rotthalmünster, Griesbach, Tettenweis, Ruhstorf und Neuhaus. Am 2. Oktober 1971 wurde Pocking zur Stadt erhoben. Mit der Stadterhebung erfolgte auch die Eingliederung der ehemaligen Gemeinden Indling, Kühnham und des Marktes Hartkirchen. Die genaue geographische Lage von Pocking ist 13° 18' östliche Länge und 48° 24' nördliche Breite.

Die Gemeinde Pocking verfügt über eine im Jahre 1951 erbaute, sogenannte „Notkirche“, die immer noch besteht und 180 bis 200 Menschen Platz bietet. Darüber hinaus ist in den siebziger Jahren ein Pfarrhaus und ein Gemeindehaus erbaut worden. Das Gemeindehaus verfügt über einen kleinen und einen großen Gemeindesaal, welche bei Bedarf durch eine Falttüre getrennt werden können. Zur Benutzung stehen noch eine Küche, und ein Meditationsraum zur Verfügung. Im Keller befindet sich ein Jugendraum mit Werkstatt und Kopierraum, sowie zwei Abstellräumen und die Toiletten.

4.2.2 Situationsanalyse

Wie aus dem Fallbeispiel in 4.1 hervorgeht, sollen für eine Kinderfreizeit die mitarbeitenden Jugendlichen gefunden werden. Neben einem bereits feststehenden Mitarbeiterstamm stehen zwei Mädchen, Stefanie und Kathrin, zur Debatte.

Stefanie ist siebzehn Jahre alt und geht in die neunte Klasse einer Realschule. Sie hat eine ältere Schwester, die ebenfalls Gruppenmitglied ist und als Mitarbeiterin auf die Kinderfreizeit mitfahren wird. Stefanie und ihre Schwester wohnen bei ihren Eltern. Die Familienverhältnisse sind schwierig. Die Mutter behütet ihre Töchter für ihr Alter unangemessen stark. Sie verbietet Stefanie mit Freunden auszugehen, die sie selbst für „unangemessen“ hält. Verschiedene öffentliche Veranstaltungen darf sie ebenfalls nicht besuchen, wenn die Mutter diese nicht für gut erklärt. Im Gegensatz dazu kann sie an allen Veranstaltungen der Kirchengemeinde teilnehmen. Verstößt Stefanie gegen die Anweisungen der Mutter, wird sie mit Ohrfeigen oder Hausarrest bestraft. Diese harten Alltagsbedingungen haben Stefanie charakterstark werden lassen. Sie geht offen auf andere Menschen zu, kann aber Enttäuschungen nur schwer verarbeiten. Ihr allgemeiner Habitus ist kräftig. Ihre Kleidung ist gepflegt, wirkt aber oftmals etwas sehr alternativ. Auffälligkeiten oder Krankheiten sind mir nicht bekannt.

Kathrin ist sechzehn Jahre alt und besucht die zehnte Klasse eines Gymnasiums. Sie hat einen jüngeren Bruder. Kathrin ist eine in den Gruppenstunden eher ruhig. Sie beteiligt sich an den Gruppenaktionen und ist ein unterstützendes Mitglied der Gruppe. Anfallende Arbeiten erledigt sie gewissenhaft und ist hilfsbereit, sie wirkt sanft, spricht stets mit gedämpfter Stimme und überläßt anderen gerne die Führungsrolle, indem sie sich den Entscheidungen anderer fügt. In der Jugendgruppe hat sie zu allen ein kameradschaftliches Verhältnis. Ihr allgemeiner Habitus ist stämmig. Sie trägt gerne legere Kleidung die gepflegt wirkt. In Streßsituationen hat sie einen auffälligen Tick entwickelt. Fühlt sie sich bedrängt oder ist aufgeregt, verdreht sie ihre Augen und fängt in einer hohen Geschwindigkeit an zu blinzeln. Gesundheitliche Probleme sind mir nicht bekannt.

4.2.3 Ziele

Leitziel

- „... als mündige und tätige Gemeinde Jesu Christi das Evangelium von Jesus Christus den jungen Menschen in ihrer Lebenswirklichkeit bezeugen.“13 Grobziele (siehe auch Punkt 3.2.4)
- Die Konfliktsituation von Stefanie und Kathrin klären
- Eine konstruktive Lösung, vor allem im Hinblick auf die Kinderfreizeit, finden
- Beide Mädchen als Mitarbeiterinnen gewinnen
- Das Selbstbild von Stefanie und Kathrin stärken
- Kompetenzen der Teamarbeit und Kommunikationsfähigkeit vermitteln
- Stefanie und Kathrin auf die Mitarbeitersituation während der Kinderfreizeit vorbereiten

Feinziele

- Beide Mädchen zu einer Konfliktlösung ermutigen
- Stefanie und Kathrin einen Rahmen bieten (gute Atmosphäre, störungsfreier Raum), in dem sie sich aussprechen können
- Ich werde ihnen bei der Konfliktlösung zur Seite stehen
- Für die Konfliktlösung benötigten Materialien vorbereiten

4.2.4 Methodenzuordnung

Aufgrund der vorliegenden Analysen sowie der Ziele, kommt eine Mediation wie in Punkt 3.2 beschrieben, in Betracht. Die Methode der Mediation bietet den Vorteil, daß sie Kompetenzen zur Konfliktbearbeitung vermittelt. Dadurch erhoffte ich mir, einen Lernerfolg bei Stefanie und Kathrin zu erzielen, der sie dazu befähigt, auch während der Kinderfreizeit auftretende Meinungsverschiedenheiten konstruktiv zu bewältigen. Zu diesem Zeitpunkt war es mir noch nicht klar, wie wichtig es ist, daß beide Parteien freiwillig zu mir kommen. Dieser Erfahrungsmangel wird in Punkt 2.2.6 reflektiert.

4.2.5 Durchführung

Ich hatte Stefanie und Kathrin persönlich zu einem Termin am 13. Februar 2001 ins Gemeindehaus eingeladen. Schon vor dem Eintreffen der beiden bereitete ich den kleinen Gemeindesaal für die Mediationssitzung vor. Ich richtete das Setting so ein, daß kein Tisch als Barriere zwischen den Stühlen stand. Die Stühle waren, wie in Punkt 3.2.5 beschrieben, so aufgebaut, daß zwei Stühle nebeneinander und ein dritter Stuhl den ersten beiden gegenüber stand. Pünktlich um 15:00 Uhr kamen die Konfliktpartnerinnen zusammen ins Gemeindehaus.

Ich begrüßte sie und bat sie in das Mediationszimmer. Mir fiel während der Begrüßung auf, daß Kathrin den in Punkt 4.2.2 geschilderten Tick aufwies. Ich interpretierte dies als Zeichen der Nervosität. Um Kathrins Unsicherheit nicht unnötig zu vergrößern, beruhigte ich erst einmal beide. Anschließend erklärte ich den beiden den Ablauf der Mediation und beschrieb das Setting. Danach ging ich darauf ein, daß sie nicht aufgeregt sein müßten, da sie nicht vor Gericht stünden. Ich leitete auf die Mediatorenrolle über und stellte zu Abschluß die Regeln vor. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die beiden vollkommen passiv. Die äußeren Anzeichen von Nervosität nahmen bei Kathrin langsam ab. Zaghaft stimmten beide den vorgeschlagenen Kommunikationsregeln zu.

In der zweiten Mediationsphase stellte sich allgemeine Verwirrung ein. Es konnte kein eindeutiges Thema beziehungsweise kein repräsentativer Streit benannt werden. Stefanie schilderte die Situation aus ihrer Sicht so, daß es ja eigentlich keinen Konflikt zwischen ihr und Kathrin gäbe. Sie sagte, daß es in der Vergangenheit zwar des öfteren mal gekracht habe, aber jetzt verstehen sie sich wieder. Kathrin stimmte ihr zu. Auch sie versicherte mir, daß die zurückliegenden Meinungsverschiedenheiten bereits geklärt wären. Um mich an die Rolle des Mediators zu halten, hielt ich mich zurück und konkretisierte die mir bekannten Konfliktsituationen nicht weiter.

Die Mediationsphase drei verlief dementsprechend ergebnislos, da es keinen Fall gab, auf den sich Stefanie und Kathrin beziehen konnten. Auch die von mir angewandte Technik der offenen Fragen führte nicht weiter.

Ich leitete daraufhin die vierte Phase ein. Bei der Entwicklung von alternativen Ausgängen der zurückliegenden Streitfälle, zeigten sich sowohl Stefanie als auch Kathrin eher zurückhaltend. Stefanie machte den Vorschlag sich das nächste mal direkt mit Kathrin auseinanderzusetzen und nicht erst alles in sich rein zu fressen. Kathrin beschrieb ihr Verhalten für die Zukunft rücksichtsvoller und daß sie versuchen würde Stefanie nicht mehr nachzulaufen.

In der Abschlußphase erübrigte sich eine Wiedergutmachung, weil es schließlich keinen Konf likt gab, der wiedergutgemacht werden müßte. In die Schlußvereinbarung nahmen die Mädchen ihre Vorschläge aus Phase vier auf. Ein Nachtreffen vereinbarten wir einen Monat später am 13. März 2001. Wir „verabschiedeten“ uns freundlich von einander und blieben noch eine Weile zusammen sitzen bis die Gruppenstunde begann.

4.2.6 Reflexion

Für mich war der Verlauf der Mediation unbefriedigend und höchst erfreulich in einem. Unbefriedigend war er wegen des „ergebnislosen“ Ausgangs und erfreulich wegen der Aussagen der beiden Mädchen, daß sie ihre Konflikte im Vorfeld selber bereinigt hätten.

Eine Hypothese für den Verlauf der Mediation ist, daß die Mädchen nicht freiwillig gekommen sind. Zwar wurden sie nicht direkt gezwungen an der Mediation teilzunehmen, aber dennoch wurden sie von mir persönlich eingeladen. Diese Einladung könnte von ihnen als Aufforderung zur Teilnahme aufgefaßt worden sein. Wenn das so gewesen ist, dann würde das die Verwirrung in der zweiten Mediationsphase erklären. Nicht sie hätten dann das Problem miteinander, sondern ich mit der Situation. In diesem Fall währe die Mediation nicht die richtige Methode gewesen.

Eine weitere Hypothese: Beide Mädchen wußten, daß es um die Mitarbeiterfrage für die Kinderfreizeit geht. Sie mußten annehmen, einen Konflikt zuzugeben würde sich negativ auf ihre Qualifikation auswirken. In diesem Fall würde sich auch die Verwirrung in der zweiten Phase erklären lassen. Zusätzlich ist dann die Aussage beider verständlich, daß sie ihre Konfliktsituationen in der Vergangenheit bereits selber gelöst hätten. In diesem Fall könnte es bedeuten, daß ich nicht sensibel genug war, um den Mädchen die Angst vor einer Ablehnung zu nehmen. Für eine weitere Mediation sollte ich mir dann mehr Zeit für den Einstieg und die Kontaktaufnahme lassen.

Eine dritte Hypothese: Es könnte sein, daß ich einen Konflikt wahrnehme, den es aber gar nicht gibt. Dann wären die Bedenken von mir hinfällig und ich könnte guten Gewissens Stefanie und Kathrin zusammen auf die Kinderfreizeit mitnehmen.

4.3 Konfliktbearbeitung durch Konfliktmoderation

4.3.1 Institutionsanalyse

An diesem Punkt hat sich nichts an der Beschreibung, wie ich sie bereits in Punkt

4.2.1 dargelegt habe verändert.

4.3.2 Situationsanalyse

Neben der in Punkt 4.2.2 beschriebenen Situation hat sich zusätzlich folgendes getan: In der Zeit nach der Konfliktbearbeitung durch Mediation kam es zwischen Stefanie und Kathrin wiederholt zu Konflikten. Beispiel: in einer Gruppenstunde spielten wir ein Mannschaftsspiel. Die Gruppen wurden ausgelost und Stefanie und Kathrin kamen in eine Kleingruppe. Stefanie erklärte energisch, daß sie nicht immer nur mit Kathrin in einer Gruppe sein wolle. Nach einem kurzen Wortgefecht tauschte Kathrin mit einem Mädchen aus der anderen Kleingruppe die Plätze. Die erhoffte Vermittlung von Konfliktlösungs-, und Kommunikationskompetenzen konnte nicht erzielt werden. Die Ausprägung der Konfliktfälle war in ihrer Intensität zwar abgeschwächt aber immer noch nicht in einem akzeptablen Maß für die Qualifikation zum Mitarbeiter auf einer Kinderfreizeit. Jetzt war aber eine klare Entwicklung erkennbar, bei der die beiden Mädchen versuchten aufeinander zuzugehen anstatt sich gegenseitig anzuschweigen.

4.3.3 Ziele

Ich verweise auf das Leitziel und die aufgeführten Grobziele in Punkt 4.2.3, welche sich nicht verändert haben. Zu diesen lang-, und mittelfristigen Zielen kommen die nachfolgenden Ziele.

Feinziele:

- Die Mediation durch Konfliktmoderation ersetzen
- Mehr Zeit für den Einstieg zur Verfügung stellen, um Nervosität abzubauen
- Einen eindeutigen Konfliktfall benennen
- Die Mädchen nicht zu einer Konfliktlösung nötigen

4.3.4 Methodenzuordnung

Ich entschied mich für die Methode der Konfliktmoderation, da ich aus den erweiterten Zielen eine stärker angeleitete Methode bevorzugte. Die Konfliktmoderation bietet die Möglichkeit, aufgrund ihrer Konzeption, eine klare Trennung zwischen den Emotionen und der Sachlage zu ziehen. Außerdem kann ich mich in der Rolle des Konfliktmoderators in die Konfliktbearbeitung stärker einbringen. Auch die in Punkt 3.1.2 beschriebene Phase der Kontaktaufnahme und des Beziehungsaufbaus bestärkten die Entscheidung für die Konfliktmoderation.

4.3.5 Durchführung

Der Termin für die Konfliktmoderation war am 13. März 2001, dem Tag des Nachtreffens. Ort der Durchführung war wieder der kleine Gemeindesaal im Gemeindehaus Pocking. Ich bereitete den Raum vor, indem ich die Stühle in einem Dreieck aufstellte und die Schlußvereinbarung der Mediationssitzung vom 13. Februar 2001 bereitlegte.

Als Stefanie und Kathrin kamen, begrüßte ich sie mit Handschlag und bat sie schon mal in den kleinen Gemeindesaal. Stefanie bemerkte flapsig, daß ich schlecht vorbereitet sei, da die Stühle nicht „ordnungsgemäß“ an ihrem Platz stünden. Ich mußte lachen und sagte, daß es so schon o.k. sei. Kathrin machte einen wesentlich ruhigeren Endruck als bei dem letzten Treffen. Der Tick, mit den Augenlidern in einer auffälligen Weise zu blinzeln trat nicht auf. Ich fragte Kathrin wie ihr Schultag gewesen sei. Diese Frage stellte sich als regelrechter Eisbrecher heraus. Sie erzählte, daß sie eine Schulaufgabe rausbekommen habe und mit der Note sehr zufrieden sei, weil sie doch für dieses Fach gar nicht gelernt hätte. Sie schilderte noch einige Erlebnisse aus der Pause und kam zu dem Schluß: „bis jetzt war heute ein echt super Tag.“. Stefanie sagte auf die Frage wie ihr Schultag gewesen war, daß ich lieber nicht fragen sollte. Sie habe heute so viele Hausaufgaben zu erledigen, daß sie gar nicht wisse wie sie das alles schaffen sollte. Ich sagte ihr, daß unser Treffen heute bestimmt nicht allzu lange dauern würde. Sie konnte daraufhin aufatmen und sagte: „Gut so, ich habe schon befürchtet, daß wir wieder den ganzen Nachmittag hier bleiben müssen.“. Ich ging darauf ein und erklärte ihnen, daß sie hier freiwillig seien und jederzeit gehen könnten wenn sie das wollten. Beide gaben zu verstehen, daß ihnen auch viel daran liege besser miteinander auszukommen.

Nachdem die Kontaktaufnahme meiner Meinung nach gelungen war, leitete ich die nächsten Stufe ein. Ich stellte das Thema, welches ich aus der Besprechung der Schlußvereinbarung und der Konfliktsituation während des zurückliegenden Mannschaftsspiels benannte, dar. Sowohl Stefanie als auch Kathrin erklärten sich mit meiner Schilderung einverstanden. Stefanie bat darum die Behandlung der Konfliktsituation während des Mannschaftspiels vorzuziehen. Kathrin stimmte dem zu.

Daraufhin bat ich Stefanie ihre Sichtweise zu schildern. „Ich wollte einfach nicht schon wieder mit Kathrin in einer Mannschaft sein. Mir kommt es so vor, als würde sie mich regelrecht verfolgen. Manchmal möchte ich auch mit den anderen zusammen sein, ohne auf Kathrins Sensibilität Rücksicht nehmen zu müssen.“ Ich fragte, was genau sie mit „Kathrins Sensibilität“ genau meint. „Na einfach, daß sie nicht mag wenn wir über andere lästern und so. Dann tut sie immer so moralisch obwohl wir überhaupt nicht über sie reden.“.

Kathrin legte ihre Sichtweise folgendermaßen dar: „Ich hab dich nicht verfolgt. Die Mannschaften wurden außerdem ausgelost. Mir macht es nichts aus, mit den anderen in einer Mannschaft zu spielen.“. Ich wollte von ihr noch wissen, wie sie die Sache mit dem „Lästern“ sieht. „Ach so, na ja, ich denk halt wenn die über andere lästern wenn ich dabei bin, lästern die auch über mich wenn ich dann nicht mehr dabei bin und das mag ich nicht.“.

Stefanie antwortet ihr: „Wir lästern nicht über dich. Es macht uns einfach nur Spaß, wenn wir über andere mal so richtig lachen können. Du darfst das nicht so eng sehen. Wir meinen das nicht böse und können ja auch über uns selbst lachen.“ „Was stört dich denn genau daran, wenn Kathrin dir sagt daß sie die Lästerei nicht gut findet?“ frage ich Stefanie. Sie antwortete: „Kathrin kommt mir dann vor wie meine Mutter, die sagt mir auch immer was ich tun und was ich lassen soll.“.

Ich spürte von beiden Seiten Widerstand, als ich versuchte die emotionale Seite weiter zu vertiefen. Ein Ziel von mir, welches ich in Punkt 4.3.3 festgelegt habe, war, die Mädchen nicht zu einer Konfliktlösung zu nötigen. Deshalb drängte nicht weiter auf Offenbarung der Gefühle und leitete statt dessen die nächste Phase ein.

Als Lösungsmöglichkeit erklärten sie mir, sei es das beste, wenn sie sich während der Kinderfreizeit zusammenreißen würden. Sie könnten, wenn sie zusammenarbeiten, ihre Konflikte in den Hintergrund stellen und bei einer passenden Gelegenheit darüber sprechen. Im Kindergottesdienstteam würde das auch funktionieren. Ich sagte, daß ich mit dieser Lösung einverstanden wäre und sie sich auf einem guten Weg befänden, besser miteinander auszukommen. Ich bestärkte sie, indem ich ihnen erklärte, daß sie bereits Fortschritte gemacht haben die ich anhand der Schlußvereinbarung des letzten Treffens erkennen könnte.

4.3.6 Reflexion

Eine endgültige Lösung für den Konflikt ist auch durch die Konfliktmoderation an diesem Tag nicht gefunden worden. Ein möglicher Aspekt für die wiederkehrenden Konflikte zwischen Stefanie und Kathrin, ist schemenhaft hervorgetreten. Die Projektion von Stefanie auf Kathrin, bei der sie in Kathrins Aktionen, Verhaltensweisen der überbehütenden Mutter erkennt, könnte ein Grund für ihre heftigen Reaktionen sein. Ich will das nicht überbewerten, aber dennoch ist erkennbar, daß durch die Methode der Konfliktmoderation ein Schritt nach vorn gegangen wurde. Daß ich an dem Punkt der emotionalen Vertiefung abgebrochen habe hängt auch damit zusammen, daß ich noch zu wenig Erfahrung mit der Konfliktmoderation besitze und zusätzlich noch nicht bereit bin, emotionale Ausbrüche aufzufangen. Zu diesem Zeitpunkt würde das meine Kompetenzen in der Psychologie und Seelsorge überschreiten.

Die von Stefanie und Kathrin vorgeschlagenen Lösung, während der Kinderfreizeit persönliche Konflikte zurückzustellen, kann ich aus pädagogischer Sicht soweit vertreten, daß ich mich dazu entschieden habe, beide zusammen in das Mitarbeiterteam aufzunehmen. Ich werde allerdings darauf achten, daß sie jeweils mit einem klaren Arbeitsfeld beauftragt sind und nach Möglichkeit nicht zu oft in einer Kleingruppe zusammenarbeiten.

V. Reflexion

Es wird auch weiterhin so sein, daß Konflikte unbefriedigend, gewaltsam, oder gar nicht gelöst werden. Jedoch hat die Beschäftigung mit dem Thema dieser Arbeit bei mir bewirkt, daß das Schreckgespenst „Konflikte in der Jugendarbeit“ etwas von seiner Bedrohlic hkeit verloren hat. Für mich die wohl wichtigste Erkenntnis, die ich gerne weiterverfolgen werde. Einem Konflikt aus dem Weg zu gehen ist zwar eine Möglichkeit der Bearbeitung aber keine Lösung. Manche Konflikte sind einfach nicht so leicht aufzulösen wie wir das gerne hätten. Nur ist es doch so, daß wenn wir nicht anfangen sie zu bearbeiten, dann sind sie überhaupt nicht zu lösen. So war allein das Aufzeigen von Konfliktlösungsstrategien für die Beteiligten ein Gewinn. Zu erfahren: Es gibt sie, diese Lösungen ohne Gewalt und Unterschwelligkeit, war eine Horizonterweiterung. Jugendliche wissen nicht automatisch, daß es solche Lösungen gibt, schon gar nicht, wenn in ihren Familien die Konflikte mit Ohrfeigen und Hausarrest „gelöst“ werden.

Gerade für Stefanie war es befreiend, dieses Verfahren in all seinen Dimensionen erlebt zu haben, nämlich, seine Gefühle zeigen zu können ohne ausgelacht zu werden, einen geschützten Raum zu haben und mit Menschen zu sprechen, die einen ernstnehmen.

Die Aufgabe eines Erziehers besteht darin, kreative Methoden zur Bearbeitung von Konflikten zu entwickeln und diese in der Praxis anzuwenden.

Literaturverzeichnis:

i.V. Dr. Wolf: Ordnung der Evangelischen Jugend in Bayern, München 1981 Hermann Hobmair: Psychologie, Köln 1997

Pädagogik, Hamburg Oktober 1997

Pädagogik, Hamburg Juli - August 1999 Pädagogik, Hamburg Mai 2000

Diemut Hauk: Streitschlichtung in Schule und Jugendarbeit, Mainz 2000 Amt für Jugendarbeit der Evang.-Luth. Kirche in Bayern: Handbuch für Jugendleiterinnen & Jugendleiter, 4. Auflage, Nürnberg 2000

Abschlußerklärung

Hiermit erkläre ich, daß ich diese Arbeit alleine und nur unter Zuhilfenahme der angegebenen Hilfsmittel erstellt habe.

Boris Hollitzer

[...]


1 Diemut Hauk: Streitschlichtung in Schule und Jugendarbeit, Mainz 2000

2 Günter Tischer: Konflikt und Aggression, in Handbuch für Jugendleiter und Jugendleiterinnen, 4. Auflage, Nürnberg 2000, Seite 74

3 Günter Tischer: Konflikt und Aggression, Seite 75

4 Hermann Hobmair: Psychologie, 2. Auflage, Köln 1997

5 Hermann Hobmair: Psychologie, 2. Auflage, Köln 1997, Seite 175

6 Alexander Redlich: Konfliktmoderation in Gruppen, in Pädagogik, 10/1997, Seite 8 - 11

7 Diemut Hauk: Streitschlichtung in Schule und Jugendarbeit, Mainz 2000

8 in Anlehnung an Chistopher Till, Mitarbeiter am Conflict Management Programm an der Burns Park Elementary School in Ann Arbor, Michigan von 1993 - 1996; Lehr-Mediator am Mannheimer Institut für Mediation, in Streitschlichtung in Schule und Jugendarbeit, Mainz 2000

9 Zitiert nach Christoph Lienert: Schüler lösen Konflikte ohne Lehrer, in Pädagogik 10/1997, Seite13

10 Georg Schottmayer: ICH-Identität, soziale Kompetenz und Konfliktfähigkeit, in Pädagogik 10/1997, Seite 31

11 Lukas 10,27; Der barmherzige Samariter, nach der Übersetzung Martin Luthers, revidierte Fassung 1984

12 Boris Hollitzer: Praxisbericht im Rahmen des Berufsanerkennungsjahres, Passau 2001

13 Ordnung der Evangelischen Jugend in Bayern, Az. 41/11 - 0 - 23, Abschnitt I Nr. 1 Absatz 1; München 1981

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Konflikte in der Jugendarbeit - Bearbeitung und Lösung
Veranstaltung
Berufsanerkennungsjahr
Autor
Jahr
2001
Seiten
33
Katalognummer
V102166
ISBN (eBook)
9783640005550
Dateigröße
725 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konflikte, Jugendarbeit, Bearbeitung, Lösung, Berufsanerkennungsjahr
Arbeit zitieren
Boris Hollitzer (Autor:in), 2001, Konflikte in der Jugendarbeit - Bearbeitung und Lösung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102166

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