Lessing, G. E. - Miss Sara Sampson


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

8 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Kurze Charakteristik der Hauptfiguren

2. Die Handlung und wichtige Szenen

3. Wie unterscheiden sich die Personengruppen in Verhalten und Charakter?

4. Beschreiben Sie die Entwicklung, die die Familie Sir William durchmacht.

1. Charakteristik der Hauptfiguren

Sara

Sara, die Tochter Sir Williams, ist ein junges Mädchen, das mit Mellefont, ihrer großen Liebe, von zu Hause weggelaufen ist. Von Marwood als "schön" beschrieben ist sie stets freundlich, aufrichtig und bemüht, sich jeden zum Freunde zu machen. Zugleich erscheint sie sehr großzügig, nachsichtig und verzeiht jedem. Ihrer altruistischen Haltung entsprechend lehnt sie die Rache an ihrer Mörderin ab, selbst im Sterben liegend noch bemüht, Gutes zu tun, indem sie den Vater bittet, sich um die Tochter ihrer Widersacherin zu kümmern. Dass sie bereit ist, alles für Mellefont zu tun, auch, ihren geliebten und verehrten Vater zu verlassen, eine für sie schmerzliche Trennung, zeigt, wie viel ihr Mellefont bedeutet. Ferner ist sie ihm gegenüber zu völliger Unterwerfung und Gehorsam bereit, genauso, wie sie ihm Freiräume lässt und uneingeschränkt vertraut. Sie entschuldigt sein Verhalten stets und sucht die Schuld für alles Geschehene ausschließlich bei sich selbst, wobei es ihr schwer fällt, sich selbst zu verzeihen. Insgesamt erscheint ihr Verhalten von Naivität und Unbedarftheit geprägt, die sie bisweilen weltfremd erscheinen lassen. Gleichzeitig ist ein Hang zum Aberglauben zuerkennen, als sie "Ahnungen quälen", sowie eine gottesfürchtige Frömmigkeit.

Sir William

Sir William ist durch die Trennung von seiner Tochter bewusst geworden, dass Sara für ihn die wichtigste Personüberhaupt darstellt und er bereit sein muss, Zugeständnisse zu machen, um sie nicht zu verlieren. Er bereut seine frühere Strenge und Ablehnung Mellefonts, da sie zur für alle schmerzlichen Flucht Saras geführt hat. "Über nichts alsüber ihre Abwesenheit" klagend verzeiht er großzügig Saras Handeln und sucht vielmehr die Schuld hierfür bei sich selbst. Sir William verfügtüber ausreichende Erfahrung und Menschenkenntnis, um die von Marwood ausgehende Gefahr zu erkennen, genauso wie er seine Tochter gut genug kennt, um deren Schwäche an dieser Stelle einzuschätzen. Zugleich ist Sir William in der Lage, Fehler einzugestehen und seine Meinung zu revidieren. Er sagt offen, was er denkt und verschleiert seine Absichten nicht.

Marwood

Getrieben von "ohnmächtiger Rachsucht" setzt Marwood alles daran, Mellefont und Sara auseinander zu bringen. Um Mellefont bzw. vor allem dessen Vermögen für sich zurückzugewinnen, setzt sie sämtliche Mittel ein. Eine zunächst eingefädelte ausgeklügelte, hinterhältige Intrige scheitert, was sie zwar noch weiter erzürnt und zur Verzweiflung treibt, aber gleichzeitig dazu veranlasst, noch mehr Zwietracht zu säen: wenn sie schon nicht gewinnen kann, so sollen auch die anderen leiden. Ihr Vorgehen wird dabei zunehmend grausamer, zunächst angewandte "Drohungen" sind in ihren Augen nur "armselige Waffen", denen bald offensichtlichere Gewaltanwendung folgt; die skrupellose Marwood schreckt weder vor Erpressung, noch vor Entführung, noch vor Mord zurück. Je mehr sich jedoch das Scheitern ihrer Pläne abzeichnet, desto unbedachter handelt sie auch, zunehmend durch reine Verzweiflung und Wut angetrieben. Marwood kann sich verstellen; ist sie eigentlich hart und kalt, so gelingt es ihr im Rahmen ihrer Intrigen, freundlich zu erscheinen und sich einzuschmeicheln, zugleich neigt sie an dieser Stelle aber auch zur Übertreibung. In ihrer Gier nach Anerkennung kostet sie jeden noch so kleinen Triumph aus.

Mellefont

Mellefont bereut sein "Verbrechen", seine geliebte, unschuldige Sara zur Flucht verleitet zu haben. Er neigt dazu, unüberlegt und aus reiner Lust und Leidenschaft zu handeln; so zeichnet sich auch seine Vorgeschichte durch einen "strafbaren Umgang mit allen Arten von Weibsbildern" aus. Für sein (bisheriges) Handeln ist seine Freiheitsliebe entscheidend; Mellefont hat Angst, sich fest und endgültig zu binden, er ist bequem und scheut die Verantwortung. Er ist jedoch bereit, sich angesichts seiner Liebe zu Sara zu verändern. Ferner zeugt sein Auftreten von einer gewissen Arroganz. Mellefont ist realistischer als Sara und in der Lage, Menschen zu durchschauen; auch wenn ihm dies im Bezug auf Marwood nicht immer gelingt, gibt er sich bezüglich Sir Williams Einstellung ihm gegenüber keinerlei Illusionen hin. Mellefont will seinen Mitmenschen nichts Böses, so hofft er auf eine Trennung von Marwood wie sie bei "Leuten von Vernunft" möglich sein sollte, möchte sich für Saras Mord, für den er sich mitschuldig fühlt, aber doch an ihr rächen. Sein verzweifelter Selbstmord am Ende ist einerseits Ausdruck seiner Liebe zu Sara, zeigt andererseits aber einmal mehr, dass er sich die Dinge gerne einfach macht.

2.) Die Handlung

Bestürztüber die plötzliche Flucht seinerüber alles geliebten Tochter Sara mit deren von ihm nicht akzeptierten Liebhaber Mellefont reist Sir William den beiden nach, als er einen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort erhält. Er ist bereit, ihr zu vergeben und hält ihren "verfluchten Verführer" Mellefont für den Schuldigen.

Auch Sara leidet unter der Trennung von ihrem Vater, den sie sehr verehrt. Zugleich ist sie aber so unsterblich in Mellefont verliebt, dass sie sich gezwungen sah zu fliehen. Mellefont beabsichtigt, mit ihr aus England nach Frankreich zu flüchten und sie dort zu heiraten. Vorher muss er jedoch noch eine Erbschaftsangelegenheit regeln, die sich verzögert. Während er versucht, den "schimpflichen Fesseln" Marwoods zu entkommen, mit der er liiert war, bevor er Sara kennenlernte, möchte Sara England nichtüberstürzt verlassen. Marwoods Brief an Sir William ist Teil einer von ihr geschmiedeten Intrige mit dem Ziel, Mellefont für sich zurückzugewinnen. Dafür hofft sie, Sara und ihren Geliebten auseinander zu treiben, indem Saras Vater seine Tochter zurückholt. Bei einem Treffen zwischen Mellefont und Marwood versucht diese zunächst, an seine Gefühle für sie zu appellieren. Als sie jedoch bemerkt, dass Mellefont nichts mehr für sie empfindet, lässt sie Arabella, die gemeinsame Tochter der beiden, auftreten. Mellefont hatte dafür gesorgt, dass diese Marwoods Einflussbereich entzogen wurde; Marwood war es jedoch durch eine List gelungen, sie zurückzuholen. Nun versucht sie, Mellefont ein schlechtes Gewissen zu machen, indem sie ihm einredet, dass die durch ihn verursachte Trennung von Sir William und dessen einziger Tochter Saraüberaus grausam sei. Verstärkt wird dieses Gefühl noch durch Arabella an ihrer Seite, die ihn anbettelt, zurückzukommen. Mellefont geht zunächst auf Marwoods List ein, kommt aber wenige Augenblicke später zurück und hat die ihm schon bekannten "Ränke einer Marwood" durchschaut. Es folgt ein Streit zwischen Mellefont und Marwood, bei dem diese so sehr in Rage gerät, dass sie droht, ihre Tochter zu töten und schließlich mit einem Dolch auf Mellefont losgeht. Jener kann ihren Angriff abwehren.

Nachdem er durchgesetzt hat, dass Arabella wieder von ihrer Mutter getrennt wird, geht er auf Marwoods Bitte ein, vor ihrer Rückkehr nach London Sara einmal zu treffen. Sir William lässt derweil seinen Diener Waitwell einen Brief an Saraübergeben, in dem er keinerlei Vorwürfe macht und sie bittet, zurückzukehren. Er ist nunmehr auch bereit, Mellefont als seinen Schwiegersohn zu akzeptieren, weil er hierin die einzige Möglichkeit sieht, seine Tochter zurückzugewinnen.

Während Sara auf die Ankunft von Lady Solmes wartet, als die ihr Mellefont Marwood angekündigt hat,überbringt ihr Waitwell den Brief des Vaters. Befürchtet sie zunächst, "seinen Tod beschleunigt" zu haben, ist sie um so erleichterter zu hören, dass ihr Vater sie noch immer liebt. Dennoch weigert sie sich zunächst, den Brief zu lesen, davonüberzeugt, dass ihre Rückkehr zwar derzeit das "sehnliche Verlangen" ihres Vaters sei und auch sie glücklich machen würde. Auf lange Sicht aber würde sie ihn daran erinnern "Schwäche" gezeigt zu haben und deshalb betrüben. Schließlich gelingt es Waitwell durch eine List, sie zum Lesen des Briefs zu bewegen. Überrascht und hocherfreut macht sich Sara daran, eine Antwort zu verfassen, was ihr nicht leicht fällt, da sie Schwierigkeiten hat, die richtigen Worte zu finden. Ihre Bemühungen werden durch das Eintreffen von Mellefont und Marwood unterbrochen. Marwoods Versuche, sich durch Mitleidsbekundungen bei ihr einzuschmeicheln, scheitern an Sir Williams Großzügigkeit. Marwood erkennt, dass ihre Intrige fehlgeschlagen ist, gibt aber nicht auf. Den von ihr geäußerten Zweifeln bezüglich der Authentizität der "unvermuteten Güte" Sir Williams schenkt Sara jedoch keinerlei Beachtung. Glücklichüber Saras Reaktion hebt Sir William den Rangunterschied zwischen ihm und seinem langjährigen Diener und Freund Waitwell auf.

Mellefont willigt ein, den Antwortbrief an Sir William gemeinsam mit Sara zu schreiben. Er bekennt sich als allein schuldig an ihrer Situation, wohingegen Sara, die plötzlich "Ahnungen quälen", sich als mitschuldig betrachtet und noch immer Gewissensbisse hat. Ihr Geliebter macht sich Sorgen darüber, in Zukunft seine geschätzte Freiheit angesichts der dauerhaften Bindung aufgeben zu müssen. Er durchschaut, dass Sir William ihn nur deshalb als Sohn akzeptiert, weil er seine Tochter zurückgewinnen will. Leise Vorwürfe und Beobachtungen seines Dieners Norton weist er arrogant und heftig zurück. Marwood kehrt unter dem Vorwand zurück, sich verabschieden zu wollen. Während Mellefont hofft, sich im guten Einvernehmen von ihr zu trennen, fordert sie nur Geld von ihm. Er sichert ihr zu, für Arabella aufzukommen, aber nicht für sie. Bei der Verabschiedung sorgt sie dafür, dass Mellefont weggelockt wird, um alleine mit Sara zu sein. Sie versucht, Mellefont bei dieser anzuschwärzen, indem sie ihr von dessen schändlichem Verhalten Marwood gegenüber erzählt, sowie von der Sara bislang unbekannten Tochter Arabella. Sie rät ihr von einer Ehe mit Mellefont ab, da eine Trennung derzeit noch "ohneöffentliche Schande" möglich sei und betont, dass Marwoods Ansprüche auf Mellefont ohnehin "die ersten und stärksten" seien. Mit ihrerüberzogenen Darstellung aber erzürnt sie Sara, die ihr Verrat an Mellefont vorwirft. Zugleich bringt sie sie dazu, sich selbst zu verzeihen. Sara bereut ihren Wutausbruch gegenüber ,Lady Solmes` sofort und fällt vor ihr nieder. Diese gibt sich, ihren Triumph auskostend, zu erkennen, und geht auf Sara los, die flüchtet. Marwood bedauert, ihren Dolch an Mellefont verloren zu haben und damit die Möglichkeit, Sara zu töten, da sie befürchtet, dass ihre Drohungen sie nicht lange einschüchtern würden. So beschließt sie, Sara zu vergiften.

Sara erwacht unterdessen aus einer Ohnmacht und hält sich erneut für allein schuldig. Ihr geht es zunehmend schlechter, aber sie ahnt noch nichts davon, vergiftet worden zu sein. Mellefont kehrt zurück und beabsichtigt, sich an Marwood für deren "plumpe List" zu rächen. Sara jedoch hält ihn zurück. Sie erzählt dem besorgten Mellefont, dass sie von Arabella erfahren hat und bittet ihn, die Mutterrolleübernehmen zu dürfen. Mellefont erhält einen Brief von Marwood, die verschwunden ist, in dem sie ihre Absichten darlegt. Sie teilt ihm mit, Sara durch ihre Arzneien vergiftet zu haben. Zudem erpresst sie ihn damit, dass sie ihre Tochter als Geisel genommen hat, bis sie entkommen ist. Den Inhalt des Briefs verheimlicht Mellefont Sara zunächst. Deren "sehnlichstes Verlangen", ihren Vater nochmals zu sehen, geht in Erfüllung. Sir William bereut seinen bisherigen Eigennutz und ihr nicht gleich verziehen zu haben. Angesichts der offensichtlichen Liebe Mellefonts zu Sara ist er nunmehr bereit, diesen gerne aufzunehmen. Mellefont liest Marwoods Brief vor. Daraufhin bittet Sara ihren Vater, Mellefont als Sohn und Arabella als Tochter aufzunehmen. Sie vergibt Marwood und fordert auch ihren Vater und Mellefont auf, diese nicht zu verfolgen. Sir William erklärt seine "irdische Tochter" zum "Engel". Nachdem sie gestorben ist, bezeichnet sich Mellefont als Hauptschuldiger an ihrem Tode. Er erwartet Sir Williams Zorn. Als dieser ausbleibt, ersticht er sich. Dass Sir William ihn tatsächlich als Sohn annimmt, glaubt er erst, als dieser den Sterbenden umarmt. Mellefont bittet ihn, sich Arabella anzunehmen und stirbt. Sir William verzeiht ihm, indem er ihn als "mehr unglücklich als lasterhaft" bezeichnet, und erklärt, sich um Arabella zu kümmern.

3. Unterschiede zwischen den Personengruppen in Verhalten und Charakter

Während Marwood den Typus einer skrupellosen, heimtückischen Intrigantin und damit eindeutig das Böse verkörpert, erscheint Sara als ihre Antagonistin trotz ihres "Vergehens" als "tugendhaft" - hierin sind sich auch alle anderen "Guten", d. h. Sir William, dessen Diener Waitwell und Mellefont einig. Letzter bezweifelt offen, dass "der, welcher tugendhaft sein soll, keinen Fehler begangen haben" darf; Waitwell betont "ein Kind kann wohl einmal fehlen, es bleibt deswegen doch ein gutes Kind" und Sir William spricht bagatellisierend vom "Fehler eines zärtlichen Mädchens". Insgesamt erscheint Saras Ideal von ,Tugendhaftigkeit` als absoluter Unfehlbarkeit, dem sie nachzueifern versucht, als unrealistisch und naiv; beschränkt sich diese ,Tugendhaftigkeit` zudem auf tatenlose Reue. So ist Sir William - während Sara nur unter den Konsequenzen ihres Handelns leidet - auch bereit, zu intervenieren und für Veränderungen zu sorgen. Zugleich entspricht das hiesige Verständnis der ,Tugendhaftigkeit` weniger einer Prinzipienethik im Sinne Kants, in der die menschliche Vernunft eine zentrale Rolle spielt; hier geht es mehr um das Einhalten einfacher Werte im Rahmen bürgerlicher Konventionen, durch Erziehung vermittelt. So erscheint es zutiefst unmoralisch, dass Sara und Mellefont liiert, aber nicht verheiratet sind und Sara weigert sich, ihr "Vaterland als eine Verbrecherin" zu verlassen.

Der Forderung nach einem Handeln unter der "Leitung des Verstandes" als dem Ideal der Aufklärung kommt keiner der Charaktere nach. Dennoch ist Sir William derjenige, bei dem sich wenigstens einzelne Grundsätze der Aufklärung erkennen lassen, so wie der Gleichheitsgedanke; er erkennt in Waitwell, seinem langjährigen Diener, letztlich seinen Freund und Vertrauten und hebt den "Unterschied" zwischen ihnen schließlich auf, während Mellefont seine vermeintliche Überlegenheit dem Bediensteten Norton gegenüber hervorhebt. Zunächst seinen Empfindungen folgend ist Sir William der einzige, der das Geschehen und seine Hintergründe zumindest im Ansatz reflektiert, obwohl auch ihn Emotionen beherrschen. Alle anderen Charaktere sind als "unmündig" zu betrachten; Mellefont, der sich ausschließlich von seinen Leidenschaften anleiten lässt, mitnichten aber von seiner Vernunft (was ihm letztlich auch zum Verhängnis wird), ebenso wie die leichtgläubige, nichts hinterfragende Sara und wie die von bloßer Rachsucht angetriebene Marwood. Dennoch ist diese zum bedachten Handeln in der Lage; erscheint ihre Vorgehensweise doch meist recht subtil und ausgeklügelt.

Tragik kommt dadurch zustande, dass das ganz offensichtlich Gute (verkörpert in erster Linie durch Sara, aber auch durch Sir William und Mellefont) sich nicht gegen das eindeutig Böse repräsentiert durch Marwood wehren kann. Eine moralisch gut handeln wollende Sara ist in ihrer Naivität nicht in der Lage, die "Ränke einer Marwood"10 zu durchschauen. "Böse Leute suchen immer das Dunkle" verkündet Waitwell schon bei seinem ersten Auftritt- und so ist Marwood, die mit ihren Intrigen stets verdeckt und damit aus dem "Dunklen" heraus handelt, vor der Entdeckung nahezu sicher - selbst vor der durch Mellefont, der sie eigentlich kennen müsste. So kommt es zu keinem Kampf, nicht einmal zu einer wirklichen Konfrontation, womit das Gute von Beginn an zum Scheitern verurteilt ist.

4) Die Entwicklung der Familie Sir William

Nachdem seine Frau bei Saras Geburt verstorben ist, konzentriert Sir William seine ganze "väterliche Liebe" auf Sara, die letztlich zu seinem Lebensinhalt geworden ist. Er beschreibt sich selbst als "zärtlichen Vater", wofür auch Saras Liebe und Verehrung für ihn spricht. Zugleich verschafft ihm dies jedoch auch eine Zum Konflikt kommt es jedoch, als sie Mellefont kennen lernt. Es ist fraglich, ob Sir William diesen nicht akzeptieren will, weil er Angst hat, seine Tochter zu verlieren, oder ob er diesen aus welchen Gründen auch immer für eine ,schlechte Partie` hält. Zweifelsfrei aber folgt er auch eigennützigen Motiven, als er seine Tochter zurückholen will . Er weiß mit der völligen Einsamkeit nicht umzugehen und erkennt Saras tatsächliche Rolle und Bedeutung in seinem Leben; er ist auf ihre Liebe angewiesen. So stellt sie "die Stütze seines Alters" dar, und ist die einzige, die "den traurigen Rest meines Lebens versüßen" kann. In seiner Verzweiflung wird ihm bewusst, dass er Sara gegenüber nicht nur Forderungen geltend machen kann, sondern auch Zugeständnisse machen muss. Seine Einstellung zu ihrer Flucht verändert sich mit der Zeit; spricht er zunächst von "Vergehungen", macht er ihr in seinem Brief keine Vorwürfe, erscheint zugleich jedoch ihrer "Reue" sicher. Die Schuld für ihr Handeln sucht er zunehmend bei sich selbst, so gesteht er bald "Ich habe selbst den größten Fehler bei diesem Unglücke begangen." Er begreift, dass er sich nicht völlig von ihr lossagen kann. Seine größte Sorge ist es, von ihr zurückgewiesen zu werden, und er istüberaus erleichtert, als dies nicht geschieht. Er fürchtet die endgültige Trennung von ihr durch den Tod. Dass es der ihre ist, kommtüberraschend, angesichts ihrer letzten Wünsche aber erklärt er sie zum "Engel"21 und macht sie damit zumindest für sich selbst unsterblich. Hierdurch schreibt er Sara eine Rolle zu, die objektiv betrachtet unangemessen erscheint, aber einmal mehr auf seinen Stolz und ihre Bedeutung für ihn hinweist. So revidiert er seine Einstellung hinsichtlich Mellefont schließlich völlig. Die Lücke, die Saras Tod hinterlassen dürfte, soll Arabella als ihr "Vermächtnis" ausfüllen - er kann sich eine dauerhafte Existenz ohne Sara einfach nicht vorstellen.

Auch Sara hängt an ihrem Vater- es macht sie keineswegs glücklich, nach ihrer Flucht nunmehr mit Mellefont zusammen zu sein. Sie fühlt sich schuldig und hat Gewissensbisse, den "vortrefflichsten Mann, den besten Vater" verlassen zu haben. Dieser war bislang die einzige zentrale und dominante Person in ihrem Leben, was sich durch das Kennen lernen Mellefonts verändert hat. Dennoch ist sie nicht in der Lage, Sir William und seine Gefühle und Hintergründe richtig einzuschätzen. Sie hält ihn für die personifizierte "Gütigkeit" und Tugendhaftigkeit. Damit billigt auch sie ihm eine Position zu, die er nicht wirklich verdient hat. Zugleich hat sie große Schwierigkeiten, ihre Empfindungen für ihn in Worte zu fassen, was auf eine gewisse Unsicherheit hinweist. Wie wichtig ihr Vater und dessen Meinung von ihr für sie tatsächlich ist, zeigt sich zunächst darin, wie glücklich sieüber seine Vergebung ist. Vor ihrem Tod ist ihr "sehnlichstes Verlangen"19, ihren Vater wiederzusehen. Sie stirbt, sich seiner Liebe gewiss. Zugleich ist er der letzte Mensch, den sie anspricht. All dies weist darauf hin, dass die Bedeutung ihres Vaters für sie trotz der Beziehung zu Mellefont nach wie vor sehr groß ist.

Ende der Leseprobe aus 8 Seiten

Details

Titel
Lessing, G. E. - Miss Sara Sampson
Autor
Jahr
2000
Seiten
8
Katalognummer
V102042
ISBN (eBook)
9783640004393
Dateigröße
380 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Handlungsentwicklung, Hauptfiguren
Arbeit zitieren
Christina Martens (Autor:in), 2000, Lessing, G. E. - Miss Sara Sampson, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102042

Kommentare

  • Gast am 7.3.2016

    Ich hab diese arbeit auch verwendet, hab eine 6 bekommen , sehr zu empfehlen.
    Leider hab ich es im fach italienisch verwendet.

  • Gast am 7.3.2016

    eine 1

  • Gast am 16.12.2004

    Lessing,G.E. - Miss Sara Sampson.

    hallo ich wollte mal fragen welche note oder wieviele notenpunkte du auf diese arbeit bekommen hast

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Titel: Lessing, G. E. - Miss Sara Sampson



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