Nachkriegsdeutschland im Roman


Facharbeit (Schule), 2001

37 Seiten, Note: 14 Punkte


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Thema der Arbeit und Auswahl der relevanten Romane

2. Allgemeine Informationen zur Nachkriegsliteratur
2.1 Nachkriegsliteratur in der BRD
2.2 Nachkriegsliteratur in der DDR

3. Einflüsse auf die Sicht der Autoren
3.1 Das politische System
3.1.1 in der BRD
3.1.2 in der DDR
3.2 Umgang mit dem Nationalsozialismus (Entnazifizierung)
3.2.1 in der BRD
3.2.2 in der DDR
3.3 Die wirtschaftliche Situation der Nachkriegszeit
3.3.1 in der BRD
3.3.2 in der DDR

4. Die Darstellung der gesellschaftlichen Situation in den Romanen
4.1 Gebrochene und gescheiterte Existenzen
4.1.1 die ihre Krise bewältigen (Robert Iswall)
4.1.2 die ihre Zerrissenheit zumindest äußerlich, wenn auch nicht vollständig überwinden (Die Fähmels, Schrella)
4.1.3 die an ihrer Krise scheitern (Keetenheuve)
4.2 Reintegration alter Nationalsozialisten (Nettlinger, Frost-Forestier)
4.3 Die Verfassung der Gesellschaft global gesehen
4.3.1 Eine Gesellschaft, die unfähig ist zu trauern
4.3.2 Eine Gesellschaft auf dem Weg in ein besseres Zeitalter
4.3.3 Eine völlig erstarrte, tote Gesellschaft

5. Die Darstellung der politischen Situation in den Romanen
5.1 Militarismus contra Antimilitarismus
5.1.1 Scheitern des pazifistischen Widerstands gegen die Wiederbewaffnung
5.1.2 Ungeklärter, wohl ewig fortdauernder Konflikt
5.2 Kritik an den politischen Institutionen
5.2.1 Kritik an Einzelerscheinungen
5.2.2 Kritik am gesamten politischen Geschehen
5.3 Kontinuität der deutschen Geschichte oder Neuanfang?
5.3.1 Echter politischer und gesellschaftlicher Neuanfang
5.3.2 Erkennbare personelle, strukturelle und programmatische Kontinuität

6. Strukturelle und erzählerische Merkmale einer solchen Darstellung
6.1 Erinnerung und Reflexion als strukturierender Impuls des Romans
6.2 Anlehnung an den pyramidalen Aufbau des Dramas

7. Zusammenfassung der Sicht der Autoren auf Deutschland und die Gesellschaft

8. Literaturverzeichnis

1. Thema der Arbeit und Auswahl der relevanten Romane

Das Thema dieser Arbeit ist die Darstellung der gesellschaftlich und politischen Verhältnisse im Nachkriegsdeutschland. Da die Trümmerliteratur der Nachkriegszeit hier keine Beachtung finden soll, setzt diese Betrachtung erst nach der Gründung der beiden deutschen Staaten und in etwa mit Einsetzen des Wirtschaftswunders und der Wiederbewaffnungsdebatte in der Bundesrepublik ein, was sich in der Auswahl der Romane widerspiegelt. In dieser Arbeit geht es darum ein möglichst breites und genaues Bild des Nachkriegsdeutschlands wiederzugeben. Da die Nachkriegsliteratur aber äußerst vielfältig und komplex ist, ist es unmöglich eine repräsentative und vollständige Darstellung zu liefern. Aus diesem Grund soll diese Arbeit nur einen kleinen Ausschnitt aus dem großen Komplex des Nachkriegsdeutschlands bilden. Einige der bedeutendsten und zum Teil auch umstrittensten Romane der Nachkriegszeit bilden dazu die Grundlage. Es handelt sich dabei um Billard um halb zehn von Heinrich Böll, Das Treibhaus von Wolfgang Koeppen und Die Aula von Hermann Kant. Bölls Billard um halb zehn stellt die Gesellschaft aus der Sicht einer gutbürgerlichen Architektenfamilie dar, deren persönliche Geschichte das deutsche Schicksal der Nachkriegszeit symbolisiert. Weiterhin soll Deutschland aber auch noch stärker aus politischer Sicht dargestellt werden. Dazu eignet sich Wolfgang Koeppens Roman Das Treibhaus ganz vorzüglich, zeigt es doch das Scheitern eines Abgeordneten des deutschen Bundestags an der Politik und der Welt in den Jahren der Restauration, speziell während der Wiederbewaffnungsdebatte. Zu guter Letzt soll auch noch ein Blick auf den anderen Teil Deutschlands geworfen werden. Waren bis jetzt alle genannten Romane Werke, die sich mit den Problemen der westlichen parlamentarisch- demokratischen Republik befassten, so ist Hermann Kants Die Aula wohl einer der bedeutendsten Romane der jungen DDR-Literatur, der die Schwierigkeiten beim Aufbau einer neuen Gesellschaft und das Umdenken in eine neue Ordnung versucht darzustellen.

Um sich einer detaillierten werkbezogenen Betrachtung davon zu nähern, wie Deutschland dargestellt wird, sollen zu Beginn einige allgemeine Tendenzen der deutschen Nachkriegs- literatur und die wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Grundvoraussetzungen aufgezeigt werden.

2. Allgemeine Informationen zur Nachkriegsliteratur

2.1 Nachkriegsliteratur in der BRD

Nachdem das nationalsozialistische Regime am achten Mai 1945 schließlich vollends geschlagen war, ergab sich für Deutschland eine völlig neue Situation. Zwölf Jahre lang hatten sich die Deutschen in eine alles vereinnahmende Ideologie einzwängen lassen, in die sie sich zum größten Teil bereitwillig und ohne großen Widerstand fügten. Für die Bevölkerung ergab sich nun, nach dem Sturz dieses Regimes, die Möglichkeit, neu anzufangen, eine neue Epoche zu beginnen. Nun stellt sich dabei die Frage, wie die Literatur mit dieser Möglichkeit umging. Dazu muss man zwischen Schriftstellern unterscheiden, die während der Zeit des Nationalsozialismus aus Deutschland emigrierten und denen, die in Deutschland verblieben oder sogar selbst als Soldaten im Krieg waren und nun heimkehrten. Während sich erstere auch während der NS-Diktatur mit den deutschen Fragen und Problemen literarisch auseinandersetzten, wie zum Beispiel Thomas Mann in seinem Roman „Doktor Faustus” (1947), waren die in Deutschland verbliebenen Autoren während dieser Zeit ganz der Willkür und Zensur des Regimes ausgesetzt, so dass eine öffentliche Diskussion und Verarbeitung des Zeitgeschehens nicht stattfinden konnte. Darum ergab sich für sie nach 1945 eine völlig andere Situation als für die emigrierten Autoren. Man kann von den Exilschriftstellern kaum behaupten, sie wären nach 1945 am absoluten Nullpunkt angelangt, betrachtet man einmal, was sie während ihres Exils alles gedacht, verfasst und veröffentlicht haben. Im Prinzip setzten sie ihren Entwicklungsweg, der in der Weimarer Republik begonnen hatte, nun nach 1945 fort. Die in Deutschland verbliebenen Autoren, die sowohl aus Schriftstellern der älteren Generation bestanden, die auch schon vor dem Krieg geschrieben hatten, als auch aus solchen der “Kriegsgeneration”, denen, die ihre Jugend im Krieg als Soldaten eingebüßt hatten, sahen sich dagegen durch den Nationalsozialismus einem totalen Bruch mit ihrer Kultur und Vergangenheit gegenüber. Für sie war das Jahr 1945 die Stunde Null, ein völliger Neubeginn. Die erste Antwort aus Deutschland selbst über den Krieg kam von den Autoren der älteren Generation. Diese Werke der Nachkriegszeit sind zur sogenannten Trümmerliteratur zu zählen. Jedoch hatten sie wenig bleibenden Erfolg, was oftmals damit zusammenhängt, dass sie für den durchschnittlichen Leser, damals als auch heute, äußerst schwer zu verstehen sind. Nur einige wenige dieser Werke haben sich bis heute eine Art „Klassikerstellung” bewahrt, wie zum Beispiel Gottfried Benns Der Ptolemäer, eine „Novelle”, in der jegliche Existenz von Geschichte und Entwicklung für Illusion gehalten wird.

Die jungen Autoren der Nachkriegsliteratur werden im Grunde genommen zu Unrecht als jung bezeichnet, denn die meisten von ihnen hatten ihre Jugend als Zwanzig- bis Vierzigjährige auf den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkriegs oder in Gefangenschaft verbracht. Als Heimkehrer waren sie frei von Illusionen. Sie machten es sich zur Aufgabe, die Literatur von all dem Schwulst zu reinigen, den sie mit dem Nationalsozialismus in Verbindung brachten, denn das oberste Ziel sollte es sein, nie wieder etwas derartiges hervor- zubringen. Daraus resultierte bei vielen dieser Schriftsteller eine völlig neuartige, eine „arme” Sprache, denn ihre Sprache sollte sich einerseits von der Propagandasprache der Nationalsozialisten, allen voran der Joseph Goebbels’, andererseits auch von der wortreichen, stilistisch „übergewandten” Sprache eines Thomas Mann beispielsweise unterscheiden. Ihre Literatur beschäftigte sich anfangs vorrangig mit dem Weiterleben faschistoider Elemente in der Bundesrepublik. Wenige Jahre später widmete man sich dann aber stärker den gegenwärtigen Verhältnissen. Dabei geht es vor allem um Probleme und Kritikpunkte, die man mit den Schlagworten „Wirtschaftswunder”, „Restauration” und „unbewältigte Vergangenheit” assoziierte, das heißt Materialismus, Substanzverlust des einzelnen durch nötige soziale Anpassung und wiedererstarkendes ideologisches Schubladendenken. Eine besonders wichtige Stellung nahm dabei die Gruppe 47 ein. Ihr gehörten so bekannte Autoren wie Günther Grass, Alfred Andersch, Martin Walser und Uwe Johnson an, um nur einige der berühmtesten Vertreter zu nennen. Die Gruppe bot durch ihre jährlichen Tagungen jungen Autoren die Gelegenheit, sich mit Textproben der Kritik zu stellen und Kontakte zu Verlegern zu knüpfen. Sie hatte allerdings nie den Anspruch die gesamte Nachkriegsliteratur zu repräsentieren, auch wenn an ihren Tagungen wiederholt so bekannte Kritiker wie Marcel Reich-Ranicki teilnahmen. Ein Hauptverdienst der Gruppe war, dass auch Autoren der deutschsprachigen Nachbarländer, sogar der DDR, zu ihren Tagungen eingeladen wurden. Die sich verhärtenden Zustände in Europa, ausgelöst durch den immer stärker werdenden Ost- West-Konflikt und die deutsche Restauration, riefen allerdings in vielen dieser Autoren ein Gefühl der Ohnmacht hervor. Einige der zahlreichen Vertreter der neuen deutschen Autoren der Nachkriegszeit sind Günther Grass, Heinrich Böll, Günther Eich, Wolfgang Borchert, Ilse Aichinger, Wolfgang Koeppen und Martin Walser.

2.2 Nachkriegsliteratur in der DDR

In der Sowjetischen Besatzungszone konnte diese Entwicklung nicht so verlaufen wie in den Zonen der West-Alliierten beziehungsweise der BRD, herrschte in der SBZ doch erneut eine Diktatur. Der Sozialismus bedeutete nämlich für die Literatur erneut Einschränkungen in ihre Schaffensfreiheit, wenn auch in nicht so extremer Hinsicht, wie dies im Nationalsozialismus noch der Fall war. Nach 1945 genoss die Literatur der SBZ großes Ansehen in der Welt, denn viele berühmte kommunistische Autoren, angefangen bei Stephan Hermlin über Anna Seghers, Johannes R. Becher und Arnold Zweig bis hin zu Bertolt Brecht, kehrten aus dem Exil zurück und entschieden sich dann für das sozialistische System. Doch bis auf einige Tendenzautoren wie Erich Weinert oder Willi Bredel wurde keiner der genannten Autoren in der stalinistischen DDR wirklich froh. Denn nicht sie, sondern die SED-Funktionäre gaben die Marschrichtung der Literatur an. Eingezwängt in das Korsett des sozialistischen Realismus, nahm auch die literarische Qualität der veröffentlichten Werke ab. Schon 1905 hatte Lenin gefordert, die Literatur müsse parteilich werden, um die sozialistische Revolution voranzubringen. Der Roman wurde dabei als Schlüsselgenre des sozialistischen Realismus angesehen. Für die Autoren sollte Balzac als überragendes Vorbild gelten. Arbeiter, Bauern, Ingenieure und Parteifunktionäre bilden die Haupthelden des sozialistischen Romans. Diese nehmen eine Vorbildfunktion ein, denn die Literatur soll eine erzieherische Funktion haben. Dabei werden kritische Analysen der objektiven Realität zugunsten von Euphorie, Heldentum und grenzenlosem Optimismus zurückgestellt. Einige Autoren wie Bertolt Brecht und Johannes R. Becher, aber auch junge Autoren wie Günter Kunert wandten sich später offen vom DDR-Staat ab und übten heftige Kritik an der sturen Auslegung der Doktrin des sozialistischen Realismus, vor allem während der kurzen Periode des Tauwetters zwischen 1953 und 1956. Doch die meisten Schriftsteller passten sich mehr oder weniger den Vorgaben an. Eine große Zahl von Schriftstellern verließ jedoch auch die DDR, was der Literatur des Landes stark geschadet hat.

Die frühe DDR-Literatur wandte sich hauptsächlich der Abrechnung mit der faschistischen Vergangenheit (Bruno Apitz Nackt unter Wölfen), dem Aufbau von Industrie und Landwirtschaft, der Aufarbeitung der Geschichte, vor allem der revolutionären Phasen, dabei besonders der Reformation und den Problemen beim Aufbau der neuen Gesellschaft zu (Anna Seghers Die Entscheidung, 1959 und Das Vertrauen, 1968). Mit dem Mauerbau, der zunehmenden Westintegration der BRD und dem Heranwachsen einer eigenen Bildungselite in der DDR veränderte sich jedoch die Situation der DDR-Literatur. Die jungen, in der DDR aufgewachsenen Autoren akzeptierten den Staat, in dem sie lebten und übten nur noch Kritik an Einzelerscheinungen. Doch die große Frage nach der Existenzberechtigung dieses Staates wurde nicht gestellt, wie es Brecht beispielsweise gegen Ende seines Lebens noch tat: „Wenn der Regierung ihr Volk nicht mehr gefällt, warum sucht sie sich dann nicht ein neues?”. Aber auch von Seiten des Staates gingen Veränderungen aus. Die Kulturpolitik wurde gelockert, sie wurde entkrampfter. Damit stieg auch wieder die Qualität der Literatur. Vertreter dieser Literatur, die vor allem die Hoffnung auf eine bessere Zukunft ausdrückt, sind beispielsweise Christa Wolf (Der geteilte Himmel, 1963) oder auch Hermann Kant (Die Aula, 1965). Nachdem die SED den „Unterbau” der Gesellschaft sehr erfolgreich verändert und auf ihre Zwecke zurechtgeschnitzt hatte, blieb es das große Dilemma der DDR-Autoren, nicht aus dem Korsett des sozialistischen Realismus hinauszudürfen und keine Veränderung des „Überbaus“, im Sinne einer kritisch- humanistischen Marx-Interpretation, vornehmen zu dürfen. Stattdessen wurde eine Literatur verlangt, die geprägt ist von Fortschrittsoptimismus und kleinbürgerlicher Moral.

3. Einflüsse auf die Sicht der Autoren

3.1 Das politische System

Nach den Verbrechen der Deutschen während der Zeit des Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg schien ein Weiterbestehen Deutschlands als ein integrer Staat mit Aufnahme in die internationale Staatengemeinschaft, vor allem wegen des geringen und so wenig erfolgreichen eigenen Widerstands gegen das Regime in Deutschland, aber auch wegen der sich schon abzeichnenden Interessenkonflikte zwischen den Siegermächten, sehr unwahrscheinlich zu sein. Aus der ehemals vereinten Anti-Hitler-Koalition waren zwei sich konfrontierende Pole geworden. Somit erschien vielmehr eine Teilung Deutschlands als unausweichlich. Als 1949 sowohl die BRD als auch die DDR gegründet wurden, beriefen sich beide Systeme trotz allem auf das Erbe des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Im Westen Deutschlands hatte es während des Nationalsozialismus trotz aller Brüche eine Kontinuität in den großen Parteien gegeben, in der Union ebenso wie in der SPD, die man mit Namen wie Adenauer, Schumacher und Brandt verknüpfte. In der SBZ bezog man sich auf die eigene kommunistische Widerstandsgeschichte. Dabei wurden dem im Konzentrations- lager ermordeten KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann sowie der Moskauer Exilparteiführung unter Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht besondere Bedeutung beigemessen.

Nun soll auf die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Vorraussetzungen der beiden deutschen Staaten eingegangen werden, die die Sicht der Autoren entscheidend prägten. Dabei sollen als erstes die politischen Systeme beleuchtet werden. Bis 1949 hatten die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs die totale Kontrolle über Deutschland. In diesem Jahr gewann Deutschland jedoch durch zwei Staatsgründungen einen Teil seiner Souveränität zurück. In den Westzonen wurde unter alliierter Beobachtung und Kontrolle von deutschen Demokraten das Grundgesetz für eine freiheitliche, föderale, soziale und demokratische Republik ausgearbeitet. Das geschah in bewusster Abgrenzung zur Weimarer Republik, man wollte aus den alten Fehlern lernen, um so etwas wie den Aufschwung der Nationalsozialisten in der Weimarer Republik schon verfassungsmäßig unmöglich zu machen. Daher lag dem Grundgesetz auch das Konzept einer wertgebundenen und abwehrbereiten Demokratie zugrunde. Zugleich sollte das Grundgesetz schon durch den Namen, aber noch eindeutiger durch die Präambel, die ein Wiedervereinigungsgebot enthielt, einen provisorischen Charakter erhalten. So sollte der Wunsch nach einer Wiedervereinigung mit der SBZ bzw. der DDR ausgedrückt werden.

In der SBZ baute die SED schon vor Gründung der DDR ihre von der Sowjetführung übertragene Macht zielstrebig aus. Von Beginn an gipfelte ihr Machtstreben in einem umfassenden Machtanspruch. Zur Durchführung ihrer Pläne wurde sofort mit dem Aufbau eigener Sicherheitskräfte begonnen. Später sollte es in der gegründeten DDR keine Gewaltenteilung, sondern stattdessen eine konzentrierte Gewalteneinheit geben. Die Parteiführung der SED verfügte über unbegrenzte und unkontrollierte Macht. Obwohl in der 1949 in Kraft getretenen ersten Verfassung der DDR noch deutliche Bezugspunkte zur Weimarer Verfassung von 1919 zu finden waren, die sich in den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts („allgemeine, gleiche, unmittelbare und geheime Wahl”), dem Artikel 3, der besagte, dass alle Staatsgewalt vo m Volke auszugehen habe, und den verfassungsmäßig garantierten Grundrechten widerspiegelten, waren all diese demokratischen Elemente am Ende faktisch das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt waren. Dass es keine unabhängige Justiz gab, sondern die SED diese als „Instrument im Klassenkampf” inne hatte, erschwerte, neben dem ohnehin schon erdrückend großen Einfluss der Partei im Staatsapparat und den Massenmedien, die Inanspruchnahme der individuellen Grundrechte.

Die 1949 gegründeten Staaten vertraten politische Ordnungsprinzipien, wie sie unterschiedlicher kaum hätten sein können: Gewaltenteilung versus Gewalteneinheit; föderaler Staatsaufbau versus Zentralstaat; Parteienkonkurrenz versus Einheitspartei und politische Gleichschaltung; Wettstreit der Ideen versus Erkenntnismonopol sowie einklagbare Grundrechte versus Unterordnung unter das allein von der SED definierte „Wohl des Volkes”.

3.2 Umgang mit dem Nationalsozialismus (Entnazifizierung)

Beiden deutschen Staaten ist das nationalsozialistische Erbe gemeinsam. Jedoch unterscheiden sich beide Staaten im Umgang mit ihrer Vergangenheit. Unmittelbar nach der deutschen Kapitulation begannen die Alliierten mit der Entnazifizierung. Nachdem zumindest anfangs von amerikanischer und sowjetischer Seite Entschlossenheit an den Tag gelegt wurde, schlug die vorerst nahezu flächendeckende Welle der Entlassungen später aufgrund von fehlenden Fachleuten, die das öffentliche Leben hätten organisieren können, in erst vorsichtige, später massive Wiedereinstellungen von Belasteten um, vor allem in den Westzonen. Die hohe Mitgliederzahl von 8,5 Millionen und die fast durchgängige Mitgliedschaft gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Eliten in der NSDAP erschwerten die ursprüngliche Intention eines völlig entnazifizierten Deutschlands massiv. Die Westalliierten, vornehmlich die USA hatten die Vorstellung nicht nur den Staat und die Wirtschaft zu entnazifizieren, sondern der Gesellschaft insgesamt ein neues politisches Gesicht zu geben. Dazu wurden fast 200.000 Belastete interniert, mehrere Millionen Personen mussten einen Fragebogen zur Feststellung ihrer Gesinnung ausfüllen. Durch die Entlassung von über 300.000 Menschen, darunter viele Fachleute aus Wirtschaft und Verwaltung, kam das gerade erst wieder bedingt funktionsfähige öffentliche Leben erneut zum Erliegen. Die alliierten Entnazifizierungsmaßnahmen liefen jedoch aus, als der heraufziehende Kalte Krieg immer gegenwärtiger wurde. In vielen Lebensbereichen gelangten ehemalige National- sozialisten wieder in führende Positionen, besonders in der Wirtschaft. Im Bereich der Politik waren Fälle wie der Hans Globkes (1898-1973), der an den Nürnberger Rassengesetzen mitwirkte und von 1953 bis 1963 Adenauers Staatssekretär war, allerdings eher die Ausnahme. Begüns tigt wurde die Wiederaufnahme alter Nationalsozialisten in die Gesellschaft durch die Politik der ersten Bundesregierung unter Konrad Adenauer, die durch verschiedene Gesetze eine schnelle Integration von ehemaligen Nationalsozialisten förderte. Dabei konnte sich Adenauer der breiten Unterstützung der Bevölkerung sicher sein, denn ein Großteil fühlte sich, für die im Namen des Nationalsozialismus begangenen Verbrechen, ohnehin nicht verantwortlich. Trotz der weitreichenden personellen Kontinuität in Führungspositionen in der frühen Bundesrepublik, kam es jedoch zu keiner Renaissance nationalsozialistischen Gedankengutes. Somit lässt sich sagen, dass die Reintegration ehemaliger NS-Funktionäre kurzfristig als Erfolg zu werten ist, während sie jedoch langfristig eine moralische Hypothek mit sich brachte, an deren Abbau wir noch heute zu arbeiten haben. Während ehemalige NS-Verantwortliche wieder Zugang zur Gesellschaft fanden, wurden Gegner des Nationalsozialismus nicht selten zu Außenseitern, teilweise warf man ihnen sogar Vaterlandsverrat vor. Der 1933 emigrierte Willy Brandt beispielsweise musste mit derartigen Vorwürfen kämpfen. Auch die, im Vergleich zu den großzügigen Versorgungsbezügen ehemaliger NS-Täter, relativ geringen finanziellen Entschädigungen für Opfer des NS- Regimes vermitteln den Eindruck, dass eher Anpassung als Widerstand gegen den Nationalsozialismus in der neuen Bonner Republik belohnt wurde. Erst mit Einsetzen der Auschwitzprozesse Anfang der sechziger und der Studentenproteste Ende der sechziger Jahre begann man sich tiefgründiger mit den Ursachen und Verbrechen des Nationalsozialismus zu befassen.

In der Sowjetischen Besatzungszone nahm die Doktrin des Antifaschismus eine herausragende Rolle ein, die anfangs sogar die des Marxismus-Leninismus übertraf. Dies lag neben einer strikten Abgrenzung zum Nationalsozialismus unter anderem auch daran, dass sich der Antifaschismus gut zum Zwecke einer gesellschaftlichen Umgestaltung instrumentalisieren und auch missbrauchen ließ. Nach der gängigen Definition war der Faschismus „die offene Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen und imperialistischen Kreise des Finanzkapitals”1 und stellt somit eine Variante bürgerlichen Herrschaft auf kapitalistischer Grundlage dar. Damit ließen sich Enteignungen und Entlassungen bürgerlicher Kräfte rechtfertigen. Durch diese „sozialistische Umgestaltung”, die die Bodenreform, die Enteignung von Betrieben, die Schul- und Hochschulreform und die Vertreibung alter Funktionseliten beinhaltete, behauptete die SED, die ökonomischen und sozialen Wurzeln des Faschismus für immer beseitigt zu haben.

Bei der konkreten Entnazifizierung, der Entlassung der sogenannten aktiven NSDAP- Mitglieder ging die Führung der SBZ wesentlich konsequenter vor als der Westen: vier Fünftel der Richter und über die Hälfte der Lehrer wurden aus ihren Positionen entlassen, in den obersten politischen Etagen saßen ohnehin nur Mitglieder der KPD. Insgesamt waren knapp drei Prozent der Gesamtbevölkerung direkt von den Entnazifizierungsmaßnahmen betroffen, was die SED nutzte, um in der Öffentlichkeit das Bild einer umfassenden Entnazifizierung zu verbreiten. 1948 endete die Entnazifizierung in der SBZ offiziell. Es wurden jedoch weiterhin Verfahren gegen NS- und Kriegsverbrecher durchgeführt, die aber auch in nicht unerheblichem Maße missbraucht wurden, um unliebsames Personal in Wirtschaft und Staat zu entlassen und eigene Kader zu platzieren. Auf der anderen Seite gelang es auch ehemaligen NSDAP-Mitgliedern, vornehmlich denen, die in sowjetischer Kriegsgefangenschaft dem Nationalsozialismus abgeschworen hatten, wieder in der Gesellschaft Fuß zu fassen und zum Teil steile politische Karriere in der SED zu machen. Ende der fünfziger Jahre waren 66 Volkskammer Abgeordnete der DDR ehemalige Mitglieder der NSDAP. Allerdings blieben ihnen trotz aller Reintegration die obersten Etagen versperrt. Zusammengefasst lässt sich jedoch sagen, dass die Entnazifizierung in der DDR in einem wesentlich größeren Kreis von Verantwortlichen und wesentlich konsequenter durchgeführt wurde als in der BRD. Hierbei wurde sie im doppelten Sinne instrumentalisiert: einerseits um die ideologische Formel des Antifaschismus in der Bevölkerung zu erhärten und andererseits um gleichzeitig die Gesellschaft umzugestalten und Opposition auszuschalten.

In beiden Staaten zeigt der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit aber deutliche Parallelen. Ihnen ist der Versuch ehemalige Mitläufer und einfache Parteimitglieder der NSDAP in die eigene Gesellschaft zu integrieren gemeinsam, der sogar nach einem ähnlichen Strickmuster ablief. Im Westen fanden sie recht schnell Zugang in den Parteien, vor allem der CDU/CSU und der FDP, weniger in der SPD, während die SED im Osten sogar eine eigene „Blockflötenpartei”, die NDPD, für ehemalig NSDAP-Mitglieder und Deutschnationale gründete. Weiterhin ist beiden Systemen die Instrumentalisierung der NS- Vergangenheit zur politischen Waffe gegen das andere System durch Vergleich und Gleichsetzung mit dem Nationalsozialismus gemeinsam. Als Fazit lässt sich schließen, dass sowohl in Ost als auch in West nicht angemessen, sondern nur taktisch mit der NS- Vergangenheit umgegangen wurde. In der BRD geschah dies vornehmlich aus praktischen Gründen: das öffentlich Leben wäre ohne die Einbeziehung alter NS-Angehöriger kaum zu organisieren gewesen und in der DDR verhinderten wohl deutliche Parallelen des stalinistischen Sozialismus mit dem Nationalsozialismus, die sonst wahrscheinlich zu leicht zum Vorschein gekommen wären, die tiefgründige Aufarbeitung der NS-Diktatur.

3.3 Die wirtschaftliche Situation der Nachkriegszeit

Als letztes soll nun noch auf die unterschiedlichen wirtschaftlich Vorraussetzungen eingegangen werden, die wohl ebenfalls Einfluss auf die Literatur der Autoren haben. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war die wirtschaftliche Ausgangsposition für die drei westlichen Besatzungszonen und die SBZ ähnlich. Jedoch geriet die ostdeutsche Wirtschaft schon in den ersten Nachkriegsjahren im Vergleich zum Westen in Rückstand. Grund dafür waren vor allem die in erheblich größerem Maße durchgeführten Demontagen im Osten. Während in den Westzonen nur etwa drei Prozent der industriellen Kapazitäten demontiert wurden, waren es im Osten etwa dreißig Prozent. Auch die finanziellen Reparationen und Wiedergutmachungszahlungen lagen im Osten in etwa zwei- bis dreimal höher als im Westen. Zusätzlich fehlten der ostdeutschen Wirtschaft durch die sehr kostenaufwendige „revolutionäre Umgestaltung” hohe Geldmittel für Investitionen, die in Westdeutschland die Grundlagen für das spätere „Wirtschaftswunder” legten. Wenn man dazu noch die Schwächung, die die ostdeutsche Wirtschaft durch die große Abwanderungsrate von qualifizierten Arbeitskräften hinnehmen musste, hinzurechnet, ist es schnell ersichtlich, warum es im Osten Deutschlands nicht zu einem derartigen Aufschwung wie im Westen kommen konnte.

In der Bundesrepublik wurde nach anfänglichen Diskussionen die soziale Marktwirtschaft als Wirtschaftssystem eingeführt. Der so schnell einsetzende massive wirtschaftliche Aufschwung ist vor allem diesem Konzept zu verdanken, das eine Verbindung von wirtschaftlicher Freiheit mit sozialer Gerechtigkeit anstrebt. Fördernd hinzu kamen natürlich auch die von alliierter Seite initiierte Währungsreform 1948 und die Einbeziehung in den Marshallplan der USA für Europa. Darüber hinaus trugen noch vier weitere Faktoren einen wichtigen Teil zur schnellen Genesung der westdeutschen Wirtschaft bei, und zwar der kriegswirtschaftlich bedingte hohe technologische Stand vieler Branchen, der Arbeitswillen der Arbeitnehmerschaft und die Initiativkraft von Selbständigen, der Zustrom qualifizierter Fachkräfte aus den ehemaligen Ostgebieten und bis zum Mauerbau 1961 auch der DDR sowie der Auf- und Ausbau von Weltmarktpositionen seit dem Korea-Boom. Dieser wirtschaftliche Aufschwung äußerte sich beispielsweise darin, dass sich das reale Volkseinkommen im ersten Jahrzehnt der BRD nahezu verdoppelt hatte, Arbeitslosigkeit aber im Prinzip nicht vorhanden war.

In der SBZ bzw. der DDR fand kein vergleichbarer wirtschaftlicher Aufschwung statt. Nach dem Zusammenbruch der DDR 1989 stellte man sogar fest, dass die DDR keineswegs zu den zehn größten Industrienationen der Welt gehörte, sondern sich auf dem Niveau eines europäischen Schwellenlandes wie Portugal oder Griechenland bewegte. Sofort nach Kriegsende wurde in der DDR mit der Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse, was die Enteignung von Banken, Versicherungen und dem Großteil der Industrie sowie die Enteignung der Großgrundbesitzer und Großbauern im Zuge der Bodenreform beinhaltete, und der Einführung der Planwirtschaft nach sowjetischem Vorbild begonnen, deren oberste Prioritäten die wirtschaftliche Konsolidierung und der Aufbau der Schwerindustrie waren. Aufgrund der massiven Flucht von Fachkräften und der Vertreibung alter ökonomischer Eliten sowie der Rekrutierung neuer Fachkräfte vornehmlich nach den Gesichtspunkten der politischen Gesinnung und Loyalität und weniger der fachlichen Eignung, entstand ein kaum zu bewältigendes strukturelles Problem für die DDR-Wirtschaft. Auch die erzwungene Abschottung der DDR vom Westen und die wirtschaftliche Unterentwicklung, der für wirtschaftliche Beziehungen in Frage kommenden Nachbarländer mit Ausnahme der Tschechoslowakei, behinderte die wirtschaftliche Entwicklung der DDR in erheblichem Maße. So verwundert es nicht, dass die DDR-Wirtschaft der der Bundesrepublik weit unterlegen war. Jedoch war die wirtschaftliche Situation der DDR nicht so schlecht, dass einer ihrer Bürger hätte hungern müssen. Es fand nur einfach dieser erhebliche wirtschaftliche Aufschwung, der der BRD so viel Wohlstand bescherte, nicht statt.

4. Die Darstellung der gesellschaftlichen Situation in den Romanen

Aus diesen beiden Systemen entstand nun sehr unterschiedliche Literatur, was nicht verwundert, wenn man die großen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Unterschiede der beiden Systeme betrachtet. Im folgenden soll nun anhand dreier Romane die verschiedene Darstellung der gesellschaftlichen und politischen Situation im Nachkriegsdeutschland beleuchtet werden.

Bei der Darstellung der gesellschaftlichen Situation Deutschland sollen nun als erstes spezielle Teile der deutschen Gesellschaft betrachtet werden, um dann zu einem Gesamtbild zu kommen. Zwei Typen vo n Menschen ragen dabei besonders hervor, zum einen diejenigen, die an ihrem Schicksal zerbrochen sind und nun als deformierte Existenzen ihren Platz in der Gesellschaft einnehmen und zum anderen diejenigen, die sich während der Zeit des Nationalsozialismus schuldig gemacht haben, die schon damals in Machtpositionen waren und nun im Deutschland nach dem Krieg erneut Macht ausüben.

4.1 Gebrochene und gescheiterte Existenzen

Besonderes Augenmerk muss man bei der Darstellung von gebrochenen und gescheiterten Existenzen auf Bölls Billard und Koeppens Treibhaus legen. Unter diesem Aspekt ist nun Kants Aula nicht sehr erschöpfend, was wohl stark mit der politischen Situation zusammenhängt unter der Kant schreiben musste, denn auch in der DDR litten wohl genügend Menschen unter unbewältigter Vergangenheit und Enttäuschung über das neue System, das sie möglicherweise als gar nicht so viel besser empfanden als das alte der Nationalsozialisten, nur war eine offene und kritische Darstellung unter der von der Partei überwachten Doktrin des sozialistischen Realismus nicht möglich. So kommt es, dass nur sehr vorsichtig formulierte Bilder des Scheiterns in Kants Roman zu finden sind.

4.1.1 Die ihre Krise bewältigen (Robert Iswall)

Auch Robert Iswall, der Protagonist trägt Züge eines gebrochenen Menschen. Sein Charakter gleicht dabei immer wieder einer Art Bündelung von Widersprüchen, so kann man ihn in einen kontrollierenden Kopf und ein spontanes, beinahe emotionales Reagieren unterteilen. Auch ihn scheint eine ungelöste Krise zu plagen, wie es bei vielen Menschen der ersten Nachkriegsgeneration der Fall war. Seine Überlegungen hinsichtlich der Rede, die er halten soll, spiegeln sein geteiltes und widersprüchliches Dasein wider: auf der einen Seite steht die gesellschaftliche Forderung, der er genügen muss, und auf der anderen Seite sein eigenes Ich, das nach individueller Klärung verlangt. Aber auch konkretere Beispiele für das Scheitern Iswalls in der Vergangenheit lassen sich finden, so zum Beispiel der Bruch der Freundschaft mit Trullesand, den er aus egoistischen Motiven betrogen hat. Aber in Kants Roman gelingt eine Lösung der Konflikte der Vergangenheit, ein Verarbeiten dieser und somit eine Überwindung der Gebrochenheit. Indem sich Iswall zwar langsam, aber doch una ufhörlich an seine Schuld herantastet, unangenehme Erinnerungen hervorholt und nicht vor dem Verdrängten flieht, gelingt es ihm die Wurzeln seiner Gebrochenheit zu erkennen und sie so zu überwinden. Sein späteres Handeln Trullesand gegenüber resultiert aus der Einsicht in notwendige Formen des menschlichen Zusammenlebens.

4.1.2 die ihre Zerrissenheit zumindest äußerlich, wenn auch nicht vollständig überwinden (Die Fähmels, Schrella)

In Bölls Billard finden sich vor allem anhand der Familie Fähmel einige Parallelen zu Kants Roman. Auch hier gelingt der Familie am Ende des Romans ein recht versöhnliches Ende, jedoch kann von einer echten Bewältigung der inneren Zerrissenheit der Charaktere nicht die Rede sein. Man kann Bölls Protagonisten also als eine Art Zwischenstück zwischen Kants Iswall, der seine Krise überwindet, und Koeppens Keetenheuve ansehen, der an seiner inneren und äußeren Krise scheitert, worauf aber noch eingegangen werden soll. Bölls Figuren, vornehmlich die Familie Fähmel, aber auch Robert Fähmels Jugendfreund Schrella, leiden allesamt unter der unbewältigten Vergangenheit, die eng mit der eigenen Schuld an dieser verknüpft ist. Alle diese Figuren versuchen sich aber nicht dieser unbewältigten Vergangenheit zu stellen, um sie aufzuarbeiten, sondern sie flüchten vor ihr, vergraben sich in Erinnerungen, wobei sie sich in monologische Existenzen zurückziehen, und verkriechen sich hinter Rituale. So geht der alte Fähmel jeden Morgen ins Café Kroner und bestellt sich Paprikakäse. Robert Fähmel geht jeden Tag pünktlich um halb zehn Billard spielen, wobei er dem Liftboy Hugo seine Lebensgeschichte erzählt. Johanna Kilb geht dagegen noch einen Schritt weiter und flüchtet in den vorgespielten Wahnsinn hinter die Mauern einer Heilanstalt. In diesem Fall ist im übrigen eine deutliche Parallele zu Oskar Matzerath, dem Helden der Blechtrommel, zu erkennen. Denn auch Oskar zieht sich hinter die Mauern seiner Heil- und Pflegeanstalt zurück und versteckt sich dort vor der Gesellschaft, auch er sehnt sich seine Entlassung nicht herbei, sondern fühlt sich in seiner Heilanstalt in Sicherheit vor der völlig abnormalen Welt.

Schrella nimmt als gebrochene Existenz jedoch eine etwas andere Rolle ein als die Fähmels, er musste zur Zeit des Nationalsozialismus ins Exil fliehen, ist somit ein äußerer Immigrant, der Probleme hat zurückzukehren, neben den persönlichen Problemen ist er auch noch staatenlos und steht noch immer, seit seiner Flucht aus Deutschland während des Nationalsozialismus, auf der Fahndungsliste der Polizei, die ihn deshalb auch festnimmt, so dass ihn sein früherer Peiniger Nettlinger aus dem Gefängnis holen muss. Nettlingers Angebot, einen deutschen Pass zu bekommen, kann er nicht annehmen, denn er ist nicht in der Lage Nettlinger zu verzeihen, aber gleichzeitig auch nicht in der Lage ihn zu hassen. Er ist in dieses Dilemma, nicht lieben und nicht hassen zu können, eingezwängt, was ihn auch daran hindert nach Deutschland zurückzukehren. Er ändert diese Haltung auch am Ende nicht, nimmt aber trotzdem seinen Platz in der zusammengeführten Familie ein, so dass auch er ein wenig von dem ersten Schritt profitiert, der in Richtung Bewältigung der Vergangenheit geht. Alle Generationen sind durch das Symbol der Abtei miteinander verknüpft, so verbindet sie vor allem die sinnlose Abfolge von Aufbau und Zerstörung dieser. Dabei ist es Joseph Fähmels größtes Dilemma, das das Dilemma einer ganzen Generation widerspiegelt, dass er sich nicht um den Wiederaufbau der Abtei kümmern kann, ohne zu entdecken, dass sein Vater etwas mit der Sprengung zu tun gehabt haben muss. Er kann also für sich die Vergangenheit nicht klären, ohne dabei das Geröll der Eltern abzutragen, wie Grass es wohl nennen würde und so unangenehme Wahrheiten ans Tageslicht zu bringen. Deshalb zieht sich Joseph auch aus dem Wiederaufbau der Abtei zurück.

Alle Fähmels sind von der Vergangenheit absorbiert, vor allem bei Heinrich Fähmel überwiegen Schmerz und Trauer in der Erinnerung an diese, so dass die Gegenwart völlig ausgeblendet wird. Aus der Teilnahme am Leben im Hier und Jetzt ist vor allem er durch sein Schicksal vertrieben. Die bürgerliche Herkunft, durch die er eine gesicherte materielle Existenz hat, erlaubt es ihm, wie sie es der ganzen Familie auch in der Vergangenheit getan hat, Distanz zu gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen zu wahren, Anpassung folgt auf den Einbruch der Politik in die Privatsphäre. So hat Heinrich Fähmel im Nationalsozialismus keinen Widerstand gezeigt, was er bitter bereut, und sein Sohn Robert nur solchen, der von einer derartigen Dilettanz und Wirkungslosigkeit gezeichnet war, dass Robert nach seiner kurzen Zeit im Exil keine echten Probleme hatte, nach Deutschland zurückzukehren und im Krieg sogar militärische Karriere als Sprengmeister zu machen. Sein Sohn Otto ist zu den Nationalsozialisten übergetreten, was der Familie viel Kummer bereitet hat und Sohn Heinrich ist mit sieben Jahren, „ Hindenburg2 hauchend gestorben. Heinrich Fähmel fühlt sich dafür schuldig, da er nie eigenes Engagement und Mut gezeigt hat. Robert Fähmel sucht in seinem Billardspiel eine Art Ausflucht vor der unbewältigten Vergangenheit, es reduziert das Leben auf etwas Formelhaftes, auf einen Vorgang, bei dem Geschichte und Biographie völlig eingefroren sind und keine Rolle mehr spielen. Er entlastet sich von seiner Vergangenheit - er war Soldat und Spezialist für Sprengungen, was in der Sprengung der von seinem Vater erbauten Abtei drei Tage vor Kriegsende gipfelte -, indem er sie dem Liftboy Hugo beim täglichen Billardspiel erzählt. Die Eingangsanweisung des Romans, er sei nur für seine Mutter, seinen Vater, seine Tochter, seinen Sohn und für Herrn Schrella, für niemanden sonst erreichbar3, dient dem Rückzug aus der Gegenwart. Seine Erinnerungsarbeit ist dabei aber zu fruchtloser Routine verkommen, so dass keine Katharsis, keine Überwindung der Vergangenheit eintreten kann.

Jedoch ist es nicht so, dass sich Robert oder Heinrich Fähmel ihrer Schuld nicht bewusst wären, sie sind nur völlig unfähig ihre eigene Schuld anderen zu offenbaren, sich über sie auszusprechen, um so zu einer Verarbeitung zu kommen. Deshalb hängen sie als vereinzelte Existenzen der Vergangenheit an, an der sie zerbrochen sind, so dass sie aus Unfähigkeit zu Liebe und Kommunikation (im ganzen Roman findet kein einziges klärendes Gespräch über die Zerstörung der Abtei statt!) völlig von äußeren Ereignissen bestimmt sind. Schweigen war besser, als die Gedanken und Gefühle aktenkundig zu machen und den Psychologen auszuliefern. 4

Einen idealistischen Gegenpol zu den beiden Fähmels bildet in diesem Sinne aber Johanna Kilb, die Frau Heinrich Fähmels, die dafür eintritt Leid zu teilen und zu lindern, was sich in ihrem Verhalten während des Krieges zeigt. Sie verachtet es aufgrund ihrer gesellschaftlichen und materiellen Stellung in Bezug auf Lebensmittel privilegiert zu sein und gibt alles an arme Familien ab, was die ihr und ihrer Familie anhand der Lebensmittelkarten zustehenden Nahrungsmittel übersteigt.

Das war eine feine Frau. Eine von den Stillen, weißt du. Die aßnicht einen Krümel mehr, als es auf Lebensmittelkarten gab, nicht ´ ne Bohne und gab auch ihren Kindern nicht mehr. Verrückt. Sie schenkte alles weg, was sie extra bekam, und die bekam viel: Die besaßen Bauernhöfe, und der Abt von Sankt Anton, da unten im Kissatal, der schickte ihr Butter in Fässern, Honig in Krügen, schickte ihr Brot, aber sie aßnichts davon und gab ihren Kindern nichts davon; die mußten das Sägemehlbrot essen und gefärbte Marmelade drauf (...) und wie sie zum Güterbahnhof lief und drauf bestand, mit den Juden wegzufahren. Verrückt. Sie sperrten sie ins Irrenhaus, aber ich glaub nicht, daßsie verrückt ist. Das ist eine Frau, wie du sie nur im Museum auf den alten Bildern sehen kannst. 5

Aber sie scheitert grundlegend mit ihrer idealistisch, moralischen Haltung und stellt sich verrückt, um in eine Heilanstalt eingewiesen zu werden und sich dem Leben so nicht mehr stellen zu müssen. Sie kennzeichnet aber ein großer Unterschied den Fähmels gegenüber, die mit ihrem Billardspiel (Robert Fähmel) bzw. hrem Frühstücksritual (Heinrich Fähmel) ja auch vor dem Leben in der Gegenwart geflohen sind. Sie zieht sich nur auf Zeit in diese Heilanstalt zurück und als sich tatsächlich ihr erstes Ziel erfüllt - mußhaben ein Gewehr, mußhaben ein Gewehr 6 - ist sie die einzige Person, die aus ihren Erinnerungen austritt und sich wieder der Gegenwart zuwendet. Ihr Anschlag auf den Minister reißt zudem auch die Fähmels aus ihrer Lethargie, so dass es zu einem versöhnlichen Ende kommen kann, in dem Robert den Hotelboy Hugo adoptiert, Heinrich sein Frühstücksritual aufgibt und symbolisch, als ein Akt der Verständigung, seinem Sohn Robert das erste Stück des nach der Abtei geformten Kuchens reicht.

4.1.3 Die an ihrer Krise scheitern (Keetenheuve)

Der Abgeordnete Keetenhe uve in Koeppens Treibhaus bildet nun die extremste Verkörperung eines Menschen, der völlig an sich, seiner Vergangenheit und seiner Zukunft, an der Gesellschaft und am deutschen Klima zerbricht und scheitert, so dass der Freitod für ihn der einzige Ausweg bleibt. Der Abgeordnete war gänzlich unnütz, er war sich selbst eine Last, und ein Sprung von dieser Brücke machte ihn frei. 7

Keetenheuve stellt einen moralischen Gegenpol in einer Gesellschaft der Moral- und Wertlosigkeit dar. Einer Gesellschaft, in der nur die Masse zählt, steht er mit seiner gelebten Individualität gegenüber - Keetenheuve war der Masse negativ entgegengestellt. Er war allein. 8 -, einer Gesellschaft, in der jedwede Art menschlicher Beziehungen verödete, mit seinem Lob der Liebe - Ein Mensch genügte, dem Leben Sinn zu geben. Die Arbeit genügte nicht. Die Politik genügte nicht. 9. Aber Keetenheuve scheitert mit seiner moralorientierten Haltung, und zwar auf allen Gebieten, sowohl in der Politik, als auch in der Liebe. Seine Moralvorstellungen können sich in der Gesellschaft nicht einnisten, da die Bevölkerung als Masse nicht zu gewinnen ist. Auch den Abgeordneten kann er in der entscheidenden Debatte zur Wiederbewaffnung seine Ideale nicht vermitteln, da sein politisches Dynamit von Frost- Forestier entschärft worden war, der es die Presse hatte vorveröffentlichen lassen, so dass die Regierungschefs aller Seiten ihre Dementis gegeben hatten.

Keetenheuve entdeckte sofort die Meldung, auf die es Dana ankam, eine Nachricht aus dem Conseil Supérieur des Forces Armées, ein Interview mit englischen und französischen Siegergenerälen, die, Führer in der geplanten Europaarmee, im wahrscheinlichen und nun durch Verträge zu unterbauenden Lauf der Politik die Verewigung der deutschen Teilung sahen und in dieser Teilung den leider einzigen Gewinn des letzten großen Krieges. Diese Äußerung war im Bund reines Dynamit. Sie mußte von bedeutender Sprengkraft sein, wenn sie im Parlament im richtigen Moment als Bombe platzen würde. 10

Doch Keetenheuve ist selbst nic ht in der Lage seine Überzeugungen immer zu leben, vor allem im Bezug auf Liebe. Durch seine eigene Unfähigkeit zu lieben - dieselbe Unfähigkeit, die er an der Gesellschaft so verachtet - verliert er Elke an eine Gruppe lesbischer Frauen. Er widmet der Politik mehr Zeit als ihr, so dass sie, während der langen Zeit seiner Abwesenheit durch Dienstreisen, Zuflucht in den Armen dieser Gruppe sucht. In diesem Zusammenhang legt Keetenheuve, wenigstens in Gedanken, auch seine pazifistischen Ideale ab. Er, der öffentlich für die Idee eintritt, duldend durch das Schwert des ruchlosesten Mörders umzukommen, sei allemal besser, als mit Gewalt für die beste Sache zu kämpfen, hat gleichzeitig immense Aggressionen gegen die Wanowski, an die er Elke verloren hat. Dieser totale Widerspruch kennzeichnet Keetenheuves innere Zerrissenheit, er ist regelrecht entzweit. Auch Keetenheuves Verhalten während des Nationalsozialismus entspricht nicht vollends seiner Überzeugung: Keetenheuve war im Exil, anstatt Widerstand zu leisten und Courage zu zeigen, denn auch dort hat Keetenheuve sich an keinerlei Widerstand gegen das NS-Regime beteiligt. Es ist aber im Verlauf des Romans eine Wandlung Keetenheuves festzustellen, denn er geht nicht auf das Angebot seines größten politischen Widersachers Frost-Forestier ein, der ihm anbietet sich nach Guatemala versetzen zu lassen - eine weitere Flucht, diesmal vor der Auseinandersetzung um die Wiederbewaffnung. Indem er dieses Angebot der Flucht ausschlägt, wandelt Keetenheuve sich zum Kämpfer. Dies ist also der einzige Moment, an dem man glauben könnte, dass Keetenheuve seine Gebrochenheit überwindet, doch der Verlauf des Romans belehrt uns eines besseren. Keetenheuve erkennt jedoch, trotz allem Idealismus, wie wenig erfolgreich seine Haltung ist und zweifelt zum Teil sogar an ihr. Er ist gegen die Politik der Regierung, weiß aber nicht, wie es besser zu machen wäre - kann ich esändern, kann ich es besser machen, weißich den Weg? Er wußte ihn nicht.11 -, er will den Arbeitern mehr Lohn geben, denn er sieht die Differenz zwischen mühselig erarbeiteter Armut und mühelos (aus dem Nationalsozialismus) übernommenen Reichtum, aber (...)wie sollte man den Armen etwas geben, wenn niemand etwas hergeben wollte, wie durfte man enteignen, wenn das Grundgesetz das Eigentum bejahte(...) 12 ? Da er seine politischen und moralischen Überzeugungen nicht vermitteln kann, gibt er sich Utopien hin, aber er scheitert selbst daran, sie zu träumen, da er keinen Ort für das Paradies finden kann, wie es das Wort Utopie in seiner Übersetzung (= ohne Ort) im Prinzip schon vorgibt.

Er wollte von Paradiesen irdischen Glücks träumen, von einer Welt des Ü berflusses, von einer Erde der bezwungenen Mühe, von einem Reich Utopia ohne Krieg und Not, und er vergaßfür eine Weile, daßauch diese Welt vom Himmel verstoßen, unwissend, antwortlos durch das schwarze All treiben würde, wo hinter den nahen trügenden Sternen vielleicht die großen Ungeheuer wohnen. 13

Seine Erkenntnis, dass sich weder sein Wunsch erfüllen werde, eine echte Stunde Null zu haben - ...er glaubte damals an eine Wandlung, doch bald sah er, wie töricht dieser Glaube war, die Menschen waren natürlich dieselben geblieben, sie dachten gar nicht daran andere zu werden, weil die Regierungsform wechselte... 14 - bzw. selbst in der Politik mit seiner moralischen, radikal-pazifistischen Haltung etwas verändern zu können, noch dass er persönliches Glück erfahren könne - Und was er in der Politik verlor, was ihm abgekämpft wurde und was er aufgeben mußte, das verlor er auch in der Liebe (...) 15 - veranlasst ihn dazu, sich als Versage in allen Lebensbereichen zu anzusehen.

Er hatte versagt. Vor jeder Lebensaufgabe versagte er. Er hatte neunzehnhundert- dreiunddreißig versagt und neunzehnhundertfünfundvierzig versagt. Er hatte in der Politik versagt. Er hatte im Beruf versagt. Er bewältigte das Dasein nicht, (...) er hatte auch in seiner Ehe versagt... 16

Keetenheuves Sprung von der Brücke bildet im Grunde nur die letzte Konsequenz eines gescheiterten, gebrochenen Lebens. Man kann sogar im seinem Sprung eine erneute Flucht vor Auseinandersetzungen sehen, das heißt ein erneutes Versagen, doch wahrscheinlicher ist es einfach nur die letzte Tat der Verzweiflung, die ihn auch befreit von all seiner Last.

Der Abgeordnete war gänzlich unnütz, er war sich selbst eine Last, und ein Sprung von dieser Brücke machte ihn frei. 17

4.2 Reintegration alter Nationalsozialisten (Nettlinger, Frost-Forestier)

Das Problem der Reintegration alter Nationalsozialisten in die Gesellschaft im Sinne einer teilweisen Revision der Entnazifizierung Deutschlands ist in beiden deutschen Teilstaaten vorhanden gewesen. Es wird aber nur in den bundesrepublikanischen Romanen kritisch aufgegriffen und bearbeitet. Bei Kant findet sich diese Problematik gar nicht, auf jeden Fall nicht in der DDR. Das Weiterbestehen von nationalsozialistischen Elementen wird in Iswalls Reisen nur der Bundesrepublik vorgeworfen. Dort findet sich personelle Kontinuität auch im Roman, aber die, auch nicht in unerheblichem Maße vorhandene Kontinuität in der DDR, wird überhaupt nicht thematisiert. Wie schon in vielen Bereichen, die hier angesprochen wurden, hängt auch das wohl mit der sehr verschiedenen politischen Ausgangslage für Kant zusammen. Da er überhaupt schreiben und auch gedruckt und gelesen werden wollte, musste er sich dem Regime der DDR beugen und in vorauseilendem Gehorsam all die Probleme aussparen, die an der Aufrichtigkeit und Unfehlbarkeit der Partei hätten zweifeln lassen können. So ist es wohl auch diesmal zu erklären, dass die Bundesrepublik auf der einen Seite als Reinkarnation des Faschismus und die DDR auf der anderen Seite als antifaschistischer und vollends entnazifizierter Gegenpol dargestellt wird.

Sowohl in Bölls Billard als auch in Koeppens Treibhaus wird die Problematik der Reintegration alter Eliten aufgegriffen, und zwar auf sehr ähnlich Art und Weise. Sowohl Nettlinger, der während der Zeit des Nationalsozialismus eine Art Hilfspolizist war, als auch Frost-Forestier, den ehemaligen Wehrmachtsgeneral, kennzeichnet ihre Fähigkeit sich an alle Systeme anzupassen, um so immer eine Machtposition einnehmen zu können. Beide sind im Grunde schlimmste Opportunisten, um mit Bölls Worten zu sprechen, Büffel. Mit Büffel bezeichnet Böll Figuren, die opportunistisch handeln, Gewalt ausüben und ohne eigene Reflexion alle Werte einer Gesellschaft einfach übernehmen, so auch die nationalsozialist- ische Ideologie, versinnbildlicht gesprochen stampfen sie regelrecht über alles hinweg. Sowohl Nettlinger als auch Frost-Forestier haben sich unter dem nationalsozialistischen Regime direkt schuldig gemacht: Nettlinger hat mit seiner Gruppe Hilfspolizisten Jagd auf Widerstandskämpfer wie Schrella gemacht und Frost-Forestier ist als General im Oberkommando der Wehrmacht zumindest teilweise für den Krie g und die Art und Weise, wie er geführt wurde, nämlich als Vernichtungskrieg, verantwortlich. Eigentlich hätten beide in Folge der Entnazifizierung nie wieder größeren politischen Einfluss in der Gesellschaft erlangen dürfen, aber das Gegenteil ist der Fall: nach dem Krieg ist Nettlinger zu einem arrivierten Bundesbürger aufgestiegen, der durch seinen großen wirtschaftlichen Erfolg auch politischen Einfluss gewonnen hat und Frost-Forestier ist es eigentlich, der in der neuen Bundesrepublik an Stelle des Kanzlers die Strippen zieht. In welcher Richtung wird Ihr General marschieren? 18 Selbst in Nettlingers vermeintlichen Wohltaten nach dem Krieg Schrella gegenüber kann man eine Konstanz erkennen.

...die Rollen sind - verzeih - die gleichen, denn damals bedeutete mich unschädlich zu machen, mich einzusperren, heute bedeutet mich unschädlich zu machen, mich freizulassen... 19

Aber auch weniger auffällige Beispiele für wiederintegrierte alte Funktionsträger oder Mitläufer des Nationalsozialismus finden sich: die ge sichtslosen Beamten, die sogenannten „Verhinderer von Schlimmerem“, die noch immer große Teile des Beamtenapparats des Staates stellen.

Die Bundesfahne wehte. Ein Herr ging, einen kleinen Damenknirpsschirm trotz des Regens geschlossen an einer Schlaufe am Handgelenk, langsam ins Amt. Ein ehemaliger, ein zukünftiger, ein wiederverwendeter Gesandter? (...) Das Taxi begegnete lauter Verhütern, die Schlimmeres verhütet hatten. Es regnete gerade; sonst hätten sie sich in ihrem Ruhm gesonnt. 20

Sie alle, Nettlinger und Frost-Forestier sowie die kleinen mehr oder weniger schlimmen Mitläufer, zeigen ein deutliches, ein vernichtendes Bild Westdeutschlands: die Machthaber sind noch immer dieselben21.

4.3 Die Verfassung der Gesellschaft global gesehen

Wenn man die Gesellschaft als Ganzes, das heißt global gesehen, untersuchen will, wird man am deutlichsten und am umfassendsten bei Koeppen fündig. Sowohl bei Böll als auch bei Kant findet man kaum eine direkte globale Darstellung der Gesellschaft, man kann aber in großem Maße vom Verhalten und der Haltung der Protagonisten auf die ganze Gesellschaft schließen.

4.3.1 Eine Gesellschaft, die unfähig ist zu trauern

Bei Böll lässt sich am ehesten in der Behandlung Schrellas, das heißt bei den Schwierigkeiten, die ihm für seine Rückkehr nach Deutschland in rein formeller Hinsicht gemacht werden, ein etwas allgemeinerer Tenor zur Gesellschaftskritik finden. Sein früherer Widerstand, der ihn zur Flucht zwang, wird von der bundesdeutschen Gesellschaft nicht gewürdigt, stattdessen wird er zum Außenseiter gemacht.

Man kann jedoch auch Eigenschaften und Verhaltensweisen, die die Fähmels zeigen auf die ganze bundesdeutsche Gesellschaft übertragen. Sie sind trotz der Einsicht in ihre Schuld zu keiner Verhaltensänderung und keiner Aufarbeitung der Vergangenheit im Sinne einer produktiven Erinnerungsarbeit fähig. Stattdessen orientieren sie sich an Erfolg und folgenloser, mit dem Charakter der Alibitätigkeit behafteter Vergangenheitsbewältigung, was man auf die Gesellschaft der BRD zu Zeiten des Wirtschaftswunders übertragen kann, die die Erforschung der Ursachen des Nationalsozialismus zugunsten von wirtschaftlichem Aufschwung und Konsum aufgab. Zudem stellt Heinrich Fähmel einen Bürgerlichen dar, der vor gesellschaftlichen Veränderunge n stets die Augen verschlossen hat, was sicher mit ein Grund für die Familientragödie der Fähmels ist. Dieses fehlende Engagement, das die deutsche Gesellschaft nach Bölls Ansicht in viel zu großem Maße kennzeichnet, wird am Beispiel der Fähmels kritisiert. Es wird also dargestellt, wie eine ehemals erfolgreiche bürgerliche Familie an der Vergangenheit fast völlig zerbricht, da sie außer Stande ist, die eigene Schuld anzunehmen und zu trauern. Nur durch ein einschneidendes Ereignis, in diesem Falle der Attentatsversuch auf den Minister, ist die Familie aus ihrer Lethargie wieder in die Gegenwart zurückzuholen und so dazu zu bewegen, einen Schritt in Richtung Heilung zu machen, deren größter Teil wohl die Bewältigung und gemeinsame Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit ist. Selbiges kann man auf beinahe die gesamte bundesdeutsche Gesellschaft übertragen. Deshalb nimmt die Trauer, gemeint ist die ehrliche und aufrichtige Trauer, nach Bölls Ansicht einen ungemein hohen Stellenwert ein, umso tragischer ist es deshalb, dass ein großer Teil der Gesellschaft, hier verkörpert durch die Fähmels, nicht in der Lage ist zu trauern, denn: Ein Mensch ohne Trauer, das ist doch kein Mensch mehr. 22

4.3.2 Eine Gesellschaft auf dem Weg in ein besseres Zeitalter

Aus Hermann Kants Roman Die Aula lässt sich ebenso kaum ein wirklich umfassendes Bild der Gesellschaft entnehmen, denn durch den relativ streng eingehaltenen personalen an Robert Iswall gebundenen Erzähler, ist die Sicht auf die Gesellschaft sehr eingeengt. Zudem schaut der Autor, wohl aus politischen Gründen meist weg, wenn es Negatives zu sehen gäbe. Iswall selbst steht aber für einen großen Teil der Gesellschaft. Er steht für eine Generation, die weder erst aus dem Exil zurückkehren noch den allerersten Aufbau der DDR tätigen musste, vielmehr bestand die Basis des neuen Staates und seiner Gesellschaft schon. In der DDR-Literaturwissenschaft wurde dieser Zustand oftmals mit der Formel: Der Held ist zu Hause. 23 bezeichnet. Iswall verkörpert die neue Intelligenz der DDR, die (wie es Brecht formuliert) nicht aus dem Proletariat aufstiegen, sondern mit dem Proletariat. 24 Anhand Iswalls wird eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung aufgezeigt, die allen Zweiflern zeigen soll, wie gut die neue sozialistische Gesellschaft funktioniert. Mit Hilfe seines Berufes, der ihm das nötige Handwerkszeug liefert, reflektiert und analysiert Iswall die Vergangenheit. Dass der sozialistische Mensch der eigenen Vergangenheit kritisch gegenübersteht, soll dies wohl implizieren und so wiederum für die ganze sozialistische Gesellschaft stehen. Dabei will Iswall Bilanz ziehen, und zwar in doppelter Hinsicht, auch wenn der Aufhänger dieser Reflektion der Vergangenheit die Rede ist, die Iswall zur Schließung der ABF halten soll. Einerseits gilt dies Bilanz der ABF und andererseits seinem eigenen Verhalten und Handeln. Diese Klärung, die Iswall und damit die ganze Gesellschaft sucht, soll aber keine Klärung der faschistischen Vergangenheit mehr sein, auch wenn die Zeit des Nationalsozialismus in Iswalls Rückblenden immer wieder zur Sprache kommt, dabei aber nur eine Art Vorvergangenheit darstellt, denn diese Klärung ist in vielen Romanen vor Kant schon vollzogen worden, sie soll vielmehr eine Klärung der eigenen aktiven, vergangenen Zeit des Beginnens sein. Iswall ist kein besserwisserischer Held, schon gar nicht ein fehlerloser, sonder einer der gelernt hat, der zwar individuelle Entscheidungen für sich trifft, aber auch in diesen Entscheidungen gesellschaftlich verantwortlich handeln will. Somit verkörpert er die Gesellschaft in einem positiven Bild, dass sich auch im Stolz auf das Erreichte und der Erfüllung des Auftrags der ABF, sich Wissen anzueignen, äußert.

4.3.3 Eine völlig erstarrte, tote Gesellschaft

Der Leser gewinnt in Koeppens Treibhaus zwar einerseits den ergiebigsten, aber auch den skeptischsten und düstersten Einblick in die Nachkriegsgesellschaft. Dies steht in starkem Gegensatz zu der doch überwiegend positiven Darstellung Kants, die aber auch nicht als völlig undifferenziert und oberflächlich anzusehen ist. Dies soll nun genauer beleuchtet werden.

Im Treibhaus sind alle Ort, an denen sich Koeppens Protagonist Keetenheuve aufhält öffentliche Orte, was zeigt, dass es dem Autor darauf ankommt der Gesellschaft den Prozess zu machen. Zudem verdeutlicht es, dass es in der Gesellschaft der Bundesrepublik speziell für einen Mann wie Keetenheuve keine schützende Privatsphäre gibt, wie man sie bei Böll bspw. findet, in die sich Keetenheuve zurückziehen könnte, um Ruhe zu finden. Die Gesellschaft hat aus dem Treibhaus Bonn ein Glashaus gemacht. Das Volk selbst sieht Keetenheuve als eine leere gesichtslose Masse an, die sich regieren lässt. Die westdeutsche Gesellschaft wirkt dabei wie eine völlig erstarrte, fugenlose Betonwand. Keine Fuge, an der man ansetzen könnte, um diese Starre aufzubrechen. Unfähig zu wirklichen sozialen Beziehungen, über all denen in Wirklichkeit Käuflichkeit liegt, vor allem aber über der Liebe, trägt die Gesellschaft demonstrativ ihr eigentlich hohles Familienglück zur Schau.

Er sah die Menschen, und er sah, daßsie sich an Illusionen festklammerten, an die sie schon lange nicht mehr glaubten. Eine dieser Illusionen war das Familienglück.

Keetenheuve betrachtete das Leben der Schaufensterfamilien. Eine Rundfunkstation hatte die ideale Familie gesucht. Hier war sie. Der Konfektionär hatte sie längst gefunden. Ein grinsender Vater, eine grinsende Mutter, ein grinsendes Kind starrten verzückt auf ihre Preisschilder. 25

In Koeppens Nachkriegsdeutschland gibt es keine Freundschaften mehr, das Verhältnis zwischen den Geschlechtern ist durch Prostitution bestimmt: Liebe ist auf Geilheit, Geld und Käuflichkeit reduziert. So erschöpft sich Sophie Mergentheims Liebe ihrem Mann gegenüber, dem Bonner Starjournalist Mergentheim, darin, ihn ohne Unterlass, die Karriereleiter weiter hinaufzutreiben. Koeppen fasst den Verfall aller zwischenmenschlichen Beziehungen in folgendem Satz zusammen: Der Teufel hatte jede soziale Gemeinschaft geholt und hielt sie fest in seinen Krallen. 26 Das Volk scheint aber auch die Demokratie noch immer, auch nach den Schrecken der NS-Diktatur, nicht wirklich verinnerlicht zu haben. Es lässt sich weiterhin regieren, anstatt selbst zu regieren und so Volkssouveränität zu leben. Das Volk zeigt keinerlei gesellschaftliches und politisches Engagement, auch nicht als es um die Frage der Remilitarisierung Deutschlands geht. Nicht einmal die Jugend opponiert, sie ist stattdessen strebsam, vernünftlerisch und fleißig wie der Kanzler 27. Dort wo Keetenheuve Ansätze von Oppositio n zu entdecken versucht, nämlich in einer Katakombe, in der sich die Jugend trifft, merkt er, dass es keine wirkliche Opposition gibt.

...aber die junge Opposition gluckste wie Grundwasser dahin, rumorte für eine Nacht im Brunnen und verrieselte dann in Hörsälen, in Streberseminaren, auf Büroschemeln und am Arbeitsplatz der Laborantin. 28

Beinahe symptomatisch für das Demokratiebewusstsein der Gesellschaft ist die Aussage eines Besuchers des Bundestags in Bonn zu werten, der das Parlament ganz in der Tradition Goebbels’ als Quasselbude 29 bezeichnet. Das Volk hat den Sinn von Pluralismus noch immer nicht verstanden. So lässt sich auch sein fehlendes Engagement erklären. Insgesamt fällt Koeppen so ein vernichtendes Urteil über den Großteil der Gesellschaft.

5. Die Darstellung der politischen Situation in den Romanen

Nun soll die politische Situation Deutschlands, wie sie in den Romanen dargestellt wird, ein wenig näher beleuchtet werden. Dabei geht es vor allem um den Konflikt zwischen Militarismus und Antimilitarismus, die Kritik am politischen Geschehen in Deutschland und die Frage wie die DDR- bzw. die bundesdeutsche Geschichte zu werten ist, als Neuanfang oder in Kontinuität des alten, des nationalsozialistischen Deutschlands.

5.1 Militarismus contra Antimilitarismus

5.1.1 Scheitern des pazifistischen Widerstands gegen die Wiederbewaffnung

In Koeppens Roman lässt sich der Konflikt zwischen Militarismus und Antimilitarismus an der Frage um die deutsche Wiederbewaffnung festmachen. Auch wenn man es beim ersten Lesen meinen könnte, so stellt das Thema der Wiederbewaffnung in Koeppens Roman jedoch nicht unbedingt die Hauptproblematik dar, vielmehr wird an der Wiederbewaffnungsfrage eine Generalabrechnung mit der bundesdeutschen Gesellschaft, Politik und Geschichte vollzogen. Nun soll aber als erstes auf die Wiederbewaffnungsfrage eingegangen werden. Nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs ist es sehr gut nachvollziehbar, dass das deutsche Volk genug hatte von Militarismus und all dem Leid, den dieser über kurz oder lang mit sich bringt. Noch bis Anfang der fünfziger Jahre sprach sich in Umfragen eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung gegen jedwede Wiederbewaffnung Deutschlands aus. Doch diese Haltung wurde schnell relativiert, bis sie beinahe ganz in Vergessenheit geriet. So kommt es, dass zu der Zeit, als Adenauers Politik eine Wiederbewaffnung im Sinne einer Europaarmee anstrebte, kein so umfassender Widerstand mehr zu finden war, wie das vielleicht wenige Jahre vorher noch der Fall gewesen wäre.

In Koeppens Roman findet sich kaum Widerstand gegen die angestrebte Remilitarisierung, einzig Keetenheuve ist ein echter Gegner, ein Gegner aus Überzeugung. Die Sozialdemokraten werden allesamt als national orientiert und wiederbewaffnungswillig dargestellt. Keetenheuves Pazifismus stößt bei ihnen auf Ablehnung, vor allem bei Knurrewahn, dem Fraktionsvorsitzenden, der seine Partei und damit sich selbst bei einer Zustimmung zum Wiederbewaffnungsvertrag wählbarer zu machen glaubt.

Diesmal wollte sich Knurrewa hn den nationalen Wind nicht aus den Segeln nehmen lassen. Er war für ein Heer, gebranntes Kind scheut nicht immer das Feuer, aber er war für eine Truppe von Patrioten (...), er war für Generale, aber sie sollten sozial und demokratisch sein. Narr, meinte Keetenheuve, die Generale, diese wenn ’ s um ihre Karriere ging, gar nicht dummen, diese geriebenen Brüder würden Knurrewahn eine schöne Komödie vorspielen, die versprachen ihm alles, die legten sich hin und machten die Beine breit, die wollten ihre Stäbe zusammenkriegen, ihre Ranglisten aufstellen und ihre Sandkästen bauen. Was dann kam, wußte niemand. Schneider wollten nähen. 30

Für Keetenheuve ist der Gedanke an die Wiederbewaffnung das schlimmste, was er sich für die deutsche Zukunft vorstellen kann. Er ist der festen Überzeugung, dass Gewalt vollkommen sinnlos ist und sich am Ende sogar gegen einen selbst richtet. Die Angst vor einem neuen Krieg mit millionenfachem Leid stellt für Keetenheuve dabei wohl die Hauptsorge dar.

Kein Toter nützt seinem Vaterland, und die Menschen fallen bestenfalls für Ideen, die sie nicht begreifen und deren Konsequenz sie nichtübersehen. Die geschundenen Krieger auf den Schlachtfeldern, die geplagten Völker waren die Opfer zänkischer,überaus eigensinniger, rechthaberischer und gänzlich unfähiger Denker (...). Wohl dem, der da nicht mitmachte! Noch wohler dem, der Halt gebot! 31

In diesem Zitat nimmt Keetenheuve sogar Bezug auf Jesus, der bei seiner Verhaftung auf dem Berg Gethsemane an Petrus, der ihn mit dem Schwert verteidigte, folgende Worte richtete: Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen. 32 Diese Haltung teilt Keetenheuve. Keetenheuve war für reinen Pazifismus, für ein endgültiges Die-Waffen-Nieder! 33 Zudem entdeckt er den wahren Hintergrund der für Deutschland so vermeintlich positiven Westintegration. Sie macht aus Deutschland ein Teilsegment des US-Imperialismus, einen Schutzwall vor dem Kommunismus. Der Kalte Krieg hatte schon begonnen. Dabei wird aber die Kluft zwischen der BRD und der DDR soweit verschärft, dass eine Wiedervereinigung unmöglich scheint. Als Keetenheuve diese Erkenntnis, die er durch ein Interview mit englischen und französischen Generälen bestätigt sieht, mit den Abgeordneten teilen will, hindert ihn Frost-Forestier, wie schon erwähnt durch eine Pressemitteilung daran, der Veröffentlichungen in den Zeitungen und die üblichen Dementis der offiziellen Seiten folgen. So scheitert Keetenheuves radikaler Pazifismus kläglich gegenüber den Bestrebungen, Deutschland in ein europäisches „Sicherheitssystem“ einzubinden. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg ist es Deutschland nicht gelungen, sich von Krieg und Gewalt endgültig zu distanzieren, was Koeppen schonungslos darstellt.

5.1.2 Ungeklärter, wohl ewig fortdauernder Konflikt

Bei Böll wird die Wiederbewaffnungsdiskussion zwar nicht direkt angesprochen, man kann aber den Konflikt zwischen Büffeln und Lämmern auch als einen Konflikt zwischen Militarismus und Pazifismus, zwischen Gewalt und Gewaltlosigkeit deuten. Deutlich zeigt sich dieser Konflikt beispielsweise an der Jagd Nettlingers und seiner Hilfspolizisten auf Schrella. Schrella ist dabei eindeutig als Lamm zu sehen, er kann sich nicht wehren, während ihn seine Peiniger, die Büffel, mit einer Stacheldrahtpeitsche demütigen und verletzen. Als Lamm, dessen Bedeutung sich mit Hilfe der Bibel erklären lässt, in der das Lamm das höchste Opfertier darstellt und dabei durch Christus als höchste Stufe der Opferbereitschaft verkörpert wird, ist Schrella bemüht den Adel der Wehrlosigkeit zu hüten 34, womit er die Ablehnung der Entschädigung Nettlingers für die Taten der Vergangenheit erklärt. Er sieht in Nettlinger noch immer den Büffel, den Militarist, den Chauvinist. Man findet sogar deutliche Andeutungen, die das belegen. So will sich Nettlinger, der Robert Fähmel während seines Billardspiels aufsucht, mit diesem zum Thema Wehr und Waffen 35 unterhalten, was dann doch noch ein deutlicher Fingerzeig in Richtung Wiederbewaffnung ist. Zudem ist ihm wohl hauptsächlich aus taktischen Gründen daran gelegen, Schrella vom Staatenlosen zum Staatsbürger der BRD zu machen, denn eine Aussöhnung mit der Vergangenheit und den Emigranten ist gut für das politische Image. Ein ehemaliger Hilfspolizist der Nationalsozialisten, der sich jetzt offiziell zur Demokratie bekennt und Ministerialbeauftragter ist, kümmert sich um die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik. Das wirft ein sehr negatives Bild auf Deutschland, vor allem hinsichtlich der Problematik von personeller Kontinuität in der Bundesrepublik36. Allerdings ist das Bild nicht so negativ wie bei Koeppen, denn hier zeigt sich doch etwas breiterer und etwas erfolgreicherer Widerstand gegen den neuen Militarismus der Bundesrepublik, der vor allem von Schrella und Johanna Kilb, aber auch den Fähmels gezeigt wird, die sich geschworen haben, niemals vom Sakrament des Büffels zu kosten 37 und so die Alternative der demokratisch humanistischen Entwicklung der imperialistisch militaristischen entgegenhalten. Als Fazit lässt sich wohl schließen, dass auch im neuen, im demokratischen Deutschland der Konflikt zwischen Büffeln und Lämmern, das heißt zwischen Gewalt und Gewaltlosigkeit, weiter fortdauert, er aber nicht wie bei Koeppen so eindeutig zugunsten der Gewalt entschieden ist, wie das vorher auch im Dritten Reich der Fall war, sondern durchaus Alternativen in der Gesellschaft vorhanden sind, die nur viel zu wenig wahrgenommen werden.

5.2 Kritik an den politischen Institutionen

Als nächstes soll nun auf die Kritik am politischen Geschehen und den politischen Institutionen eingegangen werden.

5.2.1 Kritik an Einzelerscheinungen

Dazu findet sich in Kants Aula im Prinzip keine Kritik am System der DDR an sich, der Sozialismus wird nicht kritisiert, aber es wird hier und da einmal vorsichtige Kritik an Einzelerscheinungen laut. Am stärksten ist dabei wohl noch die Selbstkritik Iswalls vorhanden. So hat dieser zum Beispiel in der Vergangenheit politische Gegebenheiten für den eigenen Zweck ausgenutzt. Wie er mit seinem Freund Trullesand verfahren ist, an dessen zeitweiliger Versetzung zum Studium nach China er beteiligt war, um mögliches Interesse Trullesands an Iswalls Freundin im Keim zu ersticken, ist wohl ein Beispiel dafür. Weiterhin findet sich die meiste Kritik an politischen Einzelerscheinungen eher in der Vergangenheit, so beispielsweise das Verhalten eines linientreuen Lehrers, der mit seinem Übereifer großen Schaden anrichtet.

Die stärkste Kritik ist zugleich die subtilste und versteckteste Kritik, da sie sich nun doch an das System selbst richtet und Handlungen des Systems verurteilt. Es ist aber eine Kritik durch Aussparung, sie ist also höchstens passiv und nur derjenige Leser wird sie als Kritik begreifen, der sie sehen will, derjenige aber, der sich nicht viel dabei denken will, kann das ohne Probleme rechtfertigen. Es handelt sich um die Tatsache, dass Kant in seinen Rückblenden Iswalls, ob bewusst oder unbewusst, darüber kann man sich nun streiten, wichtige, sehr fragwürdige politische Ereignisse in der frühen DDR-Geschichte ausspart, so beispielsweise den Volksaufstand 1953. Das Handeln des Regimes direkt zu kritisieren wäre unmöglich gewesen, ohne sofort mit einem Schreibverbot belegt zu werden oder gar schlimmeres befürchten zu müssen, aber schon die bloße Aussparung in der ansonsten recht vollständigen Betrachtung der frühen DDR-Geschichte, verneint eine Huldigung des SED- Regimes in dieser Frage und kann so als Kritik an dem gewaltsamen und brutalen Eingreifen gedeutet werden. Am Ende erscheint es dem Leser allerdings stets so, dass alle kleinen Probleme und Schwierigkeiten, die es sowohl in der DDR 1949-52 als auch in der DDR 1962 gibt, das sind im Groben die beiden wichtigsten Zeitebenen, im Grunde nur Kinderkrankheiten des neuen politischen Systems sind. Eine wirkliche scharfe Kritik ist zu keiner Zeit erkennbar.

5.2.2 Kritik am gesamten politischen Geschehen

Auch in Bölls Billard findet sich keine Verneinung des System an sich, das heißt in diesem Falle des parlamentarischen Systems, wie sie im übrigen auch nicht bei Koeppen zu finden ist, jedoch ist die Kritik bei Böll im Gegensatz zu Kant umfassend, sie ist grundlegend. Sie richtet sich an die politischen Institutionen, die Parteien und auch die Kirche. Dabei setzt die Hauptkritik an der Tatsache an, dass auch nach dem Zweiten Weltkrieg der Sehnsucht der Masse der einzelnen Bürger nach Frieden und Gerechtigkeit, noch immer das Machtinteresse weniger politischer Funktionsträger gegenübersteht. Das drückt sich beispielsweise auch in dem Rückzug der Fähmels aus dem gesellschaftliche n Leben aus, wofür also nicht nur die unbewältigte Vergangenheit der Grund ist. Das heißt Böll kritisiert das Versagen der Parteien, in dem Fall vor allem der CDU, die bis 1969 an der Regierung war, und der Kirche vor der Aufgabe, nach der Befreiung vom Nationalsozialismus eine humane und demokratische Gesellschaft zu formen.

Jedoch kommt all diese Kritik nur recht unterschwellig zum Ausdruck ganz im Gegenteil zu Koeppen, der in seinem Treibhaus alle politischen Institutionen und alles politische Leben scharf und deutlich kritisiert. Wie schon angesprochen ist aber auch Keetenheuve und damit wohl auch Koeppen kein genereller Feind des Parlamentarismus: Ich weißnichts Besseres, selbst dieses Parlament ist das kleinere Ü bel.38 Keetenheuve kritisiert jedoch scharf, dass das parlamentarische System nicht so praktiziert wird, wie es in der Verfassung steht, dass Volkssouveränität beispielsweise im Grunde nicht gegeben ist.

Kein ungebärdiger Wille zur Erneuerung, kein Mut zum Sturz der alten toten Werte war zu spüren, seine Sendboten brachten kein Echo der Straßen und Plätze, der Fabriken und der Hütten mit, sie waren es im Gegenteil die auf Weisungen lauschten (...), auf Befehle von Knurrewahn, sie förderten die Parteibürokratie der Zentrale und waren nichts als Außenposten dieser Bürokratie, und hier lag die Wurzel des Ü bels, sie würden zurück in ihre Provinzorte reisen und dort verkünden, Knurrewahn will (...), statt daßes umgekehrt gewesen

wäre, statt daßdie Provinzboten zu Knurrewahn gesagt hätten, das Volk wünscht (...) - Nichts. 39

Stattdessen entpuppt sich Deutschland für Keetenheuve als Oligarchie der Bürokraten. Dabei geht die Kritik hinsichtlich der nicht gelebten Demokratie aber nie soweit, dass die deutsche Kanzlerdemokratie als faschistisch bezeichnet wird. Das heißt aber nicht, dass das politische Geschehen und der Kanzler nicht kritisiert werden, ganz im Gegenteil. Der Kanzler, der mit dem Motiv der Rose sehr an Adenauer erinnert, wird als Chef und Schauspieler (man beachte die Parallele zu Klaus Mann: Mephisto) dargestellt. Das Wort Chef bezieht sich dabei nicht ohne Grund auf die Wirtschaft, denn der Kanzler trägt Züge eines Bankiers, was sich auch in seiner wirtschaftsorientierten Politik äußert.

...Korodin lauschte, ob Gott aus dem Staatsführer spräche; aber Korodin hörte Gottes Stimme nicht, statt dessen hatte er zuweilen das irritierende Empfinden, seinen Bankier sprechen zu hören. 40

Der Kanzler ist aber kein Schauspieler aus Leidenschaft, eher einer aus Notwendigkeit, denn beim Gedanken an parlamentarische Diskussionen sträubt es sich in ihm.

Er war kein Diktator, aber er war der Chef, der alles vorbereitet, alles veranlaßt hatte, und er verachtete das oratorische Theater, in dem er mitspielen mußte. Er sprach müde und sicher wie ein Schauspieler... 41

Die Demokratie entpuppt sich also schließlich und endlich nur als ein überflüssiges Theater. Die Fraktionen im Parlament werden im Großen und Ganzen ebenfalls sehr negativ dargestellt: In der Fraktion der Konservativen finden sich Neonazis, wie der Abgeordnete Dörflich. Die Sozialdemokraten werden allerdings auch nur als sehr wenig bessere Mitläufer und Nichtstuer dargestellt, die ebenfalls an echter Demokratie und politischem Diskurs nicht interessiert sind. So heißt einer der Abgeordneten der Sozialdemokraten bezeichnenderweise Heineweg, was man zu „Heine weg!“ dechiffrieren kann. Heine, der für einen widerspenstigen engagierten Selbsthelfer steht, passt nicht ins politische Bild, was die Tatsache, dass es bis in die 60er Jahre keine bundesdeutsche Heine-Ausgabe gab, wohl besonders verdeutlicht. Aber auch die anderen Abgeordneten werden nicht positiver dargestellt. Sie versagen völlig vor ihrer politischen Aufgabe, nichts individuelles ist mehr an ihnen zu finden, ihre Reden sind auf Phrasendreschen reduziert:

Frau Pierhelm stieg aufs Pult: Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit. Sedesaum hüpfte aufs Pult, er war kaum zu sehen: Christ und Vaterland, Christ und Vaterland, Christ und Vaterland. 42

Auch zu den Parteien an sich wird eine sehr negative Haltung eingenommen. Sie erscheinen so, als seien sie nichts anderes als Organisatoren von Wahlveranstaltungen in Bierlokalen, Zweifel nicht zulassend, Phrasen dreschend und dumme, passive Mitglieder von oben auf Programme einschwörend. Diese Erkenntnis lässt Keetenheuve am Sinn solcher Parteien und seinem Platz darin zweifeln.

Konnte Keetenheuve ein Protagonist des Parteioptimismus sein, konnte er die Kohlköpfe im abgesteckten Beet der Parteilinie nach der Sonne des Programms ausrichten? 43

Diese negative Sicht des politischen Geschehens und der daran beteiligten Institutionen findet seinen Höhepunkt in der Erkenntnis Keetenheuves, dass aller politischer Diskurs im Grunde nur gespielt, ja regelrecht verlogen sei. Genau genommen stimmen die Meinungen der Parteien bis auf Kleinigkeiten überein. Das wird am deutlichsten, wenn man die Diskussion über den Bau von kleinen Arbeiterwohnungen mit Schrebergärten und die dazugehörigen Vorstellungen der Abgeordneten zum Schrebergartenglück 44 betrachtet.

Heineweg und Bierbohm waren für das Schrebergartenglück. Sie sahen kleine Giebelhäuser entstehen und hielten sie für gemütlich; sie sahen zufriedene Arbeiter klassenbewußt auf eigener Scholle säen, und durch das geöffnete Fenster drang aus dem Lautsprecher des Radios eine aufmunternde Rede Knurrewahns. Unser die Zukunft, unser die Welt. (...) Auch Korodin war für das Schrebergartenglück der Arbeiter, auch ihn erfreuten romantische Giebelhäuser im Grünen; er sah aber die Türen und Fenster an Fronleichnam mit Birken geschmückt, aus dem Lautsprecher drang die Predigt des Bischofs, und zufriedene Arbeiter knieten im Vorgarten, fromm auf eigener Scholle (...). Sie waren für Beschwichtigung. Heineweg, Bierbohm und Korodin, sie waren feindliche Brüder. Sie wußten es nicht, daßsie Brüder im Geiste waren. Sie hielten sich für Feinde. Aber sie waren Brüder. Sie berauschten sich an der gleichen wässerigen Limonade. 45

5.3 Kontinuität der deutschen Geschichte oder Neuanfang?

Die Frage, ob die deutsche Geschichte nach 1945 in Kontinuität zum Dritten Reich und dem Wilhelminismus steht, wird vor allem in Ost und West grundlegend anders gesehen und dargestellt. Böll und Koeppen sind zwar nicht vollends der gleichen Meinung, weisen aber noch starke Gemeinsamkeiten auf, während Kants Sicht in totalem Gegensatz dazu steht, was natürlich stark damit zusammenhängt, dass Böll und Koeppen in der Bundesrepublik und Kant in der DDR lebten und auch vornehmlich über diesen Teil Deutschlands schrieben, was auf die beiden westdeutschen Autoren in besonderem Maße zutrifft.

5.3.1 Echter politischer und gesellschaftlicher Neuanfang

Bei Kant finden sich nämlich sogar Passagen, in denen der westdeutsche Teil Deutschlands dargestellt und dabei scharf angegriffen wird. Jedoch geschieht das auf eine sehr eindimensionale und undifferenzierte Art und Weise. Die Bundesrepublik mit ihrem kapitalistischen System wird dabei für den Leser überdeutlich als Reinkarnation des Faschismus dargestellt, so sind fast alle Menschen, denen Iswall auf seinen Dienstreisen in die BRD begegnet kleine Ganoven, Verbrecher, sozial Abgestürzte, kurz: es existiert keine gesunde Gesellschaft. Auch Quasi Riek, das große Organisationstalent, der jedoch Republikflucht begangen hat, muss nun sein Dasein als Wirt fristen, anstatt einen, seinen Fähigk eiten angemessen Beruf ausüben zu können. Die BRD wird also als ein Ausbeuter- und Verbrecherstaat dargestellt, der nationalsozialistisches Gedankengut in Deutschland weiterleben lässt. Ganz im Gegensatz dazu wirkt die DDR. Sie scheint vollends vom Nationa lsozialismus befreit zu sein. So werden auch keine alten Nationalsozialisten, die sich nun wieder in wichtigen Machtpositionen befinden46, dargestellt. Iswalls Haltung und Verhalten sind dabei Zeichen des gesellschaftlichen und politischen Neuanfangs. Er versucht in seinen individuellen Entscheidungen stets zugleich gesellschaftlich verantwortlich zu handeln, was sich auch darin äußert, was er sich für Gedanken über seine Rede macht. Das soll verdeutlichen, dass es in der neuen sozialistischen Gesellschaft gelungen ist, den Egoismus des Einzelnen einzudämmen, jedoch ohne dass dieser dabei seine Individualität aufgeben muss. Auch der klar erkennbare Stolz auf das Geleistete und Erreichte, lässt erkennen, dass ein Neuanfang eingesetzt haben muss. Kant stellt also, noch einmal zusammengefasst, die Aufbaubestrebungen in der DDR als einen echten Neuanfang nach dem Nationalsozialismus dar, während die BRD ganz in der Tradition des Dritten Reichs verharrt.

5.3.2 Erkennbare personelle, strukturelle und programmatische Kontinuität

Paradoxerweise widerspricht diese Sicht Westdeutschlands gar nicht unbedingt total der Sicht, die Böll und vor allem Koeppen haben. Jedoch muss man ganz klar sagen, dass sie die BRD nicht so platt und vordergründig als Fortsetzung des Nationalsozialismus darstellen. Ihnen geht es nicht so sehr um Ideologisches, sondern vielmehr um klarer erkennbare Parallelen zum Nationalsozialismus im Wesen bundesdeutscher Politik. Bei Böll konzentriert sich die Darstellung dieser Parallelen vor allem auf die politische Deutung des Konflikts zwischen Lämmern und Büffeln. Dabei stehen die Büffel für den deutschen Nationalismus, der eine Konstante der deutschen Geschichte bildet. Das äußert sich beispielsweise in der Wehr und Waffen 47 -Frage. Böll zeigt durch seine genaue Darstellung des Leids der Fähmels und Schrellas das Verbrecherische daran auf, Deutschland erneut kurz nach dem verlorenen Krieg, der Millionen von Menschen das Leben gekostet hat, wiederbewaffnen zu wollen und so ein erneutes Wettrüsten und erneute Feindschaft zwischen den Nationen zu riskieren. Somit stellt Böll neben der personellen Kontinuität, die sich am Beispiel Nettlingers äußert auch eine programmatische Kontinuität dar, die sich vor allem in den Restaurationsbemühungen äußert, bei denen die Wiederbewaffnung an vorderster Front steht. Jedoch diffamiert er die Bundesrepublik niemals als faschistisch.

Ähnlich ist das Treibhaus zu sehen, in dem allerdings deutlichere und vor allem mehr Parallelen in der Politik und der Gesellschaft zum Dritten Reich aufgezeigt werden. Der Wunsch nach Wiederbewaffnung wird dabei sehr ähnlich wie bei Böll als restaurativ und in kontinuierlicher Linie zum Dritten Reich gesehen. Schon das „wieder“ im Wort Wiederbewaffnung drückt ja eine gewisse Kontinuität und Restauration aus. Hinzu kommt, dass Koeppen auch in der Bundesrepublik erneut Kriegstreiberei erkennt, die diesmal zwar hauptsächlich von den Westalliierten ausgeht, aber von der BRD mit den Wunsch, in ein europäisches „Sicherheitssystem“ eingegliedert zu sein, mitgetragen wird: Der Kalte Krieg ist schon gegenwärtig. Koeppen entdeckt aber nicht nur im außenpolitischen und militärischen Verhalten der Bundesrepublik Überbleibsel aus der NS-Zeit, sondern auch im parlamentarischen Geschehen und nicht zuletzt in der Gesinnung der Menschen. Wie schon erwähnt geht politische Gewalt von den alten verbliebenen Eliten, wie Frost-Forestier aus48. Auch das Parlament trägt erneut Züge des Reichstags, der nur eine Stätte der Huldigung Hitlers war. Politischer Diskurs wird von Keetenheuve als gespielt enttarnt, da die Meinungen der Parteien ohnehin bis auf Kleinigkeiten überein stimmen, so dass Parlamentsdebatten auch mehr und mehr zum Scheinkonflikt und der Huldigung der Fraktionsführer verkommen. Der Besucher des Parlament s, der dieses als Quasselbude 49 bezeichnet, hat wohl gar nicht so unrecht mit dieser Aussage, denn das Parlament der BRD zeigt wirklich deutliche Parallelen zum Reichstag auf, was noch deutlicher wird, wenn man die Darstellung der Parteien dabei mit zu Rate zieht. Die Parteien sind nämlich auch ganz ähnlich, wie kurz vor dem Zerfall der Weimarer Republik, auf Phrasen Dreschen und das Einschwören von Mitgliedern reduziert50, aber der ihnen eigentlich aufgetragene interne politische Diskurs findet nicht statt. Koeppen enttarnt noch einen weiteren Punkt in dem Kontinuität herrscht, und zwar im Wiederaufbau. Keetenheuve entdeckt, dass das Faschistische auch in der Architektur weiterlebt, was sich ihm im Zuge der Debatte um die Arbeitersiedlungen offenbart.

Und wenn man die Blaupausen betrachtete, es war der Nazistil, in dem weitergebaut wurde, und wenn man die Namen der Baumeister las, es waren die Nazibaumeister, die weiterbauten, und Heineweg und Bierbohm hießen den braunen Stil gut und fanden die Architekten in Ordnung. Das Programm des nationalsozialistischen Bundes der Kinderreichen war Heinewegs und Bierbohms Programm, es war ihre Bevölkerungsbeschwichtigung, es war ihr sozialer Fortschritt. 51

Dieses Zitat weist auch auf die programmatische Kontinuität hin, die in der Bundesrepublik herrscht. Koeppen will die Bundesrepublik aber niemals als eine Reinkarnation des Nationalsozialismus darstellen, er will nur einzelne Missstände aufzeigen, an denen Kontinuität zum Dritten Reich erkennbar ist. Nicht umsonst lässt er seinen Protagonisten Keetenheuve sagen, er wisse nichts besseres, selbst dieses Parlament sei das kleinere Übel52. Aber Keetenheuve stellt ganz klar dar, wo er die deutlichste Kontinuität erkennt: in der Außen- und Wehrpolitik. Er stellt die Bundesrepublik als ein Land dar, das schon wieder mitspielt in der großen Diplomatie und er erkennt in dieser die Diplomatie von 1933 bis 1945. Man spielte wieder. Das alte Spiel? Das alte Spiel. Die Bundesrepublik spielte mit. 53

6. Strukturelle und erzählerische Merkmale einer solchen Darstellung

6.1 Erinnerung und Reflexion als strukturierender Impuls des Romans

Nun soll auf Struktur und erzählerische Gestaltung eingegangen werden, allerdings nur in recht knapper Form. Bölls Billard und Kants Aula ähneln sich in ihrer literarischen Struktur. Sowohl bei Böll als auch bei Kant sind zumeist Erinnerungen und Reflexionen des bzw. der Protagonisten die strukturierenden Impulse des Romans, wobei bei Kant ganz konkret die Rede, die Iswall zur Schließung der ABF halten soll, der Aufhänger des Romans ist und bei Böll der 80. Geburtstag Heinrich Fähmels. Im Verlauf der Romane wird dabei mit Hilfe der Erinnerungen die Vergangenheit an die Gegenwart herangeführt. Die Erinnerungen werden meist assoziativ ausgelöst. Bei Böll ergeben sie sich aus Dialogen, die dann zumeist unter Absehung der äußeren Welt zum Monolog werden. Eines der zahlreichen Beispiele dafür findet sich in Kapitel 6, in dem sich Robert Fähmel in der Bahnhofsgaststätte Denklingen an das Verhör am selben Ort nach der Sprengung der Abtei erinnert. Dabei wird jedes Erlebnis der Vergangenheit, das in den Erinnerungen eines Helden auftaucht, mit einem bestimmten Bild, Wort, Geruch oder Klang verbunden. Dadurch bekommen die Assoziationen den Charakter einer Chiffre. Zudem sind die Erinnerungen an bestimmte Ereignisse oftmals sehr verschieden: Sie werden sozial von oben nach unten (Fähmel zu Schrella) und generationsmäßig von alt nach jung (Heinrich zu Robert Fähmel) beleuchtet. Bei Kant sind es hauptsächlich kleinere Anekdoten, die meist assoziativ auseinander hervorgehen, die aber ebenfalls Erinnerungen sind. Dabei sind diese Erinnerungen zum Teil naiv erzählte Geschichten und Episoden, zum Teil aber auch kritische und wohlüberlegte Reflexionen über den Gesamtzusammenhang, die Bilanzierung der eigenen Geschichte. Die Gesamtkomposition ist somit eine Mischung aus Reflexionen, Vorstellungen und Handlungen. Beiden Romanen ist ein ähnliches Erzählverhalten gemeinsam, das vorwiegend personale. Jedoch wechselt dieser personale Erzähler in Bölls Billard öfter zwischen den Figuren hin und her, während er in Kants Aula stets an die Person Iswalls gebunden ist. Zudem wechselt bei Böll auch die Erzählform zwischen Er- und Ich- Erzähler und der Erzählstandpunkt zwischen Nähe und Distanz. Dadurch ist bei Böll stets Beschreibung und Anklage gegenwärtig. Erzählt wird in zwei Zeitebenen, die eine ist der 6. September 1958, der 80. Geburtstag Heinrich Fähmels und die andere ist die Erinnerung an historische Ereignisse, die das Leben der Protagonisten geprägt haben. Bewusst sind Erzähl- und erzählte Zeit gleich lang gewählt, da sie so den inneren Konflikt der Charaktere verdeutlichen, wobei die erzählte Zeit von zehn Stunden durch die Erinnerungen stark verkompliziert wird. So kann aber die Lebensgeschichte der Protagonisten anhand eines Tages überblickt werden. Auch bei Kant findet man mehrere Zeitebenen, von denen zwei jedoch den Grundstein bilden, nämlich die Rahmenzeit um 1962 und die Zeit der Anfangsjahre der ABF Greifswald zwischen 1949 und 1952. Hin und wieder gehen Erinnerungen Iswalls aber auch in die Zeit vor 1949 zurück. Der Leser bewegt sich so mit dem Helden und kann episodisch mitdenken. Allerdings handelt es sich bei Kant auch nur sehr eingeschränkt um echte drei Zeitebenen, denn der Roman besteht fast ausschließlich aus Anekdoten, den Ausfluchten des Zeitkritikers Kant, die voneinander unabhängig und so im Prinzip austauschbar sind. Bei Kant handelt es sich um einen reinen Er-Erzähler mit einem an Iswall gebundenen point of view. Die notwendigerweise eingeschränkte Sicht Iswalls, die durch kommentierende Reflexionen, innere Monologe und szenische Episodenbilder des Helden, kurz den Mitteln des modernen Romans, zum Ausdruck kommt, wird durch Dialoge mit anderen Charakteren oder Selbstaussagen dieser erweitert und objektiviert, so dass der Leser die Möglichkeit hat, Distanz zu Iswall und seiner Sicht der Dinge zu wahren. Diese Art des Erzählens resultiert aus dem Wunsch des Autors, nicht klüger zu erscheinen, als er sein kann. Beide Autoren bemühen sich durch ein vielschichtiges Erzählen und eine moderne Romanstruktur ihre inhaltlichen Anliegen dem Leser zu vermitteln, wobei dies bei Kant aber auf vorsichtigere Art und Weise geschieht als bei Böll, was wohl wieder mit den gesellschaftlichen und politischen Vorraussetzungen zu tun hat, denn ein zu modernes Erzählen weist zu viele Parallelen zum Westen Deutschlands auf und lässt sich nicht mehr mit dem sozialistischen Realismus vereinbaren. Zudem beinhaltet der nouveau roman allein schon durch seine Form oftmals eine sehr düstere Sicht der Welt, die ebenfalls mit dem sozialistischen System nicht vereinbar wäre, so dass Kant, um parteigerecht zu schreiben, vorsichtig beim Einsatz von Elementen des modernen Erzählens verfahren musste.

6.2 Anlehnung an den pyramidalen Aufbau des Dramas

Koeppens Treibhaus zeigt zwar auch Ähnlichkeiten zu Böll, zeichnet sich aber noch durch ein Element aus, das in keinem der beiden anderen Romane vorhanden ist. Auch bei Koeppen findet sich ähnlich wie bei Böll kaum äußere Handlung. Der Bewusstseinsstrom, der ebenfalls hauptsächlich durch innere Monologe und erlebte Rede bestimmt ist, nimmt den Großteil des Romans ein, so dass oftmals ebenfalls Erzähl- und erzählte Zeit gleich sind. Ebenso ist die Handlung nicht der Modus des Romans, ganz im Gegenteil: Starre dominiert die Bewegung, was an der Darstellung der gesichtslosen, kalten und unbeweglichen Gesellschaft klar abzulesen ist. Betrachtet werden soll jetzt aber der dramenähnlich Aufbau, den die Einteilung in fünf Kapitel schon erahnen lässt. Auch für Koeppens Treibhaus ließe sich eine Handlungspyramide erstellen, in der das erste Kapitel mit seiner Einführung in die Auseinandersetzung um die Wiederbewaffnung als Exposition, das zweite durch Keetenheuves Erhalt seines politischen Dynamits als Entstehung des Konflikts und das dritte durch Keetenheuves vermehrte Reflexionen, die den Eindruck verstärken, dass er mit seiner pazifistischen Haltung scheitern muss, als Umschwung, das heißt Peripetie gesehen werden kann. Das vierte Kapitel, das durch die gegebene Möglichkeit der Abwendung der persönlichen Katastrophe durch die Flucht nach Guatemala als retardierendes Moment angesehen werden kann, deutet aber gleichzeitig daraufhin, dass die persönlich Katastrophe, sprich Keetenheuves Tod unausweichlich ist, wenn nicht der bittere Preis des Nichtstuns im wohlgepolsterten Abseits und der um so sichereren Niederlage der antimilitaristischen Sache im Parlament gezahlt werden soll, so dass die nationale Katastrophe unabwendbar wäre. Schon im vierten Kapitel begleiten Keetenheuve die Lemuren, so dass klar ist, dass die Katastrophe kommen wird, die sich im fünften Kapitel mit dem Sprung Keetenheuves von der Brücke vollzieht.

7. Zusammenfassung der Sicht der Autoren auf Deutschland und die Gesellschaft

Insgesamt ist festzustellen, dass die Sicht auf Deutschland in Ost und West höchst unterschiedlich ist. Kants Roman Die Aula weist eine grundsätzlich positive Sicht der gesellschaftlichen und politischen Situation auf. Dies scheint von einer positiven Haltung dem ganzen System gegenüber getragen zu sein. Die Zuversicht, sich auf dem richtigen Weg in eine neue, bessere Gesellschaft zu befinden, ist stets gegenwärtig und lässt sich durch keinerlei Rückschläge wirklich erschüttern, was sich auch im Schlusssatz von Kants Roman manifestiert: ...welche Ü bertreibung! Hier ist niemand tot, und hier ist auch niemand zornig, und hier wird schon noch geredet werden. 54 Dieser Zukunftsoptimismus resultiert aus der Erkenntnis, dass der Weg natürlich hart ist, dass man natürlich Fehler gemacht hat und dass manches natürlich nicht so läuft, wie man es sich wünschen würde, dass man aber auf dem richtigen Weg ist und dass dies nur die Kinderkrankheiten des neuen Systems sind, die notwendigen Schwierigkeiten beim Übergang in die bessere sozialistische Gesellschaft.

Geradezu konträr dazu ist die Haltung, die Böll und Koeppen in ihren Romanen Billard um halb zehn und Das Treibhaus Deutschland gegenüber einnehmen. Die Essenz ihrer Deutschlanddarstellung lässt sich im Prinzip auf folgenden gemeinsamen Nenner bringen: den Glauben, dass man eine riesige Chance vertan hat. Eine Chance, die sich durch die totale Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg und die damit verbundene notwendige Einsicht in die deut sche Schuld an diesem Krieg und seinen Verbrechen, geboten hätte; eine Chance, diese schreckliche deutsche Vergangenheit wirkungsvoll aufzuarbeiten und zu bewältigen; eine Chance, nun eine wirklich demokratische, humanistische, tolerante und gewaltlose Gesellschaft aufzubauen; eine Chance, die nach Bölls und Koeppens Empfinden einfach vertan wurde. Indem sie die Kontinuitäten in der Bundesrepublik gegenüber dem Dritten Reich darlegen, kommen sie zu der traurigen Einsicht, dass sich eigentlich wenig geändert hat, dass es immer noch Dieselben sind, die politische Macht ausüben, obwohl sie sich eigentlich im Nationalsozialismus schuldig gemacht haben, die aber am besten in der Lage waren sich anzupassen und zu vergessen und dass es im Prinzip immer noch die gleichen Spiele sind, die gespielt werden: Man spielte wieder. Das alte Spiel? Das alte Spiel. 55

Literaturverzeichnis:

Primärliteratur:

1. Kant, Hermann: Die Aula, Aufbau Taschenbuch Verlag, GmbH Berlin 1999 (Kant)
2. Böll, Heinrich: Billard um halb zehn, Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 2000 (Böll)
3. Koeppen, Wolfgang: Das Treibhaus, Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000 (Koeppen)

Sekundärliteratur:

1. Albrecht, Günter: Besprechungen zur Gegenwartsliteratur 2, Volk und Wissen Volkseigener Verlag, Berlin 1980 (Besprechungen zur Gegenwartsliteratur 2)
2. Reich-Ranicki, Marcel: Zur Literatur der DDR, R. Piper & Co. Verlag, München 1974
3. Grobe, Horst: Erläuterungen zu Heinrich Böll Billard um halb zehn, C. Bange Verlag, Hollfeld 1999
4. Götze, Karl-Heinz: Wolfgang Koeppen: „Das Treibhaus“, Wilhelm Fink Verlag, München 1985
5. Schröder, Klaus: Der Preis der Einheit, Carl Hanser Verlag, München Wien 2000
6. Hoffmann, Friedrich G. und Rösch, Herbert: Grundlagen, Stile, Gestalten der deutschen Literatur, Hirschgraben-Verlag, Frankfurt am Main 1973

[...]


1 Georgi Dimitroff, Vorsitzender der Komintern

2 Böll S.162

3 vgl. S.5

4 Böll S.186

5 Böll S.28f.

6 Böll S.278

7 Koeppen S.217

8 Koeppen S.143

9 Koeppen S.118

10 Koeppen S.82

11 Koeppen S.24

12 Koeppen S.120

13 Koeppen S.190

14 Koeppen S.23

15 Koeppen S.23

16 Koeppen S.16

17 Koeppen S.217

18 Koeppen S.194

19 Böll S.206

20 Koeppen S.62

21 vgl. 5.4 Kontinuität der deutschen Geschichte oder Neuanfang?

22 Böll S.37

23 vgl. Besprechungen zur Gegenwartsliteratur 2 S.209

24 B. Brecht: Schriften zum Theater, Bd. VII, Berlin/Weimar 1964, S.77

25 Koeppen S.128 und 152

26 Koeppen S.126

27 Koeppen S.51

28 Koeppen S.169 f.

29 Koeppen S.65

30 Koeppen S.90f.

31 Koeppen S.75

32 Matthäus 26, 52

33 Koeppen S.95

34 Böll S.258

35 Böll S.35

36 vgl. 5.4 Kontinuität der deutschen Geschichte oder Neuanfang?

37 Böll S.62

38 Koeppen S.65

39 Koeppen S.183

40 Koeppen S.190 f.

41 Koeppen S.189

42 Koeppen S.194

43 Koeppen S.32

44 Koeppen S.124

45 Koeppen S.124f.

46 vgl. 4.2 Reintegration alter Nationalsozialisten

47 Böll S.35

48 vgl. 4.2 Reintegration alter Nationalsozialisten

49 Koeppen S.65

50 vgl. 5.2 Kritik an den politischen Institutionen

51 Koeppen S.125

52 vgl. Koeppen S.65

53 Koeppen S.28

54 Kant S.464

55 Koeppen S.28

Ende der Leseprobe aus 37 Seiten

Details

Titel
Nachkriegsdeutschland im Roman
Note
14 Punkte
Autor
Jahr
2001
Seiten
37
Katalognummer
V102010
ISBN (eBook)
9783640004089
Dateigröße
435 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Anhand dreier Romane verfasste Facharbeit, die da wären Böll `Billard um halb zehn`, Koeppen `Das Treibhaus`, Kant `Die Aula`
Schlagworte
Koeppen, Böll, Kant, Nachkriegsdeutschland, Treibhaus
Arbeit zitieren
Konrad Trepte (Autor:in), 2001, Nachkriegsdeutschland im Roman, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102010

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Titel: Nachkriegsdeutschland im Roman



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