Schlink, Bernhard - Der Vorleser - 14. Kapitel des 2. Teils


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

3 Seiten, Note: 11 Punkte


Leseprobe


Hausarbeit zum 14. Kapitel des 2. Teils

Bernhard Schlink erzählt in seinem retrospektiven Roman „Der Vorleser“, erschienen 1995, die Geschichte vom Verhältnis des Michael Berg zur wesentlich älteren Hanna Schmitz, von Hannas Schuld während ihrer SS-Zeit und dem Verhalten der beiden nach dem Prozess.

In den vorherigen Kapiteln haben wir erfahren, dass der Protago-nist Michael Berg während seines Studiums seine viel ältere Jugendliebe Hanna Schmitz in einem Prozess wiedertrifft. Er erfährt während des Prozesses, dass Hanna als SS-Angehörige bei der Evakuierung eines KZ’s die in einer Kirche untergebrachten Häftlinge bewachen musste und diese auch nicht aus der Kirche herausließ, als die Kirche von Bomben getroffen und in Brand geraten war. Wegen dieses Verbrechens ist sie mit anderen Aufseherinnen angeklagt.

Um nun seinem inneren Konflikt, nämlich der juristischen und der menschlichen Verurteilung Hannas Herr zu werden, beschließt er, zum Konzentrationslager Struthof zu fahren.

Das Kapitel besteht hauptsächlich aus dem Dialog zwischen dem Mer- cedes-Fahrer und Michael, in dem es um die Kernthematik des Buches geht, nämlich die Frage der Schuld der Täter während des Holocaust.

Der Mercedes-Fahrer vertritt eine neue Entschuldigung der NS- Verbrechen: er beruft sich nicht auf Befehl und Gehorsam, sondern sieht in der Tötung Unschuldiger lediglich eine Arbeit, die erledigt wer- den mußte.

Zu Beginn des Kapitels erinnert sich der Protagonist an zwei Personen, die ihn mitgenommen haben. Einen Lkw-Fahrer, der eine Flasche Bier nach der anderen leert und einen Mercedes-Fahrer mit weißen Hand- schuhen.

Diese beiden Personen könnten meiner Meinung nach zwei Tätertypen der NS-Zeit wiederspiegeln.

Der Lkw-Fahrer erweckt den Eindruck eines einfachen Menschen, der versucht, durch das Trinken während der Fahrt das Vergangene zu verdrängen. Nüchtern kann er die Schuld nicht ertragen. Der Alkohol versinnbildlicht hier die Verdrängung.

Ganz anders der Mercedes-Fahrer. Er scheint ein eher rationaler Mensch zu sein. Der Autor lässt ihn weiße Handschuhe tragen. Weiß - die Farbe der Unschuld und Handschuhe, die man sich überstreift. Man könnte meinen, dass der Mercedes-Fahrer sich seine Unschuld über- gestreift hat.

Das Mutter- oder Brandmal an seiner rechten Schläfe erinnert an das biblische Kainsmal, dass zur Kennzeichnung eines Sünders dient.

Seinen konzentrierten Blick könnte man als Zeichen für seine Stetigkeit interpretieren, mit der er seinen (Lebens-)Weg geht.

Nachdem Michael Berg den Fahrer informiert, aus welchem Grund er zum Struthof will, schweigt der zunächst.

Dies lässt sich als Zeichen der schmerzhaften Erinnerung an seine Vergangenheit, sowie als Vorformulierung einer Rechtfertigung deuten. (Dies sehe ich durch die sich häufig wechselnden Landschaftsbeschreibungen bestätigt.)

Als der Mercedes-Fahrer das Schweigen bricht, fragt er, ob er verstehen wolle, warum solche schrecklichen Dinge überhaupt möglich gewesen seien. Er nennt als Beispiel den Henker, der denjenigen, den er richten soll, nicht hasst, sondern lediglich seine Arbeit macht. Auf das Argument von Befehl und Gehorsam verzichtet der MercedesFahrer absichtlich. Selbst die Gegenargumente, dass der Menschlichkeit, der Würde des Menschen und der Ehrfurcht vor dem Leben, liefert der Mercedes-Fahrer gleich selber.

Michael ist sprachlos, ihm fällt auf soviel Dummheit (unschuldige Juden auf der einen Seite und rechtskräftig verurteilte [schuldige] Straftäter auf der anderen Seite, zwei völlig verschiedene Dinge in einen Topf zu werfen)auf soviel Dummheit fällt ihm kein geeigneter Satz ein, den er angemessen erwidern könnte. Er ist wütend.

Als der Mercedes-Fahrer von einem Foto erzählt, auf dem ein Erschießungskommando Juden hinrichtet, der befehlende Offizier von einem Fenstersims zuschaut, „sogar Vergnügtes im Gesicht (hat), vielleicht weil immerhin das Tagwerk geschieht und bald Feierabend ist“ (S. 147), fragt ihn Michael, ob er das gewesen sei.

Seine Reaktion auf diese Frage, das Leuchten des Males (Kainsmal) an seiner Schläfe, der Rauswurf aus dem Auto und die abrupte Wendung des Wagens legen nahe, dass Michael mit seiner Vermutung richtig und der Fahrer sich entdeckt fühlt.

Dem Protagonisten ist nach dieser Begebenheit wohler, er „atmet erlöst“, er hat dem Mercedes-Fahrer mit dieser Frage das gesagt, wonach er gesucht hatte, das diese widerwärtige Argumentation auslöschte und „ihm die Sprache verschlagen würde“. (S. 146) Für Michael Berg ist die Welt wieder in Ordnung und auch die ihn umgebende Natur hat etwas von ihrer alten Ordnung wieder, ist fast idyllisch.

Ende der Leseprobe aus 3 Seiten

Details

Titel
Schlink, Bernhard - Der Vorleser - 14. Kapitel des 2. Teils
Note
11 Punkte
Autor
Jahr
2001
Seiten
3
Katalognummer
V102001
ISBN (eBook)
9783640004003
Dateigröße
326 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Hausarbeit zum 14. Kapitel des 2. Teils
Schlagworte
Der Vorleser
Arbeit zitieren
Henrik Schulte (Autor:in), 2001, Schlink, Bernhard - Der Vorleser - 14. Kapitel des 2. Teils, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102001

Kommentare

  • Gast am 10.5.2002

    Bemerkenswert.

    Ich finde deine Interpretation sehr klar und logisch!! Zuerst hatte ich mit dem Abschnitt Probleme, aber jetzt!!!!

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Titel: Schlink, Bernhard - Der Vorleser - 14. Kapitel des 2. Teils



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