Osterweiterung der EU, ein grober sozioökonomischer Vergleich zwischen Polen und der EU


Hausarbeit, 2001

17 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Ein Vergleich aus sozioökonomischer Sicht
a. allgemeine mikro- und makroökonomische Indikatoren
b. technologische Konkurrenzfähigkeit
c. Ausbildungsstand und Humankapitalausstattung
d. Gesundheit/Lebenserwartung

III. Wichtige Indizes und Ratings aus verschiedenen zusammengesetzten sozialen und ökonomischen Indikatoren
a. Der Human Development Index
b. Der Risk Rating Index
c. Ist Polen ein Entwicklungsland?

IV. Schlußfolgerungen

V. Quellenverzeichnis

I. Einleitung

Polen liegt in Europa. Aber weiß Europa das auch ? Für den Durchschnittseuropäer ist Polen eine terra incognita, ein unbekanntes Land. Dass Polen geopolitisch ein Teil Europas ist, das ist ihm wohl noch bekannt. Aber von der geschichtlichen Realität des europäischen Polens weiß er kaum etwas. Vielleicht hat er etwas von Jan III Sobieski, dem Befreier Wiens gehört. Oder es ist ihm der paradigmatische Aufbruch der Solidarnosc-Bewegung Anfang der 80er Jahre in Erinnerung. Eventuell denkt er auch an den polnischen Papst in Rom. Doch wer weiß etwas vom spätmittel-alterlichen europäischen Großreich Polen-Litauen mit einem Territorium von über 1 Million Quadratkilometern?. Und wem ist bewusst, dass das heutige Polen mit seiner Fläche von über 312.000 Quadratkilometern und knapp 40 Millionen Einwohnern noch immer einer der größten Staaten Europas ist.

Durch den Zusammenbruch des Ostblocks ist für Europa als Ganzes eine neue Herausforderung entstanden. Diese Herausforderung heißt Transformation und EUIntegration.

Die Politik des 19. Jahrhunderts, in der die Bildung von strategischen Allianzen Vorrang hatte, muss neu definiert werden. Dabei müssen neue Konzepte und Strategien entwickelt werden , die aus Europa einen Kontinent der politischen Stabilität und wirtschaftlichen Dynamik entstehen lassen. Aus dieser Sichtweise gilt für Europa hauptsächlich die Integration der ehemaligen Ostblockstaaten in die Europäische Union. Denn im Zuge der voranschreitenden Globalisierung gibt es für Europa keine andere Alternative, als den Weg der europäischen Integration. Es ist zu hoffen, dass durch Information und Austausch das Interesse an Polen wachsen wird, denn das ist gleichbedeutend mit dem Interesse an einem gemeinsamen Europa. Ich habe dieses Thema gewählt, weil es mir am Herzen liegt aufzuklären. Ich möchte informieren, über die Erfolge der polnischen Wirtschaft und der polnischen Gesellschaft. Ich möchte versuchen, einen möglichst objektiven Überblick, denn das kann es nur sein bei einem solch umfangreichen Thema, zu verschaffen und aufzeigen, dass die öffentliche Meinung in Polen selbst aber auch insbesondere in der Europäische Union von Vorurteilen und Ängsten geprägt ist. Oft vermischt sich diese Meinung mit Unwissenheit und Polarisation. Ich möchte ein Polen vorstellen, das sich in vielen Bereichen vor den Ländern der Europäischen Union nicht zu verstecken braucht.

Potsdam, 26. April 2001

Marcin B.

II. Ein Vergleich aus Sozioökonomischer Sicht

a. allgemeine mikro- und makroökonomische Idikatoren

Polen wird zu einem immer attraktiveren Wirtschaftsstandort für ausländische Unternehmen. Die Gründe hierfür sind zum Beispiel die zentrale Lage in Europa, ein großer Absatzmarkt und die sehr niedrigen Lohnkosten, die für die Standortentscheidung von erheblicher Bedeutung sind. Eine für Mittel- und Osteuropa relativ hohe Kaufkraft und die sehr gut ausgebildeten Arbeitskräfte, werten den Standort Polen erheblich auf. Die politische Stabilität des Landes wird als hoch angesehen, da die polnische Regierung kontinuierliche Strukturreformen verfolgt.

Derzeit werden die Staaten Ostmittel-, Ost- und Südosteuropas meist als Reformstaaten, Transformationsländer oder Konversionsländer Mittel- und Osteuropas bezeichnet. Gemessen an der Wirtschaftskraft, ihrem Volkseinkommen und ihrer infrastrukturellen Entwicklung sind sie heute vergleichbar mit fortgeschrittenen Entwicklungsländern (Schwellenländern).

Zum Teil aber, dazu zählen die Kandidaten für die erste Runde der Erweiterung, u.a. Polen, sind sie durchaus vergleichbar mit Industriestaaten West- und Südwesteuropas wie z.B. Portugal, Griechenland, oder Spanien(vgl. Fischer Weltalmanach 2001, S. 1107) Das Bruttosozialprodukt (BSP) pro Kopf ist der absolute Betrag des BSP geteilt durch die Einwohner eines Staates. Ein im Vergleich zu Industriestaaten niedriger Betrag kennzeichnet ein Land als wirtschaftlich unterentwickelt, gibt aber nur begrenzt Auskunft über die Lage der Bevölkerung. Ein genauerer Indikator ist das BSP umgerechnet in Kaufkraftparitäten. Dieser gibt die internationale Kaufkraft der Währung eines Landes an und wie viele Einheiten der jeweiligen Währung erforderlich sind, um den gleichen repräsentativen Waren- und Dienstleistungskorb zu erwerben, den man für 1 US-$ in den USA erhalten könnte.

(vgl. Fischer Weltalmanach 2002, S. 19-22)

Bruttosozialprodukt pro Kopf in Kaufkraftparität 1998 bzw. 1999

(vgl. Fische Weltalmanach 2001, S. 31-50 & Business Central Europe, März 2001, S.57)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vergleicht man nun das BSP mit dem BSP pro Kopf umgerechnet in Kaufkraftparitäten (KKP), so schrumpft der auf den ersten Blick große Unterschied zwischen Polen und z.B. Portugal und Griechenland erheblich. Interessant ist auch, dass der Unterschied zwischen Luxemburg und Deutschland etwas größer ist als der zwischen Polen und Griechenland.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nicht berücksichtigt werden kann die Schattenwirtschaft , die in den Mittel- und Osteuropäischen Ländern tendenziell höher liegt als in Westeuropa und somit das tatsächliche BSP und damit auch das BSP in Kaufkraftparitäten tendenziell höher liegt.

Die BSP-Angaben, als alleinigen Indikator zur Erfassung des allgemeinen Entwicklungsstandes werden zu Recht auch kritisiert, da sie viele den Lebensstandart stark beeinflussende Faktoren nicht berücksichtigen.

(vgl. Quaisser 2000, S. 3)

Hatte Polen im obigen Vergleich zu Österreich eine Kaufkraft von nur knapp 39%, sieht ein anderer Vergleich für Polen noch optimistischer aus. Der Ostwirtschafts-report geht in seiner Ausgabe 22/1997 davon aus, dass die polnische Bevölkerung 1997 eine Kaufkraft von knapp 50% der Österreichischen besaß. Einig sind sich die Autoren auch, dass sich die Kaufkraft in Polen im Verhältnis zu Österreich in den nächsten Jahren stabil nach oben entwickeln wird. (vgl. Ostwirtschaftsreport 22/1997, S. 423 ff.)

Kaufkraftindex(a)einzelner Länder

Österreich=100

(vgl. Ostwirtschaftsreport 22/1997, S. 423 ff.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(a) Lokale Einkommen dividiert durch den Preis für einen Dienstleistungskorb, indexiert zuÖsterreich.

Zum Vergleich: Rumänien kommt in dieser Untersuchung auf etwa 21% der österreichischen Kaufkraft, Russland auf etwa 13% und die Ukraine als Schlusslicht auf etwa 5% der Kaufkraft in Österreich.

b. technologische Konkurrenzfähigkeit

Wie sieht die Realität der Konkurrenzfähigkeit der polnischen Produkte aus? Das Ergebnis des Reports über die Konkurrenzfähigkeit von 29 Ländern des Zentrums für Technologie der Universität Atlanta/USA sieht für Polen sehr optimistisch aus. Im Report wurden z.B. die Innovationspolitik, die Ausbildung der Bevölkerung, die Ausstattung der Firmen und das Investitionsklima untersucht. Weitere Untersuch-ungen bezogen sich auf die technische Infrastruktur und die Produktionsfähigkeit und Produktion von Hochtechnologiegütern.

Die wichtigsten Ergebnisse sind folgende:

Zunehmender Ausgleich der technischen Konkurrenzfähigkeit zwischen den hochentwickelten Ländern und die Situation in Polen sieht entgegen der öffentlichen Meinung und entgegen den optimistischsten Prognosen sehr gut aus, denn wie sonst lässt es sich erklären, dass die Polen bereits 1996 den Spaniern um viele Jahre voraus waren und dass sie in den nächsten Jahren solch hochentwickelte Länder wie Italien und die Schweiz überholen werden.(vgl. Kleiber 1999, in Wprost v 17.10.99, S. 52)

Overall High-Tech Produktion Capability(a), 1996 & 2011

(ausgewählte Länder, vgl.http://www.tpac.gcatt.gatech.edu/images/htifig8.ipg)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

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(a) Allgemeine Fähigkeit zur High-Tech Produktion

Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass sicht die Situation zwischen den einzelnen Ländern angleicht, jedoch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Während Spanien oder auch das wirtschaftlich hochentwickelte Neuseeland zwischen den Jahren 1996 und 2011 sich jeweils um 5 Punkte nach oben verbessern werden, erreicht Polen sogar 10 Punkte mehr und wird bis dahin Länder wie die Schweiz oder Italien,. die sich nicht bzw. nur um einen Punkt verbessern werden, technologisch längst überholt haben. Interessant ist auch, dass Polen nur unwesentlich hinter dem technologisch hochentwickelten Deutschland bleiben wird.

Auch im Bereich der neuen Technologien braucht Polen einen Vergleich nicht zu scheuen. So ist die absolute Zahl der Internetnutzer in Polen höher als im vergleichbaren Spanien. Rechnet man die Internetnutzer auf 100 Einwohner zurück, so hat Polen sogar mehr Internetnutzer als Frankreich.

Internetnutzer in ausgewählten Ländern

(vgl. Wprost vom 28.01.2001 Quelle: Cisco Systems)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

c. Ausbildungsstand und Humankapitalausstattung

Kaum unterschiede gibt es in der Klassifizierung des Humankapitals zwischen den Mittelund Osteuropäischen Staaten, insbesondere Polen und der Europäischen Union. Die Analphabetenrate zeigt faktisch keine Unterschiede zwischen Polen und den hochentwickelten Staaten der EU, jedoch gibt es Unterschiede zu den südlichen Mitgliedern, insbesondere zu Spanien, Griechenland und Portugal. Beim letzteren liegt sie auf einem für einen Industriestaat viel zu hohem Niveau.(vgl. Quaisser 2000, S. 5)

Analphabetenrate

(vgl. Fischer Weltalmanach 2001, S. 645)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch bewegen sich die Ausgaben für das Schulsystem in einer Variationsbreite wie sie auch in der EU anzutreffen sind. Da es keine Unterschiede in der durchschnittlichen Schuldauer gibt, lässt sich da auch nicht auf Qualitätsdifferenzen zur EU schließen.

Somit schneiden Ausbildungsstand und Humankapitalausstattung Polens im Vergleich zu den Ländern mit vergleichbarem Einkommensniveau sehr gut bzw. besser ab. Dies zeigt auch der beachtliche Anteil an Wissenschaftlern und Ingenieuren , der vielfach den einiger EU-Länder überschreitet.

Die Zahlen mögen qualitative Aspekte verdecken, doch zeigen sie, dass in Polen zumindest einige Segmente mit Humankapital sehr gut ausgestattet sind. Dabei bringt eine bessere Ausbildung auch in den MOE-Staaten Vorteile mit sich, da nicht nur das Einkommensniveau qualifizierter Arbeitskräfte höher, sondern auch die Arbeitslosenquote in diesen Segmenten des Arbeitsmarktes niedriger ist.(vgl. Quaisser 2000, S. 5 ff.)

d. Gesundheit/Lebenserwartung

Die polnische Schocktherapie kam sehr plötzlich. Nach dem großen ,,bing bang" der frühen 90er Jahre hatten die Polen noch vier andere Reformen durch zu stehen, nämlich als die Regierung die Verwaltung und den Bildungs-, Renten- und Gesundheitssektor instand setzte. Wenn die SLD (postkommunistische Sozialdemokraten) dieses Jahr die Wahlen gewinnen, dann nicht zuletzt durch die schlecht vorbereitete Gesundheitsreform der konservativ-liberalen AWS-UW Koalition. Doch ob nun erfolgreich oder nicht, diese Reform war seit Jahren überfällig. Schlecht geführt und unterfinanziert war das polnische Gesundheitssystem ein Hemmklotz des polnischen Wirtschaftsaufschwungs und bedurfte einer grundlegenden Reform. Wenn man den Polen nach dem Gesundheitssystem fragte, hörte man Geschichten über schlechten Service und frustrierte Mitarbeiter.

In Ahnlehnung an das deutsche Gesundheitssystem und mit dem Ziel der Kostensenkung und Effizienzsteigerung, wurde vor über zwei Jahren ein dezentrales Gesundheitssystem geschaffen. 16 regionale Gesundheitskassen, die sich allesamt aus Beiträgen der Arbeitnehmer finanzieren, wurden gegründet. Das war ein großer Schritt vorwärts. Das frühere Gesundheitssystem wurde vom Staat finanziert und deren Budget war somit oft ein Streitpunkt in den Regierungen und zwischen den Ministerien. Jetzt wird eine erhebliche Effizienzsteigerung erwartet, damit das Geld der Steuerzahler nicht mehr verschwendet wird.

Jetzt weiß der Beitragszahler, dass das Geld das System direkt erreicht, was einen wichtigen psychologische Effekt zur Folge hat.(vgl. Business Central Europe März 2001, S. 50-51) Doch wie sieht der Vergleich zu den Staaten der Europäischen Union aus?

Es gibt verschiedene Indikatoren, die einen Vergleich möglich machen. Die wichtigsten sind:

-Lebenserwartung

-Säuglingssterblichkeit

-Kindersterblichkeit

Insgesamt lässt sich vorwegnehmen, dass es zwar Unterschiede in den Zahlen gibt, aber dass diese nicht besonders groß sind und von Jahr zu Jahr schrumpfen. Dass es sich wirklich um einen minimalen Abstand handelt wird dann ersichtlich, wenn man die Zahlen mit anderen Ländern vergleicht, so z.B. mit Malawi oder auch Russland. Bei der Lebenserwartung kommen die Polen auf zwei Jahre weniger als die Portugiesen und nur drei Jahre weniger als die wirtschaftlich hochentwickelten Dänen.

Die Polen leben jedoch 6 Jahre länger als die Russen und 24 Jahre länger als die Malawis in Afrika. Bei der Kinder- und Säuglingssterblichkeitsrate ist Polen nur unbedeutend hinter Portugal, 10 zu 9 und 10 zu 8 per tausend Geburten.

Wichtige medizinische und gesundheitliche Indikatoren (1998)

(vgl. Fischer Weltalmanach 2000, S. 22 ff. & Quaisser 2000, S. 7 ff.) )

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die World Health Organisation hat einen Index entwickelt, der aus verschiedenen zusammengesetzten gesundheitlichen Indikatoren besteht und 191 Länder untersucht hat. Es ist der MEDICORE Healthcare system ranking. In diesem landet Polen auf Platz 50, nur 13 Plätze hinter den Vereinigten Staaten, die für ihr Gesundheitssystem etwa 13,6% des BSP ausgeben.

Healthcare system ranking 1997

(vgl. Business Central Europe März 2001, S. 48)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch die Ausgaben für das Gesundheitssystem, gemessen in Prozent des BSP, zeigen keine großen Unterschiede. Nach Schätzungen gab Polen im Jahre 1998 etwa 6,4% des BSP für das Gesundheitswesen aus. In Großbritannien waren es im gleichen Jahr 6,7%. (vgl. Business Central Europe März 2001, S. 46-47)

III. Wichtige Indizes und Ratings aus verschiedenen

zusammengesetzten sozialen und ökonomischen Indikatoren

a. Der Human Development Index

Es gab immer Versuche einen oder mehrere Indikatoren zu schaffen, die es ermöglichen Länder miteinander zu vergleichen. Nicht nur der Vergleich in den einzelnen Bereichen (BSP, Lebenserwartung usw.). sollte ermöglicht werden, sondern der Vergleich wirtschaftlicher und sozialer Gegebenheiten gemeinsam sollte ermöglicht werden. Der mit Abstand wichtigste und am meisten gebrauchte Indizes ist der Human Development Index des UNDP (United Nations Development Program).

Das UNDP hat 1999 seinen Jährlichen Entwicklungsbericht veröffentlicht, in dem 174 Staaten nach Lebenserwartung, Bildungsniveau und ihrem Volkseinkommen nach Kaufkraftparität (kaufkraftbereinigtes Bruttosozialprodukt pro Kopf) untersucht wurden.

Dieser Index wird zum Beispiel immer öfter zur Einstufung von Entwicklungsländern genutzt. Früher hat man sich nur auf das BSP pro Kopf konzentriert, seit einigen Jahren wird dies immer öfter der entscheidende Indikator.(vgl. Medienhandbuch Entwicklungspolitik 2000, S. 292 ff.)

Die Plätze wurden in drei Kategorien unterteilt, die man durchaus mit den Kategorien Entwicklungsland, Schwellenland und Industriestaat vergleichen kann. Es sind:

-Plätze 1 bis 45 =High Human Development

-Plätze 46 bis 139 =Medium Human Development

-Plätze 140 bis 174 =Low Human Development

Human Development Index 1997

(vgl. Business Central Europe September 1999, S. 63 & Fischer Weltalmanach 2001, S. 31 ff.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der HDI bestätigt die vorhergegangenen Darstellungen: Polen liegt zwar im Einkommensniveau (BSP bzw. KKP pro Kopf) niedriger, wobei der Abstand hinsichtlich sonstiger ökonomischer und sozialer im HDI verwendeter Indikatoren deutlich geringer wird bzw., dass es keinen Unterschied gibt oder dass Polen besser abschneidet als einige Staaten der EU. Es zeigt sich auch, dass die allgemeine Differenzierung unter den MOE- Staaten größer ist als die zwischen den Staaten der Europäischen Union. Dabei nehmen offensichtlich die Entwicklungsunterschiede mit der Entfernung von Westeuropa zu, d.h. vor allem die Länder der ersten Erweiter-ungsrunde sind höher entwickelt.

Diese Entwicklungen können allem Anschein nach nicht nur dem sozialistischen Wirtschaftssystem angelastet werden, sondern bestanden bereits vor dem Ersten Weltkrieg.

(vgl. Quaisser 2000, S. 6)

b. Der Risk Rating Index

Ein anderer, im Gegensatz zum HDI mehr ökonomisch und finanzpolitisch ausgerichteter Index ist der ICRG Risk Rating Index. Dies ist ein aggregierter Index des International Country Risk Guide und wird aus 22 Einzelindikatoren gebildet, um das politische, ökonomische und finanzielle Risiko eines Landes zu ermitteln. Der Index bewegt sich zwischen 0 und 100. Bewertungen unter 50 stellen ein großes Risiko dar und solche über 80 ein geringes Risiko. (vgl. Quaisser 2000, S. 4ff.)

Risk Rating Index 1997

(vgl. Quaisser 2000, S. $ ff.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

c. Ist Polen ein Entwicklungsland?

Ein weiterer wichtiger Indikator ist die Einstufung als Industriestaat, sogenanntes Schwellenland oder Entwicklungsland. Die Grenzen zwischen diesen drei Einstufungen sind fließend und sehr umstritten. Wie schon im KapitelII. a. erwähnt, sind die ehemaligen sozialistischen Staaten keine einheitliche Gruppe und bilden somit weder eine gesonderte noch einheitliche Gruppe. Vielmehr kann und muß man sie in diese drei Gruppen unterteilen. Die fortgeschrittenen ehemaligen sozialistischen Staaten, die auch zu den ersten Beitrittskandidaten Zählen, u.a. Polen, können durchaus als Industriestaaten bezeichnet werden, wobei sie von der wirtschaftlichen-, sozialen- und infrastrukturellen Entwicklung am ehesten den südlichen Industriestaaten der EU, sprich Portugal, Spanien und Griechenland ähneln Die Kandidaten der nächsten Runden (Rumänien, Bulgarien), die europäischen GUS Staaten und die meisten ehemaligen Staaten Jugoslawiens ähneln demnach den Schwellenländern, während die asiatischen GUS Staaten zu den Entwicklungsländern gezählt werden.(vgl. Fischer Weltalmanach 2001, S. 1111) Eine Klassifikation der Entwicklungsländer rein nach ökonomischen Kriterien bietet der jährlich erscheinende Weltentwicklungsbericht der Weltbank.

In der Ausgabe 1999/2000 werden die Entwicklungsländer in folgende Kategorien eingeteilt:

1. Länder mit niedrigem Einkommen (Bruttosozialprodukt/BSP pro Kopf 1998 bis 760 US-$): z.B. Indien, VR China, Sudan, Kenia, Pakistan, aber auch die GUS Staaten Armenien, Aserbaidschan und Kirgistan.

2.a. Länder mit mittlerem Einkommen,untere Einkommensgrenze(BSP pro Kopf 1998 zwischen 761 US-$ und 3030 US-$): z.B. Kolumbien, Syrien, Tunesien, Marokko, aber auch europäische Staaten wie Weissrussland, Bulgarien, Ukraine und Litauen.

2.b. Länder mit mittlerem Einkommen,obere Einkommensgrenze(BSP pro Kopf 1998 zwischen 3031 US $ und 9360 US-$): z.B. Chile, Polen, Argentinien, SaudiArabien, Ungarn, Tschechische Republik.

Länder mit einem höheren BSP pro Kopf werden nach diesen Kriterien als Industriestaaten bezeichnet.(vgl. Fischer Weltalmanach 2001, S. 1111 ff.)

Eine weitere Einteilung macht der Human Development Index (siehe Kapitel III. a.), der zusätzlich zu den wirtschaftlichen soziale Indikatoren berücksichtigt. In diesem Index bekommt Polen, wie schon erwähnt, die höchste Einstufung, nämlich High Human Development, wird somit als ,,hochentwickeltes Land" eingestuft.

Des weiteren werden die Transferleistungen, die von der Bundesrepublik an Polen gezahlt werden nicht als öffentliche Entwicklungshilfe bezeichnet. Um dem Entwicklungsstand der Transformationsländer und deren spezifischen Problemen gerecht zu werden wurde die DAC- Liste (DAC ist der Entwicklungshilfeausschuss der OECD) der Entwicklungsländer um einen Teil II ergänzt. Dieser beinhaltet die sich im Übergang befindlichen weiter fortgeschrittenen Mittel- und Osteuropäischen Staaten. Diese Zahlungen sind keine Entwicklungshilfe im herkömmlichen Sinn.(vgl. Medienhandbuch Entwicklungspolitik 2000, S. 292 ff.)

IV. Schlußfolgerungen

Die zu beantwortende Frage ist die nach dem Ausmaß des ökonomischen und sozialen Gefälles zwischen den Polen und der EU. Anhand eines Vergleichs wichtiger ökonomischer und sozialer Daten kann die Dimension der zu bewältigenden Aufgaben skizziert werden. Dabei geht es weniger um eine detaillierte Darstellung der einzelnen Entwicklungsdaten, sondern um ein generelles Bild, das auch eine Kurze Einschätzung der sozioökonomischen Situation Polens umfassen soll. Diese Informationen Bilden wiederum die Basis zur Beurteilung der ökonomischen Effekte der Integration und der Osterweiterung.

Abschließend kann folgendes festgestellt werden:

Aus ökonomischer Sicht gibt es ein gravierendes Gefälle zwischen den Staaten der EU und Polen. Jedoch wenn man die absoluten Zahlen in reale Daten umwandelt, so z.B. die Umrechnung des BSP in Kaufkraftparitäten, wird der tatsächliche Unterschied erheblich gemindert.

Bei der Betrachtung der technologischen Konkurrenzfähigkeit muss man feststellen, dass Polen etwa 13 Jahre vor den Spaniern liegt und dass dieser Vorsprung in den nächsten Jahren zunehmen wird. Des weiteren wird Polen demnächst Länder wie die Schweiz oder Italien überholen.

Bei der Humankapitalausstattung gibt es keine Unterschiede zwischen Polen und der Europäischen Union. Portugal hat eine für einen Industriestaat viel zu hohe Analphabetenrate.

Beim Gesundheitszustand und den Indikatoren die die hygienischen Standards beschreiben gibt es zwar einen Unterschied, der aber so klein ist, dass er kaum ins Gewicht fällt.

Bei der Frage ob Polen ein Industriestaat schon ist oder noch nicht, muss man differenziert sagen, dass aus rein ökonomischer Sicht Polen eher einem Schwellenland ähnelt. Fügt man dieser Betrachtung jedoch auch soziale Aspekte bei, so muss man zu dem Ergebnis kommen, dass Polen bereits ein Industriestaat ist.

V. Quellenverzeichnis

Adamczyk, Michal, Die Cyberliga, in: Wprost v. 28. Januar 2001 Arbeitsgruppe Europäische Integration, Die Kosten der EU Osterweiterung werden überschätzt, Friedrich Ebert Stiftung, Bonn 1996

Baretta, Dr. Mario von (Hrg.), Der Fischer Weltalmanach 2001, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000 Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ),

Medienhandbuch Entwicklungspolitik 2000, Bonn 2000

Central Statistical Office, Concise Statistical Yearbook of Poland 2000, Warschau 2000 Kleiber, Prof. Dr. Michal, Die Goldene Mitte, In: Wprost v. 17. Oktober 1999 Nicholls, Ana, A Survey of Healhcare, in: Business Central Europe v. März 2001

Quaisser, Wolfgang, Die Osterweiterung der Europäischen Union: Konsequenzen für Wohlstand und Beschäftigung in Europa, Friedrich Ebert Stiftung, Bonn 2000

Verfasser unbekannt, Ostwirtschaftsreport Nr. 22/1997, S. 423 ff. Weitere Quellen:

Homepage des UNDP der Vereinten Nationen, www.undp.org/hdro/HDI.html

Homepage der Universität Atlanta,

www.tpac.gcatt.gatech.edu/images/htifig8.ipg

Homepage des Statistischen Bundesamtes der Bundesrepublik Deutschland, www.statistik-bund.de

Homepage der Zeitschrift Business Central Europe, www.bcemag.com

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Osterweiterung der EU, ein grober sozioökonomischer Vergleich zwischen Polen und der EU
Hochschule
Universität Potsdam
Veranstaltung
Grundstudium der Politikwissenschaften
Autor
Jahr
2001
Seiten
17
Katalognummer
V101934
ISBN (eBook)
9783640003396
Dateigröße
462 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit macht einen groben Vergleich zwischen der EU und Polen aus zozioökonomischer, technologischer und gesellschaftlicher Sicht.
Schlagworte
Osterweiterung, Vergleich, Polen, Grundstudium, Politikwissenschaften
Arbeit zitieren
Marcin Bobrowski (Autor:in), 2001, Osterweiterung der EU, ein grober sozioökonomischer Vergleich zwischen Polen und der EU, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101934

Kommentare

  • Gast am 6.12.2001

    Gibt es Objektivität?.

    Max Weber hat schon erkannt: "Jede Theorie ist wertend, schon indem sie einen Forschungsgegenstand auswählt"

  • Gast am 16.7.2001

    subjektiver bericht.

    nur ein versuch objektiv zu sein, oder?

  • Gast am 3.7.2001

    Fakten gegen Vorurteile und Ängste!! Spitze!!.

    Fakten gegen Vorurteile und Ängste!!

Blick ins Buch
Titel: Osterweiterung der EU, ein grober sozioökonomischer Vergleich zwischen Polen und der EU



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