Kognitive Wirklichkeit und Medien


Hausarbeit, 2001

16 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Kognitive Wirklichkeit und Medien

1. Einleitung

In den letzten Jahrzehnten hat die Durchsetzung unserer Gesellschaft und unseres Alltags durch technische Verbreitungsmedien stark zugenommen. In ungefähr ähnlichem Maße hat auch der Anteil der Medien als genutztes Mittel zur Informations- und Wissensbeschaffung zugenommen, so dass man wohl sagen kann, dass die Medien heute zu einem wichtigen und entscheidenden Faktor für unsere Beobachtungen der Ereignisse von Gesellschaft, Alltag und der Welt geworden sind und somit auch starken Einfluss auf unsere individuellen Vorstellungen von Wirklichkeit nehmen. Da es in heutiger Zeit nicht mehr möglich zu sein scheint, Wirklichkeit als Mitglied der Gesellschaft ohne den Einfluss der Nutzung von und Auseinandersetzung mit Medien zu konstruieren, es also nicht mehr möglich zu sein scheint, sich ein ‚Bild von der Welt’ zu machen, ohne dabei die medienvermittelten Aussagen und Botschaften mit einzubeziehen, möchte ich im Rahmen dieser Hausarbeit zu zeigen versuchen, was und wie, angelehnt an den konstruktivistischen Ansatz von z.B. Siegfried J. Schmidt, Wirklichkeit für Aktanten ist, sein kann, wie sie individuell im kognitiv- autonomen Individuum entsteht bzw. konstruiert wird und welchen Einfluss die Medien auf die kognitive Wirklichkeitskonstruktion haben. Den Hauptteil habe ich, angelehnt an Doelker in drei Teile gegliedert: Die primäre, die mediale und die wahrgenommene mediale Wirklichkeit (vgl. Doelker 1989: 64). Unter den Begriff der ‚primären Wirklichkeit’ fasse ich den individuellen Prozess der Konstruktion von Wirklichkeitsentwürfen. Diesem Aspekt soll die größte Beachtung zukommen. Hierbei möchte ich auf Aspekte des Begriffes ‚Wirklichkeit’ im konstruktivistischen Diskurs, sowie die Aspekte der individuellen Wahrnehmung und kurz die sozialisatorische Einbettung in Kultur eingehen, sowie auf die Frage, wie sich die Annahme begründet, dass bzw. ob wir alle in ‚einer Wirklichkeit’ leben.. Unter den Begriff ‚mediale Realität’ fasse ich vornehmlich die konstruktivistischen Prozesse des Erstellens von Präsentationen der Wirklichkeit in Medienorganisationen, in denen auf technischem Wege Medienangebote erstellt werden. Im darauffolgenden Abschnitt möchte ich dann die individuelle Semantisierung und Nutzung von Medienangeboten für die Konstruktion von Wirklichkeitsentwürfen von Individuen betrachten, also: wie und wieso man sagen kann, dass Medien heutzutage zu Instrumenten unserer Wirklichkeitskonstruktion geworden sind.

Eine genaue Trennung zwischen diesem Bereich und dem Bereich der wahrgenommenen Medienwirklichkeit ist schwierig zu leisten, weil beide in einander übergreifen, bzw. sich gegenseitig bedingen., Um das Ganze jedoch nicht zu unübersichtlich werden zu lassen, habe ich diese beiden Bereiche getrennt. Bei der Beschreibung von medialer Realität habe ich mich aus Platzgründen für eine beinahe ausschließliche Konzentration auf das Medium ‚Fernsehen’ entschieden, weil dieses Medium wahrscheinlich auch am deutlichsten die Möglichkeiten er Anteilhabe von Medien an kognitiver Wirklichkeitskonstruktion verdeutlicht. Als zweiten Aspekt möchte ich im dritten Teil des Hauptteils versuchen, zu erläutern, wie die zunehmende Durchsetzung unseres Alltags und der Gesellschaft durch medienvermittelte Kommunikation unsere kognitiven Wirklichkeitsentwürfe beeinflusst, sprich: Inwieweit zunehmend fiktionale Strukturen und nicht direkt für uns überprüfbare Informationen unsere Wirklichkeitskonstruktionen determinieren. In diesem Zusammenhang sollen auch evolutive Tendenzen der Medien Berücksichtigung finden, wenn auch nur in sehr eingeschränktem Rahmen. Schwierigkeiten könnten sich zum Einen dahingehend ergeben, das sehr umfassende Thema kognitiver Wirklichkeitskonstruktion zusammengefasst im vorgegebenen Platzrahmen zu bearbeiten. Somit werde ich aus Platzgründen auch auf genauere Zusammenhänge in Bezug auf Kultur und Sozialisation und umfassendere Ausführungen zum Thema der Medienevolution verzichten müssen, da dies zwar wichtige Punkte in diesem Zusammenhang sind, den Rahmen aber sprengen würden1. Ein weiteres Problem stellt die Terminologie ‚Realität / Wirklichkeit’ dar, die in der Literatur nur unzureichend definiert ist. Ich habe mich dazu entschieden die Terme Realität und Wirklichkeit im weitesten Sinne synonym zu gebrauchen und nicht dazwischen zu unterscheiden, weil eine strikte Trennung im konstruktivistischen Diskurs sowieso hinfällig ist.

2. Kognitive Wirklichkeitskonstruktion

2.1. ‚Primäre’ kognitive Wirklichkeit

Der Konstruktivismus geht davon aus, dass Wirklichkeit von menschlichen Individuen nicht objektiv abgebildet werden kann, weil Wirklichkeit für Individuen im konstruktivistischen Diskurs immer mit Wahrnehmung verknüpft ist. Jeder Mensch wird in diesem Zusammenhang als kognitiv autonomes und operational geschlossenes System konzipiert, das als solches nur unter den eigenen systemspezifischen Bedingungen operieren und wahrnehmen kann. Nach Schmidt können menschliche Beobachter „[...]nur wahrnehmen und erkennen, wenn und weil sie von ihrer Umwelt abgekoppelte, operativ geschlossene Systeme sind“ (Schmidt 1994: 8), die als Systeme nicht außerhalb ihrer Grenzen operieren können „[...] und sich auch nicht selbst durch ihre Operationen mit ihrer Umwelt verknüpfen können“ (Schmidt 1994: 8)

Diese Annahme geht zurück auf neurobiologische Forschungen von Humberto R. Maturana (1982) oder auch Gerhardt Roth (1994), nach deren Aussage das menschliche Gehirn ein höchst komplexes System untereinander vernetzter Funktionseinheiten sei, das zwar offen sei für irgendeine Art von materiellen und energetischen Einflüssen, was jedoch seine Operationsweise beträfe, sei es geschlossen (operationale Geschlossenheit). Demzufolge könne unser Gehirn, so die Neurobiologen, nur mit seinen eigenen Zuständen umgehen. Alles, was über die Grenzen dieses Systems hinausgeht, also die Umwelt des Systems, ist uns zumindest kognitiv unzugänglich. (vgl. Luhmann 1990: 41)

„Die Umwelt strömt nicht etwa über die Sinnesorgane wie in Kanälen in das Gehirn ein. Vielmehr ist es ausschließlich das Gehirn (als neuronales System), das die rein quantitativen Inputs der Sinnesorgane aus der Umwelt in für uns sinnvolle Bewusstseinszustände umwandelt. Wir sehen nicht mit den Augen, wir sehen mit dem Gehirn 2. “ (Schmidt / Zurstiege 2000: 153)

Nach Siegfried J. Schmidt sind beobachtende Systeme im Wahrnehmen und Erkennen „‚[...] eingebunden’ in ihre Artgeschichte sowie in bisher gemachte Erfahrungen, in Wissen, Kommunikation, Normen, Konsens usw.“ (Schmidt 1994: 7)

Hinter diese subjektive Wahrnehmung zurückzukommen, bzw. diese ‚auszuschalten’, ist nicht möglich. Im Zentrum des konstruktivistischen Diskurses steht also die Annahme, die man auf ein Diktum von Kant zurückführen könnte, „[...] dass die Dinge, die wir anschauen, nicht das ‚an sich’ selbst sind, wofür wir sie anschauen [...] und als Erscheinungen nicht an sich selbst, sondern nur in uns existieren können“ (Kritik der reinen Vernunft, B59). Insofern wird aus einer subjektzentrierten Position argumentiert, dass alles was als Wirklichkeit aufgebaut wird, „[...] offensichtlich nie mehr [ist] als die Erlebniswelt eines einzelnen Subjekts“ (von Glasersfeld 1985: 21).

Aus konstruktivistischer Sicht wird Wirklichkeit somit nicht abgebildet, sondern von kognitiv-autonomen Individuen konstruiert. Konstruktion wird hier allerdings nicht als Schaffung einer planvollen und willentlich herbeigeführten, fiktiven Weltsicht verstanden, sondern bezeichnet den Prozess, in dessen Verlauf sich unter den kognitiven, sozialen und biologischen Bedingungen eines in seiner natürlichen und sozialen Umwelt sozialisierten Aktanten (eines handelnden Individuums) Wirklichkeitsentwürfe herausbilden.

„Wirklichkeit widerfährt uns mehr, als dass sie uns bewusst wird - weshalb wir die Konstruiertheit unserer Wirklichkeit erst dann bemerken, wenn wir beobachten, wie wir beobachten, handeln und kommunizieren, und weshalb der Konstruktivismus zu Recht als eine Theorie der Beobachtung zweiter Ordnung bezeichnet werden kann“ (Schmidt 1994: 5).

Die von unserem Gehirn konstruierte Wirklichkeit ist, obwohl das Gehirn keinen direkten Kontakt zur Außenwelt hat, eine soziale Wirklichkeit, da die kognitive Wirklichkeitskonstruktion eben nur unter „[...] spezifischen sozialen Bedingungen ständiger Interaktion mit anderen Menschen“ (Schmidt 1994:10) entstehen kann. Die kognitive Wirklichkeitskonstruktion ist zwar subjektabhängig und man kann formal sagen, dass es, da es keine systemabhängig objektivierbare ontologische Realität gibt, so viele Wirklichkeiten gibt, wie es „[...] Systeme gibt, die zu beobachten in der Lage sind“ (Schmidt 1994: 8), ist jedoch nicht subjektiv im Sinne von willkürlich.

Die Aktanten, die sich meist zumindest unterschwellig der Subjektivität ihrer Wirklichkeitskonstruktionen bewusst sind, sind bestrebt, sich kontinuierliche Bestätigung ihrer Wirklichkeitsentwürfe zu verschaffen, die sie versuchen, durch fiktionale Strukturen abzusichern: Durch Orientierung an Anderen und durch Konstruktion von Vorstellungen über Wahrheiten, deren Wert für die Aktanten nicht auf dem Gebiet der intersubjektiven Überprüfbarkeit oder der Wahrheit liegt, sondern auf dem Gebiet der Brauchbarkeit und Zweckmäßigkeit für die Wirklichkeitskonstruktion (vgl. Merten 1999: 256). Jedes beobachtende System kontrolliert also, wie Schmidt formulierte, „[...] seine Wirklichkeitsannahmen rekursiv (d.h. durch Beobachtung seiner Beobachtungen oder durch die Beobachtung anderer Beobachter) auf ihre Anschließbarkeit und ihren Erfolg hin.“ (Schmidt 1994: 7)

Das heißt, subjektive Wirklichkeitskonstruktion setzt immer Kommunikation voraus, oder umgekehrt: Kommunikation konstruiert Wirklichkeit (vgl. Merten 1999: 256). Gerhard Roth und Helmut Schwegler kamen 1992 zu der Erkenntnis, dass das Gehirn und die Sinnesorgane die Umwelt nach Reizzusammenhängen absuchen, die aufgrund von Erfahrungen wichtig sind:

„Es is t für das Gehirn und die Sinnesorgane als Teil der Welt sowohl im Prinzip unmöglich [...] als auch unzweckmäßig, die Welt abzubilden, ‚so wie sie wirklich ist’.“ (Roth / Schwegler 1992: 107)

Vielmehr sei das Ziel eines kognitiven Systems, Kenntnis über die Welt zu gewinnen, die für ein überlebensförderndes (oder zumindest einem aktuellen Interesse dienendes) Handeln ausreicht. Diese Unterscheidung, die nicht per se in der Umwelt existiert, muss durch das kognitive System selbst getroffen werden, da die Umwelt ja für verschiedene Systeme „[...] ganz verschieden bedeutungshaft ist“ (Roth / Schwegler 1992: 107.). Das menschliche Gehirn wird, wie die Autoren weiterhin betonen, nicht mit einer ‚fertigen kognitiven Welt’ geboren. Wahrnehmung funktioniert für uns nur mit Hilfe von Unterscheidungen, wie schon in den 30er Jahren von den Gestaltpsychologen Wolfgang Metzger oder Wolfgang Köhler gezeigt wurde, deren wichtigste Unterscheidung die, zwischen Figur und Grund ist. Daraus schlussfolgernd haben die Beobachtungstheoretiker George Spencer Brown oder im Anschluss daran auch Niklas Luhmann die ‚Unterscheidungslogik’ entwickelt, die verkürzt besagt, dass etwas nur als Solches von uns wahrgenommen werden kann, „[...] wenn wir es von etwas anderem unterscheiden können“ (Schmidt / Zurstiege 2000: 151).

Wahrnehmungen und Erkenntnisse, so Spencer Brown, resultieren aus der „ [...] Einführung und Weiterbearbeitung von Unterscheidungen in einem ‚unmarked space’. Unterscheiden als Markieren einer Differenz bereitet deren Bezeichnung vor, die nur im Rahmen von Unterscheidungen Sinn macht“ (Schmidt 1994:6). Die Unterscheidung, mit der man beginne sei eine Grundoperation, die nicht wieder rückgängig gemacht werden könne und auf der weitere Unterscheidungen und im Folgenden Erkenntnisse und Erfahrungen aufbauten, die wiederum entscheidend für die Einordnung und Bewertung darauffolgender Unterscheidungen seien. Diese Grundoperation kann individuell unterschiedlich getroffen werden, kann also immer anders ausfallen und zeigt somit die Kontingenz unserer Wirklichkeitsentwürfe.

Diese Erkenntnis führt dazu, dass man unsere gesamte Wahrnehmung als Ergebnis von ‚Differenzmanagement’, oder Ergebnis der Operation von Unterscheidungen, die wiederum von Unterscheidungen unterschieden werden, sowie deren Benennungen betrachten kann: männlich / weiblich, warm / kalt, hell/ dunkel, Mensch / Natur etc.

„Unterscheiden heißt mithin, sich an das Unterschiedene zu halten und die Unterscheidung [an sich] übersehen und vergessen. Es scheint uns nur so, dass wir die Dinge selbst wahrnehmen, während wir doch nur den Umgang mit ihnen (gleichsam unsere Verwicklungen mit ihnen (vgl. Schmidt / Zurstiege 2000: 151)

Eine sehr gewichtige Rolle spielt dabei „[...]Sprache als Instrument der dauerhaft erfolgreichen Benennungen gesellschaftlich wichtiger Unterscheidungen“ (Schmidt / Zurstiege 2000: 161). Die normative Bedeutungszuweisung dieser Dichotomien wird im Großen und Ganzen durch das geleistet, was auch als Kultur bezeichnet wird. Im Rahmen einer jeden Gesellschaft gibt es bestimmte Unterscheidungen in Bezug auf Gefühle, Normen, Verhaltenskoordination etc. Wichtig ist nun, „[...] dass jede Unterscheidung und jede Kombination, die in ihrer Gesellschaft das Wirklichkeitsmodell einer Gesellschaft ausmachen, wiederum normativ besetzt ist und automatisch nach ihrer lebenspraktischen Bedeutung bewertet wird; denn von ihrer gesellschaftlich richtigen Handhabung hängt alles ab.“ (Schmidt / Zurstiege 2000: 162). Für eine Gesellschaft ist also nicht nur ein allgemeingültiges Wirklichkeitsmodell, sondern für dieses auch ein semantisches Programm. Darum

„[...] bilden Wirklichkeitsmodelle und Kulturprogramme notwendigerweise einen sich selbst tragenden und begründenden Zusammenhang von Sinnprozessen, der Gesellschaften und ihre Aktanten von der Umwelt abkoppelt und autonom macht. [...] Wirklichkeit entsteht durch unsere Aktivitäten, die sich ständig auf sich selbst beziehen, sich bestätigen und dadurch Wirklichkeit zuallererst als sinnvolle Erfahrungswirklichkeit hervorbringen“ (Schmidt / Zurstiege 2000: 163).

Die individuelle Konnotation der jeweiligen Unterscheidungen erfolgt zwar immer noch subjektiv im jeweiligen kognitiven System, jedoch gewinnen die normativen und verhaltenskoordinierenden Bedeutungszuweisungen dieser Unterscheidungen handlungsleitende Relevanz. Die Differenzierung der Erregungszustände des Gehirns und die kognitive Vielfalt, wie sie später erfahren wird, sind also Ergebnisse eines allmählichen, selbstorganisierenden und selbstreferentiellen Prozesses. „Viele Evidenzen sprechen dafür, dass diese Selbstdifferenzierung bei verschiedenen Individuen in unterschiedlicher Weise erfolgt.“ (Schmidt 1994: 9)

Roth und Schwegler schließen daraus, dass es für jedes kognitive System nur eine erfahrbare Welt, seine Erlebniswelt, gibt, die mit den Erlebniswelten anderer kognitiver Systeme nur zum Teil übereinstimmt. Wahrnehmung bzw. Erkenntnis ist demzufolge keine „[...] Aufnahme oder Wiedergabe von Information, die von außen hereinkommt, sondern [...] die Konstruktion von Invarianten, mit deren Hilfe der Organismus seine Erfahrungen assimilieren und organisieren kann“ (von Glasersfeld / Richards 1984: 6). Konsequenz daraus ist im Endeffekt, dass zwar jeder Mensch in seiner eigenen, subjektiven Welt lebt, die durch die Gesamtheit aller seiner Handlungen und Erfahrungen mit anderen und mit der Umwelt im gesellschaftlichen Zusammenhang entsteht, a ber dies geschieht unter Verwendung einer ganzen Reihe gesellschaftlicher ‚Instrumente’ (Sprache, gemeinsames Wissen, Schemata, Kultur, Medien), die Aktanten im Laufe unserer Sozialisation zu nutzen gelernt haben und im Endeffekt dafür sorgen, dass sich die Wirklichkeitsentwürfe der einzelnen Aktanten soweit ähneln, sie in einem hinreichenden Maß miteinander handeln und kommunizieren können, so dass im Endeffekt das Gefühl entsteht, dass alle Menschen in einer gemeinsamen Wirklichkeit leben (vgl. Schmidt/Zurstiege 2000: 153 und Schmidt 1994: 9).

2.2. Mediale Wirklichkeit

Im Gegensatz zur kognitiven Wirklichkeit ist Medienrealität, z.B. im Fernsehen, eine planvoll konstruierte Wirklichkeit. Das heißt, das in den Organisationen, die für die Produktion und Distribution von Medienangeboten zuständig sind, wiederum Aktanten operieren, die „[..] kognitiv und kommunikativ [...] ständig mit der Konstruktion von Wirklichkeiten beschäftigt sind“ (Schmidt 1994: 15f).

Diese Aktanten erzeugen, so Schmidt weiter, „unter den vielfältigen soziokulturellen, ökonomischen, politischen und juristischen Bedingungen der Organisation Medienangebote, die sie als Kopplungsangebote für kognitive und kommunikative Systeme zur Verfügung stellen“ (Schmidt 1994: 16).

Somit gehen, laut Schmidt, die Wirklichkeitsentwürfe dieser Aktanten als bestimmende Größen in die Produktion ein , dabei ist es indifferent, ob sie dokumentarisch oder fiktional arbeiten. (vgl. Schmidt 1994: 16) Die Medien gehen selbst selektiv vor und produzieren Ereignisse, „[...] indem sie das ‚eigentliche Geschehen’ in Kontexte einbinden, durch Narration strukturieren und Information gezielt auswählen.“ (Fahle 1996: 2). In der nachrichtentechnisch erfassten Welt, in der wir leben, so stellte Petra Höfels fest, laufen Unmengen an Information in Redaktionen und Fernsehstudios zusammen, wobei„[...] aber gerade das Fernsehen aufgrund seines festgelegten Programmschemas mit eingeschränktem Sendeplatz für Berichterstattung nur einen Ausschnitt aus der Informationsfülle eines jeden Tages darstellen kann“ (Höfels 1997: 8).

Selektivität als grundlegendes Merkmal von Erkenntnisprozessen trägt zwar zur notwendigen Reduktion von Komplexität bei (vgl. Bentele 1993: 166), jedoch stellt sich die Frage, inwieweit, diese inszenierte (kameratechnisch realisierte) und von Vorselektionen strukturierte Form der ‚Wirklichkeitspräsentation’ auch nur annähernd ein objektives Bild der Wirklichkeit liefern kann. Das Problem liegt bei „Informationen, die im Modus von Nachrichten und Berichterstattung angeboten werden“, wie Niklas Luhmann formulierte, nicht in der Wahrheit, „[...] sondern in der unvermeidlichen, aber auch gewollten und geregelten Selektivität“ (Luhmann 1996: 25). Das Problem der Mediengesellschaft ist, nach Merten, nicht allein die Produktion glaubwürdiger Informationsangebote, sondern die „[...] Angemessenheit bei der Selektion bei der Herstellung von Informationsangeboten“ (Merten 1994: 160).

„Viele Ereignisse werden z.B. auch speziell für das Fernsehen oder im Hinblick auf Fernsehgerechtheit inszeniert (bis hin zu bewussten Täuschungen vgl. Weischenberg 1990), d.h. bevor ein Medienangebot publiziert wird, „sind Recherchen, Exposés, Treatments und Drehbücher erforderlich“ (Schmidt 1994: 15). Werden diese Medienangebote kognitiv und kommunikativ so realisiert, „dass sie bruchlos an eigene Erfahrungen [...] angeschlossen werden können, bzw. ihnen nicht widersprechen, dann wird quasi automatisch der subjektive Eindruck von Realitätswiedergabe entstehen“ (Schmidt 1994: 16).

Man sehe einen Vorgang, kein Bild und reagiere mit dem Körper wie bei interaktiver Kommunikation. Durch die kognitiven Leistungen scheinen, so Schmidt, Fernseh-Angebote in besonderem Maße in der Lage zu sein, den Anschein und die Intensität von Face-to-Face-Kommunikation hervorzurufen.

Fiske und Hartley formulierten 1978 in diesem Zusammenhang: TV “appears to be the natural way of seeing the world“ (Fiske / Hartley 1978: 17). „Auch wenn das Bewusstsein die Konstruktivität medial vermittelter Wahrnehmung erkennt, schlägt doch das Bild das Auge in seinen Bann.“ (Schmidt 1994: 15) Doelker stellt in dem Zusammenhang heraus, dass für uns „[...] wirklich das ist, was sichtbar ist“ (Doelker 1989: 64). Dies steht im engen Zusammenhang damit, dass der Gesichtssinn als der verlässlichste aller Sinne gilt. Dadurch, das, wie Fiske und Hartley betonten, das Fernsehen inzwischen zum Teil schon als der ‚natürliche Weg die Welt zu betrachten’ geworden sei, stellt Spangenberg fest, dass gerade deshalb oft der Effekt auftritt, dass die massenmediale Realität als „[...] noch realer als die Realität“ erfahren wird (vgl. Spangenberg 1992:19). Er sieht quasi in den Medien die Wirklichkeit, mit der er auch ohne die Medien zu tun hätte, wobei die Aufgabe des Fernsehens auch darin bestehen kann, „Wirklichkeit sichtbar und begreifbar zu machen, indem es sie so zeigt, wie sie ist, wie man sie aber nicht sieht, nicht sehen will, nicht sehen soll - ohne das Fernsehen nicht sehen kann“ (Ressler 6.3.2001: 9). Schmidt merkte bezüglich der Suggestivität des Fernsehens an, dass einerseits „[...] durch die Integration von Sprache, Körpersprache, Kostümsprache, Ausstattung, Musik, Licht usw., [als auch] durch die Wiederholung von Situationsstereotypen (wie Kanzleramt und Bundestag)“ (Schmidt 1994: 16f) ein semiotisch überdeterminiertes Wahrnehmungsangebot geliefert werde, in dem das Bild dominiere (vgl. Schmidt 1994: 17). Andererseits würden dem geübten Rezipienten auch komplizierteste Kameraschwenks schon so natürlich erscheinen, somit nicht länger direkt auf Konstruktivität verwiesen, dass dem Rezipienten das rezipierte Medienangebot als authentisches Bild der Wirklichkeit erscheine, insofern sich Texte und Bilder gegenseitig zu beglaubigen schienen (vgl. Schmidt 17). Zwar scheinen die Fernsehbilder, wie Schmidt weiter ausführt, „[...] die Authenzität der alltäglichen visuellen Wahrnehmung - als... zu simulieren“ (Schmidt 1994: 15), dies aber nur, weil eben der Beobachter, als auch seine Beobachtungs-und Transmissionsinstrumente invisibilisiert werden, weil Selektion, Inszenierung und Formgebung ausgeblendet sind und erst dem Beobachter zweiter Ordnung beobachtbar werden. ‚Medienrealität’ ist somit, so Schmidt, „[...] eine Konstruktion unter höchst voraussetzungsreichen operativen Bedingungen, [...] die sich immer auf Kommunikation und andere Medienangebote bezieht und die wahrnehmungssteuernden Möglichkeiten der Medien unsichtbar ins Spiel bringt“ (Schmidt 1994: 15). Wichtig ist dabei aber, dass die Bedeutungszuweisung der rezipierten Medienangebote immer erst im jeweiligen kognitiven System geschieht.

2.3. Wahrgenommene mediale Wirklichkeit

Medienangebote lassen sich, daran anschließend, nicht als „[...] Abbilder von Wirklichkeit bestimmen, sondern als Angebote an kognitive und kommunikative Systeme, unter ihren jeweiligen Systembedingungen Wirklichkeitskonstruktionen in Gang zu setzen“ (Schmidt 1994: 16).

Würden diese Angebote nicht genutzt, transportierten sie gar nichts. Wenn sie aber doch genutzt würden, dann nur, wie schon beschrieben, systemspezifisch. Insofern sei die Rede von einem Massenpublikum revisionsbedürftig. Mit dem Fernsehen öffne sich nicht ein Fenster zur Welt, sondern zu unserer Kultur und Gesellschaft, wobei Fernsehen suggeriert, auch funktionale Gesellschaften seien noch einheitlich beobachtbar, indem es die Komplexität sozialer Erfahrungen überschaubar mache (vgl. Schmidt 1994: 17). „Kultur [...] ist [heute] Medienkultur, in der Medien zu unseren alltäglichen Instrumenten der Wirklichkeitskonstruktion geworden sind.“ (Schmidt / Zurstiege 2000: 166) Sozialisation sei heute gleichbedeutend mit Mediensozialisation. Zu großen Teilen benutzen heute alle Mitglieder der Gesellschaft die Wirklichkeitsentwürfe der Medien zur Erstellung und Deutung der eigenen Wirklichkeiten. Da der Rezipient eines Medienangebots sich unterschwellig bewusst ist, keine objektiven Wirklichkeiten erfahren zu können, ist er „[...] anfällig für alle Arten gewissheitsverstärkender Struktur und genau deshalb stellt die Verwendung fiktionaler Strukturen in den Medien eine wichtige [...] Ergänzung dar“ (Merten 1999: 216).

Die Medien als „[...] Lieferanten für Wirklichkeitsentwürfe gewinnen steigenden Einfluss“ (Merten 1994: 158). Als Folge dessen differenzierten sich, so Merten, Strukturen für Wirklichkeitsentwürfe weiter aus, wobei sich durch die steigende Zahl an verfügbaren Massenmedien (Fernsehen, Printmedien, Internet, Radio...) immer mehr kontingente Wirklichkeitsentwürfe zur Verfügung stellt, die den Rezipienten nutzbar sind. Insbesondere werde der Einsatz fiktionaler Elemente „[...] in großem Stil möglich“ (Merten:1994: 158). Als Folge der Verfügbarkeit fiktionaler Elemente wiederum sei völlig neuartigen Aggregaten der Kommunikation, wie PR und öffentlicher Meinung der Weg bereitet, deren Bildung und Ausdifferenzierung ohne massenmediale Verbreitung unter Verwendung fiktionaler Strukturen gar nicht denkbar wäre. Diese stützten, so Merten weiter, das Kommunikationssystem moderner Gesellschaften, indem sie dessen Komplexität weiter vergrößerten (vgl. Merten 1994: 158).

Ein weiterer Punkt, den Merten anspricht ist, dass „[...] die Vermehrung von verfügbarer Freizeit [...] so gut wie völlig für die Vermehrung des Medienkonsums genutzt [wird]“ (Merten 1994: 158). Diese steigende Tendenz belege nicht nur den ungebrochenen Vormarsch in die Mediengesellschaft, sondern auch, wie die Modi menschlicher Erfahrung immer mehr an die Medien abgetreten würden. Dies habe, nach Merten, unter Anderem die Folge, dass die Medien neue Muster der Erfahrung liefern, die durch eigene, unvermittelte Erfahrungen nie abgerufen würden: „Medien entfalten die Kommunikation und Kommunikation konstruiert Wirklichkeit.“ (Merten 1994: 158f)

Daraus leitet Merten folgende Konsequenz ab: „Nichts ist wirksam und wirklich, was nicht in den Massenmedien konstruiert wird.“ (Merten 1994: 159) Bedingt durch die Zunahme der Zahl, der Typen und des Umfangs verfügbarer Massenmedien wächst“, wie Merten feststellt, „[...] die Fülle des Berichtenswerten, das Arsenal medialer Unterhaltung, die Zahl zielgruppenspezifischer Werbungs-, Bildungs- und Informationsangebote, das Ausmaß der zu druckenden und zu funkenden Medien fast ins Astronomische“ (Merten 1994: 160). Als Folge dessen müsse die Selektivität, die Rigidität der Auswahl, aus dem zur Verfügung stehenden Kommunikationsangebot weiter gesteigert werden. „Das aber heißt, dass die von den Medien entfaltete Kommunikation und die daraus zu konstruierenden Wirklichkeiten noch unterschiedlicher ausfallen werden, der Horizont möglicher Erfahrungen sich - ohne dass Grenzen zu erkennen werden - weiter ausdehnt.“ (Merten 1994: 159)

Die Periodizität und Durchformatierung der Programme gewinne handlungsleitende Funktion. Damit stelle sich, so Merten weiter, „eine Entwicklung ein, bei der der Anteil fiktionaler Erfahrung auf Kosten autoptischer Erfahrung zunimmt“ (Merten 1999: 216). Hieraus ergäben sich zwei Entwicklungen,, die gerade in Bezug aufeinander zu einer neuen Wirklichkeitsebene führten: Die Abnahme physischer zugunsten symbolischer Kontakte und der wachsende Bedarf an Glaubwürdigkeit von nur fiktional (über die Medien) bekannten Zusammenhängen. Einerseits ist heutzutage das persönliche Kennen von z.B. der Führungsspitze eines Landes fast nur noch über die Medien möglich, umgekehrt ist diese aber auch auf die Medien zur Verbreitung von Information angewiesen.

„Während früher Ereignisse unmittelbar wahrnehmbar, Sachverhalte unmittelbar einsichtig und Wissen begrenzt und daher unmittelbar lernbar war, bewirkt die Mediengesellschaft, dass Ereignisse, Sachverhalte und/oder Medien allenfalls noch über Medien vermittelbar sind“ (Merten 1999: 217)

Wir haben uns demzufolge daran gewöhnt, Ereignisse und Sachverhalte zu kennen und Wissen anzuwenden, zu dem wir nie einen autoptischen Zugang hatten. Der Mensch muss also, laut Merten, heute an die ‚wahrhaftige Existenz’ von Sachverhalten, Ereignissen oder Wissen glauben, allein anhand der Tatsache, dass sie medial vermittelt werden. Das bedeutet aber auch, dass der Rezipient „[...] gegen vorsätzlich mit einem bias versehene Wirklichkeitsentwürfe, die den Weg in die Medien finden, ebenfalls machtlos ist, bzw. diese gleicherweise als mögliche Wirklichkeitsentwürfe zu akzeptieren hat“ (Merten 1994: 160). „Er hat gelernt, dass fiktionale Bestände stellvertretend für dahinterliegende Fakten stehen, oder stehen könnten, er respektiert diese und daher können sie faktische Wirkung entfalten.“ (Merten 1999: 217)

Insgesamt heißt dies, dass „[...] im Zeitalter der Mediengesellschaft die Funktion der Meinungsbildung zunehmend an die Medien abgegeben wird“ (Merten 1999: 254). Eben deshalb kommt den Images als Stellvertretern eine immer größere Rolle in der Gesellschaft zu (vgl. Merten 1999: 247). Dies führt letztlich dazu, dass die aktuelle, für den Menschen handlungsleitende Wirklichkeit sich „[...] mittlerweile aus einer ‚realen’ und einer fiktionalen, von den Medien beigesteuerten Wirklichkeit konstituiert, wobei der Anteil der ‚realen’ Wirklichkeit abnimmt“ (Merten 1999: 253).

3. Schlussbetrachtung

Anhand der gelieferten Beispiele habe ich zu zeigen versucht, wie und im Zusammenhang mit welchen kognitiven Prozessen individuelle Wirklichkeitsentwürfe entstehen. Für jedes Individuum ist Wirklichkeit in ganz erheblichem Maße mit Wahrnehmung und der Bewertung des Wahrgenommenen verbunden, wobei die Ausgangsposition der Beobachtungen der Umwelt von ganz entscheidender Bedeutung ist, weil darauf die nächsten Beobachtungen aufbauen und diese je nach Bewertung der ersten Beobachtung entsprechend konnotiert werden und Leitfunktion für zukünftige Beobachtung entwickeln. Ich bestreite ebenso wenig wie die Texte, die meiner Arbeit zugrunde lagen, dass es eine ‚wirkliche Wirklichkeit’ gibt. Jedoch ist es, wie ausgeführt, hinfällig, sich darüber zu äußern, bzw. der Annahme nachzugeben, man könne objektiv über diese außerhalb von uns liegende Wirklichkeit sprechen und berichten, weil wir diese Wirklichkeit, selbst, wenn sie außerhalb unserer Wahrnehmung existiert (was wir ja nicht nachprüfen können), nur über unsere Wahrnehmungen und die Benennungen unserer wahrgenommenen Unterscheidungen beschreiben können. Grund dafür ist, dass für Menschen hinter das einmal Wahrgenommene und damit verbundene Bedeutungs- und Sinnzuweisungen zurück zu gelangen nicht möglich ist, genauso wenig, wie man hinter die Sprache zurückgelangen kann, sobald man sie im Laufe der Sozialisation erlernt hat. Sprache als Kommunikationsinstrument hat auch große Bedeutung für die individuelle Wirklichkeitskonstruktion, weil wir durch sie via Kommunikation unsere jeweiligen Wirklichkeitskonstruktionen ständig an anderen und den Medien orientieren, neu überprüfen und verifizieren. Sowohl unsere eigene kognitive Wirklichkeit als auch die Medienwirklichkeit sind Ergebnisse von Konstruktionsprozessen, die bei kognitiven Systemen eher eine sinnverleihende des unwillkürlich Wahrgenommenen bedeutet, wobei anhand von bis dato gemachten Beobachtungen die Relevanz des Wahrgenommenen festgelegt wird. Medienwirklichkeit ist zum Teil auf dieselben Grundlagen zurückzuführen, weil auch Zeitungsartikel oder Fernsehangebote von Menschen hergestellt werden. Aufgrund der Zwänge der jeweiligen Medien (das Radio kann nur Schallwellen übermitteln, Zeitungen keine bewegten Bilder liefern, das Fernsehen wiederum ist in der Regel auf Bildmaterial angewiesen, Gerüche kann kein bisher entwickeltes Massenmedium vermitteln, was bedeutet, das die jeweiligen Medien im Rahmen ihrer technischen Möglichkeiten Wirklichkeitsentwürfe liefern, die je nach Medium unterschiedlich ausfallen) und dem in der Regel begrenzten zur Verfügung stehenden Platz, der für die Vermittlung der jeweiligen Information zur Verfügung steht, sind ‚Medienmacher’ gezwungen, rigoros zu selektieren, komprimieren und vereinfachen, um das Darzustellende in zeitlich/räumlicher Hinsicht und verständlich vermitteln zu können. Dabei wird stark auf fiktionale Strukturen, wie stereotype Darstellungen, wie Images zurückgegriffen. Die Medien bieten also eine geraffte und gemäß ihren Zwängen modifizierte Darstellung von Medien, die die jeweiligen Rezipienten für ihre Wirklichkeitskonstruktionen nutzen können. Dabei kommt aufgrund der Tatsache, dass viele Ereignisse, die für die jeweiligen Aktanten von Wichtigkeit sind, außerhalb ihrer Reichweite liegen und somit für sie nicht mehr direkt erfahrbar sind, den Medien eine immer größere Rolle als Hilfsinstrument der Wirklichkeitskonstruktion zu. Umgekehrt bedeutet das, dass Aktanten zu immer größeren Teilen ‚Als-Ob-Annahmen’ in ihre Wirklichkeitsentwürfe integrieren müssen, weil sie die Wahrheit oder das Zutreffen von Ereignissen nicht mehr verifizieren können, also der autoptische und direkt erfahrene Anteil von Wirklichkeitskonstruktionen abnimmt. Der Mensch muss also blind in die Verbürgtheit von medialen Informationen vertrauen, weil ihm selbst nichts anderes mehr übrig bleibt und selbst Medienkritik heutzutage nur noch über Medien stattfindet. Da aber kognitive Systeme ihre Wirklichkeitsentwürfe vor allem auf Viabilität ausrichten und somit der Brauchbarkeitsaspekt den Wahrheitsaspekt, solange Informationen nicht widerlegt werden, ‚übertrumpft’, erlangen die fiktionalen Medienangebote, die eigentlich nichts weiter sind, als Zeichen, Bilder und Texte, die für etwas außermediales stehen, faktische Bedeutung für uns. Es tut mir leid, den vorgegebenen Rahmen überschritten zu haben, aber es erschien mir notwendig, um das Thema in diesem Rahmen angemessen zu behandeln.

Literaturverzeichnis

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Ressler, Winfried (Stand: 6.3.2001): Wirklichkeit und Medien URL: http://www.germanistik.uni-halle.de/stundent/raum/wirklichkeit_2.html

Roth, Gerhard (1994): Das Gehirn und seine Wirklichkeit, Frankfurt a.M.

Roth, Gerhard / Schwegler, Helmut (1992): Kognitive Referenz und Selbst- referentialität des Gehirns. Ein Beitrag zur Klärung des Verhältnisses zwischen Erkenntnistheorie und Hirnforschung, In: Sandkühler, Hans-Jörg (Hrsg.): Wirklichkeit und Wissen. Realismus, Antirealismus und Wirklichkeitskonzeptionen in Philosophie und Wissenschaften, Frankfurt - Berlin – Bern et al.:105-117.

Schmidt, Siegfried J. (1994): Die Wirklichkeit des Beobachters. In :Merten / Schmidt / Weischenberg (Hrsg.): Die Wirklichkeit der Medien. Eine Einführung in die Kommunikationswissenschaft, Opladen: 3-19.

Schmidt, Siegfried J. / Zurstiege, Guido (2000): Orientierung Kommunikationswissenschaft. Was sie kann, was sie will, Reinbek bei Hamburg.

[...]


1 Bei weitergehendem Interesse zu diesem Thema verweise ich auf die Bücher von Schmidt (1994) und Schmidt/ Zurstiege (2000).

2 Einzelheiten siehe Schmidt (1989).

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Kognitive Wirklichkeit und Medien
Hochschule
Universität Münster
Veranstaltung
O-Kurs I
Note
1,2
Autor
Jahr
2001
Seiten
16
Katalognummer
V101765
ISBN (eBook)
9783640001781
Dateigröße
366 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kognitive, Wirklichkeit, Medien, O-Kurs
Arbeit zitieren
Ole Cordsen (Autor:in), 2001, Kognitive Wirklichkeit und Medien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101765

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