Kafka, Franz - Das Urteil - Werksanalyse und Interpretation


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

8 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsangabe

Interpretation

Form

Erzählperspektive

Sprachstil

Biographische Informationen

Literarisches Umfeld des Werkes

Wertung

Literaturverzeichnis

Inhaltsangabe

Georg Bendemann, ein junger Kaufmann, schreibt eines Sonntagvormittags seinem Freund in Rußland. Er teilt ihm seine Verlobung mit Frieda Brandenfeld, einem Mädchen aus wohlhabender Familie, mit und lädt ihn, nicht sonderlich deutlich, zur Hochzeit ein. Dann sucht er seinen Vater in dessen Kammer auf und teilt ihm sein Vorhaben mit. Der Vater begegnet ihm mit gespieltem Unwissen. Georg gelingt es aber ihn seiner schmutzigen Wäsche zu entledigen, ihn ins Bett zu tragen und zuzudecken. Kaum ist der Vater zugedeckt, richtet er sich im Bett auf und erhebt sich zu seiner vollen Größe. Dem Sohn gegenüber gesteht er, daß er schon immer mit dem fernen Freund in komplottartiger Verbindung gestanden habe. Georgs Verhältnis zu Frieda - er imitiert es mit obszöner Gestik - sei Verrat an seinem Freund, an seiner toten Mutter und sogar an ihm selbst. Er verurteilt seinen Sohn zum Tod durch Ertrinken. Georg verläßt daraufhin das Zimmer fluchtartig, rennt aus dem Haus und stürzt sich in den Fluß.

Interpretation

Diese Erzählung ist Felice Bauer gewidmet. Die Anfangsbuchstaben ihres Namens stimmen mit Frieda Brandenfeld überein. Gleichzeitig gibt es auch Analogien zwischen Georg Bendemann und Franz Kafka.

Kafka hat hier den Mechanismus der eigenen Emanzipation klar durchschaut und ausgesprochen: um sich von seinem Vater zu emanzipieren, muß man selbst Vater werden, mit anderen Worten: Familienoberhaupt. Dies ist aber gleichbedeutend mit dem Eingehen einer bürgerlichen Ehe, was eine Gefährdung des eigenen Refugiums (in Kafkas Fall dem Schreiben) und seiner eigenen Selbständigkeit bedeutet. Die Heirat mit Frieda Brandenfeld geschieht aus Angst vor der Ermordung des eigenen Vaters.

Der Freund in Rußland ist die größte Verbindung und Gemeinsamkeit zwischen dem Sohn und seinem Vater. Aber im Laufe der Erzählung steigt aus dem Freund immer mehr der Vater heraus. Dies wird besonders deutlich als der Vater Georg nach der vollen Wahrheit über die Existenz seines Freundes fragt und diese Wahrheit zum Schlüssel der Erzählung wird. Die Welt in der Georg lebt, entpuppt sich als Welt der Täuschung und die Lebensumstände Georgs gipfeln in dem unwirklichen Gericht des Vaters.

Georg berichtet seinem Freund nur belanglose Dinge und verschweigt ihm, was er ihm eigentlich mitteilen sollte, nicht um ihn nicht zu beunruhigen, sondern um sich selbst nicht damit zu belasten. Georg ist zwar nach außen hin erfolgreich, innerlich aber leer und kann deswegen seinen nach innen gewandten Freund nicht vergessen. Die Einladung seines Freundes geschieht nicht um ihm die „ volle Wahrheit zu sagen “ , sondern um seiner Braut Frieda gefällig zu sein. Frieda nimmt das Recht in Anspruch, all seine Freunde kennenzulernen und ringt Georg diesen Entschluß in einem Wechselspiel von Trotz und Hingabe ab.

Auch die Beteuerung Georgs, der Freund würde in Frieda eine „ aufrichtige Freundin “ bekommen ist pure Heuchelei. Frieda steht dieser Freundschaft mit Mißtrauen und Eifersucht gegenüber:

„ Wenn du solche Freunde hast, Georg; hättest du dichüberhaupt nicht verloben sollen. “ (Seite 10, unten)

Frieda erkennt, daß es das gemeinsame Junggesellentum ist, das die Freunde miteinander verbindet. Sie will den Freund mit der Hochzeit konfrontieren und jeder möglichen Bedrohung ihrer Ehe gegenübertreten, was auch Georg bekannt ist. Georg versucht sogar die Anwesenheit seines Freundes bei der Hochzeit zu verhindern, ohne Friedas Wunsch offen zu widersprechen:

„ ... er würde wa hrscheinlich kommen, “ gesteht er Frieda zu, „ wenigstens glaube ich es, aber er würde sich gezwungen und geschädigt fühlen, vielleicht mich beneiden und sicher unzufrieden und unfähig, diese Unzufriedenheit jemals zu beseitigen, allein wieder zurückfahren. Allein - weißt du, was das ist? “ (Seite 10, unten)

Diese Frage verrät Georgs Furcht vor der Einsamkeit seines Junggesellentums, denn die Anwesenheit seines Freundes könnte ihn in eben diese Einsamkeit zurückbringen, der er durch die Hochzeit zu entfliehen versucht. Also lädt er den Freund zur Hochzeit ein, indem er ihn eigentlich bittet, zu bleiben, wo er ist.

„ Aber wie dies auch sein mag, handle ohne alle Rücksicht und nur nach Deiner Wohlmeinung. “ (Seite 11, unten)

Er erkennt gleichzeitig, daß die Menschen (und damit auch seine Freunde) ihn so hinzunehmen haben, wie er wirklich ist - er will sich nicht anpassen. Dies könnte als Einsicht in sein Unvermögen gelten, sich zu wandeln. Im eigentlichen Sinne ist es aber ein schwächlicher Versuch, sich zu rechtfertigen.

Indessen erliegt Georg seiner größten Selbsttäuschung: der Entschluß, „ dem Freund alles zu schreiben “ liefert ihn letztendlich dem Urteilsspruch seines Vaters aus.

Der Brief ist der Anlaß seinen Vater aufzusuchen. Georgs abwesende Haltung läßt erkennen, daß er, ohne daß es ihm selbst bewußt wäre, beginnt die Welt der Täuschung zu verlassen und den Gang in die Welt der Wahrheit antritt. Er wirft auf dem Weg dem Fluß einen träumerischen Blick zu, so als wenn er schon von der einzigen Selbstverwirklichung träume, die ihm noch offen steht.

Die Beziehung zwischen Vater und Sohn ist ein wichtiger Gegensatz, auf den die Erzählung aufbaut: der Sohn steht im Begriff, sein Leben zu beginnen, während der Vater hat sich aus dem seinen zurückgezogen hat. Der Sohn ist im Begriff die Einsamkeit seines Junggesellentums hinter sich zu lassen; der Vater hingegen gibt sich der Einsamkeit als Witwer hin.

Die Hauptszene im „Urteil“ wird zwischen drei Junggesellen gespielt: dem abwesenden Freund, dem Vater und Georg. Der real existierende Freund, ein erfolgloser Geschäftsmann aus Rußland, hat für Georg und seinen Vater symbolhaften Charakter angenommen und hörte dadurch auf zu existieren, als Georg sich von ihm trennte und sich für Erfolg und Ehe entschloß.

Die Begegnung mit seinem Vater ist eine Darstellung des Menschen „Georg“ und der groteske und gespenstische Hauptteil der Erzählung. Das Zimmer liegt im Schatten und ist mit Andenken an die tote Mutter ausgeschmückt. Das geschlossene Fenster symbolisiert die Abschottung von der Außenwelt. Mittendrin sitzt der abgemagerte Vater in seiner schmutzigen Wäsche und liest eine alte Zeitung. In ihm erkennt man einen alten Mann, der in Askese lebt, um seiner späteren Aufgabe als Richter gerecht zu werden.

Trotz des Anblicks seines Vaters kann Georg sich nicht aus seiner Welt der Täuschung und des Selbstbetruges lösen.

Die gnadenlose Frage seines Vaters nach der „ vollen Wahrheit “ macht Georg verlegen. Er weicht der Frage aus und erteilt seinem Vater Ratschläge zur Änderung dessen Lebensweise. Doch die Wahrheit dringt weiter auf ihn ein; der entkleidete Vater zeigt auf, wie sehr Georg ihn vernachlässigt hat. Georg glaubt durch das Zudecken seines Vaters im Bett, habe er ihn zum Schweigen gebracht. Das Bett aber stellt eine Vorstufe zum Grab dar, da es aus der Welt der Tätigkeit hinauszeigt. Doch wie aus dem Grabe steht der Vater steht plötzlich in ungeahnter Größe vor seinem Sohn auf und läßt die Maske der Unwissenheit fallen: Er kennt nicht nur den Freund, sondern erkennt n ihm seinen geistigen Sohn. Durch Georgs Entschluß zu heiraten, verrät er all jene Junggesllentugenden, die im Geist seines Vaters durch den Freund verkörpert werden. Dies ist die wahre Bedeutung der väterlichen Äußerung, der Freund wäre „ ein Sohn nach seinem Herzen “. Während er nun den Freund zu seinem Sohn erhebt, klagt er seinen Sohn der Falschheit an. Die Anklage wird aber auch auf die jetzige Lebensführung des Sohnes erweitert (Georg rühmt sich der Wohlhabenheit seiner Freundin Frieda - somit schändet er das Andenken seiner Mutter).

Der Sohn hat keine Chance dem Vater zu entgegnen, da seine Macht auf die naturgegebene Macht der Vaterschaft gründet, die durch Erinnerung an Herkunft und Abhängigkeit jeden Anspruch auf Gegenwehr zunichte macht.

Der Vater verkündet seinen Urteilsspruch:

„ Jetzt also weißt du also, was es außer dir gab, bisher wußtest du nur von dir! Ein unschuldiges Kind warst du ja eigentlich, aber noch eigentlicher warst du ein teuflischer Mensch! - Und darum wisse: Ich verurteile dich zum Tode des Ertrinkens! “ (Seite 20, Zeile 7)

Der erste Satz wirft Georg seine Ichbezogenheit, sein Einschließen in die eigene Welt des ICHs, vor: Eine Haltung, die bei Kindern angemessen ist, aber bei Erwachsenen schuldhaftes Versagen bedeutet. Reife ist gemäß Georgs Vater die Fähigkeit den Bannkreis des eigenen Ichs zu sprengen und zu erkennen, was außer einem selbst noch existiert: sein Vater, sein russischer Freund und das Gericht seines Vaters. Dies erkennt Georg jedoch nicht.

Die Todesart hat parabolische Bedeutung: Georg soll eingehen in eine fließende Urkraft und dadurch im Tode des Ertrinkens die Starre des in sich selbst Gefangenen lösen. Nach der Auflösung der Starre drängt es Georg nun - die Preisgabe der Existenz im Tode läßt das ICH, das durch Selbstsucht entfremdet war, wieder zur Übereinstimmung mit sich selbst gelangen.

Daß es dem Freund und seinem Vertreter, dem Vater, um eine moralische Frage, die nach der Reinheit des Junggesellentums, ging, bleibt Georg verborgen. Der über die Brücke strömende „ geradezu unendliche Verkehr “ ist ein Bild für die Versöhnung im Tod, weniger ein Verweis auf das alltägliche Leben, das über Georg hinweggeht.

Form

Die Erzählung beginnt mit einer Beschreibung der Umgebung des Georg Bendemann, des Hauses, der Aussicht auf den Fluß, die Brücke und das Ufer. Die sich nachfolgend entwickelnde Handlung ist durchgängig und die erzählte Zeit entspricht der Erzählzeit. Die Überlegungen Georgs fallen auch nicht aus der Zeit heraus, da sie stattfinden, während er im Zimmer sitzt.

Die Ortswechsel von Georgs Zimmer in das Zimmer des Vaters werden immer mit der Hauptfigur der Geschichte zusammen vorgenommen. Das Ende der Geschichte, in dem die oben erwähnte Brücke und der Fluß wieder bedeutungsvolle Rollen zukommen, weist auf den geschlossenen Rahmen der Erzählung hin.

Erzählperspektive

Franz Kafka erzählt in der dritten Person und erzeugt so die Illusion eines auktorialen Erzählers, der aus räumlicher und zeitlicher Distanz von den Ereignissen berichtet. Doch diese auktoriale Weise beschränkt sich nur auf den ersten Absatz. Mitten im ersten Satz des zweiten Absatzes vollzieht sich fast unmerklich ein Wechsel der Perspektive:

„ Er dachte darüber nach wie dieser Freund, mit seinem Fortkommen zu Hause unzufrieden, vor Jahren schon nach Rußland förmlich geflüchtet hatte. “ (Seite 7, 2. Absatz)

Hier endet das objektive Berichten, denn es handelt sich hierbei um subjektive Überlegungen Georgs. Von nun an wird die Geschichte (mit Ausnahme des letzten Satzes) ausschließlich aus der Sicht des Hauptcharakters dargestellt. Der Leser erfährt nur wie er denkt, die Außenwelt wird nur durch seine Sinne wahrgenommen und interpretiert.

Das ist insofern wichtig, denn würde ein objektiver Erzähler aus der Entfernung von Georg und seiner Tragödie über seinen russischen Freund berichten, könnte man ihn nicht mehr ernst nehmen. Es wäre erforderlich die Erzählung zu ironisieren und Georg in eine Karikatur zu verwandeln.

Diese Erzählweise erzeugt allein schon eine gewisse Spannung, vergleichbar mit einer Kamerafahrt aus der Sicht des Helden in einem Film; als Zuschauer (bzw. Leser) erwartet man immer etwas Bedrohliches und macht sich schon auf eine Überraschung gefaßt.

Sprachstil

Das oft verwendete Indefinitpronomen man täuscht Objektivität vor, ist aber auch nur eine „Deutung“ Georgs: so fragt er sich bezüglich seines Freundes:

„ ... was man einem solchen Manne schreiben sollte, den man bedauern, dem man bedauern, dem man aber nicht helfen konnte. Sollte man ihm vielleicht raten wieder nach Hause zu kommen? ... “ (Seite 7, unten)

Die Verwendung des Konjunktivs - wenn Georg der Ansicht ist, sein Freund fände sich nicht mehr in der Heimat zurecht, litte an Beschämung, hätte dann wirklich keine Freunde mehr usw. - läßt die angeblich gute Freundschaft in einem seltsamen Licht erscheinen. Der Konjunktiv deutet die Möglichkeit an, aber schließt auch einen gänzlich anderen Verlauf nicht aus.

Biographische Informationen

Franz Kafka wurde am 3.7.1883 in Prag als Sohn eines wohlhabenden jüdischen Kaufmanns geboren und verstarb am 3.6.1924 in Kierling bei Wien. 1901-1906 studierte er Germanistik und Jura in Prag; er promovierte 1906 zum Dr. jur. Dann folgte eine kurze Praktikantenzeit am Landgericht Prag. Von 1908 bis 1917 war er Angestellter einer Versicherungsgesellschaft, später bei einer Arbeiter-Unfall- Versicherung. 1917 erkrankte er an Tuberkulose, was ihn 1922 zur Aufgabe seines Berufs zwang.

Kafka fühlte sich als einsamer und unverstandener Einzelgänger, nur mit Max Brod und Franz Werfel verband ihn Freundschaft; bekannt war er auch mit Martin Buber und Johannes Urzidil. In den Sommermonaten der Jahre 1910-1912 führten ihn Reisen und Kuraufenthalte nach Italien, Frankreich, Deutschland, Ungarn und in die Schweiz. Sein Verhältnis zu Frauen war schwierig und problematisch; zweimal hatte er sich 1914 verlobt und das Verlöbnis wieder gelöst; 1920-1922 quälte ihn eine unerfüllte Liebe zu Milena Jesenska, was zahlreiche erhaltene Briefe dokumentieren. Seit 1923 lebte er mit Dora Dymant zusammen als freier Schriftsteller in Berlin und Wien, zuletzt im Sanatorium Kierlang bei Wien, wo er an Kehlkopftuberkulose starb. Sein literarischer Nachlaß, den er testamentarisch zur Verbrennung bestimmt hatte, wurde posthum gegen seinen Willen von Max Brod veröffentlicht.

Literarisches Umfeld des Werkes

Georg Bendemann steht in der Erzählung „Das Urteil“ für das sich anpassende Individuum. Er bleibt brav zu Hause, um seines Vaters gesellschaftliche Position zu übernehmen und sich mit Frieda Brandenfeld zu verloben.

Er entspräche dem bürgerlichen Idealbild eines Sohnes und des erfolgreichen Kaufmannes, wenn er nicht vor das Gericht seines Vaters gestellt worden wäre. Als der genaue Gegensatz zu Georg erscheint sein Jugendfreund in Rußland. Das Wort „Jugendfreund“ und die zunehmende Entfremdung mit Georgs Erfolg, weist daraufhin, daß es sich bei dem Freund um einen Teil von Georg handelt, den er aufgeben muß, um sich seiner bürgerlichen Umwelt anzupassen.

Im selben Maße wie Georg sich den bürgerlichen Verhältnissen anpaßt und somit wirtschaftliche bzw. soziale Macht erlangt, verleugnet er gewisse Eigenheiten seiner Persönlichkeit und wird so schuldig gegenüber sich selbst und den Eigenschaften des Menschseins.

Warum stellt aber der an sich normale Fall eines Generationswechsels in einer bürgerlichen Familie in Franz Kafkas „Urteil“ so ein Problem dar?

Die gesamte Moderne stellte sich als Problem dar: die Krise der religiösen Systeme, der Vernunft und der Wahrheit. Und die Krise des Bürgertums spitzte sich zu Lebzeiten Kafkas zu.

Die Krise führte zu großen politischen und sozialen Spannungen innerhalb der Gesellschaft. Das verlangte von einem Schriftsteller entweder klare politische Stellungnahme oder reflektierendes Eingehen auf die Ereignisse.

Kafka war sensibel genug diese Umstände zu erfassen und literarisch zu verarbeiten, denn gerade durch seine Arbeit in der Arbeiter-Versicherungs-Anstalt war er häufig mit den Problemen der arbeitenden Bevölkerungsschicht konfrontiert.

Auf sein Werk „Das Urteil“ bezogen, bedeutet dies, daß Angeklagter und urteilende Instanz sind beide Elemente der bürgerlichen Gesellschaftsschicht. Die Schuld entsteht aus der Betrachtungsweise Georgs, daß die bloße Übernahme der bestehenden Machtverhältnisse von seinem Vater böte die Möglichkeit, das bisherige Leben ohne Änderungen weiterzuführen. Dies ist nicht möglich, da die Basis des bürgerlichen Selbstverständnisses bereits von dem herrschenden Zeitgeist stark beeinflusst worden ist. Dadurch erlangt das Werk besondere Bedeutung, in dem es den Eindruck vermittelt, daß eine dem Untergang geweihte Gesellschaftsordnung mit ihren historisch unangemessenen Machtstrukturen ihrer Verurteilung und gerechten Strafe zugeführt wird.

Interessanterweise ist die urteilende Instanz Mitglied dieser Gesellschaftsordnung und die sofortige Annahme des Urteils, die die Hoffnung auf eine baldige Änderung der bestehenden Verhältnisse andeutet.

Wertung

Mein erster Leseeindruck war geprägt durch das bekannte hessische Fragewort ohne „w“: „Hä?“ Was will Kafka mit dieser Geschichte aussagen?

Erst nach mehrmaligem erneuten Lesen und der genaueren Analyse des literarischen Umfeldes sowie der biographischen Informationen über Kafka, bekam ich eine Ahnung davon, was Kafka mit seinem „Urteil“ sagen wollte. Aber genau hier liegt meiner Meinung auch das Problem: in seinem Werk gibt es immer, mehrere Interpretationsansätze, was das Verständnis seiner Werke erschwert. Man kann sich nie sicher sein, seine Werke richtig verstanden zu haben. Hierdurch werden die Analyse und die Interpretation eher zu einer Qual. Hat man jedoch diese Hürde erst einmal genommen, formt sich das Werk von einer bloßen Erzählung zu einem historischen Dokument über die Krise des Bürgertums im beginnenden 20. Jahrhundert und wird schon alleine dadurch zu einer Pflichtlektüre für die Oberstufe.

Die ausführliche Charakterisierung des Erwachsenwerdens (hier: die persönliche Reife Georgs) durch den Vater macht die Erzählung lesenswert für Schüler der Oberstufe, da es eine ungefähre Vorstellung vermittelt, worauf es beim Erwachsenwerden ankommt.

Kafkas „Urteil“ ist eine moderne Variante des Gleichnisses vom verlorenen Sohn, der den Geist der Wahrheit und Liebe verraten hat, und damit sich selbst und seinem Ursprung entfremdet. Eines Tages wird er von diesem Geist eingeholt und zum Tode verurteilt.

Literaturverzeichnis

Franz Kafka, „Das Urteil und andere Erzählungen“, 63. Auflage, Fischer Taschenbuch Verlag, 1998

J. Pichler, „Selbstmord oder Bürgerdämmerung“, www.edu.uni-klu.ac.at/~jpichler/kafka.html

„Franz Kafka - Erzählungen - Das Urteil“, www.site.via.t-online.de/kafka/urteil.htm

„Franz Kafka - Sein Leben und seine Werke“, www.referate.de

Allgemeine Information über das Leben von Franz Kafka, www.gutenberg.aol.de

Ende der Leseprobe aus 8 Seiten

Details

Titel
Kafka, Franz - Das Urteil - Werksanalyse und Interpretation
Autor
Jahr
2001
Seiten
8
Katalognummer
V101725
ISBN (eBook)
9783640001385
Dateigröße
347 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kafka, Franz, Urteil, Werksanalyse, Interpretation, Thema Das Urteil
Arbeit zitieren
Philipp Endres (Autor:in), 2001, Kafka, Franz - Das Urteil - Werksanalyse und Interpretation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101725

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