Franchising. Die Expansion von Unternehmen


Seminararbeit, 2000

25 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Erklärung zum Begriff
1.2 Geschichtlicher Hintergrund
1.3 Definition

2 Expansion von Unternehmungen
2.1 Ursachen der Niederlassungsbildung von Unternehmungen
2.2 Resultierende Probleme

3 Franchising
3.1 Franchising als Ansatz
3.2 Motivation zur Franchisebildung
3.3 Principal-Agent-Theorie
3.3.1 Rahmenbedingungen und Verhaltensannahmen
3.3.2 Typen der asymmetrischen Informationsverteilung
3.3.3 Gegenmassnahmen zur asymmetrischen Infoverteilung und ihren Auswirkungen
3.3.4 Schlussfolgerungen für das Franchising
3.4 Der Franchisegeber als treibende Kraft
3.4.1 Vorteile des Franchising für den Franchisegeber
3.4.2 Nachteile des Franchising für den Franchisegeber
3.4.3 Schlussbetrachtung
3.5 Warum keine eigene Firma gründen?
3.6 Bindung durch Disziplinierung

4 Fazit / Zusammenfassung

1 Einleitung

1.1 Erklärung zum Begriff

Bei Franchising-Organisationen handelt es sich um eine Kooperationsform zwischen rechtlich selbständigen Wirtschaftsakteuren. Das Franchising ermöglicht den Beteiligten Grössenvorteile (Economies of scale) zu nutzen oder Systemanpassungen leichter durchführen zu können.

Franchising wird vor allem bei Fastfoodketten und im Automobilhandel angewendet, häufig kommt es aber auch bei Tankstellen, Textilboutiquen, Hotelketten, Heimwerkermärkten oder bei Autovermietungen zur Anwendung. Das wohl bekannteste Beispiel dürfte McDonald’s darstellen.

1.2 Geschichtlicher Hintergrund

Das Wort „Franchise“ entstammt der französischen Sprache („franc“ = frei) und bedeutet in erster Linie die Befreiung von Zöllen und Steuern. Heute wird damit international die Vertriebsmethode bezeichnet.

Franchising trat das erste Mal in den USA in den Jahren 1860-1865 auf. Zunächst war es reines Produkt-Franchising, das in den Getränke- (z.B. Coca Cola) und Automobilindustrien, d.h. für Warenvertrieb erfolgreich, war. Heute entspricht das Franchising dieser ersten Generation dem Vertragshandel.

Ab den fünfziger Jahren beinhaltete das Franchising die Lizenzierung von Marken und Know-How, sowie das gesamte geschäftliche System für den Vertrieb von Waren und Diensten. Die Dienstleistungsrevolution hat zum Franchising der zweiten Generation, nämlich dem Betriebsfranchising geführt.

Danach erlebte das Franchising eine weitere Expansion und Konsolidierung. Der Franchisegeber und der Franchisenehmer sind durch das PartnerschaftsFranchising solidarisch und haben dann ein ausgeglichenes Machtverhältnis.

Diese Vertriebsmethode hat Europa gleichzeitig durch amerikanische und unabhängige nationale Franchisesysteme erreicht.

1.3 Definition

Von Franchising spricht man, wenn ein Unternehmer (der Franchisinggeber) einem anderen Unternehmer (der Franchisingnehmer) für dessen Betriebsführung zur Nutzung gegen Entgelt und Übernahme bestimmter Pflichten Handelswaren oder - marken, Warenzeichen, Vertriebsmethoden und Erfahrungswissen sowie das Recht überlässt, bestimmte Waren oder Dienstleistungen zu vertreiben. Im übertragenen Sinne überträgt der Franchisegeber einem Franchisenehmer ein Nutzungsrecht an seinem Know-how. Dadurch geht der Franchisegeber zwar eine Partnerschaft mit einem selbständigen Unternehmer ein, sichert aber die Verbreitung seines Markennamens, seiner Produkte oder seiner Dienstleistung.

2 Expansion von Unternehmungen

2.1 Ursachen der Niederlassungsbildung von Unternehmungen

Wachstum ist eines der wichtigsten Ziele eines jeden Unternehmers, um dauerhaft erfolgreich zu sein und zu überleben.

Wer zum Beispiel regional mit einer Geschäftsidee erfolgreich ist, denkt daher früher oder später über eine Expansion nach.

Im folgenden Abschnitt möchten wir ein bisschen näher auf die Schwierigkeiten und Probleme eingehen, die eine solche Expansion verursachen kann.

2.2 Resultierende Probleme

Expansion und Wachstum bringen aber auch verschiedene Probleme und Risiken mit sich. Wenn eine Unternehmung expandieren will, braucht es dazu qualifiziertes Personal. Oft ist dies ein Hindernis für einen Unternehmer. Er weiss genau, dass er expandieren könnte, wenn er nur die richtigen Leute hätte. Zudem muss das neue Personal geschult werden, was wiederum erhebliche Kosten verursacht.

An dieser Stelle ist ausserdem zu erwähnen, dass es für neue Filialen auch neue Manager braucht. Falls nun aber auf dem Arbeitsmarkt für Manager ein Eng- pass besteht, weil konkurrierende Unternehmungen schneller waren, stellt sich für eine Unternehmung die Frage der Organisationsform der Expansion. Das Franchise- system bietet in einem solchen Fall eine vernünftige Alternative. Es wird angenom- men, dass Franchisesysteme andere Manager-Typen beschäftigen, als Filialunter- nehmen. Auf Grund dieser Annahme kann man zwei Typen von Managern unter- scheiden: Den Franchisenehmer-Typ und den Filialleiter-Typ. Die Unternehmung sucht sich demnach eine andere Organisationsform, die mit einem anderen Mana- ger-Typ, der auf dem Arbeitsmarkt noch genug vorhanden ist, denselben Output ge- neriert. Auf diese Weise gelangt eine expandierende Unternehmung zu Franchising.

Die Finanzierung neuer Filialbetriebe stellt ein weiteres Problem dar. Expansi- onen binden viel Kapital und können nur in Ausnahmefällen aus dem Cash Flow i- nanziert werden. In der Regel wird die Eröffnung neuer Filialbetriebe über die Ban- ken oder die freien Kapitalmärkte finanziert. Die Zukunftsaussichten der Unterneh- mung verbessern sich zwar, aber damit steigt auch das Risiko. Besonders risikoreich ist es, wenn zum Beispiel aus Wettbewerbsgründen möglichst viele Filialen eröffnet werden sollen.

Bei Expansionen muss auch der Standort für die neu zu eröffnende Filiale festgelegt werden. Man muss sich also mit den regionalen Besonderheiten eines je- den neuen Standortes auseinandersetzten, was nicht immer einfach ist. Zudem kommt der geographische Aspekt hinzu. Je weiter weg eine Filiale ist, desto schwie- riger wird es die Geschäftstätigkeiten zu kontrollieren und zu überwachen. Auch in bezug auf die Einheitlichkeit der Produkte oder Dienstleistungen entstehen Kontroll- schwierigkeiten1.

Expandieren Unternehmungen, müssen sie auch im Stande sein ein zentrales Management der Filialen aufzubauen.

Eine Lösungsalternative für all diese Probleme und Risiken, die eine Unternehmungsexpansion mit sich bringt ist Franchising. Man muss an dieser Stelle allerdings erwähnen, dass Franchising nicht nur Vorteil, sondern auch Nachteile hat, auf die wir in der Folge einzugehen versuchen.

3 Franchising

3.1 Franchising als Ansatz

Franchising bildet den Rahmen für eine partnerschaftliche Beziehung zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer auf der Basis eines Franchisevertrages. Es ist ein vertikal-kooperativ organisiertes Absatzsystem rechtlich selbständiger Unterneh- mer auf der Basis eines vertraglichen Dauerschuldverhältnisses. Dieses System tritt am Markt einheitlich auf und wird geprägt durch das arbeitsteilige Leistungspro- gramm der Systempartner, sowie durch ein Weisungs- und Kontrollsystem eines sys- temkonformen Verhaltens.

Das Leistungsprogramm des Franchisegebers ist das Franchisepaket. Das Geschäftspaket ist schon markterprobt. Es besteht aus einem spezifischen Know-how, einem Beschaffungs-, Absatz- und Organisationskonzept, dem Nutzungsrecht an Schutzrechten, der Ausbildung des Franchisenehmers und der Verpflichtung des Franchisegebers, den Franchisenehmer aktiv und laufend zu unterstützen und das Konzept ständig weiterzuentwickeln. Der Franchisegeber profitiert von der Motivation und der Selbststeuerung des Franchisenehmers.

Die Gegenleistung des Franchisenehmers besteht in der Zahlung einer Franchisege- bühr für die Nutzung des Franchisepakets. In der Regel wird diese Zahlung mit einer pauschalen Monatsgebühr abgegolten, in manchen Fällen aber auch gesondert be- rechnet. Im allgemeinen verlangt jedes Franchisesystem zum Zeitpunkt des Ge- schäftseinstiegs eine bestimmte Gebühr sowie weiterhin fortlaufend monatliche (oder quartalsweise) Beiträge. Teilweise sind diese Gebühren auch als prozentualer Anteil vom Umsatz fällig. Durch die Erlaubnis, die Lizenz des geschützten Markennamen bzw. eines bestimmten Geschäftssystems unter Einhaltung genauer Regelungen zu nutzen, profitiert der Franchisenehmer von der Reputation und den groß angelegten Werbekampagnen des Franchisegebers. Zudem ist er verpflichtet, den regionalen Markt zu bearbeiten. Durch diese Bearbeitung liefert er dem Franchisegeber Informa- tionen über die lokale Situation. Der Franchisenehmer ist in eigenem Namen und für eigene Rechnung tätig.

Das Franchising verbindet damit die Vorteile eines Grossunternehmens mit denen eines kleinen oder mittelständischen Betriebes, ohne deren jeweilige Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Durch die arbeitsteilige Struktur übt jeder Partner auf sei- ner Ebene diejenige Funktion aus, die ihm aufgrund der Marktposition, seiner per- sönlichen Qualifikation und seiner Mittel am besten entspricht. Da es sich um eine Organisationsform zwischen rechtlich selbständigen Partnern handelt, können sie gemeinsam Größenvorteile2 nutzen, die Systemanpassungen werden zudem er- leichtert und die opportunistischen Verhaltensspielräume werden eingeengt.

Ein gutes Franchisesystem zeichnet sich dadurch aus, dass es dem Franchi- senehmer Leistungen bietet, die ihm dazu verhelfen, sich auf die eigentlichen Ge- schäftsideen zu konzentrieren. In der Regel wird ihm ein Produkt oder eine Dienst- leistung verkauft. Also sollten ihm die System-Leistungen anfallende Verwaltungs- aufgaben abnehmen und ihm helfen, Sicherheit zu gewinnen - zum einen in seiner tagtäglichen Arbeit3, zum anderen aber auch beim Aufbau seines Geschäftes. Die Franchisesysteme können entweder nach den beteiligten Wirtschaftsstufen4, nach den Entstehungsarten5 oder nach der Leistungssubstanz eingeteilt werden. In die Kategorie der Leistungssubstanz fallen drei verschiedene Franchisetypen:

Vertriebsfranchising:6

Der Franchisenehmer verkauft bestimmte Waren in seinem Geschäft, welches den Namen des Franchisegebers trägt.

Dienstleistungsfranchising:7

Hier bietet der Franchisenehmer Dienstleistungen unter der Geschäftsbe-zeichnung des Gebers an und verpflichtet sich, bestimmte Richtlinien und Vorgaben einzuhalten.

Produktfranchising:8

Nach Anweisungen des Franchisegebers stellt der Nehmer eine bestimmte Ware selbst her und verkauft diese unter dem Warenzeichen des Franchisege-bers.

3.2 Motivation zur Franchisebildung

In den Vereinigten Staaten ist Franchising eine populäre Formel der Existenzgrün- dung mit Hilfe eines Partners, was hierzulande noch wenig bekannt ist. Das Depart- ment of Commerce9 in New York unterhielt über viele Jahre hinweg eine eigene Franchisingabteilung. Ziel der Arbeitsmarktpolitik in den Vereinigten Staaten war es, mit Hilfe von Franchisesystemen in kurzer Zeit Millionen in Arbeit und Brot zu brin- gen. Sogenannte Ma-and-Pa-Stores waren das Leitbild für einen lebendigen Mit- telstand, der in Handel, Handwerk und im Dienstleistungsmarkt erfolgreich seinen Weg machte.

Franchising zielt auf all jene Existenzgründer, die nicht eine geniale eigene Ge- schäftsidee haben. Genau dieses bietet Franchising, vorausgesetzt, Franchisegeber arbeiten seriös und packen ein Franchisepaket zusammen, das tatsächlich alle prak- tischen Dinge für ein erfolgreiches Unternehmertum im Wettbewerb beinhaltet. Hier- zu zählen ein erprobtes Marketingkonzept, ein markantes Unternehmensprofil, eine bekannte Marke und ein positives Image des Unernehmens, ein reicher Erfahrungs- schatz, der gesicherte Know-how-Transfer vom Geber zum Nehmer, Unterstützung beim Aufbau des eigenen Standortes und Betriebes, die laufende betriebswirtschaft- liche Beratung und Unterstützung sowie die permanente Weiterentwicklung der Ge- schäftsidee. Den Existenzgründern wird die Möglichkeit geboten, sich in den Schutz eines stärkeren Partners zu stellen und unter Verwendung eines schlüsselfertigen Konzepts den Einstieg in die Selbständigkeit zu wagen. Er kann von den Erfahrun- gen des Franchisepartners profitieren und sich seine teuren eigenen sparen. Wäh- rend bei den "klassischen" Existenzgründern viele in den ersten drei Jahren schei- tern, müssen weniger als 7 Prozent der Franchisenehmer pro Jahr aufgeben.

Entscheidend für Ihren Nutzen aus einem Franchisesystem ist oftmals nicht, welche Leistungen von vornherein angeboten werden, sondern ob sich Ihr Systemgeber partnerschaftlich verhält. Beide Seiten gehen eine wirtschaftliche Partnerschaft ein, die auf Vertrauen basieren muss. Die Leistungen des Systems erleichtern den Aufwand für die Kapitalaufbringung und für die Kontrolle10.

Das Bemühen um eine Vertrauensbasis sollte idealerweise in der Unternehmensphilosophie des Franchisegebers verankert sein. Eine faire Betreuung des Nehmers ist Voraussetzung für eine Identifizierung des Partners mit dem System und ist somit für beide Seiten von Vorteil.

Neben dem "menschlichen" Faktor der Partnerschaft, der sich oftmals erst nach einigen Monaten oder Jahren genauer beurteilen lässt, gibt es eine Vielzahl von konkreten Leistungen, die Systeme erbringen können oder sollten:

- Existenzgründungshilfen, wie Finanzierungsberatung, Einrichtungs- und Planungshilfen etc.
- Konzipierung von Werbemaßnahmen
- Durchführung regionaler und überregionaler Werbe- und PR-Maßnahmen
- Bereitstellung von Werbe- und Verkaufsförderungsartikeln
- zentraler Einkauf
- zentrale Buchhaltung
- zentrale Datenverarbeitung
- Bereitstellung von Marktvergleichsdaten in Form eines Betriebsvergleiches
- Bereitstellung von Handbüchern, welche die wichtigsten Fragen in Bezug auf Organisation, Werbung etc. im täglichen Geschäftsablauf erklären
- laufende betriebswirtschaftliche Beratung
- Beratung bei Steuer- und Jahresabschlüssen
- Demokratische Organe in Beiräten11
- Hilfe bei Versicherung und Gebühren
- Schulungen und Seminare
- Vermittlung notwendiger Informationen über lokale Gegebenheiten

3.3 Principal-Agent-Theorie

Da es sich beim Franchising um eine vertragliche Vereinbarung handelt, ist es nützlich, wenn wir eine Theorie zur Hand haben mittels derer wir solche Beziehungen beschreiben können. Die Principal-Agent-Theorie befasst sich mit AuftraggeberAuftragnehmer-Beziehungen und eignet sich deshalb auch um die Beziehung zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer zu erklären.

"Konstitutiv für das Vorliegen einer sogenannten Principal-Agent-Beziehung ist, dass die Handlungen des Auftragnehmers (des Agent) nicht nur sein eigenes Wohlergehen, sondern auch das Nutzenniveau des Auftraggebers (des Principal) beeinflussen."12 Beispiele der Principal-Agent-Theorie lassen sich auf allen drei Organisationsebenen finden:

z.B Steuerbehörde und Unternehmung (1.Ebene: Staat-Unternehmung), Versicherer und Versichertem (2.Ebene: Markt-Unternehmung), Vorgesetzter und Untergebener (3.Ebene: Innenbeziehungen eines Unternehmens).

Wobei meistens nur situationsbezogen beurteilt werden kann, wer nun Princi- pal und wer Agent ist. Eine Person (oder Institution) kann gegenüber mehreren Per- sonen (oder Institutionen) sowohl Principal als auch Agent sein. So ist z.B. ein Ein- zelhändler Agent der Kunden, welche bei ihm Produkte kaufen, und Principal seiner Mitarbeiter.

3.3.1 Rahmenbedingungen und Verhaltensannahmen

In der Principal-Agent-Theorie werden folgende Rahmenbedingungen angenommen: Erstens wird angenommen, dass die Information unvollständig und ungleich verteilt ist, da sie nicht kostenlos beschafft werden kann. Dieses Phänomen wird auch asymmetrische Informationsverteilung genannt. Dies lässt für den Agent Verhaltensspielräume offen, die er zu seinem eigenen Vorteil und auf Kosten des Principals ausnutzen kann. Diese Gefahr wird als "moral-hazard" bezeichnet13.

Zweitens wird von individueller Nutzenmaximierung ausgegangen, was auch Opportunismus einschliesst. Der Agent maximiert seinen Nutzen auch dann, wenn er den Principal dadurch bewusst schädigt. Dies ergibt sich aus den z.T. ungleichen Interessen von Principal und Agent.

Die dritte Annahme ist die der menschlichen Risikoneigung. "Immer dann, wenn die Risikoneigungen der betrachteten Akteure in einer Principal-Agent- Beziehung voneinander abweichen, sind Institutionen auch unter dem Aspekt einer effizienten Risikoallokation zu untersuchen"14.

3.3.2 Typen der asymmetrischen Informationsverteilung

Wie bereits oben erwähnt wird in der Principal-Agent Theorie von einer asymmetri- schen Informationsverteilung ausgegangen. Dies führt im wesentlichen zu drei Ver- teilungstypen: Hidden characteristics, Hidden action bzw. Hidden information und Hidden intention. Im folgenden gehen wir kurz auf diese Typen ein und betrachten, was für Auswirkungen sie auf das Franchising haben. Nach Auffassung von vielen Autoren gilt für das Franchising im Gegensatz zur reinen Principal-Agent-Theorie, dass beide Seiten, also sowohl Franchisegeber als auch -nehmer, unter den Auswir- kungen der ungleichen Informationsverteilung leiden15. So maximiert also der Fran- chisingnehmer (Agent) seinen Nutzen auf Kosten des Franchisinggebers (Principal) und umgekehrt.

Hidden characteristics

Aufgrund der unvollständigen Informationsverteilung kennt der Principal nicht alle Eigenschaften des Agent oder dessen Leistungen zum Voraus. D.h. erst im Nachhi- nein, also nach Vertragsabschluss erfährt der Principal die wahren Eigenschaften des Agent.

Dies führt zum Problem der Auswahl unerwünschter Vertragspartner (Adverse selection). Für das Franchising ergibt sich daraus, dass der Franchisegeber (Principal) die wahren Eigenschaften oder Motive eines potentiellen Franchisenehmers (Agent) erst nach Abschluss des Franchisevertrages erkennt. Ein potentieller Franchisenehmer könnte z.B. finanzielle Schwierigkeiten verschweigen, weil er darauf hofft, dass ihm der Franchisegeber nach Vertragsabschluss helfen muss, wenn dieser sein gutes Image behalten will.

Hidden action und Hidden information

Im Gegensatz zu Hidden characteristics treten diese beiden Arten von Informationsasymmetrien erst im Nachhinein, d.h. nach Vertragsabschluss und im Verlauf einer Principal-Agent-Beziehung auf.

"Von Hidden action spricht man, wenn der Principal die Handlungen des Agent nicht beobachten kann."16 Das bedeutet z.B. für einen Franchisegeber, dass er, aufgrund grosser Distanzen oder prohibitiven Kosten, nicht überprüfen kann, ob all seine geforderten Qualitätsstandards von den Franchisenehmern eingehalten werden17.

"Von Hidden information spricht man dagegen, wenn der Principal die Handlungen des Agent zwar beobachten, aber nicht beurteilen kann."18 So beobachtet der Kunde einer Autowerkstatt zwar wie sein Auto repariert wird, aber er kann die Arbeit der Werkstatt nicht beurteilen, weil ihm das Wissen dazu fehlt.

Beide Arten von Informationsasymmetrien bergen die Gefahr in sich, dass der Agent den Informationsnachteil des Principals ausnützen und seinen Nutzen auf dessen Kosten maximieren wird (siehe oben: individuelle Nutzenmaximierung). Dies wird als Moral hazard bezeichnet.

Hidden Intention

Auch Hidden intention tritt wie Hidden action bzw. Hidden information erst im Verlauf einer Principal-Agent-Beziehung auf. Im Unterschied zu diesen, kann der Principal jedoch ein opportunistisches Verhalten des Agent erkennen, aber es nicht verhin- dern, man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem Hold up. Dieses Prob- lem tritt vor allem auf, wenn ein hohes Abhängigkeitsverhältnis zwischen Principal und Agent besteht. Z.B. ist der Franchisenehmer einer Fast-Food-Kette, durch den Kauf eines komplett auf den Franchisegeber eingerichteten Restaurants, vom Fran- chisegeber abhängig. Deshalb kann der Franchisegeber auch die Preise für seine Dienstleistungen bis zu einem gewissen Grad willkürlich erhöhen, ohne dass er den Franchisenehmer verlieren würde19.

3.3.3 Gegenmassnahmen zur asymmetrischen Infoverteilung und ihren Auswirkungen

Damit es zu einer möglichst konfliktfreien Principal-Agent-Beziehung kommt, stehen verschiedene Methoden zur Verfügung das Informationsungleichgewicht abzubauen, je nachdem welcher Typ von Informationsasymmetrie vorkommt.

Gegenmassnahmen zu Hidden characteristics

Um die Gefahr einer Adverse selection zu vermindern stehen drei Strategien zur Verfügung: Signalling, Screening und Self selection.

"Mit Hilfe von Signalling kann sich ein Agent mit hoher Leistungsqualität von solchen mit unerwünschter Leistungsqualität differenzieren."20 Als Signale dienen häufig Gutachten, Diplome, Zeugnisse etc. Für das Fran-chising bedeutet das: "Ein Franchisegeber mit hoher Leistungsqualität bietet einen Vertrag an, der nicht von einem Franchisegeber mit schlechter Leistungsqualität an-geboten würde."21 Dadurch hätte ein guter Franchisegeber theoretisch bessere Chancen, dass sich potentielle Franchisenehmer für ihn interessieren. Empirisch konnte diese Aussage aber nicht bewiesen werden.

Screening ist das Gegenteil von Signalling. Beim Screening versucht der Principal mittels geeigneter Methoden seinen Informationsnachteil abzubauen. Beispiele dafür sind Assessment-Centers, Produktetests etc.

Die dritte Strategie, um Adverse selection zu verhindern ist die Self selection. Das Ziel der Self selection besteht darin, dass nur diejenigen Agents einen Vertrag abschliessen wollen, welche auch vom Principal erwünscht sind. So wird ein Franchisegeber, welcher gute Geschäftsführer (Franchisenehmer) sucht, einen eher tiefen fix Lohn und dafür eine hohe Ertragsbeteiligung bezahlen, weil schlechte Geschäftsführer einen höheren Fix Lohn wollen als gute Geschäftsführer.22

Gegenmassnahmen zu Hidden action und Hidden information

Hier geht es vor allem um das Problem des Moral hazard, das durch Monitoring und mittels Anreiz- und Sanktionssystemen abgeschwächt werden kann.

Das Monitoring versucht mit geeigneten Instrumenten dem Principal mehr n- formationen über den Agent und sein Verhalten zu beschaffen. Buchführungs- und Kostenrechnungssysteme, Planungs- und Kontrollsysteme usw. sind nur einige Bei- spiele wie der Principal eine höhere Transparenz über die Handlungen des Agent erreichen kann. Diese Technik hat also zum Ziel, den Handlungsspielraum des Agent möglichst klein zu halten und die Kontrollmöglichkeiten des Principals zu erhöhen.

Für das Franchising gilt jedoch, dass mit zunehmender geographischer Streu- ung zwischen dem Hauptsitz des Franchisegebers und seinen Filialen oder denen des Franchisenehmers das Monitoring immer aufwändiger wird.23 Deshalb wird der Franchisegeber in einer solchen Situation versuchen den Franchisenehmer eher durch ein Anreiz- und Sanktionssystem zu steuern. Der Agent wird dabei am Hand- lungsergebnis beteiligt und es erfolgt eine Interessensangleichung zwischen dem Agent und dem Principal. Ein Beispiel dafür ist z.B. eine Gewinnbeteiligung, welche ein Manager erhält.

Dies ist auch ein Erklärungsansatz für das Franchising, denn man kann Franchising auch so verstehen, dass es eine Alternative zum Monitoring darstellt, in dem es an Stelle des Monitoring ein starkes Anreiz- und Sanktionssystem einführt. Da der Franchisenehmer den grössten Teil seines erwirtschafteten Umsatzes für sich behält und nur einen gewissen Prozentsatz davon (die "roalty rate") dem Franchisegeber abgeben muss, ist es eine Art Anreiz- und Sanktionssystem.

Gegenmassnahmen zu Hidden intention

Besteht ein einseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen Principal und Agent, wie z.B. durch spezifische Investitionen kann es zu einem Hold up kommen. Mittels Transformation des einseitigen in ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis kann sich der Principal dagegen schützen. Um das zu erreichen verlangt der Principal vom Agent ein Pfand, z.B. Abnahmegarantien, Kapitalbeteiligungen, spezifische Investitionen usw.24 "Das Pfand dient dem Principal als Sanktionspotential gegenüber einseitigen Ausbeutungsversuchen des Agent."25

Eine zweite Möglichkeit ein Hold up zu verhindern liegt in der Integration. Der Principal kann versuchen die Abhängigkeit gegenüber dem Agent zu verringern indem er von ihm teilweise unabhängig wird z.B. dadurch, dass er die Leistung des Agents selbst erstellt.

Eine andere Möglichkeit ist aber auch, dass der Principal den Agent langfristig an sich bindet, um so ein Hold up zu verhindern. Langfristige Verträge, Kapitalbeteiligungen usw. dienen hier als Beispiele.

3.3.4 Schlussfolgerungen für das Franchising

Die Principal-Agent-Theorie liefert ein paar wichtige Erklärungsansätze für das Fran- chising, wie die oben angeführten Beispiele zeigen. Empirisch bestätigt wurde vor allem, dass es im Franchising eine Art Self selection der Franchisingnehmer gibt26, dass es bei einer gewissen geographischen Streuung der Filialen besser ist auf An- reiz- und Sanktionssysteme zu setzen als auf Monitoring27, und dass spezifische Investitionen zum verhindern eines Hold up eine Rolle spielen28. Ein Signalling durch den Franchisegeber konnte jedoch empirisch nicht bestätigt werden29.

3.4 Der Franchisegeber als treibende Kraft

Dieses Kapitel befasst sich mit der Frage, wieso sich ein Unternehmen für Franchising entschliesst. Dabei gehen wir auf einige Vor- und Nachteile ein, um zu erklären wann Franchising eine effiziente Organisationsform ist. Dabei stützen sich viele Aussagen auf die in Kapitel 3.3 dargelegte Principal-Agent-Theorie.

3.4.1 Vorteile des Franchising für den Franchisegeber

Ein erster Vorteil des Franchising gegenüber einer Filialorganisation besteht in seiner starken Anreizfunktion für die Franchisenehmer. Im Gegensatz zu einem Filialleiter ist der Franchisenehmer Besitzer der Filiale und somit relativ eigenständig verant- wortlich für seinen Lohn bzw. Gewinn. Das reduziert die Monitoring-Kosten des Franchisegebers auf einzelne Funktionen wie z.B. das einhalten von Qualitätsstandards oder die Überwachung des Umsatzes.

Nach einer empirischen Studie von Lafontaine30 ist Franchising vor allem dann ausgeprägt, wenn die räumliche Distanz zwischen der Zentrale und ihren Filialen relativ gross ist. Franchising wird also gebraucht, wenn es für die Zentrale schwierig ist all ihre Filialen zu beobachten.

Franchising kann auch ein Instrument sein um an lokale Informationen heran- zukommen. Der Franchisegeber erhält durch den Franchisenehmer Zugang zu loka- len Marktbedingungen und lokalen Präferenzen, die er selbst nie beachtet hätte. Bei McDonalds z.B. kamen einige Produktinnovationen aus dem lokalen Know-how von Franchisenehmern und verteilten sich danach in der ganzen Kette31. Franchising ermöglicht also ein schnelles erkennen und ausnützen von Marktsituationen.

Eine Franchising-Organisation ist auch vorteilhaft für die Effizienz und Koordi- nation von verschiedenen Filialen. Wenn z.B. ein Hersteller eines Produktes sicher sein will, dass der Händler dem Kunden auch verschiedene Dienstleistungen anbie- tet wie Beratung oder Produktdemonstration, so ist Franchising dafür geeignet. Denn der Händler wird von sich aus keine Dienstleistungen anbieten, weil es ein Trittbrett- fahrer-Problem gibt. Bietet der Händler nämlich solche Dienstleistungen an und hat daher höhere Kosten, so werden sich die Kunden bei ihm informieren, um danach das Produkt zu einem tieferen Preis bei einem Händler zu kaufen der keine Dienst- leistungen anbietet. Wenn zusätzliche Dienstleistungen also für den Verkauf eines Produktes von Vorteil sind kann mittels Franchising und den somit vorhandenen ex- klusiv Rechten am Verkauf des Produktes das Trittbrettfahrer-Problem entschärft werden32.

Die in Abschnitt 3.33 beschriebene Self selection der Franchisenehmer ist eine weitere Chance für den Franchisegeber. Durch sie kann der Franchisegeber Kosten für die Ausbildung und die Auswahl von Managern resp. Geschäftsführern sparen, wenn er den Franchisevertrag richtig gestaltet: "...franchising is a device to economize on managerial training costs."33.

3.4.2 Nachteile des Franchising für den Franchisegeber

Da Franchising eine Art der Teamproduktion darstellt, kann das Gesamtergebnis des Teams nicht auf die einzelnen Teammitglieder (Franchisegeber und Franchiseneh- mer) aufgeteilt werden, weil das Ergebnis mehr ist als nur die Summe ihrer einzelnen Inputs34. Deshalb ist es schwierig festzustellen, wer wie viel zum Gesamtergebnis beiträgt und wer versucht auf Kosten der anderen Gewinn zu machen (vgl. Abschnitt 3.32). Eine Ausprägung davon, das "horizontal free riding" (horizontales Trittbrettfahren) wird von Dnes sehr gut erklärt:

"...: if one franchisee allows quality to deteriorate, he benefits by the full amount of the savings from reduced quality but incurs only part of the costs as other franchisees will suffer some of the loss of business."35.

Daraus folgt, dass der Franchisenehmer durch nicht einhalten der vom Franchisegeber geforderten Qualitätsstandards, einen Gewinn auf Kosten der anderen Franchisenehmer und auf Kosten des Franchisegebers machen könnte. Monitoring eines Franchisenehmers durch andere Franchisenehmer oder den Franchisegeber und wechselseitige Abhängigkeiten zwischen Franchisegeber und -nehmer können diesen Nachteil abschwächen.

3.4.3 Schlussbetrachtung

Wie erwähnt liegt ein grosser Vorteil des Franchising darin, dass der Franchisegeber viele Entscheidungen, vor allem jene auf operativer Stufe, nach unten delegieren kann. Er hat so die Möglichkeit sich auf die strategische Führung des Unternehmens zu konzentrieren und die Überwachungskosten relativ gering zu halten. Der Franchi- segeber fungiert also quasi als Anpeitscher (Monitor) der Franchisenehmer, indem er Qualitätsstandards überwacht und neue Ideen in der ganzen Franchisekette durch- setzt. Unter dem Aspekt der Teamproduktion sorgt er dafür, dass kein Teammitglied auf Kosten anderer seinen Gewinn maximiert. Im Gegenzug zahlen ihm die anderen Teammitglieder (Franchisenehmer) für diese Leistungen eine Prämie.

3.5 Warum keine eigene Firma gründen?

Werbung und Reputation sind unter anderem die bekannten Schlagworte, von denen ein Franchisenehmer profitieren kann. Diese und andere Aspekte müssen genau untersucht werden, um entscheiden zu können, ob eine neue, eigene Firma gegründet oder über die Möglichkeit von „Franchising“ ein bereits existierendes Konzept übernommen werden soll.

Das folgende Kapitel soll nicht einfach die Vorteile von Franchising aufzählen und nur das Positive herausheben, sondern es soll veranschaulichen, welche Ge- sichtspunkte einen potentiellen Firmengründer dazu bewegen, auf ein bewährtes Konzept zurückzugreifen und nicht einfach einen Neubeginn unter eigenem Namen zu wagen. Die folgenden Ausführungen sollen kritisch hinterfragt und nicht einfach als ultimative Lösung anerkannt werden; denn die gleichen Aspekte können je nach Situation oder individueller Einstellung positiv wie auch negativ gewertet werden.

Grundlegende Veränderungen oder Neuerungen, die nicht nur einige lokale Franchisenehmer betreffen, werden meistens mittels einer gross angelegten Werbekampagne seitens des Franchisegebers durchgeführt. Somit entfällt der Aufwand für eigene Werbung des Franchisenehmers bzw. kann er zusätzliche lokale Werbung, welche nur sein eigenes Geschäft betreffen, platzieren. Durch solche Aktionen des Franchisegebers kann der einzelne Franchisenehmer viel stärker profitieren, da er dafür fast keine Ausgaben zu leisten hat à Synergieeffekte.

Einer der wichtigsten Gründe für eine Entscheidung zur Franchisenehmerschaft dürf- te die Reputation des Franchisegebers sein. Es wird einleuchten, dass z.B. „Harrys Imbißstube“ es viel schwieriger hat, sich in diesem Markt durchzusetzen als ein weltweit bekannter „McDonalds“. Der Ruf des Franchisegebers bildet eine wichtige Grundlage für die Kundengewinnung in den vereinzelten Regionen durch die Fran- chisenehmer.

Ist der Unternehmensgründer nicht an spezielle, geographische Örtlichkeiten gebun- den, so hat er die Qual der Wahl, um einen Unternehmens-Standort festzulegen. Beim Franchising-Modell kann er sich dabei an den Franchisegeber wenden, der meistens über relativ genaue Marktanalysen verfügt und so die Suche erheblich ver- einfachen kann. Dies ist nicht einfach Goodwill des Franchisegebers, denn dieser kann von einem gut geplanten Standort in seinem Franchising-Netz ebenfalls profitieren; z.B. über einen erhöhten Umsatz in einer kundenreicheren Lokalität.

Um ein einheitliches System verwirklichen zu können, bedarf es gewisser Regeln und Verhaltensweisen, die für alle beteiligten Franchisenehmer gelten müssen. Des- halb ist eine geschäftsspezifische Ausbildung unerlässlich. Durch gewisse Schu- lungsmassnahmen kann ein Ein- und Überblick über die Geschäftstätigkeit des Fran- chisegebers Aufschluss geben. Dadurch wird dem Franchisenehmer ein definiertes Konzept sowie dazugehörende Verfahren vorgelegt, die ihm helfen, die ganzen Ge- schäftsprozesse richtig durchführen zu können. Der Franchisenehmer wird also nicht „ins kalte Wasser geworfen“, sondern durch die Konzernleitung entsprechend unter- stützt und ausgebildet. Diese hat einen Ruf zu verlieren und wird deshalb die Ausbil- dung so effektiv und effizient wie möglich gestalten, um ihr System nicht zu gefähr- den.

Das „PEAK”36 des Zürcher Führungsansatzes besagt mit dem letzten „Buchstaben“, dass die Ausbildung alleine nicht ausreicht, sondern dass die Ausführungen der Franchisenehmer kontrolliert werden müssen, um ein frühzeitiges Eingreifen bei Feh- lern zu ermöglichen. Der positive Aspekt hierbei ist, dass durch zentrale Planungs- und Kontrollsysteme der Kontrollierte zwischen den vom Franchisegeber gesetzten „Leitplanken“ bleibt, d.h. dass der Franchisenehmer bei allfälligen, unbeabsichtigten Fehlern nicht in eine schwierige Situation geraten kann, da er frühzeitig darauf auf- merksam gemacht wird.

Ein zentraler Einkauf fördert die langfristige Bindung zu den Lieferanten, welche als relativ sicher angesehen werden können, da sie grosse Mengen liefern können. Der Franchisenehmer muss nicht (nur) eigene Lieferanten suchen, sondern kann sich auf ein paar wenige beschränken. Zusätzlich kann er evtl. von günstigen Konditionen des Franchisegebers (da grosse Menge) profitieren.

Die durch den Franchisegeber durchgesetzte einheitliche Ladengestaltung fördert die Kundengewinnung. Der Kunde fasst eine Franchisenehmer-Unternehmung als Teil einer Kette37 auf und weiss nicht, dass diese mehr oder weniger selbständig arbei- tet. Der Geschäftsführer muss sich nicht viele Gedanken über Dekoration, Innenaus- stattung, etc. machen, sondern kann auf eine bewährte Ladengestaltung zurück- greifen, welche immer wieder durch den Franchisegeber angepasst werden kann.

Viele notwendige Daten, um ein erfolgreiches Konzept entwickeln zu können, findet der Unternehmer in Markt- und Wettbewerbsanalysen. Durch grosse, kostenintensive Analysen durch den Franchisegeber, kann dieser die Franchisenehmer sehr stark unterstützen. Diese müssen „nur“ noch gewisse lokale Gegebenheiten berücksichti- gen, welche bei Weitem nicht so teuer zu stehen kommen wie ganzheitliche Untersu- chungen.

Nebenbei bieten gewisse Franchisegeber Finanzierungsberatung an, um ihre Kunden, die Franchisenehmer, abzusichern. Sie verfolgen so das Ziel, diese Kunden sowie ihren Ruf zu erhalten; denn wenn eine „Filiale“ im schlimmsten Fall Konkurs geht, schadet dies selbstverständlich auch dem Franchisegeber.

Oben genannte Aspekte zeigen, dass es möglich ist, einige positive Punkte aus ei- nem Franchising-System herauszuschälen. Diese können aber auch negativ gewer- tet werden, da natürlich eine gewisse Abhängigkeit vom Franchisegeber unabdingbar ist.

Nur eine genaue Analyse und die Berücksichtigung persönlicher Neigungen helfen, eine Entscheidung zu finden, ob man sich auf eine Neugründung oder Franchising einlassen will.

3.6 Bindung durch Disziplinierung

Obwohl der Franchisegeber von der Motivation und Selbststeuerung der Franchisenehmer profitieren kann, birgt Franchising, was wie ein einfacher Lizenzkauf aussieht, eine Reihe ökonomischer Risiken.38

Im Folgenden wird genauer erläutert, worin diese Risiken bestehen und wie sie mehr oder weniger auszuschliessen sind. Für eine effiziente Gestaltung eines Franchisesystems bedarf es eines optimalen Gleichgewichts zwischen Chancen und Gefahren auf beiden Seiten, derjenigen des Franchisegebers und -nehmers. Kann dieses nicht gewährleistet werden, so bricht das System zusammen. Kooperation, Koordination und Vertrauen sind die zentralen Elemente, die eine Aufrechterhaltung einer Franchiseverbindung ermöglichen.

Die Auswahl der Franchisenehmer durch den Franchisegeber beinhaltet ein Ad- verse-selection-Risiko39. Auch nach Vertragsabschluss besteht weiterhin ein Moral- hazard-Risiko40, weil der Franchisegeber zwar den Umsatz des Franchisenehmers beobachten kann (Absatzzahlen), nicht aber dessen Beiträge zur Erhaltung und För- derung der guten Reputation der Gesamtmarke bzw. des Systems insgesamt. Der Agent (Franchisenehmer) schädigt dadurch den Ruf des Markennamens und damit das Franchisesystem insgesamt.

Beispielsweise kann ein McDonald’s-Franchisenehmer bei Service, Hygiene und Leistungsqualität in relativ grossem Umfang sparen, ohne dass es für den Principal (Franchisegeber) sofort feststellbar wäre. Dies hat jedoch zur Folge, dass Kunden dieser Geschäftsstelle dieselben Nachteile auch bei anderen „Filialen“ befürchten und diese meiden à Schädigung unbeteiligter Franchisenehmer!

Alle Beteiligten haben deshalb ein Interesse daran, sich vor solchem Trittbrettfahrertum41 zu schützen.

Eine vertragliche Vereinbarung mit potentiellen Franchisenehmern, worin sie sich verpflichten, ihrerseits sogenannte „Geiseln“ einzubringen, d.h. transaktionsspezifi- sche Investi-tionen zu tätigen, können zu einer Reduktion dieser beiden Risiken füh- ren42.

In einem Prozess der Selbstauswahl bewerben sich tendenziell nur noch die „guten“ Kandidaten, die überzeugt sind, den eigenen Einsatz durch erfolgreiches Wirtschaften wiederzugewinnen. Diesen Prozess bezeichnet man auch als Selbst- selektion, bei der ein Franchisegeber eine eher passive Haltung die Auswahl betref- fend einnehmen kann.

Darüber hinaus verliert eine irreversible Investition bei einer Schädigung des Franchisesystems selbst an Wert. Diese Tatsache führt automatisch zu einer Interessenangleichung aller beteiligten Teilnehmer und begrenzt somit das Moral-ha- zard-Risiko.43 Mit seinem Einverständnis zu diesen „Geiseln“ signalisiert der Franchisenehmer bereits ex ante, dass er an seinen wirtschaftlichen Erfolg glaubt und ein Interesse an einer langfristigen Zusammenarbeit hat.

Eine weitere Variante, um einen Franchisenehmer längerfristig zu binden, bietet eine Pauschalsumme (lump sum), die einmalig zu Beginn der Zusammenarbeit zu leisten ist, und zusätzliche kontinuierliche Zahlungen, die einen Ertragsanteil der Verkäufe bilden. Diese Art von Bindung ist jedoch einem Hold-up-Risiko der Franchisenehmer ausgesetzt, worauf nachfolgend noch näher eingegangen wird.44

Eine handelbar gestaltete Franchisinglizenz bietet u.a. eine Möglichkeit zur Schaffung langfristiger Leistungsanreize. Zusätzlich zu den Gewinnaneignungsrechten werden dem Agent auch das Veräusserungsrecht an den von ihm in das langfristige Umsatzpotential getätigten Investitionen übertragen.

„Schwarze Schafe“ unter den Franchisenehmern können durch die soziale Kon- trolle durch andere Agents eruiert werden. Diese Kontrolle erweist sich als erfolg- reiches Instrument, was durch regelmässige Meetings oder Schulungen gefördert wird. Dadurch ist es möglich, Unterinvestitionen unsolidarischer Franchisenehmer frühzeitig aufzudecken. Schliesslich erweist sich auch der Vergleich von Betriebsdaten als wirksames Screening-Instrument des Franchisegebers. Der Agent wird dadurch gezwungen, sich ungefähr innerhalb des Durchschnitts aller anderen Franchisenehmer oder darüber zu bewegen, wenn er nicht hervorstechen will.

Die Risiken liegen aber nicht nur einseitig bei den Franchisegebern, sondern betreffen auch die Franchisenehmer. Diese unterliegen ihrerseits einem Hold-up-Risiko45, denn der Principal ist nach Tätigung der Investitionen seiner Agents in der Lage, ihnen die Lizenz zu entziehen oder zumindest in unmittelbarer Nähe ihres Standorts weitere Lizenzen zu vergeben. Während sich die Franchisenehmer in der gleichen Region die Umsätze teilen müssten, bekäme der Franchisegeber in diesem Fall die zusätzlichen Franchisinggebühren. Da aber der Franchisegeber von seiner Reputation als fairer Kooperationspartner abhängig ist, wird dieses Risiko begrenzt. Ohne seinen Ruf kann er keine neuen Franchisenehmer gewinnen und gefährdet damit sein ganzes System. Nur mit einem Mindestmass an gegenseitigem Vertrauen kann eine solche Organisationsform längerfristig existieren.

Von den obengenannten Ausführungen ausgehend kann gesagt werden, dass nur eine gegenseitige, optimale Bindung der Geschäftspartner aneinander das Überleben eines Franchisingsystems sicherstellen kann. Dazu können verschiedenste Massnahmen zur Verminderung der Risiken und zur langfristigen Bindung durch Disziplinierung verwendet werden. Die Kernaussage von Picot/Dietl/Franck beinhaltet das wichtigste Element, welches bei Franchising zu berücksichtigen gilt:

„Entscheidend für die Effizienz von Franchising-Systemen ist die Ausgewogen- heit der Abhängigkeiten: Muss beispielsweise der Franchisenehmer „zu hohe“ Inves- titionen in die Marke leisten, dann übersteigt das Hold-up-Risiko jenes Mass, das für die Eindämmung der Moral-hazard- und Adverse-selection-Risiken gerade noch in Kauf zu nehmen wäre, und das System ist nicht wettbewerbsfähig. Die Kunst besteht gerade darin, die Abhängigkeiten den spezifischen Bedingungen des Geschäfts bzw. der Branche anzupassen.“46

Die erwähnten Risiken und Massnahmen zu deren Vermeidung sind noch lange nicht vollzählig. Es gibt keine abschliessende Aufzählung; je nach Situation entstehen neue Gefahren, aber auch neue Chancen, die berücksichtigt werden müssen, um eine gewisse Effizienz von Franchising-Systemen herbeiführen zu können.

4 Fazit / Zusammenfassung

Unternehmungen die expandieren und somit Niederlassungen eröffnen, stehen vor einer Reihe von Problemen. Zum einen müssen kompetente Mitarbeiter und Manager akquiriert, und das notwendige Kapital beschafft werden. Zum andern muss der Geschäftslauf gesteuert und kontrolliert werden. Eine mögliche Lösung für diese Probleme ist Franchising.

Da der Franchisenehmer rechtlich eigenständig arbeitet, wird er ein anderer Managertyp sein, als der Filialleiter mit weniger Verantwortung und Kompetenzen. Gerade diese rechtliche Eigenständigkeit und die grösseren Kompetenzen führen zu verschiedenen Problemen, wie der Steuerung und der Überwachung.

Die Gefahr der Eigennutzenmaximierung der Beteiligten ist aufgrund der asymmetrischen Informationsverteilung sehr gross. Dies ist nicht nur ein Problem für den Franchisegeber, sondern auch für andere Franchisenehmer, da ihr Unternehmen als Ganzes am Markt auftritt.

Dieses Probleme werden mit der Principal-Agent-Theorie genauer betrachtet. Es wurden die verschiedenen Aspekte der asymmetrischen Informationsverteilung wie Hidden characteristics, Hidden action, Hidden information und Hidden intention aufgezeigt, und Lösungen wie Signalling, Screening, Self selection, Monitoring und n- tegration angesprochen.

Einige Vorteile wie zum Beispiel Kenntnisse des Franchisnehmer vom lokalen Markt, als auch Nachteile wie Kontrollkosten werden aufgezeigt. Dem Trittbrettfahrerproblem ist dabei besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Der Erfolg von Unternehmen mit Franchising als Vertriebsystem zeigt klar, dass unter den richtigen Rahmenbedingungen die Vorteile von Franchising die Nachteile überwiegen.

[...]


1 Monitoring

2 Economies of scale

3 z.B. durch die richtigen Werbemittel

4 Hersteller, Großhändler, Einzelhändler, Dienstleistungszentrale oder -einzelbetrieb

5 originäre oder umstrukturierte Systeme

6 z.B. Baumarkt

7 z.B. Hotelkette

8 z.B. Getränkeabfüllbetrieb

9 das Wirtschaftsministerium

10 Monitoring

11 z.B. Systembeirat, Marketingbeirat, Produktbeirat, EDV-Beirat

12 Picot, Dietl, Franck, 1999, S.85

13 vgl. dazu Lafontaine, 1992, S.266

14 Picot, Dietl, Franck, 1999, S.87

15 vgl. Lafontaine, 1992, S.266

16 Picot, Dietl, Franck, 1999, S.88

17 vgl. Dnes, 1996, S.301

18 Picot, Dietl, Franck, 1999, S.89

19 vgl. Dnes, 1996, S.317 und 3.6 (spezifische Investitionen) in dieser Arbeit

20 Picot, Dietl, Franck, 1999, S.90

21 Dnes, 1996, S.303

22 vgl. Dnes, 1996, S.299

23 vgl. Dnes, 1996, S.299

24 vgl. Abschnitt 3.6 und Dnes, 1996, S.317

25 Picot, Dietl, Franck, 1999, S.94

26 vgl. Dnes, 1996, S.299

27 vgl. Dnes, 1996, S.311

28 Dnes, 1996, S.319

29 vgl. Lafontaine, 1992, S.279

30 Lafontaine, 1992

31 vgl. Dnes, 1996, S.306

32 vgl. Dnes, 1996, S.308

33 Dnes, 1996, S.305

34 vgl. Alchian, 1972, S.779

35 Dnes, 1996, S.299

36 Planung, Entscheidung, Anordnung und Kontrolle

37 z.B. Nordsee, McDonalds

38 vgl. z.B. Picot,Wolff 1995

39 Das Risiko einen ungünstigen Partner (Franchisenehmer) auszuwählen; sei es aus geographischen, kulturellen oder anderen Gründen.

40 Der Franchisenehmer kann gegenüber dem Franchisegeber unzuverlässig sein und dessen Regeln nicht im geforderten Masse erfüllen.

41 Aus einer Sache Profit schlagen, ohne selbst Leistung dafür zu erbringen.

42 vgl. Klein,Leffler 1980

43 So wird z.B. ein McDonald’s-Franchisenehmer in der Regel verpflichtet, spezifisches Humankapital zu erwerben, indem er das als „Hamburger University“ bezeichnete Trainingscenter von McDonald’s besucht und über einen längeren Zeitraum unentgeltlich als Gehilfe in einem McDonald’s-Restaurant arbeitet.

44 vgl. Dnes, A.W. 1996

45 Das Risiko der Aufrechterhaltung der Beziehung nach dem Vertragsabschluss.

46 vgl. Picot,Dietl,Franck 1999

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Franchising. Die Expansion von Unternehmen
Hochschule
Universität Zürich
Veranstaltung
Unternehmensführung und -politik
Autor
Jahr
2000
Seiten
25
Katalognummer
V101718
ISBN (eBook)
9783640001316
Dateigröße
509 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ohne Literaturverzeichnis. Fußnoten enthalten.
Schlagworte
Franchising, Unternehmensführung
Arbeit zitieren
Ronny Peterhans (Autor:in), 2000, Franchising. Die Expansion von Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101718

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