Vauban: Beispielhafte Bürgerbeteiligung und Bürgerinitiativen


Seminararbeit, 2001

89 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

Stichwortverzeichnis und Abkürzungsverzeichnis

1.0 Einleitung
1.1 Aufbau der Seminararbeit
1.2 Kurze Darstellung des Untersuchungsobjekt: Die sogenannte „ erweiterte Bürger- beteiligung“ und die Fragestellung mit Hypothese zu dieser Thematik
1.3 Schwierigkeiten bei der Bearbeitung des Themas
1.4 Motivation für das Untersuchungsobjekt: „erweitere Bürgerbeteiligung“ im Quartier Vauban in Freiburg im Breisgau
1.5 Die Aktualität der Fragestellung
1.6 Ansatz und Vorgehensweise der verwendeten Methoden

2.0 Objektive Raumbeobachtung: das Quartier Vauban in Freiburg im Breisgau
2.1 Lage
2.2 Beschreibung
2.2.1 Historische Entwicklung
2.2.2 Gegenwärtige Entwicklung
2.2.3 Zukünftige Entwicklung
2.3 Der Architekturwettbewerb
2.4 Leitbilder für das Quartier Vauban
2.4.1 Städtebauliches Leitbild
2.4.1.1 Stadt der kurzen Wege
2.4.1.2 Das Stadtteilzentrum
2.4.2 Sozialökologische Leitbild
2.4.2.1 Das Gartenstadtmodell Vauban
2.4.3 Sozialkulturelle Leitbild
2.4.3.1 Das Blockprofil für den 1. Vermarktungsabschnitt

3.0 Subjektive Raumbeobachtung
3.1 Die Ansprüche der Bewohner an den Raum
3.2 Die Ziele und Vorhaben des Forums Vauban
3.3 Die Ziele und Vorhaben der Siedlungsinitiative S.U.S.I.
3.4 Die Position der Stadt und der Verwaltung: Die Geschäftstelle Vauban
3.5 Das LEG-Büro in Freiburg
3.6 Die Stellung der Gemeinde Merzhausen zum Quartier Vauban

4.0 Das Untersuchungsobjekt: Die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ als Möglichkeit zur aktiven nachhaltigen Planung und Verwirklichung bewohnerorientierter Interessen
4.1 Die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ bei der Entstehung des Quartiers Vauban
4.1.1 Die „Lernende Planung“ als neuer Maßstab
4.1.2 Die Baugruppenbildung zur Verwirklichung individueller Interessen
4.2 Die Auswahl und Vorstellung der Methoden
4.3 Die Praxis der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ aus Sicht der Stadtverwaltung (Ge- schäfststelle Vauban)
4.4 Die Praxis der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ aus Sicht der Bürgerinitiative ( Forum Vauban / SUSI)
4.5 Beurteilung der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ durch die Bürger Vaubans ( narrati ves Interview)
4.6 Überprüfung der Hypothese im Rahmen eines Pre-Test

5.0 Schluß
5.1 Bewertung der Ergebnisse
5.1.1 Ausblick auf das zukünftige Geschehen Literaturveichnis

Anhang

Stichwortverzeichnis und Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1 Aufbau der Seminararbeit

Die vorliegende Seminararbeit gliedert sich in fünf übergeordnete Felder auf, aus denen wiederum einzelne Punkte mit teilweise noch weiteren Unterpunkten hervor gehen. Das erste der fünf übergeordneten Felder bildet die allgemeine Einleitung der Seminararbeit. Ihr folgt die objektive Raumbeobachtung, an die sich als dritter Punkt die subjektive Raumbeobachtung anschließt. Danach schließt sich das Untersuchungsobjekt unserer Hausarbeit, die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ als Möglichkeit der aktiven nachhaltigen Planung und Verwirklichung bürgerorientierter Interessen an. Am Ende der Hausarbeit soll im Schlußteil durch ein Resumée eine Bewertung der Ergebnisse im Hinblick auf die Fragestellung erfolgen.

Zu Beginn unserer Seminararbeit soll unter dem übergeordneten Punkt Einleitung zunächst einmal kurz das Untersuchungsobjekt und die Fragegestellung mit Hypothese zu der vorliegenden Thematik vorgestellt werden. Auch wird an dieser Stelle unsere Motivation sich mit dieser Thematik eingehend zu beschäftigen und die Schwierigkeiten, die sich bei der Bearbeitung des Untersuchungsobjektes für uns ergaben, erläutert. Ebenfalls soll auf den Bezug der Fragestellung zur Aktualität eingegangen werden. Daneben soll der Ansatz, dem die Seminararbeit zu Grunde liegt, und die Vorgehensweise zu der von uns verwendeter Methodik kurz beschrieben wird.

Im Rahmen der objektiven Raumbeobachtung wird anschließend das Quartier Vauban in der Stadt Freiburg im Breisgau ausführlich vorgestellt. Dabei erfolgt zunächst eine objektive Beschreibung des Quartiers Vauban und der Stadt Freiburg. Hier werden in erster Linie die historischen, gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungen zusammengefaßt dargestellt. Daneben wird auf die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme und den Architekturwettbewerb zur Entwicklung des neuen Stadtteils Vauban eingegangen. Von besonderem Interesse sind im Rahmen der objektiven Raumanalyse das städtebauliche Leitbild, das sozialökologische Leitbild und das soziokulturelle Leitbild bei der Entstehung des neuen Stadtteils Vauban.

Danach folgt als dritter übergeordneter Punkt die subjektive Raumbeobachtung, die sich mit den verschiedenen Ansprüchen an den Raum beschäftigt. Dabei geht es primär um die Ansprüche der Bewohner an den Raum und die Ziele und Vorhaben der Bürgeriniti- ativen, die sich im „Forum Vauban“ in gebündelter Form wiederfinden. Daneben wird auch die Position der Verwaltung der Stadt Freiburg bzw. des Landes Baden- Württemberg verdeutlicht. In kurzer Form wird hier auch auf die Stellung der Bürger der Nachbargemeinden, die an den zukünftigen Stadtteil Vauban angrenzen, und der Bür- ger in Freiburg aufgezeigt.

Gefolgt wird dieser Abschnitt der Seminararbeit im vierten Punkt durch das Untersu- chungsobjekt der Seminararbeit, die in Freiburg praktizierte sogenannte „erweiterte Bür- gerbeteiligung“. Dabei geht es um die Partizipation der Bürger als Möglichkeit zur aktiven und nachhaltigen Planung des Quartier Vauban und die Verwirklichung von be- wohnerorientierten Interessen bei der Entwicklung eines neuen Stadtteils. Zunächst soll an dieser Stelle der Seminararbeit die „klassische“ Partizipation, wie sie in der Raum- planung auch gesetzlich vorgeschrieben ist, erläutert werden. Anschließend wird auf die in der Stadt Freiburg praktizierte „erweiterte Bürgerbeteiligung“ eingegangen, wobei die Begriffe Partizipation und Bürgerbeteiligung in unserer Seminararbeit synonym Ver- wendung finden.

Im Rahmen der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ sollen dann der Begriff der „Lernenden Planung“ und der Prozeß der Baugruppenbildung als Instrumente der Partizipation vertieft betrachtet werden.

Danach wird in kurzer Form auf die von uns zur Bearbeitung der Fragestellung verwendeten Methoden und ihren Hintergrund eingegangen, bevor die Praxis der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ aus der Sicht der Stadtverwaltung und aus der Sicht der Bürgerinitiativen bzw. deren Sprachrohr, dem „Forum Vauban“ und der S.U.S.I. (Selbständige unabhängige Siedlungsinitiative eGmbH), verdeutlicht wird. Daneben erfolgt natürlich auch eine Darstellung zur Beurteilung der erweiterten Bürgerbeteiligung durch die „Betroffenen“ selbst, also der Menschen, die in den durchweg verschiedenen Wohnformen im Quartier wohnen. Vor diesem Hintergrund soll auch eine Überprüfung der von uns zu entwickelnden Hypothese im Rahmen eines Pre-Tests stattfinden.

Im anschließenden Schlußteil der Seminararbeit wird dann als Resumée der Versuch einer Bewertung der Ergebnisse im Hinblick auf die Fragestellung vorgenommen. Auch soll hier ein Ausblick auf das zukünftige Geschehen erfolgen. Daran schließt sich der Anhang mit verschiedenen Unterlagen an.

1.2 Kurze Darstellung des Untersuchungsobjekt: Die sogenannte „erweiterte Bür- gerbeteiligung“ und die Fragestellung mit Hypothese zu dieser Thematik

In der südbadischen Stadt Freiburg im Breisgau wurden seit Beginn der 90er Jahre zwei städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen durchgeführt. Zum einen das Rieselfeld, wo ein Quartier für insgesamt 11.000 Menschen entstehen soll, und zum anderen das Quartier Vauban, ein gut 38 ha großes ehemaliges Kasernengelände, wo rund 2.000 Wohnungen für etwa 5.000 Menschen entstehen sollen. Während sich unsere Semi- nararbeit nur ganz am Rande mit dem Rieselfeld beschäftigt, etwa wenn es gilt kompa- rative Entwicklungen aufzuzeigen, ansonsten aber das Quartier Vauban das Thema der Seminararbeit ist, so ist den beiden städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen aber die praktizierte „erweiterte Bürgerbeteiligung“ gemeinsam, wobei die Maßnahme Rieselfeld einige Jahre vor dem Quartier Vauban begonnen wurde. Diese völlig neue Form der Partizipation der Bürger bei den Planungsprozessen von städtebaulichen Entwick- lungsmaßnahmen, die im Baugesetzbuch (BauGB) nicht vorgesehen ist, hat sich aus der Praxis heraus entwickelt und geht über die „vorgezogene Bürgerbeteiligung“ und die Anhörung in „Auslageverfahren“ (vgl. § 3 BauGB) wesentlich weiter hinaus. Der Modell- charakter bei der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme Vauban, besteht darin, daß die hier praktizierte Form der Bürgerbeteiligung, in Anlehnung an das in seinem Kern von der Kommunalentwicklung Baden-Württemberg (KE) vorgegebene Verfahren, von der Stadt Freiburg direkt den Bürgern übertragen wurde (vgl. Jehle 1999: 4). Daraus ergibt sich auch teilweise die Fragestellung mit der Hypothese für unsere Seminarar- beit.

Ziel ist es die Möglichkeiten der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ aufzuführen und zu be- werten, wobei die Abläufe im Freiburger Stadtteil Vauban erklärt werden sollen und auf die Ergebnisse der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ aus Sicht der Beteiligten näher ein- gegangen werden soll. Es soll also von den Betroffenen selber eine Einschätzung ge- geben werden, inwiefern durch die Praxis der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ die Aus- gestaltung individuelle Vorstellungen zur Maximierung des subjektiven Zufriedenheits- grates ermöglicht wird.

Somit stellen wir folgende Hypothese auf:

Im Rahmen der „erweiterten Bürgerbeteiligung“, die in der Stadt Freiburg zur Anwendung kommt, ist entsprechend der Teilnahme der Bürger an dieser Form der Partizipation das Identifikationsmerkmal bzw. der Zufriedenheitsgrad, der im Quartier Vauban lebenden Bewohner, außerordentlich stark ausgeprägt!

1.3 Schwierigkeiten bei der Bearbeitung des Themas

Insgesamt ergaben sich für uns keine größeren Probleme bei der Bearbeitung der vor- liegenden Thematik. Dies geht vor allem aus dem reichlich vorhandenem Material zur Thematik Partizipation in der Raumplanung aber auch aus dem uns von Seiten der Landesentwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg mbh (LEG) und der Geschäfts- stelle Vauban zur Verfügung gestelltem Material zum Quartier Vauban hervor. Recht wenig Materialien waren aber im Bereich der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ anzutref- fen, wobei sich das IfR-Diskussionspapier: „Bürgerbeteiligung bei Planungsprozessen der Stadterweiterung und des Stadtumbaus“ von Stefan Jehle aus dem Jahr 1999 und verschiedene Literatur von Klaus Selle zur Partizipation in der Raumplanung als relativ informativ für die Auseinandersetzung mit der Thematik unserer Hausarbeit erwiesen.

Für die Realisierung dieser Seminararbeit von großer Bedeutung waren die Interviews mit den verschiedenen, bei der Entstehung des Quartiers beteiligten, Interessenvertretern. Diese Interviews tragen enorm zum allgemeinen Verständnis der doch teilweise recht komplexen Abläufe bei der Umsetzung der städtebaulichen Maßnahme Quartier Vauban und insbesondere der Praxis der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ bei. Auch durch die Überprüfung der Hypothese mit Hilfe eines Pre-Tests und Interviews mit den betroffenen Bewohnern des Vaubangelände und Anwohnern konnte eine gute Ausgangssituation für unsere Seminararbeit erzielt werden. Trotz eines mehrtägigen Aufenthalts in Freiburg war es uns aber nicht möglich mit allen im Quartier Vauban ansässigen Bürgerinitiativen bzw. Bewohnergruppen zu sprechen.

1.4 Motivation für das Untersuchungsobjekt: „Erweiterte Bürgerbeteiligung“ im Quartier Vauban in Freiburg

Die „erweiterte Bürgerbeteiligung“, wie sie in Freiburg im Breisgau praktiziert wird, ist wohl einzigartig im gesamten Bundesgebiet. Dies geht teilweise in der Stadt selbst auf die Organisation der Bürger in sogenannten „Bürgervereinen“ zurück, die noch heute in Freiburg eine kommunalpolitische Funktion haben. Eine eigene Arbeitsgemeinschaft der Freiburger Bürger-, Lokal- und Ortsvereine bündelt zudem die Anliegen der in den Bürgervereinen vertretenen Bürgerschaft und formuliert die jeweils gemeinsamen For- derungen an die Stadtverwaltung. Dies verdeutlicht die lange Tradition der Partizipation der Bürger, die sich in der Vergangenheit nicht in erster Linie auf politische, sondern auf sachliche Entscheidungen bezog. Somit ist es auch nicht verwunderlich, daß die „klas- sische Freiburger Bürgerbeteiligung“ nach Meinung der verantwortlichen Stadtplaner bereits in den 80er Jahren über das hinausging, was andernorts üblich war. Die „erwei- terte Bürgerbeteiligung“ zeichnet sich aus durch die Präsentationen von Plänen und Broschüren, die den einzelnen Haushalten zugehen und zahlreiche öffentliche Veran- staltungen mit Bürgerinformations- und Bürgerversammlungscharakter. Eine Mitarbeite- rin des Bauverwaltungsamtes spricht davon, daß man in Freiburg auch bereit sei, kon- fliktreiche Wege zu gehen und den Kontakt mit dem Bürger nicht scheue. Vorrang hätte in Freiburg immer die Darstellung von Sachverhalten und nachvollziehbare transparente Entscheidungswege1. In diesem Sinne wird also die Bürgerbeteiligung in der Stadt Frei- burg auch als ein Lernprozeß aufgefaßt.

Ein weiterer Faktor für die Themenauswahl unserer Seminararbeit ergibt sich aus der Umwandlung einer ehemaligen Militärkaserne zu einem völlig neuen Stadtteil mit Hilfe der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ und des Instruments der städtebaulichen Entwick- lungsmaßnahme. Der schon angedeutete Modellcharakter des Quartiers Vauban setzt sich dabei aber neben der innovativen Form der Partizipation der Bürger auch aus neu- en Ansprüchen im Bereich der Kommunikation und des Sozialverhalten im Quartier selbst, in der architektonischen Gestaltung der Hochbaumaßnahmen, im Bereich des Umwelt- und Ressourcenschutzes und der Vermeidung von Individualverkehr zusam- men. Aus dieser Zusammensetzung von verschiedenen Faktoren, die allesamt einen Modellcharakter haben und somit bisher weitgehend einzigartig sind, ergibt sich unsere Motivation für eine eingehende Beschäftigung mit dem Quartier Vauban. Die geplante aktive Einbindung der Bewohner in das Planungsgeschehen im Quartier Vauban über den Abschluß der Baumaßnahmen hinaus, die Absicht zur Entwicklung von städtebauli- chen Leitbildern und die schrittweise Realisierung der insgesamt drei Bauabschnitte mit dem Anspruch auf eine nachhaltige Stadtteilentwicklung führten unsererseits zu der Motivation sich mit diesem „Modellstadtteil“ intensiv auseinanderzusetzen. Von großem Interesse unsererseits ist dabei die Frage, wie eine Stadt es ermöglicht so viele innova- tive Aspekte in einem neuen Stadtteil fast vollständig aus der Planung in die Realität umzusetzen. Auch stellt sich für uns an dieser Stelle die Frage, ob bei einem Erfolg der gesamten Maßnahmen das Quartier Vauban eine Art Vorbildfunktion für städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen auch außerhalb Freiburgs einnehmen kann. Dies muß man vor dem Hintergrund sehen, daß es über den Gesetzesrahmen (vgl. § 3 BauGB) hi- nausgehende Partizipation in Deutschland kaum gibt. Vor allem, die in der Wissen- schaft diskutierten Formen der Erweiterung von Partizipation, wie Zukunftswerkstatt, Planungszelle oder Anwaltsplanung, wurden zumindest in Deutschland bislang allen- falls experimentell erprobt (vgl. Bischoff, u.a. 1996: 57).

Weitere Motivation für unsere Entscheidung bei der Themenwahl für die Seminararbeit ergeben sich aus verschiedenen persönlichen Bindungen in die Region um Freiburg und regem Kontakt zu Freiburger Studenten, wovon einer sogar auf dem Vaubangelände in einem Gebäude des Studentenwerks Quartier bezogen hat. Darüber hinaus kommt durch die verschiedenen Bindungen auch eine mehrjährige Beobachtungs- und Informationsansammlung zu den Prozessen in der Stadt Freiburg neben einer persönlichen Wertschätzung für diese Region zum tragen.

1.5 Die Aktualität der Fragestellung

Wie schon im Punkt 1.4 beschrieben wurde hat sich in Freiburg im Zuge der zurücklie- genden 30 Jahre eine über die gesetzlichen Normen herausgehende Partizipation der Bevölkerung entwickelt. Im Zuge der 60er Jahre entwickelten sich in Deutschland aus den gesellschaftlichen Umbruchprozessen heraus direkte Beteiligungsformen, die in der sogenannte „Bürgerinitiativbewegung“ zusammengefaßt waren. Ausgelöst wurde die zunehmende Organisation der Bürgerinteressen vor allem durch die in dieser Zeit mas- siv auftretenden sozialen Probleme und Konflikte, die im Zuge des Modernisierungspro- zesses der Gesellschaft deutlich wurden. Vorangetrieben wurde diese Entwicklung durch die Studentenbewegung und die „Außerparlamentarische Opposition“ sowie durch die SPD, die einen stärkeren Prozeß der Demokratisierung durchsetzen wollte (vgl. Schmals 2000: 103). In der ersten Phase war die „Bürgerinitiativbewegung“ zunächst mit einer Bestandsaufnahme und der Artikulation der Unzufriedenheit über die gesellschaftlichen und zivilisatorischen Zustände beschäftigt.

Die anschließend sogenannte zweite Phase der Bewegung ist geprägt durch „das Auf- begehren wider den Status quo und eine absehbare Fortschreibung“ des Begriffs der „Bürgerinitiativbewegung“ (Mayer-Tasch, 1985: 202). „Die als drittes Entwicklungsstadi- um seit der zweiten Hälfte der 70er Jahre beobachtbare Auffächerung der Bewegung in primär ökologisch, alternativ, pazifistisch oder feministisch aktzentuierte Fraktionen, die sich vielfach im Grundsätzlichen, Allgemeinen und Gemeinsamen wieder zusammen- findet, verleiht den insoweit als Einheit zu verstehenden `neuen sozialen Bewegungen´ (...) kulturrevolutionäre Züge, (...)“ (Mayer-Tasch 1985: 202). Daraus ging in den an- schließenden 80er Jahren diese „Interessenspolitik von unten“ in eine sogenannte „so- ziale Bewegung und Selbsthilfe“ über (Schmals 2000: 104). Die „Bürgerinitiativen wand- ten sich ab vom bloßen Protest gegen staatliche Planungen, (...), (und, A.d.V.) wandten sich zunehmend der Eigeninitiative, der Selbsthilfe zu“ (Schmals 2000: 104).

Genau diese bis hierher beschriebene Entwicklung spielte sich, was die Bereitschaft sich in einer Bürgerinitiative zu engagieren angeht, in den zurückliegenden Jahrzehnten in starkem Maße in der Stadt Freiburg ab. Gerade im Zuge der 80er Jahre wurde auch hier schon von Seiten der städtischen Verwaltung reagiert, so daß im Bereich der Bür- gerbeteiligung an der Planung weit über den Gesetzestext des Baugesetzbuches hi- nausgegangen wurde, was andernorts zu diesem frühen Zeitpunkt undenkbar war. Bei der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme zur Bebauung des Rieselfeldes wurde die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ als ein neuer Höhepunkt der Partizipation in der Planung eines neuen Stadtteils umgesetzt. Noch weiter ging man jetzt beim Quartier Vauban, wo die dort praktizierte Form der Bürgerbeteiligung direkt dem Bürger selber von der Stadt übertragen wurde. Dabei sollen auch aus den im Rieselfeld gemachten Erfahrungen Lehren im Rahmen der Bürgerbeteiligung als Lernprozeß gezogen werden. (So ist für die Bürgerbeteiligung im Quartier Vauban ein eigenes Büro als zentrale Schalt- und Anlaufstelle eingerichtet worden und die Partizipation auf dem Vaubangelände muß nach den Erfahrungen über das reine Formulieren von Ansprüchen und Forderungen hinausgehen.)

Die „erweiterte Partizipation“ bei der Entwicklung des Quartiers Vauban stellt somit den aktuellsten Stand der Partizipation, wohl im gesamten Bundesgebiet, dar. Die Stadt Freiburg befindet sich aktuell in einer Vorreiterstellung bei der Partizipation, in einer Zeit, in der der Wunsch der Bürger nach Mitbestimmung bei der Planung und der Um- setzung von Planungen immer mehr an Bedeutung zunimmt, da der einzelne Bürger seine individuellen Interessen verwirklicht sehen möchte. Dabei wendet sich die Bevöl- kerung im Rahmen der „Zivilgesellschaft“ zunehmend „kritisch gegen Planungs- und Entscheidungsstrukturen, in deren Rahmen die Bürgerrechte eingeschränkt werden bzw. nicht zur Entfaltung kommen können“ (Schmals 2000: 110) . Die Erfahrungen, die beim Projekt Vauban im Bereich der Akzeptanz und der Identifikation der Bewohner gegenüber ihrem Quartier durch die Partizipation gemacht werden, könnten somit zu einer Lösung dieser Problematik führen. Somit nimmt die Praxis bei der Realisierung des neuen Stadtteils Vauban auch hier einen modellhaften Charakter an, wenn es dar- um geht in Neubaugebieten eine breite Akzeptanz und einen hohen Identifikationsgrad zu erreichen.

1.6 Ansatz und Vorgehensweise der verwendeten Methoden

Über die Geschehnisse auf dem ehemaligen Kasernengelände war einer der beiden Autoren über Jahre hinweg sei ca.1995 in unregelmäßigen Abständen mehr oder weni- ger oberflächlich informiert. Durch die Planungen zur Anfertigung der Seminararbeit in Soziologie1 und Methoden1 ergab sich die Kooperation der beiden Autoren/ Studenten zur Anfertigung dieser Seminararbeit, so daß auch der zunächst nur von einer Konver- sionsmaßnahme auf dem Vaubangelände wissende zweite Autor nach einer Internetre- cherche im Januar 2001 über erste Informationen zum Quartier Vauban verfügte.

Daran schloß sich ab Februar 2001 die Beschaffung von weiteren Materialien für die Bearbeitung der Thematik an. Neben der umfangreichen Dokumentenanalyse konnten auch schriftliche Informationen für mögliche Bewerber, die an der Bebauung des Quar- tiers Vauban durch eventuelles Erwerben eines Baugrundstückes Interesse bekunde- ten, eingeholt werden. Im Rahmen der geplanten Ortsbegehung, der verschiedenen Interviews und der Überprüfung der Hypothese ging es dann darum einen gemeinsa- men Termin zu finden und die Interviews mit den jeweiligen Interviewpartnern terminlich festzulegen. Nachdem dies erfolgt war mußten die Leitfäden für die unterschiedlichen Interviews erstellt und der Fragebogen für die Überprüfung der Hypothese konzipiert werden. Dabei wurde ein vertieftes Literaturstudium sowohl im Bereich der Partizipation in der Raumplanung, aber auch zu den verschiedenen Methoden notwendig. Für die Befragung der Interviewpartnerin beim Bauverwaltungsamt Freiburg bereiteten wir ein teil-strukturiertes Expertinneninterview vor, daß durch den vorhandenen Leitfa- den auch als Leitfadeninterview oder fokussiertes Interview bezeichnet werden kann. Den gleichen Interviewtyp verwendeten wir beim Interview mit dem Vertreter des „Fo- rum Vauban“, in dem die verschiedenen Bürgerinitiativen organisiert sind und die Inte- ressengebündelt werden. Auch der Leitfaden war bei diesem Interview dem vorigen sehr ähnlich, wobei die Fragen natürlich nicht die gleichen waren. Auch im darauffol- genden Interview mit einem Vertreter der S.U.S.I. (Selbständige unabhängige Sied- lungsinitiative GmbH) wählten wir ein teil-strukturiertes Experteninterview mit Leitfragen, um Informationen über die SUSI zu erhalten und eine Beurteilung des gesamten Quar- tiers Vauban aus ihrer Sicht zu erwirken. Gegen narrative Interviews entschieden wir uns bei der Befragung der Vertreter der Bürgerinitiativen („Forum Vauban“ und SUSI), weil wir dieses mit den unmittelbar an der Partizipation Beteiligten, also den in den Bür- gerinitiativen bzw. Arbeitskreisen der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ aktiven Bewoh- nern des Quartiers Vauban, durchführen wollten. Dies gelang uns auch mit einer Mut- ter/Frau, die sich bei der „Mittagstafel“, einem von mehreren Frauen in Eigenregie organisiertem Mittagessen für die Leute, die nicht selber Kochen bzw. diesen Service in Anspruch nehmen usw. im geplanten Bürgerhaus 037, engagiert. Daneben erfolgte die Überprüfung der Hypothese durch den Pre-Test anhand der Aussagen von drei Perso- nen, die in unterschiedlichen Wohnformen im Quartier Vauban leben. Ebenfalls wurden einzelne Personen aus den Nachbargemeinden und aus Freiburg in, wenn man so will, „kleinen/kurzen narrativen Interviews“ nach ihrer Meinung befragt. Hinzu kam eine um- fassende Ortsbegehung, teilweise unter Führung des Vertreters vom „Forum Vauban“ und die Dokumentation des gegenwärtigen Entwicklungsstandes durch Fotos. Insge- samt erhielten wir auch noch aktuelle Literatur bzw. Dokumente wie z.B. das Stadtteil- magazin „Vauban actuell“.

Insgesamt setzt sich unser Vorgehen somit - nach wissenschaftlichen Maßstäben - aus Formen teilnehmender Beobachtung, Dokumentenanalyse, Interviews und der formalen Beschreibung des Planungsprozesses zusammen.

2.0 Objektive Raumbeobachtung

Wenn man an Freiburg im Breisgau denkt, kommen einem zunächst das im 13. Jahrhundert entstandene gotische Münster, oder das System der 6,3 Kilometer langen offenen „ Bächle“ in der historischen Altstadt, in den Sinn. Die Stadt, am Fuße des Südschwarzwaldes und in unmittelbarer Nähe des Rheintales, liegt klimatisch besonders begünstigt und gilt als eine der wärmsten Regionen Deutschlands. Hier beginnt die „Toskana Deutschlands“, wie eine überregionale Tageszeitung einmal feststellte: Dort wohnen und arbeiten, wo andere Urlaub machen. Die Folge ist ein ungebrochener anhaltender Zustrom von Menschen ( „Die Zeit“ vom 01.03.96).

Die südbadische Metropole erstreckt sich von 278 Meter über dem Meeresspiegel in der Rheintalebene bis hinauf auf den 1284 Meter hohen „Schauinsland“. Sie ist Verwaltungssitz des Regierungspräsidiums Freiburg und des Regionalverbandes Südlicher Oberrhein. Die Stadt verfügt seit 1457 über eine eigene Universität mit rund 24.000 Studierenden und begründet ihren Wohlstand vor allem auf wirtschaftliche Betätigung im Handwerk, Handel und Fremdenverkehr. Als eine der attraktivsten Ferien- und Freizeitlandschaften hat Freiburg durchaus Großstadtformat. Keine andere deutsche Stadt weist so viele Sportstätten auf. Auffällig ist gleichzeitig der relativ hohe Anteil an sozial und wirtschaftlich benachteiligten Menschen.

2.1 Lage

Das Quartier Vauban mit einer Fläche von 34 Hektar befindet sich direkt an der Durch- gangastraße Merzhauserstraße zwischen den Stadtteilen St. Georgen und Wiehre und der Nachbarsgemeinde Merzhausen, gehört aber formal noch zur Stadt Freiburg und wurde auch von der Stadt Freiburg entwickelt und konzipiert. Das Gelände wird im Nor- den und Osten von dem St. Georger Dorfbach abgegrenzt und bildet so die natürliche Grenze zur Gemeinde Merzhausen, an deren anderer Flußseite ein Gewerbegebiet an- grenzt. Die Merzhauser Straße im Westen bildet einen weiteren Riegel für das Quartier, es zerschneidet das Quartier und die Solarsiedlung am Schlierberg. Im Süden ist das Quartier durch das bald entstehende Gewerbegebiet auch abgetrennt, im Moment aber besteht noch eine Brachfläche im Süden, die in weiter Ferne das Gewerbegebiet von St. Georgen erspähen läßt. Durch das Quartier zieht sich die Vaubanallee mit einem markanten Baumbestand. Architektonische Zeichen sollen die zwei 40 Meter hohen quadratförmigen Türme im Westen und Osten bilden, quasi als „Wachtürme“ in Erinnerung an die einstige Nutzung. Von diesen beiden Türmen steht aber jetzt erst derjenige im Westen. Das Bürgerhaus 037 ist mittig an der Vaubanalle zu finden. Das Stadtteilzentrum an der Merzhauser Straße mit Kindergarten, Grundschule und Super- markt.

2.2 Beschreibung:

2.2.1 Historische Entwicklung

Zunächst zur Herkunft des Wortes Vauban. Der Name Vauban hat in Freiburg eine be- sondere Bedeutung. Der französische Marshall und Festungsbaumeister Sebastian le Prestre de Vauban ( 1633-1707) legte planmäßig in ganz Frankreich Sperrfestungen an, darunter Metz, Straßburg und Neubreisach. Das 1678 vorübergehend an Frankreich abgetretene Freiburg wurde von Vauban zur Festung ausgebaut; das ist der Hinter- grund, warum die 1938 zwischen den heutigen Freiburger Stadtteilen St. Georgen, Wiehre und der Nachbarsgemeinde Merzhausen entstandene einstige „ Schlageter Ka- serne“, die nach dem Krieg an die französische Besatzungsmacht überging, den Na- men „Quartier Vauban“ erhielt.

Für ursprünglich zwei Reichsmark und zwanzig Pfennig - das war der Quadratmeterpreis, den das deutsche Reich 1936 und 1937 der damals noch selbständigen Gemeinde St. Georgen für die Äcker und Wiesen bezahlt hat, auf denen bis 1938 ( gleichzeitig das Jahr der Eingemeindung von St. Georgen nach Freiburg) die einstige Wehrmachtskaserne an der Gemarkungsgrenze zu Merzhausen gebaut wurde.

Nachdem Freiburg zwischen 1919 und 1936 zu der im Vertrag entmilitarisierten Zone zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich gehörte, glaubten die nationalsozialistischen Machthaber, daß dies für die Errichtung eines neuen Infanterie- und Jägerbataillons als südliche Speerspitze Richtung Frankreich notwendig sei. Auf dem ursprünglichen nur 17 Hektar großen Gelände wurden zunächst zwölf Blocks als Mannschaftsunterkünfte, mehrere Nebengebäude, sowie ein Offiziers- kasino und ein Stabsgebäude eingerichtet. Jedes der Mannschaftsgebäude hatte einen rechteckigen Grundriß. Die Wahl des Namenspatrons rührte von Albert Schlageter her, den die Kaserne bis 1948 trug. Schlageter war aus dem Schwarzwald stammend, ein Frontoffizier des ersten Weltkriegs, der ab 1923 als Freicorpsler im Ruhrgebiet bewaffneten Wiederstand gegen französische und belgische Besatzungstruppen leistete. Die 1945 in Freiburg einziehenden Franzosen übernahmen die Kaserne. Das Quartier Vauban beherbergte bis zu 3.300 Mann und 500 Fahrzeuge.

Nach dem Ende des kalten Krieges und dem Fall der Mauer zog der Standortkomman- dant der „Forces Francaises Stationees en Allemagne“ ( FFA) am 25.8.1992 zum letzen Mal die Trikolore ein und übergab den Schlüssel des „ Quartier Vauban“ dem Ober- bürgermeister der Stadt Freiburg, die fest entschloßen war von der Bundesvermögens- kammer das Areal käuflich zu erwerben und eine städtebauliche Entwicklungsmaß- nahme auf jenem Areal durchzuführen. Circa 17 Hektar groß war die Kasernenfläche ursprünglich, als die Franzosen nach dem Krieg einzogen. Nach 1948 erweiterte die Bundesvermögensverwaltung als Eigentümerin die Kaserne nach Vorgaben der FFA um insgesamt 16 Hektar; 1958/ 59 entstand der Sportplatz auf einem gegenüberliegen- den Gelände zwischen Merzhauser Straße und Schlierberg. Für diesen Zweck erwarb der Bund 3,7 Hektar von der Stadt und einer privaten Erbengemeinschaft. Bereits 1991, als erste Anzeichen für einen Abzug der Franzosen erkennbar wurden, war es das Ziel der Stadt Freiburg, das Gelände neu zu ordnen und neu zu bebauen, die Stadt Feiburg beabsichtigte die kompletten Mannschaftsgebäude abzureißen und nach eigenen Vor- stellungen zu vermarkten, aber das Studentenwerk von der Universität Freiburg und S.U.S.I. (Selbständige Unabhängige Siedlungsinitiative) bekamen vom Stuttgarter Landtag jeweils 4 Mannschaftsgebäude zugesprochen, das Interesse am Quartier Vau- ban hatten sie auch schon frühzeitig erkannt und dementsprechend reagiert. Für einen Teil der früheren Mannschaftsgebäude sind Zwischennutzungen vereinbart, d.h. sie sind auf befristete Zeit für soziale Zwecke (für Bürgerkriegsflüchtlinge oder Obdachlose, an sozialen Einrichtungen, oder als Kindergarten) vermietet worden. Das Ende einer Zwischennutzung ist dann in Sicht, wenn der entsprechende Abschnitt des Geländes endgültig erschloßen und für eine Bebauung vorbereitet ist.

Fälschlicherweise immer wieder als Zwischennutzer genannt wird die Bezirkssammelstelle für Asyl an der Wiesentalstraße, die vom Land Baden - Württemberg im Auftrag des Bundes betrieben wird. Dabei handelt es sich hier um eine frühzeitig vereinbarte, befristete Nutzung. Die Gebäude werden nach den Vereinbarungen zwischen Stadt, Land und Bund schrittweise bis zum Jahr 2002 zurückgegeben. Dieser Geländeteil wird der letzte Abschnitt der Neuordnung sein.

Ausgeklammert blieb von Beginn an eine ca. 3,5 Hektar große Teilfläche mit sechs Mannschaftsgebäuden, in denen das Studentenwerk Wohnungen und Zimmer für ca. 600 Studierende einrichtet. Ausgeklammert wurde außerdem vier der rund zwei Dutzend ehemaligen Mannschaftsgebäude, die per Gemeinderatsentscheid vom Som- mer 1993 der „Selbstorganisierten Unabhängigen Siedlungsinitiative“ ( S.U.S.I.) zur Verfügung gestellt wurden. Die S.U.S.I. erwarb die Gebäude im Erbauvertrag. Kritiker verweisen auch heute noch darauf, dass sowohl die Stadt Freiburg als auch das Land Baden - Württemberg das „Quartier Vauban“ in der Übergangsphase bis zur Neubebauung vor allem als Auffangbecken für soziale Brennpunkte nutzen, wie etwa in Zwischennutzungen, die von der Heilsarmee für einen Obdachlosenessenstreff, einer Anlaufstelle für Asylanten, die aber explizit nicht als Zwischennutzung verstanden wer- den darf, oder dem illegal lagernden Wagenburgen, die monatelang auf dem Vauban sich aufhielten und nur durch eine Alternativfläche am Eselsköpf, die die Stadt Freiburg bereitstellte, auszogen. So gab es anfangs immer wieder beredete Proteste der Bürger- vereine angrenzender Stadtteile ( siehe 3.6 ), wie die aus Merzhausen und St. Georgen.

Ausgangslage für die Bebauung des Quartiers Vauban ist der knappe Wohnungsraum und die Wohnungsnot, die in Freiburg herrscht. Zählte man in der Stadt in den siebziger und achtziger Jahren relativ konstant zwischen 170.000 und 175.000 Einwohnern, so übertraf dieser Wert Mitte des Jahres 1997 schon knapp die Schallgrenze von 200.000 Einwohnern; davon rund 12 % Ausländer.

Obwohl sich die Stadt Freiburg im 1995 Aufgestellten Flächennutzungsplan nur für eine vergleichsweise kleine Fläche von 200 Hektar zusätzlichem Wohnbauland ausgesprochen hatte. Zwei Stadtteilprojekte wurden avisiert, das Freiburger Rieselfeld, das noch mehr für Schlagzeilen und Beachtung in den bundesdeutschen Gazetten fand und das Quartier Vauban, von dem hier die Rede sein wird.

Das Gelände, auf dem 1994 die ersten Abbrüche einer Vielzahl von Blechhallen und Mannschaftsgebäuden vorgenommen wurden und im gleichen Jahr auch die Altlastensanierung anlief, war Ort mehrere spektakulärer Hausbesetzungen, wie die der KTS, eine autonome, alternative Jugendorganisation, die ein Mannschaftsgebäude be- setzte und gewaltsam durch eine Hundertschaft der Polizei 1997 geräumt wurde nach Tagen von Protesten und Demonstrationen in der Innenstadt mit Pflastersteinwurf ins Rathaus ,teilte die Stadt der KTS ein Gebäude auf dem Gleisbahnhof in Haslach zu, daß auch angenommen und bezogen wurde; Teile waren auch lange Zeit ohne Zu- stimmung des Grundeigentümers von sogenannten „Wagenburgen“ belegt, die aus al- len Teilen der Bundesrepublik nach Vauban strömten, um den Lebensformen des „alternativ - ökologischen Wohnens“ zu frönen . Mit der Folge der Besetzungsaktionen war eine ausführliche „Jugend-/ kulturpolitische Debatte“ im Gemeinderat. Infolge der Ansiedlung zahlreicher Wagenburgen kam es zudem in den Jahren 1995 und 1996 immer wieder zu Konflikten mit Anliegern, die sich über nächtliche Konzerte, herumstreunende Hundemeuten, oder - wie die benachbarte Anliegergemeinde Merzhausen - über die Gefährdung der Trinkwasserfaßung durch Fäkalien und Verunreinigungen auf dem Gelände beschwerten.

Insgesamt kamen immer wieder Befürchtungen auf, die von der Stadt gesetzten Ziele der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme - nach der die Kosten für Erschließungsmaßnahmen und Infrastruktur über den Geländeverkauf erwirtschaftet werden sollen (siehe gleiche Problematik bei der Hamburger HafenCity) -, ließen sich allein aufgrund des durch die Zwischennutzung verursachten Imageverlustes ( Bewohner dementieren Imageverlust, siehe Interview) nicht verwirklichen. Diese Phase kennt in Art und Ausmaß kaum Vergleiche andernorts.

Mit dem für die Neubebauung des „Quartier Vauban“ eingesetztem Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme mußte der Stadt Freiburg als Eigner des Geländes daran gelegen sein, sämtliche erworbene Grundstücke zu vermarkten und Hausbesetzungen ,oder die Umnutzung qualitativ minderwertiger ehemaliger militärischer Mannschaftsgebäude zu unterbinden.

Bei der Umsetzung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme war von Anfang an die LEG Landesentwicklungsgesellschaft Baden- Württemberg mbH als Entwicklungsträ- gerin und Treuhänderin der Stadt mit im Boot. Die Tätigkeit erfolgt in enger Abstimmung mit der im Bauverwaltungsamt eingerichteten Geschäftstelle Vauban. Im Grund immer noch ein innovatives, weil neuartiges Instrument ist die regelmäßig tagende Arbeitsgruppe ( kurz: GRAG), die planerische Überlegungen konkretisiert und einen Interessenausgleich herstellt. Sie geht zurück auf erste positive Erfahrungen beim Stadterweiterungsprojekt Rieselfeld, bei dem ebenfalls eine solche GRAG eingesetzt wurde.

2.2.2 Gegenwärtige Entwicklung

In einer Stadt wie Freiburg, in der sich zahlreiche wiedersprechende Interessen gege- nüberstehen, läßt sich bei diesen Voraussetzungen gleichsam erahnen, daß bis zur Phase der baureif erschloßenen Grundstücke von einigen heftigen Diskussionen und Auseinandersetzungen begleitet war, ob es um die Etablierung alternativer Wohnfor- men ging, die Suche nach politischen Lösungen für soziale Brennpunkte oder grund- sätzlich - wie im Falle der Hausbesetzungen ,oder begleitender Demonstrationen in der Anfangsphase - um den Erhalt von Bausubstanz in Form von einstigen militärischen Mannschaftsquartieren.

Von der komplexen Zusammenballung sozialer Brennpunkte ,und deren Ausstrahlung, hat der neue Stadtteil sicher noch einige Zeit zu zehren. Nach einem noch im Sommer 1994 durchgeführten städtebaulichen Ideenwettbewerb und daraus entwickelten städ- tebaulichen Entwurf bzw. dem im Sommer 1997 beschlossenen Bebauungsplan ist es das Ziel, auf 34,5 Hektar von der Stadt letztlich nutzbarem Grund und Boden 5.000 Menschen in etwa 2.0000 Wohnungen anzusiedeln. Erste bezugsfertige Häuser wurden ab Herbst 1998 erwartet bzw. sind schon bezogen worden. Eine Teilfläche von etwa 6 Hektar soll zudem als Gewerbegebiet genutzt werden, jegliche Bebauung oder Verkauf von Grundstücken stecken aber noch in der Anfangsphase, das Stellplatzparkhaus im Bauabschnitt III wird gerade gebaut, mit der Fertigstellung darf Ende des Jahres ge- rechnet werden. Nachdem der Bauabschnitt II abgeschloßen sein wird, im Moment steht die Hälfte aller Häuser im Bauabschnitt, wird mit der Bebauung des Bauabschnit- tes III anfangen. Danach wird das letzte Mannschaftsgebäude im Nordosten des Quar- tiers weichen für neue innovative Wohnbauformen. Das Leben im Quartier hat aber schon begonnen. Kinder spielen auf den Straßen, Gartenbeete werden angelegt, der Supermarkt im Quartier wird besucht, eine Zahnarztpraxis richtet sich gerade ein, Fri- seurladen und Bäckerei haben den Weg ins Quartiers schon gefunden und locken die Kundschaft. Das Bürgerhaus 037 hat sich schon etabliert ,als zentrale Anlaufstelle der Quartiersbewohner bei Fragen und Sorgen, der vorgelagerte Marktplatz ist hingegen noch mehr eine Brachfläche, als ein Ort des kommunikativen Austausches und sozialen Treffens. Mörtel, Baugeräte und verschlammte Zufahrtstraßen haben sich verlagert in den Bauabschnitt II ,und geben den Bewohner die Möglichkeit ihrem Alltagsleben im Quartier nachzugehen, überhaupt der enorme Kinderreichtum des Quartiers fällt auf, was im Bestehen einer Grundschule und einer Kindertagesstätte auch zu belegen ist, ein Zeichen für junge Familien, die sich im Quartier ansiedeln konnten, mit Hilfe soge- nannter Baugruppen auf die später noch ausführlicher eingegangen werden soll. Dabei können die Familien mit den absoluten ökologischsten Innovationen rechnen: Neuartige Energiekonzepte, dem Bau von Niedrigenergiehäusern, der besonderen Form von O- berflächenwasserentwässerung und Nutzung von Solarenergie ,oder dem Einsatz von Vakuumtoilettenanlagen, sowie dem neuartigen Konzept des autofreien Stadtteils. Im Bauabschnitt II hingegen ist die Hälfte der Häuser schon im Rohbau, dort ist auch geschäftiges Treiben festzustellen, aber in anderer Art: Bauarbeiter, Architekten, Planer und LKW’ s prägen diesen Abschnitt.

2.2.3 Zukünftige Entwicklung

Bis 2006 so sieht es der enggefaßte Zeitplan vor soll das Quartier „vollendet“ sein und eine Oase der Ruhe, Entspannung und hoher Lebensqualität sein, in denen Menschen verschiedenster Schichten wohnen, „eingebettet“ in einen alten markanten Baumbe- stand und einem landschaftlich reizvollem Umfeld. Die Zwischennutzung der Asylan- tenanlaufstelle wird ab dem Jahre 2002 abgelaufen sein, die Bauarbeiten im 3 Bauab- schnitt werden deshalb dann beginnen. In naher Zukunft wird dann auch das zweite Stellplatzparkhaus an der Marie Curie Straße fertiggestellt worden sein, sowie die So- larsiedlung gegenüber der Merzhauser Straße. Das Gewerbegebiet wird ebenso dann entstanden sein und wird Arbeitsplätze, für die darin im Quartier lebende Bewohner schaffen; so die Vision. 5.000 Menschen werden dann im Quartier wohnen, arbeiten und sich vergnügen. „Dieser Stadtteil in Freiburg wird Freiburg im kleinen sein“, wie ein Sprecher des Stadtplanungsamtes es treffend formulierte ( Experteninterview im Tech- nischen Rathaus am 20.03.01 mit U. Bockstahler), ein Stadtteil indem ökologische Kon- zepte und sozial gemischtes Wohnen keine Lippenbekenntnisse sind, sondern praktizierte Normalität.

2.3 Der Architekturwettbewerb

Bereits zu Beginn des Jahres 1992 stand fest, daß für die Neuordnung des Vaubangeländes ein städtebaulicher Ideenwettbewerb durchgeführt werden sollte - dieser wurde dann schlußendlich zum umfangreichsten Wettbewerbsverfahren, das es je in Freiburg in diesem Umfang gegeben hat. 127 interessierte Architekten und Stadt- planer forderten die Wettbewerbsunterlagen an, 60 lieferten am Ende ihre Ideen auch ab bei der Wettbewerbsausloberin in Form eines Entwurfs nebst Detailplänen und Mo- dell im Maßstab 1:1000.

Organisatorisch durchgeführt wurde der Wettbewerb, wie auch der später hinzukom- mende Ideen- und Realisierungswettbewerb für das Stadtteilzentrum an der Merzhau- ser Straße von der LEG Landesentwicklungsgesellschaft Baden - Württemberg mbH. Als städtebauliche Ziele stellte das Stadtplanungsamt Freiburg heraus, dass ca. 38 Hektar umfassende Vaubangelände eine beträchtliche Flächenreserve der Stadt Frei- burg darstelle und als Chance für ein vielfältiges neues Stadtquartier aufgefaßt werden könne. Es bietet sich an, ein gemischt genutztes neues Stadtviertel zu schaffen, mit besonderem Augenmerk auf die stadträumliche Ausbildung des Quartiers ,als Verbin- dungsglied zwischen den Stadtteilen Unterwiehre und St. Georgen. Schwerpunkt, so meinten die Fachleute aus dem Technischen Rathaus, sollte der Wohnungsbau wer- den, mit der Möglichkeit der Durchmischung unterschiedlicher sozialer Gruppen. Gleichzeitig bewerten die Stadtplaner in einer ersten Stellungnahme die sehr unter- schiedlichen Quartiersränder: Der Bachlauf des Reichenbaches an der Gemarkungs- grenze zu Merzhausen, die verkehrsreichen Straßen am östlichen Rand des Vaubange- ländes sowie die Bahnlinie Karlsruhe - Basel am Westrand; schließlich auch der be- stehende Grünbestand mit markantrem Baumbewuchs und die möglicherweise vor- handenen Altlasten, die jeweils für sich genommen „differenzierte planerische Antwor- ten erfordern“ würden. Auch ein erster Zeitrahmen wurde abgesteckt; die Vorbereitung des Wettbewerbs bis zur eigentlichen Auslobung betrage mindestens ein halbes Jahr. In den folgenden Monaten wurden zwischen der LEG, dem Stadtplanungsamt und an- deren städtischen Ämtern - der neu gebildeten städtischen Projektgruppe Vauban ge- hörten zeitweilig bis zu 25 und mehr Vertreter aus Dezernaten, Ämtern und Dienststel- len an - vielerlei Detailfragen erörtern:

- Wo etwa die Durchgangstraßen zu Vauban liegen sollen?
- Ob es eine Möglichkeit zur Regenwasserversickerung gebe?
- Welche Art von Gewerbe denkbar ist?
- Ist der Baumbestand zu integrieren?
- Ist die bestehende Kanalisation noch brauchbar?
- etc.

Gleichzeitig wurde Bedarf an mehreren Gutachten angemeldet, so zunächst vor allem eine historische und zugleich orientierend - technische Erkundung zu den vermuteten Altlasten; aber auch ein Klimagutachten, ein hydrogeologisches Gutachten; ein Lärm- schutzgutachten und - im Hinblick auf wirtschaftliche Potentiale - nicht zuletzt auch ein Marktgutachten. Mit den Gutachten, all den Antworten auf die vielfältigen Fragen und der Auflistung der zunächst innerhalb der Verwaltung bestehenden Vorstellungen, Wün- sche und Ideen wurde schon eine Richtung vorgegeben, die auch den aus dem späteren Ideenwettbewerb hervorgehenden städtebaulichen Entwurf schon vorbestimmten. Die Vorgaben wurden im Verkauf des Jahres 1993 noch weiter präzisiert. Eine erste grobe Flächenaufteilung vom Februar 1993, die in 1.500 Wohneinheiten rund 3.500 Einwohner vorsah, ging von folgenden Werten aus:

- Gesamtfläche für den Ideenwettbewerb 38 ha
- Studentenwerk und S.U.S.I. 5 ha
- Fläche für geplante Entwicklungsmaßnahe 33 ha
- Nettobauland ( 60 %) 20 ha
- davon Gewerbe 7 ha
- davon Wohnbauland 13 ha
- Verkehrs- und Gemeindebedarfsflächen 13 ha

Der Ideenwettbewerb wurde dann schließlich am 28 Februar 1994 öffentlich ausgelobt. Die von der LEG und der Stadt Freiburg erstellten Wettbewerbsunterlagen mit den ent- sprechenden Vorgaben umfaßten am Ende 43 Seiten und gaben Hinweise zu allgemei- nen Planungszielen, dem Bestand, den eingeholten Gutachten und deren Ergebnissen, der Art und dem Maß der gewünschten baulichen Nutzung, den Verkehrs- und Frei- flächenvorstellungen sowie zum allgemeinen zeitlichen Rahmen für die zu erfüllende Aufgabe.

Die weiter konkretisierten städtebaulichen Ziele ließen sich mit den kurzen Schlagwor- ten: „gemischt genutztes Stadtquartier“, „spürbarer Beitrag zur Befriedigung des Wohn- bedarfs in Freiburg“ , „hohe Wohnqualität bei angemessener städtebaulicher Dichte“ , „Stadtteil der kurzen Wege“ ,sowie „ Stärkung umweltfreundlicher Verkehrsmittel“ und „effiziente Energieversorgungskonzepte“ auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Wichtig war der Ausloberin auch der “Erhalt und die Sicherung des Wertvollen Dorfba- ches“ und die Einbindung des markanten Baumbestandes soweit als möglich. Mittler- weile war man zu folgender Flächenbilanz und ergänzenden planerischen Orientie- rungswerten gekommen, die von den Wettbewerbsteilnehmern auch geringfügig vari- iert werden konnten und letztlich auf einer ausgeglichenen Kosten- und Finanzierungsrechnung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen beruhen:

- Gesamtareal: 38,0 ha
- Studentenwerk / SUSI: 3,7 ha
- Fläche der Entwicklungsmaßnahme: 34,3 ha
- Wohnbauland: 16,5 ha
- Gewerbe- / Mischgebiet: 6,0 ha
- Gemeinbedarf/ techn. Infrastruktur: 1,5 ha
- Öffentliche Freifläche: 2,4 ha
- Verkehrsflächen: 7,9 ha

Das Verhältnis Nettobauland zu Restflächen betrug damit jetzt 65 zu 35; die weitere Erhöhung der vermarktbaren Flächen wurde für notwendig erachtet. Damit verbunden war gleichzeitig eine Erhöhung der möglichen Wohneinheiten auf 2.000 und bei 165.000 Quadratmeter Brutttogeschoßfläche umgerechnet ca. 4.500 denkbare neue Bewohner. Nach drei Monaten Bearbeitungszeit und insgesamt - wie schon eingangs erwähnt - 60 abgegeben Modellen samt Plänen, wurde am 1. Juli 1994 der Sieger des städtebaulichen Ideenwettbewerbs „ Vaubangelände in Freiburg“ bekannt gegeben: Das Büro Kohlhoff & Kohlhoff aus Stuttgart ,das in Arbeitsgemeinschaft mit dem Land- schaftsplaner Lutz und Partner bzw. dem Verkehrsplaner Hans Billinger ( beide auch aus Stuttgart) gemeinsam antrat. Das Preisgeld für die Wettbewerbssieger lag bei 55.000 DM. Vergeben wurde auch je ein 2. bis 5. Preis sowie die Qualität weiterer vier Büros mit sogenannten Ankäufen belohnt.

Der zweite Preis ging an den Karlsruher Architekten Fothui - Kirsch, der dritte an das Büro der Freien Architekten Astrid Tiemann - Petri aus Stuttgart und der vierte an die Arbeitsgemeinschaft Telian, Moser und Rothfuss mit Preisgeldern von 44.000 DM bzw.

33.000 DM und 26.500 DM. Ausgeschieden waren dagegen einige Teilnehmer, die Aussagen zum Thema „ Leben ohne Auto“ vermißen ließen ,oder nichts vom Erhalt des markanten Baumbestandes hielten. Einige Wettbewerbsteilnehmer empfahlen auch explizit den Erhalt weiterer Mannschaftsgebäude, was beim Preisgericht unterschiedli- chen Wiederhall fand.

Die Flächenbilanz für die städtische Entwicklung reichte im Einzelfall kurioserweise von 24,9 Hektar bis zu 44,3 Hektar; obwohl sie doch eigentlich in den Vorgaben ziemlich genau festgehalten war. Der Kohlhoff’sche Entwurf hielt sich an die Vorgaben. Das Preisgericht empfahl dem Gemeinderat, den mit dem 1. Preis ausgezeichneten Entwurf als weitere Grundlage für die Erarbeitung eines städtebaulichen Entwurfs und das Be- bauungsverfahren heranzuziehen. Professor Hanns Adrian sprach unter anderem von einem Modell für eine Stadtplanung der kurzen Wege auf erstaunlich hohem Niveau (vgl. Prof. Adrian. Geschäftsstelle Vauban: „Leitfaden- Bauen: 12) ,anders als z.B. im Rieselfeld waren weitaus mehr Richtlinien und Vorgaben vom Preisgericht festgesetzt worden, wie beispielsweise der Einbezug des Dorfbaches, Baumbestandes sowie die Berücksichtigung der sehr individuell und innovativ ausfallenden Baugruppengebäude. Das Rieselfeld war freier, nicht von sehr vielen Vorgaben geprägt führte dennoch - negativ gesehen- zu einer Uniformität der Gebäude.

2.4 Leitbilder für das Quartier Vauban

Im Quartier Vauban werden unterschiedlichste Leitbilder zur Anwendung kommen bzw. realisiert werden. Die Stadtplanung, die in Vauban betrieben wird ist eine nachhaltige Planung, nachhaltig im erfüllen neuester ökologischer Erkenntnisse und Fortschritte, wie der Regenwasserversickerung, dem Freiburger Passivhauskonzept und der Wär- medämmung, nachhaltig in städtebaulicher Hinsicht, wie etwa der klein Parzellierung, dem Konzept des „autofreien Wohnens“, oder der konzeptionellen Aufteilung des Quar- tiers in einen Stadtteil „der kurzen Wege“, mit Gewerbe und Nahversorgung für die in diesem Quartier lebende Bevölkerung, letztendlich nachhaltig in sozialkultureller Hin- sicht, das Prinzip der Bürgervereine und Bürgerinitiativen, die einen starken Zulauf der Bewohner haben, dem Konzept der Baugruppen, mit Hilfe diese Konzeptes wirklich- keitsnahe Nachbarschaften entstehen, die sich von jeglicher Nachbarschaft in anderen „normalen Stadtteilen“ unterscheiden, und schließlich das gemischte Wohnen, der Be- wohner, die sich aus allen Altersgruppen, allen Einkommensgruppen, Ethnien und schließlich unterschiedlich politisch gesinnten Parteien zusammensetzt. Nachhaltigkeit findet in Vauban Anwendung in jeglicher denkbarer Form.

2.4.1 Städtebauliches Leitbild

Ein in unserer heutigen Zeit geplanter und gebauter Stadtteil ist ein Spiegelbild unserer heutigen Gesellschaft. Er muß zudem unsere Visionen einer anzustrebenden künftigen Welt von morgen erkennen lassen. Insbesondere soll er unser Bild von einer freiheitli- chen demokratischen Grundordnung, von einem pluralistischen Gemeinwesen und von der Würde eines jeden einzelnen Menschen in die gebaute Wirklichkeit umsetzten . Daher darf die Planung eine Stadtteils nicht ausschließlich Stadtplanern und Ingenieu- ren - so unverzichtbar diese auch sind -anvertraut werden. Ein derartiges Vorhaben muß bereits im methodischen Ansatz ein interdisziplinäres Unterfangen sein. Es muß als Gemeinschaftsaufgabe begriffen werden, die bereits im Vorfeld Sozialwissenschaft- licher, Pädagogen, Psychologen, Kulturpolitiker, Ökologen und viele andere Fachleute aus unterschiedlichen Teildisziplinen einbezieht.

Für die Vorstellung auf der Weltsiedlungskonferenz, der Habitat II im Juni 1996 in Istanbul hat die Stadtverwaltung in einem zweiseitigen Informationsblatt die städtebaulichen Ziele kurz und bündig zusammengefasst, wie sie auch im Rahmenplan bereits zum Ausdruck kamen. Damit werden die Gesamtzusammenhänge deutlich. Das „Neue Wohnen im Vaubanviertel“ wurde danach charakterisiert mit den Stichworten:

- Mischung von Arbeit und Wohnen
- Erhalt des schützenswerten Baumbestandes und des Biotop St. Georgener Dorfbach
- Vorrang für Fußgänger, Radfahrer und öffentlicher Verkehrsmittel
- Nahwärmeversorgung mit BHKW
- Wohnhäuser in Niedrigenergiebauweise
- Mischung sozialer Gruppen
- Stadtteilzentrum mit Geschäften für den täglichen Bedarf
- Grundschule und Betreuungseinrichtung für Kinder
- Sicherung öffentlicher Grünflächen
- Vielfalt in der Baustruktur
- Kleinteiligkeit in der Parzellierung
- Familien und Kinderfreundlichkeit

Ein guter Stadtteil von morgen muß von vorneherein die Gesichtspunkte einer weitsich- tigen Verkehrspolitik berücksichtigen, so wie dies in Vauban durch das Konzept „des autofreien Wohnens“ u.a. realisiert werden wird. Städtebauliche Fehlentscheidungen können im Nachhinein kaum noch durch verkehrspolitische Maßnahmen korrigiert wer- den. Ab einer bestimmten Größenordnung muß in Städten der öffentliche Personen- nahverkehr(ÖPNV) mit der Straßenbahn als Rückgrat die entscheiden Grundlage der Stadtentwicklung sein. In Vauban wird die Straßenbahnhaltestelle „Quartier Vauban“ in das Gelände „ eindringen“ und an der Vaubanalle, der Hauptstraße halten, des weiteren ist das Quartier an der Merzhauser Straße durch eine Bushaltestelle (Haltestelle Vauban) auch noch zu erreichen, diese Bushaltestelle wird, nachdem die Straßenbahn in 2006 das Quartier anfährt nur noch eine ergänzende Funktion haben, wie uns aus dem Stadtplanungsamt gesagt worden ist.

Die Bauleitplanung hat von Anfang an das häufig unterschätze oder gar belächelte Ziel einer fahrradgerechten Stadt zu berücksichtigen im Aufwand gegenüber Bahn und Straße nur ein geringer Kostenfaktor- aber ungeheuer effektiv im Sinne einer Kosten - Nutzen - Analyse. In überschaubaren Dimensionen sollen mutige Experimente von au- tofreien oder zumindest stellplatzfreien Nachbarschaften angegangen werden. Es darf aber nicht realitätsfern das Auto aus der Existenz der Jahrzehnte einfach weggedacht werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der öffentliche Raum, Straßen und Plätze durch den ruhenden Verkehr nachhaltig geschädigt wird. In Vauban konnte bei der Ortsbegehung ein außerordentlich hohes Maß an stehenden Autos bemerkt werden, die einerseits aus Zulieferungen, also stehenden LKW’ s, stehenden Autos von Handwer- kern und Ingenieuren, aber auch Familien bestanden, die dort wohnen. Der Marktplatz war aber nicht beparkt. Ein endgültiges Urteil darf aber erst dann gefällt werden, wenn 2006 alle Baumaßnahmen abgeschlossen, die Stadtbahn ins Quartier Einzug gefunden hat, und das Parkhaus im Bauabschnitt III fertiggestellt worden ist. „Den öffentlichen Raum, Straßen und Plätze verstärkt für den Menschen wieder als Erlebnis- und Begeg- nungsbereich zu gewinnen, kommt eine zentrale Rolle zu für jeden Stadtteil. Als Aus- druck einer „ demokratischen Stadtplanung“ muß dieser öffentliche Raum allen Bürgern, unabhängig von Status und Alter, zugänglich und offen sein. Danach ist der öffentliche Raum eine „gestaltete Einladung“ an die gesamte Bürgerschaft zu Kontakten, zum Auf- einadertreffen, zu Gespräch und Begegnung. Die konkrete Ausgestaltung und Ausstrahlung des öffentlichen Raumes spiet daher eine Schlüsselrolle für das Entstehen und die Pflege von Nachbarschaften, Identifikation und emotionaler Bindung. Der Marktplatz am Bürgerhaus 037, die zentrale Anlaufstelle und Bezugsort für die Quartiersbewohner kann seine Rolle in diesem Sinne noch nicht gerecht werden, da der Platz als solcher noch nicht hergerichtet ist. Der Platz war bei der Ortsbegehung eine verschlammte Fläche, auf der nur Berties Backhauswagen stand, der Brotwaren ver- kaufte. Ein Urteil wird in einigen Jahren wohl erst gefallen sein können.

Stadtentwicklung muß auf die Zukunft ausgerichtet sein (Stichwort: Nachhaltigkeit). Sie muß daher offen sein für künftige Entwicklungen, für geänderte gesellschaftliche Ver- hältnisse der nächsten jahrzehnte, die wir heute nicht wissen, häufig erahnen, bisweilen in ihren Ansätzen aber noch nicht einmal erkennen können. Je irreversibler unsere Festlegungen in der heutigen Zeit sind, desto größere Schwierigkeiten und Probleme entstehen künftig bei veränderten Rahmenbedingungen und Bedürfnissen. Daher muß eine vorausschauende Planung Beweglichkeits- und Freiheitsgrade für künftige Zeiten einbauen: Flexibilität in der Nutzung von Wohnungen, Mobilität innerhalb des vorhan- denen Wohnungsbestandes, „Robustheit“ der festgelegten Planungen, vielfältige Nut- zungsmöglichkeiten der vorhandenen öffentlichen Einrichtungen, Möglichkeiten der Nachverdichtung (Punktbauten beim Studentenwerk auf Vauban) , Reserveflächen - all dies trägt dieser offenen Planung Rechnung.

2.4.1.1 Vauban: Stadtteil der kurzen Wege

Im Rahmen eines Stadtteiles der kurzen Wege strebt man an, die Einrichtungen des täglichen Bedarfs vorzuhalten und trägt damit nicht nur zu einer Erhöhung der Lebens- qualität bei, sondern reduziert auch unnötigen Verkehr. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad sind - so die Vorstellung - Schule, Kindergärten, der Laden oder Arbeitsplätze in kurzer Entfernung zu erreichen. Schon heute ist das Vaubangelände vernetzt mit den VAG- Buslinien der Stadt Freiburg und den Linien aus dem Umland. Mit der weiteren Bebau- ung soll der Bus in das Wohngebiet hineinfahren, die Planung beinhaltet eine Option für den Ausbau einer Stadtbahnlinie. Gleichzeitig wollen die verantwortlichen Stadtplaner den Individualverkehr so weit wie möglich zurückdrängen. Freiburg ist die Stadt des Fahrradverkehrs und der Fahrradwege, es ist daher selbstverständlich das das Quartier Vauban an das Wegenetz angeschlossen wird. Im Quartier soll das Auto keine domi- nante Rolle spielen, drei Alternativen bieten sich für die Bewohner an: Wohnen ohne eigenes Auto, Wohnen mit eigenem Auto in einer Gemeinschaftsgarage am Quartiers- rand und Wohnen mit eigenem Auto am/ im Haus. Die Stellplätze sollen in einer Entfer- nung von max. 300 Meter am Quartiersrand angeordnet werden.

Die Themen „ stellplatzfrei“ und „autofrei“ wurden im Jahr 1995 von verschiedenen Sei- ten in die Debatte eingebracht; einige wichtige Anregungen kamen von einer vergleich- baren Planungsdebatte in Bremen-Hollerland (einem aber inzwischen gescheiteren Pro- jekt) . Gleichzeitig wurde immer wieder darauf verwiesen, daß in Freiburg - wie in ande- ren Großstädten auch - mindestens ein Drittel der Bevölkerung seit jeher über kein Au- to verfügt (Ende 1996 kamen auf 1000 Einwohner 418 Pkw) und somit eine hohe Ak- zeptanz zu erwarten sei. Im Bebauungsplan hat der Gemeinderat drei Quartiere im ers- ten Vermarktungsabschnitt als stellplatzfrei festgesetzt, um die umweltfreundliche Fort- bewegung zu stärken. Die ca. 500 notwendigen Stellplätze sollen in der Quartiersgara- ge an der Merzhauser Straße und an der künftigen Lise-Meitner-Straße untergebracht werden. Freiburg ist damit auf dem besten Weg, die größte „ autofreie“ (gemeint ist da- mit eine weitgehend verkehrsreduzierte) Siedlung Deutschland zu bauen. Auf der Habi- tat II hieß es dazu: „All facilities for satisfying the daily needs should be provided within the district. This is not only enhances the quality of life, but helps re-ducing unnesessary traffic. Nurseries, the primary school and the grocery store are all within walking and cycling distance….”

(vgl. Bundesministerium für Wohnen, Bauen und Verkehr, Mai 1995). Im Rahmen unserer aufgestellten Hypothese eine Bekräftigung für diese, ein Verein „Autofreies Wohnen e.V.“ hat sich gegründet, um die Ziele und Vorhaben eines autofreien Quartiers zu forcieren bzw. voranzutreiben.

2.4.1.2 Das Stadtteilzentrum im Quartier Vauban

Bei dem städtebaulichen Ideenwettbewerb ,eine der wichtigen Vorgaben und Richtli- nien, bildete der Einbezug eines eigenen Stadtteilzentrums mit Versorgungsmöglichkei- ten, der darin lebenden Bewohner, getreu dem städtebaulichen Leitbild: „Stadt der kur- zen Wege“. Des weiteren war klar, daß eine Grundschule und ein eigener Kindergarten für die Kinder, des bald 5.000 Bewohner zählenden Quartiers unabdingbar sei. Im städtebaulichem Ideenwettbewerb sollten Kindergarten und Grundschule in die Stadtteilmitte, die Einkaufsmöglichkeiten an die Merzhauser Straße, dies sollte den Zweck erfüllen, daß diese im ersten Bauabschnitt liegende Einrichtung gleich von den darin lebenden Bewohnern genutzt werden konnten. Aber auch die städtebaulichen Leitbilder: „Stadt der kurzen Wege“ und „autofreies Wohnen“ sollten durch die geplante Stadtteilsmitte mit Einkaufsmöglichkeiten nicht ins Wanken geraten, wollte man doch verkehrsberuhigte und zurückgebaute Wege. Das Einkaufszentrum müße so die Stadt an den Quartiersrand, um das Quartier autofrei und verkehrsberuhigt zu halten. So wurde das Einkaufszentrum, entgegen der eigentlichen Planung ,als zur Stadtteilsmitte belebendes Element, an die Merzhauser Straße gelegt. Dies hatte Proteste der Ge- meinde Merzhausen und des Forum Vauban zu folge, die in Punkt 3.2 bzw. 3.6 ausführ- licher behandelt werden. Für die Stadtteilsmitte am Quartiersrand, die den Kindergar- ten, die Grundschule, einen Supermarkt sowie ein car-sharing Parkhaus beinhaltete wurde wieder ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben, in denen wieder die selben 13 Preisrichter, wie beim städtebaulichen Ideenwettbewerb 1994 anwesend waren. Unter 77 eingereichten Vorschlägen setzte sich das Büro „Mosaik“ aus Hannover durch, dass durch seine „Einfachheit und klare Gestaltung“ die Preisrichter überzeugte. An der Merzhauser Straße entstand ein riegelförmiger Block, 40 Meter lang, der das Quartier von der Merzhauser Straße quasi abriegelt. Darin untergebracht das „car-sharing Park- haus“ und der Supermarkt. Grundschule und Kindergarten ist in unmittelbarer Nähe am Dorfbach und künftigen Paula-Modersohn-Platz angesiedelt, mit großzügigem Sport- platz, Leichtathletikanlage und einem Kindergartenspielplatz. Das 15 Millionen-Projekt wurde 1996 baulich angefangen, heute ist es vollendet und wird von den jeweiligen Nutzern frequentiert.

Das Stadtteilszentrum bildet im eigentlichen Sinne keine Stadtteilsmitte, da es schon geographisch gesehen am Quartiersrand angesiedelt ist, und nicht im „Herz des Quar- tiers“ ,was einer Stadtteilmitte entsprechen würde. Auch wenn die Bewohner des 1 Bauabschnittes das Stadtteilzentrum frequentieren gestaltet sich die weite Entfernung für die zukünftigen Bewohner des zweiten und dritten Bauabschnittes recht schwierig, allein wegen der ungünstigen Entfernung und Erreichbarkeit des an der anderen Seite für die zukünftigen Bewohner liegende Stadtteilszentrum. Ein Beweis dafür, daß Stadt- planung nicht immer ganz einfach und für alle nicht mit einem befriedigendem Ergebnis betrieben werden kann.

2.4.2 Das sozialökologische Leitbild

Stadtentwicklung für morgen ist zugleich ökologisch verantwortliche Stadtplanung. Vom Ansatz her müßen daher entsprechende klare Vorgaben und Rahmen die Stadtplanung leiten. Dies gilt für die Verkehrspolitik, indem vermeidbarer Verkehr von vorneherein verhindert wird und umweltfreundliche Alternativen in Kombination mit maßvollen Re- striktionen als Angebote vorhanden sind. Dies gilt für die Energiepolitik durch Niedrig- energieangebote im Wohnungsbau, Fernwärmeverbund, Optionen für Solarnutzung.

Dies gilt für ressourcenschonende Versorgung (z.B. Nutzung von Regenwasser) ,als auch für die Entsorgung (Mülleinsparungs- und Verwertungskonzepte, geringere Oberflächenversiegelung etc.).Im Quartier Vauban wird das sozialökologische Leitbild durch Vakuumtoilletenanlagen, Passivhäuser, Solarzellen, Regenwassernutzung und Wärmedämmung zur Anwendung gebracht.

Ein anderer wichtiger ökologischer Bestandteil im Quartier Vauban bilden die markan- ten Baumreihen, welche die Vauban-Allee säumen. Während die meisten Einrichtungen der Kaserne längst verschwunden sind, um den Stadtteil so viele, wie möglich neue Impulse zu geben, gehörte der Baumbetsand zu den Vorgaben, die das Preisgericht bei dem städtebaulichen Wettbewerb als eine von vier Richtlinien vorgab. Die Planung mußte von Anfang an abgestimmt werden auf schützenswerte Bestände, je nach Baumgröße festgelegte Wurzelschutzräume waren vor Verdichtung zu schützen. Glei- chermaßen galt es die Auswirkungen auf das Leitungs- und Straßennetz zu berücksich- tigen. Ein herausragendes Beispiel sind die vier Platanen am östlichen Rand des Vau- bangeländes, die schon in den Ideen- und Realisierungswettbewerb „Schule“ integriert wurden.

438 Bäume und Strauchgruppen wurden im Frühjahr 1995 von Fachleuten der Forst- wirtschaftlichen Fakultät an der Universität Freiburg auf dem Vaubangelände kartiert. Linden, Pappeln, Buchen, Nußbäume und Platanen zählen ebenso dazu, wie ein noch kleiner, sehr junger Bestand von Ahornbäumen. Der älteste Bestand ist 70 Jahre alt, die Platanen und Linden sind durchschnittlich 30 bis 40 Jahre alt. Es darf festgestellt wer- den, daß die Linden die am häufigsten auf dem Vaubangelände vertretene Baumart sind. hr prozentualer Anteil beträgt circa. 30 % bei insgesamt 210 erfaßten hochwach- senden Bäumen; die Platanen stellen dagegen die vitalste Baumart. Zu Jahresbeginn 1995 wurde mit aufwendigen Pflegearbeiten zum Erhalt des Baumbestandes begonnen. Vor allem die 19 Linden an der einstigen Haupteinfahrt des Kasernengeländes, der künftigen Vauban Allee erhielten einen neuen Kronschnitt. Um etwa 20 % an über- schüssigen Trieben wurden die Kronen erleichtert. Die Pflegearbeiten mußten in die- sem sehr intensiven Rahmen ausfallen, weil Ihnen Jahre zuvor durch die Vornutzer eine wenig artgerechte Behandlung zugekommen war. Etwa 200.000 DM wurden bis 1997 ausgegeben für die Stutz- und Pflegemaßnahmen, ein Zeichen, dass die Stadt keine Kosten und Mühe sparte, um den Baumbestand längerfristig im Quartier zu integrieren als wichtiger Bestandteil für die ganz „eigene“ Atmosphäre im Quartier, denn mit den einziehenden Bauarbeiten ins Quartier sind die Bäume Streß, Lärm und Schmutz aus- gesetzt, so auch wie für die menschlichen Bewohner im Quartier, so ein Sprecher der Forstwirtschaftlichen Fakultät Freiburg vor Ort. Vor allem die Linden sind bekannt dafür, dass sie auf Bodenverdichtung sehr empfindlich reagieren. Letztlich sind rund 80 Bäume hoch schützenswert und deshalb auch in das Bebauungsplanverfahren einbezogen worden. Einige der stark pilzbefallenen Nussbäume sind inzwischen gefallen. Den meisten der Linden prophezeien die Forstwissenschaftler dagegen ein langes Leben: 60 weitere Jahre könnten diese gut überstehen, so das Fazit.

Bei der Stadtentwässerung wird es im Wohngebiet Vauban keine Regenwasserkanäle geben. Auf dem Vaubangelände werden dazu alle Oberflächenwasser in offenen Rin- nen gesammelt und über Rigolen (Kiespackungen) in den beiden zentralen Gräben noch innerhalb des Wohngebiets über die belebte Bodenschicht versickert. Diese Me- thode wurde gewählt aufgrund der ungünstigen Bodenbeschaffenheit und der dichten Bauweise, was dazu führt, dass auf den Baugrundstücken selber nicht versickert wer- den kann.

Bei der Versickerung und dem Durchlauf durch den Bodenfilter wird das Wasser gleich- zeitig gereinigt, das Siedlungsklima und der Grundwasserspiegel werden verbessert und gleichzeitig die Kläranlage entlastet. Regen in diesem neuen Stadtviertel wird damit künftig nicht zu Hochwasserwellen im St. Georgener Dorfbach oder im Rhein beitragen. Angeregt durch die Bürgerbeteiligung wurde für das neue Wohngebiet auch lange Zeit diskutiert, anstelle der Schwemmkanalisation eine kombinierte Vakuumentwässerung einzuführen. Dazu erstellte man eigens eine Machbarkeitsstudie. Das Prinzip der Vaku- umentwässerung geht davon aus, dass Fäkalien über Vakuumröhren in einen Biogas- reaktor geleitet und dort zusammen mit Küchenabfällen vergärt werden. Das neue Sys- tem kommt aufgrund mangelnder Erfahrung nicht auf dem gesamten Vaubangelände zum Einsatz. Es wurde aber doch eine Möglichkeit gefunden zur erstmaligen und aus Forschungsmitteln bezuschusste Erprobung: Auf dem ehemaligen Sportplatzgelände östlich der Merzhauser Straße wird ein Investor dieses Thema aufgreifen. Schon im Jahre 1992 hat der Gemeinderat den Beschluß gefaßt, wonach auf Grundstü- cken der Stadt Freiburg nur Gelände in Niedrigenergiebauweise erstellt werden dürfen. Dies gilt auch für das Vaubangelände. Die einzuhaltende Energiekennzahl von 65 Kilo- wattstunden pro Quadratmeter und Jahr liegt deutlich unter den Anforderungen der Wärmeschutzverordnung, weil in Freiburg ein eigenständiges Berechnungsverfahren zur Anwendung kam. Alle Wohngebäude sind zudem an eine zentrale Nahwärmever- sorgung anzuschließen. Auf dem Vaubangelände wurde ein flächendeckendes Nah- wärmenetz einschließlich Heizwerk erstellt. Der weitere Ausbau zum Blockheizkraftwerk (BHKW) erfolgt dann, wenn 85 % des Wohngebiets erstellt sind.

Der notwendige Energieeinsatz bei einem derartigen Passivhaus entspricht etwa dem Stromverbrauch eines durchschnittlichen deutschen Haushaltes. Die Energieeinsparun- gen werden bei Heizwärme, Warmwassererzeugung und Haushaltsstrom gleicherma-ßen erzielt. Notwendig sind dazu vor allem besondere Konstruktionsprinzipien beim Gebäude selber: etwa die möglichst verschattungsfreie Nord-Süd-Ausrichtung der Ge- bäude, die Verhinderung von Wärmebrücken, der Einsatz von Solarenergie, der Nach- weis von Luftdichtheit und die Perfektionierung der Haustechnik, die von der Lüftungs- anlage bis zur Warmwasseraufbereitungsanlage reicht. Zudem wird angestrebt, die Au-ßenfaßade zu optimieren, indem Fassadensprünge vermieden werden.

In langen Diskussionen wurde zudem der bisherige Niedrigenergiehausstandard (NEH) weiterentwickelt. Den Bauherrn wurde ein Nachweisverfahren an die Hand gegeben für „verbesserte“ Niedrigenergiehäuser. Auch Passivhäuser mit 15 Kilowattstunden je Quadratmeter und Jahr können erstellt und nachgewiesen werden. Bei diesem Haustyp kann auf Antrag auf einen Anschluß an die Fernwärmeversorgung verzichtet werden. Dieses Energiekonzept gilt auch für die Solarsiedlung am Schlierberg, auf dem ehema- ligen Sportplatzgelände östlich der Merzhauser Straße, also gegenüber dem Quartier Vauban. Die dort vorgesehenen Plus-Energie-Häuser des Solararchitekten Rolf Disch gehen darüber aber noch hinaus und erzeugen mehr Energie als sie selber verbrau- chen. Damit sind sie eine wertvolle Bereicherung für die zahlreichen wegweisenden Modelle moderner Stadtplanung auf dem Vaubangelände mit vor allem ökologischer Ausrichtung.

Die Problematik der Altlastensanierung bildete für die Stadt Freiburg ökologisch be- trachtet ein Problem dar von nicht genauer Tragweite, da niemand genau wußte, was in diesen Böden lagert. Da das Kasernengelände offiziell französisches Territorium war, blieb den Freiburgern der Blick ins Geschehen bis nach dem Abzug der Franzosen verwehrt. Bekannt war nur, dass 500 LKW’ s und Jeeps in riesigen Unterständen lager- ten, die natürlich gewartet, betankt und bewegt wurden. Nach geomorphologischen Gutachten stellten Bodenverunreinigungen durch Mineralölverunreinigungen im T- Bereich der Kaserne, Bleiverunreinigung auf der Schießbahn, sowie Grundwasserver- unreinigung an 5-10 Stellen im gesamten Kasernenbereich. Es wurde beschlossen ins- gesamt im Durchschnitt 60 cm Erde abzutragen, also einen Bodenaustausch vorzu- nehmen, an den belasteten Stellen. Das Tanklager wurde ausgehoben und ersetzt durch Erschließungsmaßnahmen im Rahmen durch zivile Nutzung für den späteren Stadtteil. Die Sanierung erfolgte in Abhängigkeit von der jeweils vorgesehenen Nutzung. Das aus der noch aus der Vorkriegszeit stammende Kanalisationssystem mußte rundum entfernt werden. Altlasten waren aber nicht nur im Bodengrund zu finden, sondern auch in zahlreichen Hallen, Werkstätten und Gebäuden, meist in Form von bleihaltigen Stäuben. In einer Halle fand sich auch etwa Asbeststaub. Während bei Bodenabtrag und Entfernung von Tanklagen die Bundesverwaltung die Kosten vertragsmäßig übernahm, ist dies bei besagten Stäuben nicht der Fall.

2.4.2.1 Das Gartenstadtmodell Vauban

Bei Betrachtung der Vorgaben, die bei dem Ideenwettbewerb von den Preisrichtern vorgegeben worden sind: geringe Höhenentwicklung der Gebäude, klein Parzellierung, bescheidene von Vorgärten gesäumte Erschließungsstraßen, muß man den Eindruck gewinnen, wenn man sich auf dem Vaubangelände befindet in einer Gartenstadt zu sein. Nun dieser Gedanke ist nicht ganz falsch, so sagte Volker Jescheck, zuständiger Stadtplaner für das Vaubangelände bei einem zufälligen Treffen auf dem Vauban- gelände am 21.03.01: „Soviel Land wie möglich, soviel Stadt wie nötig.“ Als Garten- stadtmodell bietet sich das Vaubangelände geradezu an, verfügt es doch schon seit Jahrzehnten über einen markanten Baumbestand und ist auch im Umfeld von einem bereits bestehenden Grüngürtel umgeben, an der Gemarkungsgrenze zu Merzhausen und dem Reichenbach, der das Vaubangelände von dem Gewerbegebiet abtrennt, das schon zu Merzhausen gehört. Gleichwohl wird die bauliche Dichte wesentlich höher sein, als in den historischen Vorbildern. Der Stuttgarter Architekt Sven Kohlhoff, Gewin- ner des Ideenwettbewerbes und an der Umsetzung des städtebaulichen Entwurfs betei- ligt, sieht dennoch das Grün als dominant an: „Bei durchschnittlicher dreigeschoßiger Bauweise könne die Baumwipfel noch die Dachtraufe überragen, zusätzlich gliedern drei geplante Grünspangen in Nord - Süd - Richtung den Stadtteil und ergänzen die im Entstehen begriffenen privaten Gärten.“ Auch bei historischer Betrachtung zur Definition des Gartenstadtmodell durch den englischen Staatsmann und Sozial- bzw. Bodenre- former Ebenezer Howard, der 1919 seine Ideen in der Veröffentlichung „Stadt in der Landschaft“ niederschrieb werden Ähnlichkeiten zwischen Vauban und dem Garten- stadtmodell sichtbar: Eine Gartenstadt ist eine Stadt, die für gesunde Lebens- und Ar- beitsverhältnisse entworfen wurde; von einer Größe, die ein volles Maß sozialen Le- bens möglich macht, aber nicht größer; umgeben von einem Landschaftsgürtel; Das gesamte Land ist öffentliches Eigentum, oder wird treuhänderisch verwaltet . (vgl. Howard 1919: 12)

2.4.3 Das sozialkulturelle Leitbild

Stadtplanung hat unverändert die Aufgabe des „social engineering“. Dies ist zum einen „mixed use“ zwischen Arbeiten und Wohnen. Alt und Jung, Behinderte und Nichtbehinderte, Einheimische und Ausländer sollen zudem möglichst zusammen-geführt und nicht in Sonderbauten konzentriert werden. Ansonsten werden sie tendenziell von der Gemeinschaft ab- und ausgegrenzt bzw. isolieren sich selber.

Diesem Ziel dient ein durchgehender bestimmter Anteil von barrierefreien Wohnungen im allgemeinen Wohnungsbau. In Vauban leben alle Alterschichten: Zwar ist der Anteil der über sechzig jährigen relativ klein, er beträgt nur 4 %, aber von dem Baby bis zum Rentner sind im Quartier sämtliche Altersschichten auffindbar. Ausländer können im Rahmen der Asylantenanlaufstelle gesehen werden, auch wenn im Jahre 2002 diese Einrichtung aus dem Quartier verschwunden sein wird. Aber Ausländer wohnen auch ganz selbstverständlich Haus an Haus mit Einheimischen zusammen, oder haben sich sogar in Baugruppen zusammengefunden. In der Badischen Zeitung heißt es dazu von Anita Rüffer: Einen wahren Boom gemeinschaftlichen Bauens löst das Vaubangelände aus. Nicht nur eine Genossenschaft ist dabei, sich zu gründen. Unter den 300 Bewer- bern für die 140 Grundstücke des ersten Vermarktungsabschnittes sind allein 30 Baugruppen, zu denen sich 200 Bauher- ren und -damen zusammengeschloßen haben (vgl. Badische Zeitung vom 5.4.97: 12). Studenten mischen sich mit alten Leuten, Akademiker mit Sozialhilfeempfängern und Kinder spielen in unmittelbarer Nähe zu dem Platz der Wagenburglern, die alternatives Wohnen befürworten, alles ganz natürlich und ohne groß-artige Konfliktherde, so ge- wannen wir diesen Eindruck, der uns auch von offizieller Stelle bestätigt worden ist. Gemeinschaftseinrichtungen sollen, wo immer möglich, generationenübergreifend zu- sammenführen und nicht einander trennend voneinander „abschotten“. Das Bürgerhaus 037 ist Anlaufstelle für alle Quartiersbewohner und dementsprechend auch für jede Al- tersspezifische Fragen eingerichtet. Der „soziale Wohnungsbau“ soll möglichst klein- parzelliert sein und mit freifinanziertem Wohnungsbau gemischt werden.

Die Form von Gebäuden und Siedlungskörpern soll im sozialen Wohnungsbau so ges- taltet werden, dass soziale Zuordnung nicht ablesbar ist und die damit verbundene Gefahr von Diskriminierung unterbleibt. S.U.S.I. kann für Vauban als belebendes und e- bendiges Paradebeispiel angesehen werden. Eine Initiative, die Menschen mit wenig Einkommen bzw. Sozialhilfeempfänger die Möglichkeit gibt Wohnraum zu erwerben, unentgeltlich dafür mit „105 Stunden Muskelkraft“ zur Verfügung stehen muß. S.U.S.I. renoviert und baut ihre Häuser selber und zwar mit modernen ökologischen Methoden (siehe. 3.3).

Für frauen- und familiengerechte Konzeptionen müssen in überschaubarem Rahmen neue Wege des experimentellen Stadtteilbaus gefördert und verwirklicht werden. In Vauban ist dies durch das Prinzip des „autofreien Wohnens“, der Verengung bzw. dem Rückbau der Straßen gewährleistet. Auch eine Kindertagestätte hat sich neben einen städtischen Kindergarten etablieren können, damit berufstätige Frauen ihre Kinder dort unbekümmert auch nachmittags in guter Betreuung wissen. Des weiteren gibt es Frauentreffs bzw. ein Frauentage, an denen sich „Quartiersfrauen“ treffen und austauschen können. Eine besondere Form der Integration bilden die Baugruppenträger, die in Vauban schon vielfach zur Anwendung gekommen sind.

„Selbstorganisiertes Bauen in Baugruppen“, nennt sich das, was schon im Rieselfeld erfolgreich praktiziert wurde und auch vom Forum Vauban (siehe 3.2) unterstützt wird. Ziel ist es, das soziale Nachbarschaftsgefüge zu stärken und das Bauen selber deutlich kostengünstiger und damit auch für mittlere Einkommensschichten erschwinglich zu machen. Bilanz zur Jahresmitte 1997: Im ersten Vermarktungsabschnitt wurden so weit über 100 Haushalte in 14 Baugruppen zusammengeführt, die so vielfältig sind wie ihre Namen bunt. „Passivhaus-Gärtner“ oder „Triangle“ nennen sich solche Baugruppen beispielsweise, „Ton, Steine, Scherben“ , „Licht und Leben“, „Wohnen und Arbeiten“, „Grünspecht“ oder schlicht „Gruppe 14“ heißen andere. Schon wieder Geschichte sind die Gruppen „Bauklötzle“, „Schöner Wohnen“ oder „Bunt gemischt“, denn nicht immer ist es möglich, alle Interessen unter einen Hut zu bringen. Neben dem sozialen Aspekt des frühzeitigen gegenseitigen kennen lernen ist es besonders wichtig, dass man sich frühzeitig einigen muß. Und zwar nicht nur auf einen gemeinsamen Architekten, son- dern auch in einer Vielzahl von technischen und gestalterischen Fragen oder etwa möglichen Sammelbestellaktionen. Einig werden muß sich eine Baugruppe nicht zuletzt natürlich über Art und Zuschnitt des Grundstückes sowie die Finanzierung und Umset- zung des Bauvorhabens. Das ist alles oftmals leichter gesagt als getan, setzt es Kom- promissbereitschaft und Vermittlung voraus, - bei allen Beteiligten. Baugruppe das ist ein Lernprozeß mit oft wechselnden Partnern und einem gelegentlich offenen Ausgang, schrieb die badische Zeitung im Herbst 1997. Eine der Gruppen hätte sogar schon Rechtsberatung eingeholt, weil die gemeinsamen Pläne in Gefahr kamen. Andere Gruppen versuchten sich mit Hilfe von Mediatoren zusammenzuraufen. Zudem erlangte das Modell der erweiterten Bürgerbeteiligung mit dem Einzug der Baugruppen eine ganz neue Qualität. Aus einstigen Freiburger Bürgern oder unverbindlich agierenden Bauinteressenten wurden nun „Betroffene“, und zwar in hohem Maße persönlich betrof- fene künftige Bewohner des Vaubangeländes. Baugruppen wollen aber auch noch mit- reden beim Grundstückszuschnitt, bei der Gestaltung der Grünanlagen oder der Lage und Größe der Erschließungshenkel. Die neuen Stadtteile Rieselfeld und Vauban sollen eine möglichst bunte Bevölkerungsstruktur bekommen: Singles und Senioren, Familien, Angestellte und Freiberufler, Handwerker und Akademiker sollen nebeneinander und miteinander wohnen. Eine Mischung, die viele Baugruppen bereits heute mitbringen.

Ganz verzichten kann man auch auf Bauträger freilich nicht, da Mietwohnungen bereit- gestellt werden müssen, so die Meinung in der Stadtverwaltung. Schließlich war eines der ursprünglichen Ziele die Vergabe der Grundstücke zur Hälfte für den freifinanzierten Wohnungsbau, während 50 % auch für den geförderten Wohnungsbau bereit stehen sollten. Nachdem die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau im Land Baden- Württemberg seit 1996 drastisch reduziert wurden, sind es aktuell im 1. Vermarktungs- abschnitt gerade mal 46 öffentlich geförderte Wohneinheiten. Neben der LEG Landes- entwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg mbH und der „Wohngesellschaft Vauban e.G“ (Genova) zeigt sich auch der Dreisam Bau, mit Sitz in Freiburg sehr engagiert. Heftige Meinungsunterschiede gab es zwischen der Stadt und den Baugruppen, um Grundstücksvergaben, die nicht vollständig vergeben worden waren, was dazu führte, dass nicht alle interessierten Baugruppen im ersten Vermarktungsabschnitt mit Grundstücken „versorgt“ werden konnten, sondern vielfach auch an Bauträger.

Von der Stadt, neben den schon angesprochenen ökologischen und städtebaulichen Leitbildern, waren die Vorgaben, 50 % freifinanzierten Wohnungsbau und 50 % geförderten, preiswerten Wohnungsbau zu ermöglichen.

2.4.3.1 das Blockprofil für den 1. Vermarktungsabschnitt

Daraus ergab sich ein sog. Blockprofil für den 1. Vermarktungsabschnitt, daß in- teressant ist näher betrachtet zu werden. Bei der Eigentumsstruktur sind etwa 30 % der Bewohner in Mietwohnungen „untergebracht“, 70 % sind Eigennutzer . 40 % der Be- wohner im Quartier sind Arbeiter / Angestellte/ Beamte, 35 % höhere Beamte/ höhere Angestellte und 25 % Freiberufler / Selbständige, dies gilt aus der Sozialstruktur hervor, die für den 1. Vermarktungsabschnitt erhoben worden ist. Die Sozialstruktur zeigt, daß alle soziale Schichten in Vauban untergebracht sind, nimmt man die Studenten, die Asylanten, die Sozialhilfeempfänger, die „alternativ Wohnenden“ und die Rentner zu der eben aufgezählten Sozialstruktur hinzu. Ein Beweis für ein gemischtes Wohnen, ganz unterschiedlicher sozialer Gruppen, ganz unterschiedlichen Alters, ganz unter- schiedlichen Einkommens und ganz unterschiedlicher Lebensformen. Das in erster

Linie viele Familien in Vauban leben wird einem beim durchschlendern im Quartier all zu schnell bewußt. Deswegen erscheint einem bei einem Blick in die Haushaltstruktur es auch nicht verwunderlich, wenn 60 % der Mehrpersonenhaushalte mit Kindern in der Statistik auftauchen und immerhin 10 % Alleinerziehende, deswegen wurde auch die Organisation KITA ins Leben gerufen, die Alleinerziehenden die Möglichkeit gibt ihr Kind tagsüber, während sie ihrer Arbeit nachgehen, in guter Betreuung wissen.

Auch die Einrichtung eines Kindergartens und einer fünfzügigen Grundschule mit enor- mer Ausbaukapazität ist ein weiteres Indiz für den außerordentlich hohen Kinderanteil im Quartier. Ein Grund ist sicher in dem doch hohen, aber heute nicht ungewöhnlich hohen Protzensatz der Alleinerziehenden zu finden. Auch der hohe Protzentsatz von 30 % bei den Ein-/ Mehrpersonen ohne Kinder ist bei näherer Betrachtung nicht verwun- derlich, ist doch das Studentenwerk, S.U.S.I. Pensionäre und viele Singles in Vauban wohnhaft. Doch 75 % der Quartiersbewohner kommen aus Freiburg, gute 25 % kom- men aus dem Umland, eine Tendenz, die der Stadt Freiburg gefallen dürfte, weil in den Jahren zuvor enorm viele kinderreiche Familien ins billigere Umland zogen, dieser Trend ist mit dem Entstehen des Quartiers Vauban doch in Grundzügen rückläufig. Wei- ter erfreulich ist für Freiburg, dass 90 % der Bewohner im Quartier ihren Arbeitsplatz in Freiburg haben, 10 % geben in der Umfrage ihren Arbeitsplatz im Umland an. Die Stadt Freiburg darf mit dem Quartier Vauban einen Stadtteil begrüßen, der sozialstrukturell ausgeglichen, „bunt gemischt“ und zukunftsfähig in jeglicher Betrachtungsweise ist.

3.0 Subjektive Raumbeobachtung

Das Quartier Vauban besteht aus unterschiedlichen Altersgruppen, Ein- kommensschichten, Ethnien und unterschiedlich politisch gesinnten Bevölkerungs- gruppen. Sie leben aber trotzdem, oder sollte man sagen deshalb friedlich neben- einander und was noch wichtiger und interessanter ist miteinander, dies ist in anderen Stadtteilen nicht immer der Fall, oder treffender ausgedrückt nicht die Normalität. Das Quartier Vauban besteht aus seinen Bewohnern, gleichzeitig lebt es aber auch von

Ihnen. Die hohe Dichte und Konzentration von Bürgervereinen, ehrenamtlich tätigen Gruppen läßt den Betrachter erkennen, daß die Bewohner nicht „sorglos“ oder un- interessiert in diesem Viertel wohnen, nein - sie organisieren sich in Vereinen und Organisationen und führen mit der Stadt Dialoge und Gespräche (erweitere Bürgerbeteiligung) , die in dieser südlichen Region Deutschlands zwar nicht ungewöhnlich ist, da sich seit jeher die Menschen mit ihrer Region sehr verwurzelt und verbunden gefühlt haben (ein historischer Blick auf 1848: Badische Revolution -) Liberalismus entstanden in Baden etc.) ,aber im Bundesdurchschnitt die Bürgerbeteiligung oder besser gesagt Partizipation der Bevölkerung außerordentlich D ieses aktive Engagement und Beteiligung führt natürlich zu Konfrontation mit der Stadt, die aber seit jeher die sehr aktive Form der Bürgerbeteiligung in Freiburg gewohnt ist und deshalb auch weiß damit umzugehen. Nicht zuletzt hat sich auch das Prinzip der erweiterten Bürgerbeteiligung in Freiburg durchgesetzt bzw. ist zu einem probaten Mittel geworden. Durch die Bürgerbeteiligung und die Bürgervereine ist das Quartier Vauban zu dem geworden was es heute ist, und macht es zu einem bis dato einzigartigen und vorbildlichem Pilotprojekt in ganz Deutschland.

3.1 Die Ansprüche der Bewohner an den Raum

Die Bewohner haben sich von Anfang dafür ausgesprochen die neuesten und bekann- ten aus der Forschung und Wissenschaft angewandten städtebaulichen Leitbilder ( Stadt der kurzen Wege, autofreies Wohnen) und ökologisches Wohnen ( Solarenergie, Passivhaus, Vakuumtoilettenanlagen etc.) für Vauban anzuwenden bzw. in Vauban zu etablieren. Diesem Wunsch kommt natürlich eine Bevölkerungsschicht nach, die sich für ökologisches Wohnen interessiert und auch dazu bereit ist einen Mehraufwand an Kosten, oder andere Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen. Die Organisierung in Vereinen und Initiativen haben natürlich die Wünsche und Forderungen der Bewohner gegenüber der Stadt enorm bestärkt und bekräftigt. Statt die Wohnhäuser von einem Bauträger entwickeln und bauen zu lassen, was eine ge- wisse Uniformität zur Folge hätte, so wie dies im Rieselfeld geschehen ist. Statt dessen wurde das überaus neue und einmalige Prinzip der Baugruppen angewandt, was eine gewisse Individualität der Häuser gewährleistet, billiger ist als selbständiges bauen, denn ohne das Prinzip der Baugruppen hätten viele Bewohner und gerade viele junge Familien sich den Traum vom Wohnen im Quartier nicht erfüllen können. Gleichzeitig setzt es Bereitschaft aller Beteiligten voraus Kontroversen und Diskussionen zu führen in allen erdenklichen Fragen der Projektentwicklung was in einen Kompromiß enden sollte, der alle beteiligten in der Baugruppe vollends zufrieden stimmt und befriedigt. Eine Aufgabe, die nicht jedem liegt und auch Streitereien und zu Ausstiegen geführt hat, einem trotzdem die Möglichkeit bietet ein Nachbarschaftliches Verhältnis aufzu- bauen, das seinesgleichen suchen kann.

Der außerordentliche Kinderreichtum in Vauban hat zu einer sozialen Infrastruktur ge- führt mit einem Kindergarten, Grundschule und einer von Eltern selbst und ehrenamtlich geführten Kindertagesstätte, die wieder einmal das große Engagement der Quartiers- bewohner hervorhebt. Auch die Spielstraßen und rückgebauten Straßen sind und waren den Bewohnern ein wichtiger Bestandteil bei der Realisierung des Quartiers, sah man bei der Ortsbegehung überall spielende und lachende Kinder, die auf allen Wegen und Straßen fröhlich vergnügt spielten und rumtollten. Das Leben auf der Straße, oder draußen ist für die Fortentwicklung eines Kindes sehr wichtig, um sozialen Anschluß an die Gemeinschaft mit Gleichaltrigen zu finden und kommt hier vollends zur Anwendung und ist lebendige Praxis, wie wir uns selbst überzeugen konnten. Auch werden den Bewohnern Möglichkeiten gegeben „alternative Wohnformen“ auszuprobieren, denke man z.B. an die Wagenburgern, die sich auch noch heute auf dem Vaubangelände be- finden.

Der Baumbestand und der Dorfbach, die das Gelände in ökologischer Sicht haupt- sächlich prägen waren fester Bestandteil und Forderung der in dem Quartier lebenden Bevölkerung, nicht zuletzt die fünf Mannschaftsgebäude, die noch auf dem Gelände bestehen und stehen werden bleiben, sprach sich Anfangs die Stadt für einen Totlabriß aller militärisch genutzten Gebäude aus, wieder ein Beweis für den außerordentlichen hohen Aktionismus der Bewohner. Die Bewohner und die Stadt haben offensichtlich erkannt, daß es am produktivsten für das ganze Quartier ist, wenn man sich gegenseitig zuhört und gemeinsam handelt. Ein Weg und einen Einsicht, die nicht alle Kommunen und Bürgervereine gehen bzw. erkannt haben.

3.2 Die Ziele und Vorhaben des Forums Vauban e.V

Das Forum Vauban versteht sich als künftigen Bürgerverein für den Stadtteil Vauban und sind genauso ambitioniert und ehrgeizig, wie alle anderen Bürgervereine in Freiburg auch. Dabei nimmt das Forum Vauban die Aufgabe als Träger der erweiterten Bürgerbeteiligung wahr. Ein fünköpfiger Vorstand bildet die Führungsriege eines von 200 Mitgliedern getragenen Vereins. Das Forum Vauban wurde im Dezember 1994 gegründet mit dem damals schon im ersten Papier festgehaltenem Ziel, auf dem Vaubangelände einen ökologischen „Modellstadtteil“ bauen zu wollen.

Als „Urväter des Vereins“ gelten Matthias-Martin Lübke und Andre Heuss, die diese I- deen entwickelt bzw. vorangetrieben haben. Seinen größten Einfluß hat das Forum Vauban tatsächlich über die erweiterte Bürgerbeteiligung, die im Februar 1995 von der Stadt Freiburg nach dem Beispiel erprobter Beteiligungsmodelle aus der Sanierungs- praxis initiiert wurde und deren Träger der Verein ist - dies ist freilich nicht denkbar ohne die Unterstützung von Stadtverwaltung und Gemeinderat. Im Rahmen der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ und den aktiven Arbeitskreisen, die auf dem Vaubangelände be- stehen werden sich mit Problemfeldern aus den Bereichen Verkehr, Stadtentwicklung und Energie beschäftigt und bei großangelegten treffen die Ideen, Wünsche und Vor- stellungen der Bewohner gesammelt und zu einer aussagekräftigen Meinung gebündelt. Einzelne Forumsvertreter bringen dann in einer Gemeinderätlichen Arbeitsgruppe (GRAG) ihre Standpunkte in einem offenen Dialog mit den Vertretern der Stadt und der Verwaltung ein. Hier treffen sich Meinungen und Standpunkte von Verwaltung und dem Forum und werden ausgetauscht und valuiert.

Das Forum Vauban versteht sich nicht nur als Mittler zwischen Bürgerinteressen und der Verwaltung, vielmehr als Forschungsaufträger in Sachen „nachhaltige Stadt- planung“ und bekommt daher Fördermaßnahmen von der deutschen Bundesstiftung Umwelt ( DBU) und Fördermittel von dem EU- Umweltprogramm „Life“ . Beein- druckendestes Beispiel für das extreme Engagement des Forums Vauban war sicher- lich im Juni 1996 in der Auszeichnung „Best Practices“ auf der Weltsiedlungskonferenz Habitat II in Istanbul zu finden ,als Vauban als ökologischer Modellstadtteil vorgestellt wurde. Besonders die enorme Professionalität mit denen die Forums Vertreter auf dem internationalen Parkett in Istanbul auftraten beeindruckte doch sehr. Mit den aus Brüs- sel stammenden Geldern konnten mittlerweile acht festangestellte Mitarbeiter beschäf- tigt werden, ein weiterer Schritt zu mehr Innovation und erfolgreiche Arbeit des Forums Vauban. Als „Unterverein“ zum Forum Vauban gründete sich der Verein „Autofreies Wohnen e.V.“, der dem Forum Vauban unterstellt ist und den Bewohnern in allen er- denklichen Fragen des car-sharing Programms, der Vergabe von Stellplätzen (30.000 DM für einen Stellplatz), und dem leben ohne Auto zur Seite steht und Ratschläge und Informationen erteilt. Wiederum ein Verein aus engagierten Bewohnern des Quartiers Vauban. Beide Vereine wollen auch in Zukunft die erfolgreiche und produktive Arbeit in Kooperation mit der Stadt fortsetzen.

3.3 Die Ziele und Vorhaben der Siedlungsinitiative S.U.S.I

Die „Selbstständige Unabhängige Siedlungsinitiative“ bezeichnet sich selbst als „ge- meinnütziges Beschäftigungs- und Bildungswerk, gGmbH e.V“. Das Projekt, daß 1990 durch junge Leuten, vornehmlich Studenten, anlief versuchte die Wohnungsnot in Frei- burg vor allem für Geringverdiener und alleinerziehende Bevölkerungsgruppen zu lin- dern. In eigener Arbeit wurden vier Mannschaftsgebäude umgebaut, in mehreren Etap- pen. 220 Menschen sollen dann nach dem Wunsch non S.U.S.I. auf 6.600 qm leben, vornehmlich in WG` s .

Bei den Umbaumaßnahmen und Renovierung der vier Mannschaftsgebäude wurden vornehmlich umweltfreundliche Baustoffe und Elemente verwendet, auf Luxusausbau konsequent verzichtet, um die Kosten so gering wie möglich zu halten. Wärmedäm- mung und ein rapsölbefeuertes Blockheizkraftwerk gehören zu den ökologischen Ver- wirklichungen von S.U.S.I., die 1996 dann auch mit dem Umweltpreis der Stadt Freiburg ausgezeichnet worden sind. Lob und Ansporn für dieses doch sehr ungewöhnliche und einmalige Projekt. In einer weiteren Planungsphase wurden die vier Mannschafts- gebäude zu je zwei Studentenwohnheimen und Sozialwohnungen deklariert, für die es dann auch Fördermaßnahmen vom Land Baden-Württemberg in Höhe von 3 Mio. DM und ein zins-verbilligtes Darlehen von weiteren 2,6 Mio. DM. Aber auch die soziale n- tegration der Bewohner von S.U.S.I. ist den verantwortlichen wichtig mit einer sog. „Muskelhypothek“ von 105 Stunden müssen die Bewohner Umbaumaßnahmen mit durchführen und renovieren, das fördere die Identifikation mit dem Wohnraum und schaffe Bindungen und Freundschaften, im Rahmen eines zusammenarbeiten und Zu- sammenerlebens, aller Beteiligten. Das 1996 sich aus S.U.S.I. Vertretern die Trägerinitiative Nachbarschaftszentrum (T.I.N.e.V.) gründete zum besseren Verständnis mit den benachbarten Studentenwohnheimen, dürfte jetzt auch nicht mehr verwundern, schließlich sprechen wir über das Quartier Vauban.

Das S.U.S.I. offen ist für sozialverträgliche Strukturen zeigte sich auch deshalb, da sie in den Zwischenräumen ihrer vier Gebäude, quasi in den Grünstreifen, Wagenburgen zulassen bzw. das „experimentelle Wohnen auf Rädern“ ,wie es im Fachjargon heißt befürworten /unterstützten. Diese Wagenburgler wohnen wie selbstverständlich auf dem Gelände und genießen, so scheint es zumindest, die Annerkennung der Quartiers- bewohner, auch wenn ihre Stellplätze enorm „vermüllt “ sind was eigentlich den Prinzi- pien sämtlicher Vereine und Lebensweisen wiedersprechen müßte. Aber es bezeichnet sich selber ja als „experimentell“. Die Wagenburgen ,aus ganz Deutschland kommend, bereiteten der Stadt enorme Probleme, campierten sie auf Flächen, welche die Stadt veräußern wollte bzw. veräußerte und der Baubeginn stattfinden sollte. Erst nach lan- gen und zähen Diskussionen wurden den Wagenburglern am Eselsköpf ein Ausweich- gelände angeboten, daß sie dann auch zögernd annahmen und von dem Gelände ab- zogen. Die verbliebenen Wagenburgen haben sich so scheint es haben auf Vauban etabliert und leben mit S.U.S.I. im Quartier, sie bilden eine eigene, aber „bunte Schicht“, die Vauban in der Sozialstruktur um eine weitere Facette bereichert.

Eine andere, aber auch mit langen Debatten und teilweise Gewalt auftretende Gruppe bildete die KTS, eine autonome, alternative Jugendorganisation, die wieder-rechtlich in Mannschaftsgebäude eindrang und diese besetzte. Nach mehreren Gesprächen und Debatten mit der Stadt, die zu keinen Ergebnissen führte wurde eine Räumung der Po- lizei vorgenommen, die zu heftigen Auseinandersetzungen, Tage später ,in der Innen- stadt führte. Vandalismus, Steinwurf und Beschmierungen, hielten Freiburg in Atem und ,zwangen die Stadt zu erneuten Gesprächen mit der KTS, die als Ergebnis eine Aus- siedlung in den nahe stehenden Güterbahnhof hatte, wo sich jetzt die KTS niedergelas- sen hat und Angebote anbietet, wie Parties, Musikveranstaltungen etc.. Ein alternatives Angebot zu städtischen Angeboten so die Selbstaussage. Auch diese Gruppe wurde von S.U.S.I. zwar nicht öffentlich befürwortet, aber Verständnis wurde aufgebracht und über das Ergebnis sind alle Beteiligten zufrieden.

3.4 Die Position der Verwaltung und der Stadt Freiburg: Geschäftsstelle Vauban

Die Stadt ist von jeher mit aktiven und engagierten Bewohner vertraut und weiß auch in Extremsituation überlegt und kooperativ umzugehen, das zeigen nicht nur die Erfahrun- gen in Vauban, sondern auch im Rieselfeld, wie auch in anderen städte-baulichen Maßnahmen, welche die Stadt schon durchführte. Ein ruhiges, sachliches und gewalt- freies Auftreten kann der Stadt daher attestiert werden, wenn sich Bürgervereine mitun- ter doch sehr lauthals und „grob“ zu Worte melden, oder eine „offene Sprache“ wählen.

Die Stadt Freiburg hat aus dem Projekt Vauban sicherlich gelernt, gelernt im friedlichen und ergebnisorientierten Umgang mit Randgruppen (wie eben beschrieben), wie aber auch mit Dialogen und Verständigung der Vereine, die in Vauban ansässig sind. Die Stadt ist diese sehr engagierte und aktive Bürgerbeteiligung gewohnt und weiß dementsprechend damit auch umzugehen.

Die Stadt Freiburg vertreten durch die Geschäftstelle auf dem Vaubangelände ist stän- dige Anlaufstelle, wenn es um Fragen geht, die städtische Belange angehen. Zusam- men mit der LEG steuert sie die Gesamtmaßnahme. Vor allem vermittelnde Arbeit wird verrichtet etwa Verbindungen knüpfen zu Dezernaten im Technischen Rathaus, um hie- rarchische Strukturen aufzulösen und konsequenter den Plannungsprozeß voranzu- treiben. Die Geschäftsstelle klärt die nächsten Planungsschritte und organisiert Abende mit den Bewohnern, um laufend über den aktuellen Tatbestand bzw. über künftige Er- eignisse aufzuklären, wie etwa der Asphaltierung der Straßen, Kabelverlegung der Te- lekom, Altlastenbereinigung und etc. . Die drei Mitarbeiter Roland Veit, Ulrike Bock- stahler und Ilona Saier sind zentrale Anlaufstellen und täglich mit vielfältigen Aufgaben befaßt. Zweifellsohne sind sie gefragte Personen, über die OB. Böhme 1996 in einer Gesprächsrunde mit Vertretern der Bürgerbeteiligung sagte: „ Es kann nicht sein, dass immer wieder nach dem Veith, der Stadt, dem Staat oder dem lieben Gott gerufen wird“. Eine Aussage, die zweifelsohne die Gefragtheit der Stadt und der Geschäftstelle wider- spiegelt. Ein Dialog zwischen Stadt und Bewohnern, der mitunter nicht immer ganz rei- bungslos, aber trotzdem zu handfesten und produktiven Ergebnissen führt, wie die Ver- gangenheit zeigt.

3.5 Das LEG-Büro in Freiburg

Als Treuhänderin der Stadt Freiburg hat die LEG Landesentwicklungsgesellschaft Ba- den-Württemberg mbH die Aufgabe, das Vauban -Gelände so zu entwickeln, daß sich die Maßnahmen insgesamt rechnen. Erste Anlaufstelle für die Sorgen und Nöte der Bauherren ist die LEG. Oftmals wird die Arbeit der LEG argwöhnisch betrachtet, dabei kommt es oft zu Vermittlungen zwischen verstrittenen Baugruppen, vielfach leisten die Angestellten bei der LEG die Arbeit eines Sozialarbeiters und vermitteln. Vor allem der enorme Erfahrungsreichtum der LEG veranlaßte die Stadt die LEG 1992 mit ins Pla- nungsgeschehen einzubeziehen, denn ohne die LEG wäre das Technische Rathaus in Freiburg hoffnungslos überlastet. Priorität hat für die LEG die Grundstücksverkäufe. Ziel der LEG ist es immer gewesen eine möglichst ausgeglichene Bevölkerungsstruktur in Vauban zu haben. Oftmals wurden die von der LEG bearbeiteten Konzepte verworfen oder mußten überarbeitet werden, da im Zuge der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ Vor- schläge und Neuerungen, wie die stellplatzfreie Konzeption oder das Bürgerhaus 037 neu in das Konzept einflossen. Die Kosten, die durch die Neuerungen konnten oftmals im Wirtschaftsplan vom Gemeinderat aufgefangen werden, was den ökonomischen As- pekt zugute kommt. Auch die Beschäftigung mit den Baugruppen bildete für die Mitar- beiter der LEG völliges Neuland, mit dessen Thematik sie aber sehr schnell und gut zurecht kamen.

Gleichzeitig liefen die enormen schwierigen Koordinierungsaufgaben und Organisationsgeschicke Hand in Hand mit der Geschäftsstelle Vauban, die sich als einen verlässlichen und unterstützenden Partner, in manchmal doch sehr hektischen und stressigen Planungsalltag, herausstellt.

3.6 Die Stellung der Gemeinde Merzhausens zum Quartier Vauban

Die Gemeinde Merzhausen besteht schon mehr als 1200 Jahre und ist mit einer Ge- markungsfläche von 276 Hektar die gleichzeitig flächenmäßig kleinste, noch selbständi- ge Gemeinde im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Merzhausen als Sitz der Ver- waltungsgemeinschaft Hexental - so bezeichnet man den südlich an Freiburg angren- zenden Landschaftsraum-, der die benachbarten Gemeinden Au, Horben, Sölden und Wittnau angehören, bildet so etwas wie ein „Stadttor“ nach Freiburg. Sowohl für diejeni- gen, die aus der Stadt raus fahren, als auch für solche, die nach Freiburg hineinwollen.

Die Gemeinde mit ihren 4.676 Einwohnern grenzt zudem direkt an das Vaubangelände an und ist damit Verhandlungspartner für die Stadt Freiburg. Zankapfel ist vor allem die Parkgarage an der Merzhauser Straße. Deren Einfahrt befindet sich nur wenige Meter von der Gemarkungsgrenze entfernt. Weil jetzt schon 20.000 Autos am Tag auf der zweispurigen Straße verkehren, würden für die neue Parkgarage zusätzliche Ampelanlagen notwendig. All diese Konflikte, obwohl ein Vertreter ständig von Merzhausen bei der GRAG tagt. Die Gemeinde Merzhausen fühlt sich angesichts der Detailplanungen für den neuen Stadtteil auf dem Vaubangelände bedrängt.

Die mit guter Infrastruktur versorgte Gemeinde Merzhausen, die über eine 3-teilige Sporthalle sowie Grund- und Hauptschule verfügt bangt um ihr Image als guter Wohn- ort. In jeweils rund 10 Minuten kann man sowohl in der Innenstadt von Freiburg, als auch im Schwarzwald sein. Etwa 300 Professoren und Doktoren leben in der Gemein- de, als auch viele Beamte. Die überwiegend in Freiburg arbeitende Bevölkerung zahlt trotzdem ihre Einkommenssteuer an die Gemeinde Merzhausen, auf den sich ihr Reich- tum begründet. Enorme Ängste hat die Gemeinde gegenüber den am Quartiersrand entstandenen Supermarkt und dem weglocken bzw. dem daraus resultierenden Ver- öden der Merzhauser Innenstadt. Die Beziehung zwischen Freiburg und der Gemeinde Merzhausen kann aus heutiger Sicht noch nicht eindeutig bewertet bleiben, es ist wohl die weitere Entwicklung des Quartiers abzuwarten, bis endgültige Vermutungen angestellt werden dürfen, - nur eines: das Verhältnis ist angespannt.

4.0 Das Untersuchungsobjekt: Die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ als Möglichkeit zur aktiven nachhaltigen Planung und Verwirklichung bewohnerorientierter Inte- ressen

Nach § 3 der Baugesetzbuches gestaltet sich die Beteiligung der Bürger an der Planung rechtlich verbindlich folgendermaßen:

„Die Bürger sind möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Pla- nung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Ent- wicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihnen ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörte- rung zu geben. (...) Die Entwürfe sind mit dem Erläuterungsbericht oder der Begrün- dung auf die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Ort und Dauer der Auslegung sind mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen mit dem Hinweis darauf, daß Anregungen während der Auslegungsfrist vorgebracht werden können. Die nach § 4 Abs. 1 Beteiligten sollen von der Auslegung informiert werden. Die fristgemäß vorgebrachten Anregungen sind zu prüfen; das Ergebnis ist mitzuteilen. (...) Bei der Vorlage der Bauleitpläne nach § 6 oder § 10 Abs. 2 sind die nicht berücksichtigten An- regungen mit einer Stellungnahme der Gemeinde beizufügen.“ ( § 3 Abs. 1 u.2 BauGB ) Bis zu dieser aktuellen rechtlich verbindlichen Formulierung gab er ab 1960 vom Erlaß bis zur Fortschreibung 1976 des Bundesbaugesetzes (BBauG) und des Städtebauför- derungsgesetzes (StBauFG, 1971 und 1976) bis zu ihrer Zusammenfassung zum Bau- gesetzbuch im Jahre 1986 immer wieder Änderungen, was den rechtlichen Rahmen bei der Partizipation der Bürger in Deutschland angeht. Dabei war mit dem Inkrafttreten des BBauG (1960) die Möglichkeiten der Partizipation zunächst äußerst gering, da nur Ein- sicht in die Bauleitpläne und die Erläuterungsberichte sowie Auskunft über den Inhalt von den Bürgern verlangt werden konnte. Ab 1976 wurde diese stark eingeschränkte Partizipation erweitert und die Gemeinden waren fortan verpflichtet die allgemeinen Zie- le und Zwecke der Planung öffentlich auszulegen. Auch wurde die Möglichkeit der An- hörung und Äußerung der Bürger zu den Planungen eingerichtet. Dabei wurde auch hier schon eine frühzeitige Beteiligung der Bürger, was das Auslegen der Pläne und die Anhörung angeht, rechtlich verbindlich festgelegt.

Im Städtebauförderungsgesetz wurde ab 1971 in Zusammenhang mit Sanierungsmaß- nahmen ebenfalls eine Beteiligung der Betroffenen festgelegt, um für diese Betroffenen negative Auswirkungen möglichst zu unterbinden. Im Rahmen eines Sozialplan sollten auch die individuellen und subjektiven Meinungsbilder der Betroffenen und ihre Sozial- strukturdaten festgehalten werden. Diese umfangreiche Durchführung der Partizipation wurde aber in BauGB wieder relativ stark eingeschränkt (vgl. oben), so daß nach § 137 BauGB „Die Betroffenen (...) zur Mitwirkung bei der Sanierung und zur Durchführung der erforderlichen baulichen Maßnahmen angeregt und hierbei im Rahmen der Mög- lichkeiten beraten werden (sollen, A.d.V.)“ (Schmals 2000: 100). Generell kann man somit feststellen, daß die Partizipation im Rahmen von Planungsprozessen in der Zeit nach 1976 am weitgehensten entwickelt war, bevor sie ab 1986 durch die Zusammen- fassung und Umformulierung von BBauG und StBauFG eher wieder eingeschränkt wurde.

Kritik richtet sich dabei von verschiedenen Seiten an die gesetzlichen Festlegungen zur Patizipation. Auf der einen Seite sind nach Schmals die Formulierungen der Gesetzes- texte doch relativ unkonkret, wenn es um die Durchführung von Bürgerbeteiligungsver- fahren geht. Somit sind die entsprechenden Rechte der Bürger im einzelnen nicht direkt einzufordern und die Partizipation beschränkt sich daher allgemein eher auf nachgela- gerte Fragestellungen von geringerem Stellenwert. Auch können bei Versuchen der experimentellen Planung nur unter großem Kraftaufwand Erweiterungen bei den Rech- ten der Bürger zur Beteiligung erzielt werden (vgl. Schmals 2000: 107) . (Diese experi- mentellen Formen der Bürgerbeteiligung bestehen meist aus Strategien und Organisa- tionen wie Planungszellen, intermediären Organisationen, Zukunftswerkstätten oder Stadtteilbüros und Stadtforen, wie dem „Forum Vauban“ in unserer Hausarbeit, sowie aus sogenannten Projektkulturen.)

Ganz anders sehen dies Edinger und Potyka in ihrem Werk „Bürgerbeteiligung und Pla- nungsrealität“. Hier urteilen sie, daß die Formen der Bürgerbeteiligung nach dem BauGB noch immer dazu mißbraucht werden können, bereits vorgefaßte Entscheidun- gen durch „Ergänzungsverfahren“ zu legitimieren und „das Volk zu beruhigen“ (vgl. Edinger, und Potyka 1989: 41). Sie sehen die Bürgerbeteiligung und insbesondere die „experimentelle Partizipation“ und „offene Partizipationsangebote“ durchaus sehr kri- tisch. Dabei vertreten sie die Auffassung, daß der engagierte Einsatz bei Bürgerbeteili- gungsverfahren eine Beruhigungstherapie sein könne. Demnach würden die Bürger in eher unwichtigen Bereichen beschäftigt, damit sie nicht erkennen, daß die wichtigen Bereiche in denen die Macht ausgeübt wird, dieser Beteiligung vollständig entzogen seien. Im Konzept der Planungszelle zu einer frühzeitigen oder vorgezogenen Partizipa- tion der Bürger sehen sie sogar kraß ausgedrückt „eine systemstabilisierende Beschäf- tigungstherapie bzw. eine sympathisch wirkende Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für arbeitslose Planer und Gruppentherapeuten“ (Edinger und Potyka 1989: 41 u. 139).

Im Punkt 1.5 wurde schon in knapper Form auf die Entstehung der „Bürger- initiativbewegung“ eingegangen. Die meisten Autoren, in der von uns recherchierten Literatur, sind sich darüber einig, daß Bürgerinitiativen meist als Folge eines „ungedeck- ten Partizipationsbedarfs“ der Bürger entstanden sind. „Die Erfahrung persönlicher Be- troffenheit und die lokale politische Kompetenz bei den als vernachlässigt angesehenen Aktionsfeldern führen zur Eigen - Initiative“ (Jehle 1999: 25). In Zusammenhang damit fordern Edinger und Potyka einen Planungs-, Entscheidungs- und Durchführungspro- zeß, welcher von Beginn an mit den Bürgern durchgeführt wird, damit Reaktionen in Form der Bürgerinitiativen auf negative Ergebnisse des politischen Handelns aus dem Vorhinein möglichst nicht notwendig werden (vgl. Edinger und Potyka 1989: 40) Dieser Ansatz scheint vernünftig entstanden doch die meisten Bürgerinitiativen dann, wenn sich die situationsbezogenen Probleme und Konflikte bereits voll entwickelt hatten, quasi dann wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen war.

Bürgerbeteiligung hat aber auch etwas mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun, da nur die infor- mierten Bürger am Planungsgeschehen partizipieren können. Dabei hat die Öffentlich- keitsarbeit zwar durchweg das Ziel Akzeptanz und ein wohlwollendes Interesse bei der Bevölkerung zu wecken, und obwohl man hier zunächst den Vorwurf einer leichten Ma- nipulation unterstellen möchte, nimmt die Öffentlichkeitsarbeit, etwa durch Anzeigen, Presse, Schriften und Broschüren, auch durchaus eine soziale Funktion ein. Dabei ist Information zwar noch keine Beteiligung, aber eine wichtige Voraussetzung für diese, da nur ein ausreichend informierter Bürger auch sachkundig mitreden kann (vgl. Jehle 1999: 26). Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist, daß schon heute ein großer Teil der Planertätigkeit mit Präsentieren, Moderieren, Visualisieren und mit Kommunikations- und Vermittlungstätigkeit verbunden ist (vgl. Bischoff u.a. 1996: 4).

Hinzu kommt an dieser Stelle noch die Bürgerversammlung, die ebenfalls einen fest verankerten Stellenwert im Rahmen der Bürgerbeteiligung aufweist. In diesem Zusam- menhang fordert die Gemeindeordnung Baden-Württembergs in § 20a „Wichtige Ge- meindeangelegenheiten sollen mit den Einwohnern erörtert werden“. Somit soll der Gemeinderat in der Regel einmal im Jahr eine Bürgerversammlung anberaumen und der einzelne Bürger kann nach der Gemeindeordnung Baden-Württembergs sogar selbst die Durchführung dieser Bürgerversammlung einfordern. In Bayern muß diese Bürgerversammlung einmal im Jahr einberufen werden, während dieses nstrument in den übrigen Bundesländern keine ähnlich gewichtige Rolle einnimmt (vgl. Jehle 1999: 26).

„In Baden-Württemberg müssen die Vorschläge und Anregungen binnen einer festge- legten Frist von dem für die Angelegenheit zuständigen Organ der Gemeinde behandelt werden; (...) Es besteht aber hier zudem vor allem die Möglichkeit, Interessen öffentlich vorzutragen und die gewählten Organe einem sachlichen Begründungszwang aus- zusetzen“ (Jehle 1999: 28). Das Institut für Freiraumplanung und Planungsbezogene Soziologie sieht hier noch weitere Möglichkeiten in der Funktion der Bürgerversamm- lung (vgl. Bischoff u.a. 1996: 37). So sei die Bürgerversammlung ein besonders für die frühe Planungsphase von Vorhaben und Entwicklungsmaßnahmen geeignetes Mittel und eine Gelegenheit, Bürger zur Beteiligung zu motivieren.

Die Bürgerbeteiligung der Stadt Freiburg geht mit einem gewissen Modellcharakter über die gesetzlichen Vorgaben nach dem BauGB sehr weit hinaus. Es geht der Stadt dabei um eine sachliche Argumentation und Diskussion mit den Bürgern. Somit spielen die Sachverhalte an sich die Hauptrolle. Dabei gelten die im BauGB formulierten Fristen auch nur in begrenzter Weise, da die Anregungen der Bürger in den gesamten Planungsprozeß im Sinne der „Lernenden Planung“ mit eingehen.

Wie bereits in 1.4 beschrieben existiert in Freiburg eine lange Partizipation der Bürger, die sich in der Vergangenheit in erster Linie auf sachliche Entscheidungen bezog. Somit ging die „Klassische Freiburger Bürgerbeteiligung“ nach Meinung unserer Interview- partnerin beim Bauverwaltungsamt Freiburg in den 80er Jahren weit über das hinaus, was in anderen Städten im Rahmen des BauGB § 3 u. 137 vielfach in „stiefmütterlicher“ Art und Weise durchgeführt wurde. Auch heute würden die üblichen Verfahrensregeln des Baugesetzbuches, wie sie für die Bauleitplanung gelten, im Einzelfall nicht ausrei- chen. Das schließt auch mögliche Verzögerungen mit ein: „Mehr Dialog bedeutet mehr Kontakt und mehr Reibung“ (Interview mit U. Bockstahler, Bauverwaltungsamt Frei- burg)17. Die erweiterte Bürgerbeteiligung setzt somit insgesamt auch bei den Planern eine positive Einstellung zur Patizipation voraus.

In einer Stadt, in der ökologische Fragen von Bedeutung sowie eine ganze Reihe be- deutsamer Forschungsinstitute angesiedelt sind, stellt sich natürlich auch die Frage nach einer angemessenen Beteiligung der Bürger an Planungsvorgängen in ganz be- sonderem Maße. Dem entspricht somit der allgemeine Wunsch nach mehr „Mitspra- che“. In Freiburg gibt es zudem eine gewachsene Struktur von Bürger-, Lokal- und Ortsvereinen, die teilweise im Sinne von Bezirks- und Ortschaftsbeiräten der Stadtver- waltung und dem Gemeinderat als Ansprechpartner für die jeweiligen Belange in ein- zelnen Stadtteilen zur Verfügung stehen und sogar eigene Stadtteilmagazine heraus- geben. In gewisser Weise verstehen sich die Vereine auch als Sprachrohr in Sachen

Bürgerbeteiligung. In den Bürgervereinen stehe bei den Planungen vor Ort auch immer ein Partner für die Bürgerbeteiligung zur Verfügung, so die Meinung der Gesprächspartnerin vom Bauverwaltungsamt18.

Die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ zeichnet sich daneben auch durch die Präsentatio- nen von Plänen und Broschüren, die den einzelnen Haushalten zugehen, und zahlrei- che öffentliche Veranstaltungen mit Bürgerinformations- und Bürgerversammlungscha- rakter aus.

Der damit in den 70er und 80er Jahren gewonnene Erfahrungsschatz in Sachen Bürgerbeteiligung hat sich aber immer bezogen auf ein gestandenes, gewachsenes Quartier und somit nicht auf Planungen auf der grünen Wiese oder gar für einen völlig neuen Stadtteil. Die Vorhaben Rieselfeld und Vauban und die damit verbundenen städtebaulichen Strukturen bedeuteten insofern eine neue Herausforderung.

4.1 Die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ bei der Entstehung des Quartier Vauban

Die erweiterte Bürgerbeteiligung geht über die bislang geläufigen Bedeutungen von Partizipation und Beteiligung hinaus. Weil dieses aus der Praxis antizipierte Modellver- fahren keiner Normierung unterworfen ist und nicht in ein Raster wie etwa dem der An- waltsplanung, der Planungszelle und der Zukunftswerkstatt eingefügt werden kann, ist sowohl Planern als auch Bürgern damit die Möglichkeit gegeben in einen weitgehend offenen Diskurs einzutreten (vgl. Jehle 1999: 28). In der offenen Diskussion nach sach- lichen Gesichtspunkten zwischen den Planern und den Bürgern liegt also der wegwei- sende Charakter dieser in Freiburg entwickelten Form der Bürgerbeteiligung. Klaus Sel- le sieht eine mögliche Einordnung dieser Form der Partizipation zwischen Arbeitsgrup- pe und Bürgergutachten/ Planungszelle. Die vom Institut für Freiraumplanung und Pla- nungsbezogene Soziologie der Uni Hannover aufgeführten und vorgestellten Koopera- tionsformen, wie „Aktion Ortsidee“ oder „Runder Tisch“, die ebenfalls aus dem informel- len Bereich stammen, weisen jedenfalls ähnliche Elemente wie, die bei der Partizipation beim Rieselfeld und bei der Umgestaltung des Vaubangeländes verwendeten, auf (vgl. Bischoff u.a. 1996: 57 u.56).

Vergleichbar ist das Modell der „erweiterten Bürgerbeteiligung aber wohl noch am ehes- ten mit dem bei Hollihn beschriebenen „Skeffington-Report“. Danach sorgen die öffentli- chen Planungsstellen dafür, daß auf dem Wege der Bürgerversammlung Gemeindefo- ren gebildet werden, die die Aufgabe des Gesprächspartners der Verwaltung in Stadt- planungsfragen übernehmen. „Die Bürgerbeteiligung, wie sie im Skeffington - Report skizziert ist, wird von der Verwaltung initiiert, aber vornehmlich von den Bürgern selbst (entsprechend ihrer Kritik und ihren Anregungen) getragen. Insofern stellt dieses Ver- fahren gegenüber den bisher vorgestellten Modellen etwas Neues dar.“ (Hollihn 1978: 147 und 148)

Aus der Stellung der Kommunalentwicklung Baden-Württemberg, die an der Entwick- lung der Form der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ maßgeblich beteiligt war, geht hervor, daß für diese Form der Partizipation ein interdisziplinäres Planerteam Grundvorausset- zung sei. Daneben besteht aber in der Bildung von Arbeitskreisen der Bürger, die sich regelmäßig treffen und die schon bestehenden Planungsgrundlagen erörtern, ein zwei- tes wesentliches Element zur Anwendung der „erweiterten Bürgerbeteiligung“.

Diese „erweiterte Bürgerbeteiligung“ wurde erstmals überhaupt in größerem Maßstab beim Freiburger Stadterweiterungsprojekt Rieselfeld eingesetzt. Ziel ist die Begutach- tung eines Plankonzeptes durch die Bürger. Dabei erarbeiten die, wie beim Quartier Vauban, in Arbeitskreisen organisierten Bürger ihre Ideen, Wünsche und Vorstellungen zu einem neuen Stadtteil. Während sich die von der Stadt Freiburg „beauftragte“ erwei- terte Bürgerbeteiligung beim Rieselfeld zunächst auf die Phase des städtebaulichen Entwurfs beschränkte und damit im offiziellen Teil zeitlich begrenzt war, beteiligten sich interessierte Bürgerinnen und Bürger beim Vaubangelände in zwanglosen Arbeitskrei- sen sowohl an der Aufstellung des städtebaulichen Entwurfs als auch an der Verab- schiedung des Bebauungsplanes.

Die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ zum städtebaulichen Entwurf Vauban in seiner vor- läufigen Fassung hatte ihren offiziellen Start am 1. Februar 1995. Die Satzung zur städ- tebaulichen Entwicklungsmaßnahme war zu diesem Zeitpunkt bereits veröffentlicht und somit rechtskräftig, auch der städtebauliche Ideenwettbewerb war ebenfalls abge- schlossen und nach einer vorgezogenen Anhörung in seiner vorläufigen Form weiter- entwickelt worden. Frühzeitig, vor der Auslobung des Ideenwettbewerbs, hatte die Stadt auch den Aufstellungsbeschluß für den Bebauungsplan gefaßt. Die wichtigsten Akteure des Beteiligungsverfahrens sind - denn der Prozeß ist noch nicht abgeschlossen - Bürgerschaft, Stadtverwaltung und Gemeinderat. Dabei wird die Bürgerschaft durch das Forum Vauban e.V. vertreten, als dem von der Stadt aktzeptierten Träger der Bürgerbe- teiligung.

Das nicht an formalen Vorgaben orientierte Beteiligungsverfahren ermöglichte es zahl- reichen Interessenten, sich in Arbeitskreise für Energie, Verkehr, Wohnen, Stadtent- wicklung oder Soziales mit den städtischen Planungsüberlegungen auseinander- zusetzen. Moderiert und gegenüber städtischen Gremien inhaltlich vertreten wird die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ für das Vaubangelände sei Februar 1995 vom Forum Vauban e.V., einem Zusammenschluß engagierter Freiburger und einschlägiger Verbände, die teilweise auch schon beim Rieselfeld beteiligt waren.

Daneben gibt es aber noch die weiteren Akteure, die teilweise Mitglied in der organisier- ten Bürgerschaft des Forum Vauban sind und sich aus den auf dem Gebiet wohnenden Bürgern und den Bürgern der angrenzenden Stadteile ergeben. Diese hatten lange Zeit innerhalb der Arbeitskreise Einfluß aber auch bei den Anhörungsverfahren im Rahmen der Partizipation. Dazu zählen einzelne Mitglieder der SUSI oder des Vereins „Eltern für freies Lernen e.V.“ und neben Einzelpersonen auch Mitglieder aus den Bürgervereinen der angrenzenden Stadtteile, wie St. Georgen und Merzhausen. Von diesen verschie- denen Akteuren wird bisweilen immer wieder Kritik am sogenannten „Bürgerbeteili- gungs-Monopol des Forum Vauban laut, das ihren Angaben zufolge vorwiegend ökolo- gisch ausgerichtet ist.

Von der städtischen Verwaltungsseite werden die Aufgaben beim Quartier Vauban durch eine seit 1994 bestehende Arbeitsgruppe wahrgenommen. Diese Arbeitsgruppe wird vom Projektmanagement der Geschäftsstelle Vauban, einer eigens für das Projekt Vauban gegründeten Schnitt- stelle, im Bauverwaltungsamt gelenkt. Hier ist auch die Landesentwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg (LEG) miteinbezogen, die mit der Durchführung der städtebaulichen Maßnahme und der Vermarktung der Grundstücke betraut ist.

Zur Vermittlung der Interessen von Seiten des Gemeinderates wird, wie im übrigen auch beim Rieselfeld schon mit Erfolg praktiziert, das Gremium der „Gemeinderätlichen Arbeitsgruppe“ (GRAG) eingesetzt. Hier werden Anregungen und Bedenken aus der Verwaltung, von den beteiligten Planern und der Bürgerbeteiligung diskutiert und für die Entscheidungen im Gemeinderat auf den Weg gebracht. In der GRAG sind Vertreter aus der den Gemeinderatsfraktionen, aus der Verwaltung sowie aus dem Forum Vauban und der S.U.S.I. enthalten.

Insgesamt sind somit drei Hauptakteursgruppen am Projekt Vauban beteiligt, die ihrer- seits in regelmäßige Abstimmungsprozesse eingebunden sind, die sich aber als sehr komplex darstellen. Wer heute noch als Kontaktperson des Forum Vauban agiert, kann morgen schon als Vertreter der GENOVA oder als Mitglied einer Baugruppe sprechen. Das gesamte Geschehen ist vielfältig und es finden teilweise ständig Wandlungen von Rolle und Verständnis der einzelnen Akteure des Geschehens auf dem Vaubangelände statt.

Die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ stellt sich hier dar als ein sehr komplexes Geflecht von Beteiligung, Zuständigkeiten und den mit der Umsetzung der Projektziele der zweckgebundenen Zuschüsse der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU, ab 1996) und dem EU-Programm „Life“ (ab 1997) zusammenhängenden Aufgabenstellungen des Forum Vauban.

Dazu zählen beispielsweise die fachliche Begleitung des DBU - Projektes durch ein Ku- ratorium und Kampagnen zur Öffentlichkeitsarbeit und zur Baugruppenbetreuung. Letzt- lich kann dabei nicht immer abgegrenzt werden zwischen der Bündelung von Bürger- meinungen und dem Ziel von professionellen Forumsmitgliedern zur Umsetzung eines „ökologischen Modellstadtteils“(vgl. Forum Vauban: „Handbuch für Vauban“, Loseblät- tersammlung, 1996).

4.1.1 Die „Lernende Planung“ als neuer Maßstab

Mit der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme Vauban wurde der Begriff der „lernen- den Planung“ sozusagen zu einem Fachbegriff in der Freiburger Stadtplanung. Zuerst in die Debatte eingebracht wurde der Begriff von dem Stuttgarter Architekten Kohlhoff, der den Ideenwettbewerb für den neuen Stadtteil Vauban gewonnen hatte. Bald war er in Freiburg in aller Munde und fand auch Eingang in die schon Jahre vorher angelaufe- nen Planungsüberlegungen für das Stadterweiterungsprojekt Rieselfeld. Für den Archi- tekten Kohlhoff war das ein Thema vor allem im Bezug auf das neuartige Verkehrs- und Parkierungskonzept.

Weil nicht von vorneherein klar war, welche Resonanz verkehrsreduzierte Quartiere bei den künftigen Bewohnern haben würden (Beim Rieselfeld und bei einem Modellvorhaben in Bremen scheiterte das „Autofrei-Konzept“ mehr oder weniger), sollte der Bebauungsplan noch nicht all zuviel festlegen und es ermöglichen aus der ersten Vermarktungsstufe Erfahrungen für das weitere Vorgehen auszuwerten. Somit sollte er Offenheit gewährleisten und damit gleichzeitig auch Wahlfreiheit für die Entscheidungsträger, denen somit auch an dieser Stelle Möglichkeiten der Partizipation zur Umsetzung ihrer individuellen Vorstellungen eingeräumt wurde.

„Der methodische Ansatz der „lernenden Planung“ hat einen lebendigen Stadtteil zum Ziel, wo Wohnen und Arbeit, Freizeiteinrichtungen, soziale und kulturelle Infrastruktur, Geschäfte und Gastronomie einander zugeordnet sind und Verkehr vermieden wird“( vgl. Forum Vauban: „Handbuch für Vauban“, Loseblättersammlung, 1996).

Von den ersten Planungen für das Vaubangelände bis zur Fertigstellung der letzten Gebäude werden rund 15 Jahre vergangen sein. Da bedarf es durchaus mehr als nur eines Ideengebers. Der Begriff der „lernenden Planung“ beinhaltet aber auch, das mit dem Beschluß des Bebauungsplanes für das Vaubangelände am 15.Juli 1997 noch nicht das Ende der Planung erreicht ist, die in Zukunft vorwiegend durch die Instrumente der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ weiterentwickelt werden. Der Freiburger Anspruch, in Verbindung mit dem neuartigen Element der „erweiterten Bürgerbeteiligung“, geht davon aus, daß Planungsüberlegungen noch bis zur Baureife fortentwickelt werden können.( vgl. Forum Vauban: „Handbuch für Vauban“, Loseblättersammlung, 1996).

4.1.2 Die Baugruppenbildung zur Verwirklichung individueller Interessen

Auch der unter 2.4.3 beschriebene Prozeß der Baugruppenbildung stellt in gewisser Weise ein Element der „erweiterten Partizipation“ dar. Ziel der Baugruppen ist es „schon vor Baubeginn ein nachbarschaftliches Gefüge zu schaffen, das Wohnumfeld gemein- sam zu planen und nicht zuletzt Geld zu sparen. Allerdings sind die Vorstellungen vom kollektiven Bauen nur selten konfliktfrei zu verwirklichen und mancher Traum vom kol- lektiven Bauen ging hierbei sogar in die Brüche (...). Auch die Stadtverwaltung fördert die Baugruppenbildung nach Kräften, denn dort werden die Anforderungen nach sozia- ler Durchmischung besonders gut erfüllt“ („StadtNachrichten“, Januar 1999). „Bau- gruppe“, das sei ein Lernprozeß mit oft wechselnden Partnern und einem gelegentlinem Ausgang. Einige der Gruppen hätten sogar schon Rechtsberatung eingeholt, weil die gemeinsamen Pläne in Gefahr kamen. Andere Gruppen versuchten sich mit Hilfe von Mediatoren zusammenzuraufen, wie uns Florian Sprenger vom Forum Vauban e.V. im Interview am 21.03.01 im Bürgerhaus 037, wo sich die zentrale Anlaufstelle des Forum befindet, zu berichten wußte. Durch die Baugruppenbildung erreicht das Modell der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ eine ganz neue Qualität. Aus den einstigen Freiburger Bürgern oder unverbindlich agierenden Bauinteressenten werden nun „Betroffene“, und zwar in hohem Maße betroffene künftige Bewohner des Vaubangeländes. In diesem Prozeß geht es dann oft sehr pragmatisch zu. Ob da noch alle zunächst bereitwillig auf- gestellten Forderungen der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ auch bezahlbar sind steht hier schnell auf dem Prüfstand.

4.2 Die Auswahl und Vorstellung der Methoden

Bevor im weiteren Verlauf unserer Seminararbeit die Durchführung und die Ergebnisse der qualitativen und der quantitativen Methoden, die von uns zur Bearbeitung der Fra- gestellung verwendet wurden, sollen an dieser Stelle die Methoden kurz vorgestellt und im Rahmen ihrer geschichtlichen Herkunft und ihrer erkenntnistheoretischen Aspekt eingeordnet werden. Daneben wird in knapper Form erklärt warum wir uns, was die Anwendung anbelangt, für diese Methoden, die im Punkt 1.6 aufgelistet sind, entschie- den haben.

Qualitative/ Quantitative Methoden der Raumplanung

In der Raumplanung muß ein Planungsgegenstand immer in seiner Qualität und seiner Quantität erfaßt werden, daher gehören Qualität und Quantität besonders bei soziologischen Analysen untrennbar zusammen, woraus sich bei der empirischen Sozialforschung der sogenannte Methodenmix ergibt.

Geschichtlich entwickelten sich die Methoden geprägt von verschiedenen Personen, die an bestimmten soziologischen Sachverhalten Forschungen durchführten. Dabei ent- standen die Teilnehmenden Beobachtungen, subjektiver und objektiver Art, durch Athur Young und David Davies zwischen 1775 und 1795, die durch Ortserkundungen und Beobachtungen vor Ort die subjektive und die objektive Raumbeobachtung auf den Weg brachten. Robert Peel entwickelte im Jahre 1816 in Zusammenhang mit den „Roy- al Commission“ quantitative Methoden für die Bestandsanalysen von Fabriken. Fried- richEngels beschreibt in seinem Werk „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ (1840-1845) weitgehend objektive Ergebnisse, wie z.B. Kindersterblichkeit, Gesetzmä-ßigkeiten in der Klassengesellschaft usw., zu denen er mit Hilfe von Quantitativen Me- thoden, wie die Erhebung von statistischen Daten, gelangt ist. Weitere qualitative und quantitative Methoden wurden bei der „Marienthalstudie“ von H. Zeisel u.a. entwickelt. Insgesamt soll aber an dieser stelle nicht weiter auf die Geschichte der Methodenent- wicklung eingegangen werden(vgl. Schmals 1998: Umdruck zur Methodenentwicklung)

Geschichtlich entwickelte sich die Statistik zu einer systematischen Wissenschaft und dient heute als Basis vieler Methoden. Die quantitativen Methoden entwickelten sich über die objektseitige Zählung und Messung von Merkmalen. Daraus entstanden u.a. Budgetanalysen und durch Fragebögen können hier quantitative Beobachtungen ge- macht werden.

Die qualitativen Methoden entwickelten sich aus Ortserkundungen und Beobachtungen vor Ort, bei denen nicht die Häufigkeit der Beobachtung von Interesse ist, sondern die Unregelmäßigkeit der verschiedenen Beobachtungen.

Die quantitative Wissenschaft will Gesetzmäßigkeiten, gesetzähnliche Aussagen oder allgemeine Aussagen formulieren, wobei die Menge der Gemeinsamkeiten von empiri- schen Befunden im Zentrum steht. Daher sind Zahlenbegriffe und das In - Beziehung - Setzen von Zahlen bei der quantitativen Analyse charakteristisch. Eine räumliche Ver- deutlichung der Ergebnisse von quantitativen Methoden erfolgt durch Skalen (ordinal, Intervall, Verhältnis). Auch haben die quantitativen Methoden einen eher deduktiven Charakter, bei dem eine These mit Hilfe der Empirie zu einem Resultat führen soll. Der große Nachteil der qualitativen Methoden besteht darin, daß Nebeneffekte aus der All- tagsrealität nicht berücksichtigt werden können und somit eine Abstraktion, die mit ei- nem automatischen Informationsverlust verbunden ist, die Folge ist. Die Erhebung von Daten mit quantitativen Methoden erfolgt in erster Linie durch verschiedentlich struktu- rierte Fragebögen.

Bei den qualitativen Methoden steht das einzelne Subjekt im Vordergrund. Durch Beo- bachtungen sollen hier Einzelfälle über das Leben von Menschen, Verhalten, Geschich te, soziale Bewegungen oder das Funktionieren von Organisationen erforscht werden. Dabei werden die Daten nicht wie bei der quantitativen Analyse zusammengefaßt, sondern bleiben mit sämtlichen Einzelheiten für die Auswertung (Transskription) erhalten. Die quantitative Analyse orientiert sich somit an Einzelfällen.

Methoden der qualitativen Forschung sind verschiedene Interviewtypen, die innerlich mehr oder weniger stark strukturiert sind. Von größerer Objektivität sind dabei das „streuende Interview“ und das Experteninterview, das in der Literatur auch als fokussier- tes Interview oder Leitfadeninterview zu finden ist. Von größerer Subjektivität ist das narrative Interview sowie das biographische Interview. Zu den qualitativen Methoden gehören auch noch die (teilnehmenden) Beobachtungen eines Forschungsgegenstan- des.

In unserer Hausarbeit verwendeten wir als quantitative Methode für die Überprüfung der Hypothese einen strukturierten Fragebogen mit einem Pre-Tests durch Befragung von drei Personen, die in unterschiedlichen Wohnformen auf dem Vaubangelände leben. Von den qualitativen Methoden verwendeten wir das Experteninterview mit Leitfaden bei den Vertretern der städtischen Verwaltung (Bauverwaltungsamt, Geschäftsstelle Vauban), der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ (Forum Vauban) und der Siedlungsinitiati- ve (SUSI). Daneben verwendeten wir das narrative Interview bei einer Betroffenen (en- gagierte Bewohnerin) direkt. Insgesamt ist der Charakter unserer Seminararbeit somit nach den erkenntnistheoretischen Schließregeln deduktiv, da wir die aufgestellte Hypo- these an der Empirie überprüften und auf diesem Wege zu den Resultaten gelangten.

Die Befragung anhand eines standardisierten Fragebogens als quantitative Methode

Die Technik gestaltet sich dabei folgendermaßen: Zu Beginn enthält der Fragebogen allgemeine Angaben zur Thematik und zur Interviewsituation sowie evtl. zur Technik und zur Vercodung. Anschließend werden erste Hinweise bezüglich der Thematik für der Befragten gegeben. Daran schließt sich die neutrale sogenannte „warm-up-Frage“ an, durch die eine persönliche Beziehung zum Befragten hergestellt werden soll. An- schließend folgen mehrere Fragekomplexe zur Thematik, wobei eine Steigerung der Komplexität und der Spezifizierung vorgenommen wird. Dabei werden die einzelnen jeweils neuen Fragekomplexe durch Überleitungsfragen eingeleitet. Die Fragen an sich verfügen über einen offenen, wenn inhaltliches Wissen vorhanden ist, oder geschlosse- nen Charakter, wobei auch Kontrollfragen, die der Befragte aber nicht bemerken sollte, möglich sind. Am Schluß der Befragung sollen dann noch die Angaben zur Sozialstruk- tur angegeben werden.

Das Experteninterview mit Leitfaden

In Experteninterviews werden die Expertinnen und Experten nicht zu ihrem eigenen Verhalten befragt, sondern zu den Verhaltensweisen anderer Menschen. Dieser Inter- viewtyp verbindet eine gewisse Offenheit mit einer gewissen Strukturierung die zu einer natürlichen Gesprächssituation führen sollte. Dabei geht die Situation eines Dialoges hervor, so daß auch die Thematik betreffend tiefgehende Fragen gestellt werden kön- nen. Generell soll das Experteninterview die Befragten dazu animieren sich mit der Thematik in der Situation des Interviews präziser und intensiver auseinanderzusetzen, um somit eine höhere Informationsdichte für den Interviewer zu erreichen. An dieser Stelle soll der Interviewer durch den zuvor erstellten Leitfaden, der aus inhaltlichen Stichpunkten und Fragen zur Thematik des Interviews besteht, die Gesprächsführung in bestimmter Weise vornehmen, wobei aber aufgrund der Offenheit die Reihenfolge der übergeordneten Aspekte der Thematik nicht zwingend eingehalten werden müssen.

Am Anfang des Gespräches sollten als Basis für die weiteren Befragung allgemeine und weniger spezielle Fragen gestellt werden. Anschließend können die befragten Ex- perten mit komplexeren Fragestellungen konfrontiert werden, da sie eine größere Dis- tanz zu dem zu untersuchenden Problemfeld haben und komplexe Sachverhalte objek- tiv, ohne persönlich involviert zu sein, darstellen können (vgl. Mayring 2000: 58).

Das narrative Interview

Im narrativen Interview werden Fragen in mündlicher Form gestellt, wobei sich die Auf- zeichnung mit einem Tonbandgerät o.ä. anbietet, um das Verhalten des Interviewpart- ners und die Interviewsituation anschließend besser auswerten und analysieren zu können. „Das narrative Interview liefert - themenzentriert - nachhaltigere Informationen als „normale Befragungsformen“. Mit dieser Interviewform erhalten wir gegenstandsbe- zogene Informationen im Wechselwirkungsverhältnis von Struktur- und Prozeßdaten und deren subjektive/s Erfahrung und Erleben.“ (Schmals, Umdruck: „Aufgabe, Struk- tur, Ablauf und Verwendungsmöglichkeiten von „narrativen Interviews“ 1998) Insgesamt ist die Rolle de Interviewers beim narrativen Interview sehr passiv ausgerichtet, so daß das Interview nur sehr wenig und grob strukturiert ist. Daher ist beim narrativen Inter- view auch kein Gesprächsleitfaden vorhanden. Die freie Führung des Gesprächs wird dem Informanten übertragen, dessen Darstellung der selbsterlebten Ereignisse im Vor- dergrund steht. Es besteht also eine insgesamt sehr große Offenheit für den Erzähler, der neben der selbsterlebten Situation auch die damit in Verbindung stehenden Sach- verhalte darstellen und den Bezug zu den äußeren Gegebenheiten herstellen kann. Der Erzähler soll also alle für ihn relevanten Ereignisse von Anfang bis Ende erzählen.

Wichtig ist für die Rolle des Interviewers, daß der Erzähler in der Haupterzählung nicht unterbrochen wird, weil sonst die Richtung des Interviews verändert wird und wesentli- che Aspekte verloren gehen können sowie der Erzähler die Antwortkategorien seines Erzählverhaltens verändern kann. Im Rahmen der groben Strukturierung des narrativen Interviews erfolgt vor dieser Haupterzählung eine impulsgebende Frage, die genau auf den im Interview erfragten Sachverhalt ab gestimmt und präziese formuliert sein muß, um ein Eingreifen des Interviewers in die Haupterzählung von vorne herein auszu- schließen. Nach der Haupterzählung erfolgt eine Nachfragephase, in der die unklar ge- bliebenen Aspekte aus der Haupterzählung vom Interviewer abgefragt werden. Danach folgt die Bilanzierungsphase als letzter Schritt der Durchführung, in der dem Erzähler der Sinn seiner Befragung erklärt werden sollte.

Abschließend muß dann eine Transskription der Ergebnisse durch den Interviewer vorgenommen werden, in welcher die Ergebnisse nach inhaltlichen/ thematischen, zeitund ereignisstrukturellen, themenorganisatorischen, entscheidungsrelevanten und soziometrischen Aspekten bewertet werden.

Insgesamt ist der Fragebogen so konzipiert, daß zunächst der Inhalt der Problemstellung deutlich wird. Daran schließen sich die Ziele der Befragung an und am Ende soll die Position des Befragten deutlich werden.

4.3 Die Praxis der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ aus der Sicht der Stadtverwaltung, Bauverwaltungsamt Freiburg: Geschäftsstelle Vauban

Das Leitfadeninterview:

Bevor wir die Interviews mit den Experten durchführen wollten, überlegten wir uns wel- che Fragen wir stellen wollten, wann wir bestimmte Fragen stellten wollten und wie wir uns den Verlauf des Interviews vorstellen. Wir unterteilten daher unser Interviewverlauf kategorisch in vier Teile. Der erste Teil sollte mit einer kurzen Vorstel- lung unsererseits beginnen, indem wir eine persönliche „Beziehung“ zu dem Interview- partner aufbauen wollten, die nicht mit dem eigentlichen Interviewthema zu tun haben sollte. In einem lockeren Gespräch würden wir dann zu dem zweiten Teil „übergehen“, indem der Interviewexperte dann einen kurzen Überblick über die Institution oder den Verein geben sollte. Das würde ihm auch Sicherheit geben und ihn quasi „aufwärmen“, in einen zweiten Schritt würden wir ihm dann einfache, grundsätzliche Fragen stellen. Der dritte Teil unseres Interviewverlaufes sollte dann Fragen beinhalten, die wir aus unserem „background Wissen“ herausschöpften und die auch gewisse kritische Inhalte zu der jeweiligen Institution umfassen. Wir hatten die Absicht durch teilweise auch sehr provokante Fragestellungen uns noch intensiver mit dieser Thematik zu beschäftigen. Dabei legten wir Konflikte offen, die es in der Vergangenheit bzw. auch heute noch im Quartier gibt und verlangten eine Stellungsmaßnahme. Der dritte Teil unseres Inter- viewleitfadens bildete den sog. „Climax“ . Von diesem Gesprächsblock erhofften wir uns insgeheim die meisten und uns noch unbekanntesten Informationen, was im nachhinein auch der Fall war. Der vierte Block beinhaltete abschließende Fragen, die in keinster Weise mehr so eine „inhaltliche- provokante Schärfe“ in der Fragestellung hatten. Meist endete der vierte Gesprächsblock in einem „small-talk“ über unser Studium oder Frei- burgs besondere Stellung in innovativen ökologischen Konzepten. Es läßt sich ab- schließend feststellen, daß wir mit unserem aufgestellten Leitfaden sehr erfolgreich und ergiebig agierten.

1) Das Leitfadeninterview:

Mit Ulrike Bockstahler (Vauban-Koordinatorin) vom Bauverwaltungsamt im Technischen Rathaus zu Freiberg, am Dienstag, den 20.3.01 von 9 Uhr bis 11 Uhr. Anwesende der Studenten: Matthias Muckle und Markus Surmann.

Ulrike Bockstahler empfing uns pünktlich zu dem Interview. Wir stellten uns vor, woher wir kommen, was wir studieren, für welches Fach wir diese Hausarbeit anfertigen wollen und unser Interesse für das ausgewählte. Das hatte den Effekt, daß wir die klein bischen im Vorfeld auftretende, aber natürliche Nervosität verloren, gleichzeitig aber auch ein lockeres und entspanntes Gesprächsverhältnis zu Ulrike Bockstahler aufbauten. Wir hatten ein Tonbandgerät dabei, was wir auch benutzten durften, daß hatte den Effekt, daß wir Diese erste Phase kann auch als „warm-up“ Phase bezeichnet werden, Hemmungen fielen eindeutig auf beiden Seiten.

In einem nächsten Schritt ließen wir Ulrike Bockstahler über die Entstehungsgeschichte des Quartiers erzählen, sowie die vergangenen Jahre, in denen das Quartier das wurde, was es ist. Zwischendurch bei Unklarheiten fragten wir nach. Danach hatten wir Gelegenheit unseren Fragenkatalog in einem „Frage-Antwort- Dialog“ zu stellen.

- Wie sieht die Grundstücksvergabepraxis für das Quartier Vauban aus? - Warum ließ die LEG die Zwischennutzung zu?
- Warum zerschlug sich die Idee des Reiterhofes in Vauban
- Wird es kirchliche Einrichtungen auf Vauban geben?
- Wann wird der Bauabschnitt III abgeschloßen sein?
- Welche Rolle spielt das Rieselfeld für das Projekt Quartier Vauban? - etc.

In einem dritten Teil hatten wir uns vorgenommen, der Interviewpartnerin Fragen zu Stellen, die a) eine hohe und brisante Aktualität in der Vergangenheit beinhaltete und b) auch Kritik an Vorgehensweisen und Verhalten Stadt beinhaltete so z.B.

- Warum wollte Stadt anfangs Vauban „zum Hort sozialer Brennpunkte“ machen?
- Wie ist das Verhältnis zu Nachbarschaftsgemeinde Merzhausen?
- Warum duldete die Stadt so lange Zeit die Wagenburgen?
- Warum wurde nicht aus der KTS auf Vauban?
- Wie sieht der Dialog mit Bürgern aus?
- Wie kommt die Stadt mit der praktizierten „erweiterten Bürgerbeteiligung“ zu- recht?
- Hat man aus den gemachten Fehlern, die beim Rieselfeld gemacht worden sind gelernt?
- Wie sieht die Stadt Freiburg die oftmals kritischen Kommentare, die die Badische Zeitung über das Verhalten und Auftreten der Stadt Freiburg in Vauban in ihren Seiten verfasst?
- Verhältnis der Stadt Freiburg zu den Vereinen und Gruppen, die auf dem Vau- bangelände vertreten sind !
- Welche Kritikpunkte sieht die Stadt an der Verhaltesweise des Forum Vauban, S.U.S.I ?
- etc.

Nachdem dieser dritte Teil des Interviews abgeschlossen war, den Ulrike Bockstahler sehr souverän und besonnen „überstand“ gingen wir in den vierten Teil des Interviews über, indem wir uns unterhielten über die Bedeutung des Vauban und die realisierten Leitbilder als Paradebeispiel für ganz Deutschland. Wir sprachen weiter über die sehr fortschrittliche Rolle Freiburgs in allen ökologischen Aspekten und den darin enthaltenen Experimenten, die Freiburg schon durchführte. Nach etwa zwei Stunden verabschiedeten wir uns, nachdem wir zusammen einen Kaffee getrunken hatten, diese Geste zeigte uns das sehr offene und ehrliche Auftreten und Freundlichkeit der Stadt Freiburg in der Person Ulrike Bockstahlers.

Die hier im folgenden dargestellten Ergebnisse gehen aus dem Experteninterview, mit dem dazugehörigen Leitfaden, das wir mit Frau Bockstahler von der Geschäftsstelle Vauban des Bauverwaltungsamtes am 20.03.01 im Technischen Rathaus führten, hervor. Der sachliche Inhalt dieses Interviews geht an verschiedenen Stellen umfassend mit in unsere Seminararbeit ein, so daß hier nur die übergeordneten Aspekte des Interviews zusammengefaßt aufgeführt werden sollen, wobei allerdings der Aspekt der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ vertieft werden muß.

Ein ähnliches Vorgehen ist für die weiteren Experteninterviews mit dem Forum Vauban und der SUSI vorgesehen, wobei dort jeweils deren Sicht zur „erweiterten Bürgerbeteiligung“ dargelegt werden soll.

Zu Beginn des Interviews mit Frau Bockstahler erfolgte zunächst eine Vorstellung unse- rerseits und eine kurze Beschreibung des Studiengangs Raumplanung in Dortmund sowie eine allgemeine Erklärung zu unserer Seminararbeit. Dabei machten wir deutlich, daß der Aspekt der Partizipation die wesentliche Rolle in unserer Seminararbeit ein- nehmen würde, baten aber die Interviewpartnerin zunächst einen grobe Überblick zum Quartier Vauban zu geben und anschließend vertieft auf die „erweiterte Bürgerbeteili- gung“ einzugehen.

Die Interviewpartnerin wies an dieser Stelle darauf hin zu sehr speziellen Fragen bei der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ das Forum Vauban zu befragen. Anschließend stellte sie auch anhand des von uns vorbereiteten Leitfadens die Entwicklungen auf dem Vaubangelände ausführlich dar, wobei Folgende Aspekte angesprochen wurden:

- Geschichtlicher Hintergrund
- Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme
- Pläne zur Bebauung
- Erfahrungen beim Rieselfeld
- Klientel der Bewohnerschaft
- Forum Vauban
- SUSI
- Wagenburgen
- „Kämpfe“ auf dem Vaubangelände
- Autofrei-Konzept
- Position der Bürgervereine in den angrenzenden Stadtteilen
- Zukünftige Entwicklungen

Danach stellten wir gezieltere Fragen zur „erweiterten Bürgerbeteiligung“ beim Quartier Vauban. Auch hier konnte und die Interviewpartnerin gerade was das Forum Vauban und die SUSI angeht wichtige Informationen mitteilen.

Dabei wurde in der Beurteilung zur „erweiterten Partizipation“ deutlich, daß das Forum Vauban in seiner Gründungsphase nicht aus zukünftigen Bewohnern - dieses waren schon im Bauprozeß ihrer zukünftigen Häuser genügend eingebunden - des neuen Stadtteils Vauban bestand, sondern aus Studenten, SUSI-Bewohnern und auch ehema- ligen Wagenburglern. Erst nach Beendigung der Bauarbeiten im ersten Bauabschnitt engagierten sich mehr und mehr Bewohner im Forum Vauban, das sich nach Meinung der Interviewpartnerin immer mehr in Richtung eines Bürgervereins entwickelt.

Generell wird die Zusammenarbeit mit dem Forum Vauban und damit das Konzept der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ beim Quartier Vauban als sehr erfolgreich von der Inter- viewpartnerin beurteilt. In der Vergangenheit habe se zwar auch immer wieder große Schwierigkeiten und damit verbunden viel Arbeit gegeben, aber dennoch seien die Lö- sungen die gefunden wurden von „herausragender Qualität“ und kommen nicht zuletzt den Bewohner des Quartiers Vauban zugute. Generell gehen die Bestrebungen in der Freiburger Planung und Verwaltung dahin, das Optimale für die Bürger zu erreichen, wobei sich das Konzept der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ sehr gut bewährt habe. Somit wurde auch das Forum Vauban als Instrument der „erweiterten Bürgerbeteili- gung“ und als Sprachrohr der Betroffenen an allen Umsetzungen auf dem Vauban- gelände beteiligt. Letztlich versuche man somit von städtischer Seite das Quartier nach den Wünschen der betroffenen Bewohner, die einen sie persönlich ansprechenden Stadtteil vorfinden sollen, zu errichten, was nach Meinung der nterviewpartnerin beim Quartier Vauban noch besser gelungen sei, als beim eh schon erfolgreichen Projekt Rieselfeld.

4.4 Die Praxis der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ aus der Sicht der Bürgerinitiativen Forum Vauban e.V. und S.U.S.I. eGmbH

2) Das Leitfadeninterview

Mit Florian Sprenger (festangestellter Mitarbeiter) vom Forum Vauban am Mittwoch, den 21.03.01 im Quartier Vauban im Bürgerhaus 037 von 11 Uhr bis 12.30 Uhr. Anwesende der Studenten: Matthias Muckle und Markus Surmann

Nachdem unsere Taktik in Sachen Interviewaufbau und Taktik unserer Meinung nach sehr erfolgreich und produktiv ausgefallen war, wollten wir daran weiter festhalten. Im ersten Teil ließen wir Florian Sprenger über die Ziele und Vorhaben des Forums Vauban kurz referieren, sowie über die Entstehungsgeschichte.

In dem zweiten Teil stellten wir Florian Sprenger Fragen zur finanziellen Unterstützung der Arbeit u.s.w.

- Aus welcher Motivation ist Forum entstanden?
- Welche Fördermittel erhält Forum Vauban?
- Was ist GRAG?
- Welche Aufgabe nimmt Forum in GRAG wahr?
- Was ist aus den „Frontmännern“ Matthias Martin Lübke und Andre Heuss ge- worden?
- etc.

In dem dritten Teil stellten wir Fragen, die das Zusammenspiel aller tätigen Vereine und Bewohner „beleuchteten“. Diese Phase war, wie auch bei dem Vorgangsinterview die sog. „heiße Phase“, in denen auch teilweise kritische Fragen dem Forum Vauban ge- stellt wurden

- Wie funktioniert der Austausch zwischen Forum Vauban und den Bewohnern Vaubans?
- Wie ist das Verhältnis des Forums Vauban zu den anderen Vereinen auf dem Gelände?
- Wie steht das Forum Vauban zu der Kritik, daß in der GRAG das Forum Vauban eine sog. Monopolstellung inne hat und die Meinungen anderer Vereine nicht zu- lasse?
- Wie ist das Verhältnis zu der Stadt Freiburg bzw. der LEG ?
- Wie bewertet das Forum Vauban die Verlegung des Stadtteilzentrums an den Quartiersrand?
- Wie bewertet das Forum Vaban das Verhältnis zu der Gemeinde Merzhausen?
- Welche Stellung nimmt das Forum Vauban ein, zu der Kritik der Stadt, daß viele Baugruppen sich intern verstritten hätten und die Grundstücke nur sehr schwer zu verkaufen wäre?
- Stimmt das Forum Vauban zu, daß mit den Zwischennutzungen das Quartier zu einem „Hort sozialer Brennpunkte“ wurde?
- Welche Kritikpunkte sieht das Forum Vauban an der Handlungsweise der Stadt Freiburg?
- etc.

In dem vierten Teil unterhielten wir uns mit Florian Sprenger über sein Leben im Quar- tier Vauban und dem Prinzip der Baugruppen, an denen er auch beteiligt war, weil er selber in einer Baugruppe baute. Er nahm uns spontan mit und machte eine Ortsbege- hung, wo er uns einzelne Baugruppen zeigte und erläutere. Bei einem Kaffee bei ihm zu Hause beendeten wir den vierten Teil bzw. das Interview was längst in ein persönliches Gespräch mündete, in denen die Rollen Interviewer und Interviewpartner „vor der Haus- tür geblieben waren“

3) Das Leitfadeninterview

Mit Rainer Arnold ( S.U.S.I. Sprecher) von der Siedlungsinitiative S.U.S.I am Donnerstag, den 22.03.04 in der S.U.S.I. Geschäftsstelle von 11 Uhr bis 12.30 Uhr. Anwesende der Studenten Matthias Muckle und Markus Surmann Wir setzten auch diese Mal unserer sehr erfolgreiches Konzept des Interviewaufbaus / und der Interviewtaktik fort. Rainer Arnold, der ehemals selbst Raumplanung in Dortmund studierte empfing uns wörtlich „mit offenen Armen“. Keine Frage, eine bessere Atmosphäre konnte es für ein Interview nicht geben. Bei einer Tasse Tee konnten wir uns dann auch von der „warm-up“ Phase ( erster Teil) dann auch sehr schwer lösen und fanden dann nach einer Weile in den zweiten Teil, indem Ralf Arnold uns über die Grundsätze, Inhalte und Entwicklung von S.U.S.I. sehr detailliert erzählte. In dem zweiten Teil unseres Interviews stellten wir dann folgende Fragen:

- Was ist die sog. Muskelhypothek?
- Warum ist Haus 037 Dreh- und Angelpunkt im Quartier Vauban?
- Welche ökologischen Konzepte will S.U.S.I. in Zukunft noch verwirklichen?
- Welche Bevölkerungsschichten können bei S.U.S.I. mitmachen?
- Wie hoch ist die monatliche Miete?
- Welche Rolle spielte Rieselfeld für S.U.S.I.?
- etc.

Die sehr „relaxte“ und freundliche Art von Ralf Arnold erstaunte uns sehr und wir hatten das Gefühl ihn schon sehr lange zu kennen, es war ein sehr harmonisches und offenes Interview. In dem dritten Teil unseres Interviewverlaufes wollten wir dann aber versuchen „Konflikte“/ „Konfrontationen“ offenzulegen, die wir im Vorfeld bei unserer Recherche mitbekommen hatten:

- Wie steht S.U.S.I. zu dem doch sehr dominanten Auftreten des Forum Vauban?
- Wie beschreibt S.U.S.I. das Verhältnis zu der Stadt Freiburg, die eigentlich S.U.S.I. anfangs nicht auf dem Vaubangelände miteinbeziehen wollte?
- Die von der S.U.S.I. auf ihrem Gelände geduldeten Wagenburgern stellen etwa kein „störendes Leben“ wegen der streunenden Hunde, die Kinder des Quartiers bedrohen könnten?
- Wie stand S.U.S.I. zu der KTS und deren gewaltsamen Auschreitungen in der Freibuger Innenstadt Mitte der neunziger Jahre?
- Wie bewertet S.U.S.I. die doch sehr starke Ablehnung der Gemeinde Merzhau- sen zu den Wagenburgen?
- Wie klappt das Zusammenleben der vielen sozial unterschiedlichen Bevölke- rungsgruppen in Vauban?
- etc.

Nachdem dritten Teil unseres Interviewverlaufes unterhielten wir uns noch etwa eine dreivierte Stunde über den Raumplanungsstudiengang in Dortmund, seinen Erfahrun- gen und Meinungen zu diesem Studiengang und unseren und seinen zukünftigen beruf- lichen Werdegang und über die Rolle der Politik in diesem Studiengang. Mit dem Gefühl einen „alten Freund“ nach langer Zeit wiedergetroffen zu haben, verabschiedeten wir uns von Ralf Arnold und brachen zu unserer letzten Ortsbegehung auf dem Quartier Vauban auf.

In den folgenden Aufzeichnungen zu den Experteninterviews mit Leitfaden sollen ebenfalls die Inhalte, die zu einem sehr großen Teil in die Seminararbeit eingegangen sind, nur in kurzer Form nach Aspekten geordnet aufgeführt werden, wo die Beurteilung der „erweiterte Bürgerbeteiligung“ von den Initiativen im Vordergrund stehen soll.

Mit dem Vertreter Florian Sprenger vom Forum Vauban e.V. trafen wir uns am 21.03.01 in der Anlaufstelle des Forum auf dem Vaubangelände im Bürgerhaus 037. Auch hier wurde zunächst die Vorgehensweise für das Interview abgesprochen, wobei wir zu Beginn einige Einleitungsfragen stellten, um die Thematik des Interviews für un- seren Gesprächspartner genauer abzugrenzen. Dabei ergaben sich Informationen zu den Aspekten:

- Entwicklung des Forum Vauban
- Arbeitsbereiche des Forum
- Organisationsstruktur und finanzielle Förderung der Initiative
- Prozeß der Baugruppenbildung
- Umsetzung mit dem Prinzip der Demokratie nach der Argumentation von sach- lichen Gesichtspunkten
- Zusammenspiel der einzelnen Institutionen und Initiativen
- Probleme bei der Arbeit des Forum Vauban
- Moderation, Mediation und Veranstaltungen des Forum Vauban

Auch hier fällt die Beurteilung der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ durchweg positiv aus. So erklärt unser Interviewpartner, daß man den gewählten Vertretern und der Verwal- tung der Stadt von Seiten des Forums ganz gut glaubhaft machen konnte, warum die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ bei einem Modellstadtteil wie Vauban notwendig ist, und daß sie durch das Forum Vauban auch erfolgreich umgesetzt wird. Fest steht für die Leute vom Forum Vauban, die auch größtenteils wie unser Interviewpartner im Quartier wohnen, daß die gesamte Einwohnerschaft sich wesentlich stärker mit dem neuen Stadtteil identifiziert, als wenn es die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ in der hier praktizier- ten Weise nicht gegeben hätte. Aus dieser Perspektive sei das Projekt von daher sehr erfolgreich verlaufen. Vauban sei dadurch ein wenig zu „Freiburg in Freiburg“ geworden - also das was Freiburg für die Republik darstelle, stelle Vauban noch einmal für Freiburg selber dar. Auch die eigenen Erfahrungen des Gesprächspartners zum Bauen in der Baugruppe sind positiv, wobei er allerdings auch negatives zu berichten weis. Für ihn steht aber dennoch fest, daß nachbarschaftliche Kontakte besser aufgebaut werden können als in anderen Stadtteilen und Neubaugebieten.

Weniger gelungen sei aber die Integration der Studenten vom Studentendorf und der SUSI, die neben ihrer eher peripheren Anlagerung m Quartier und der relativ kurzen Verweildauer im Quartier Vauban doch eher auf die Stadt Freiburg an sich ausgerichtet seien.

Mit Rainer Arnold von der SUSI trafen wir uns am 22.03.01 im „Kulturcafe“ des Haus A der SUSI, direkt an der Einfahrt zum Quartier Vauban, zur Durchführung eines weiteren Experteninterviews. Dabei sollte die Stellung der SUSI zum Quartier Vauban erklärt und die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ aus Sicht der SUSI beurteilt werden. Bei diesem Gespräch wurden die folgenden Aspekte erörtert:

- Entwicklung und Entstehung von SUSI
- Umweltpreis der Stadt Freiburg
- Ökologie im SUSI - Projekt
- Umbau der Kasernengebäude
- „Experimentelles Wohnen auf Rädern“
- Basisdemokratische Entscheidungen
- Beziehung zu den anderen Initiativen
- Interessenvertretung der SUSI in Quartier

Auch in diesem Interview wurde der Erfolg der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ konsta- tiert. Nach Ansicht der SUSI geht der Erfolg bei der Umsetzung der Partizipation allge- mein in erster Linie auf die Initiative und das Engagement des Forum Vauban zurück. Der Erfolg der Partizipation bei der SUSI wird daraus erklärt, daß die hier Beteiligten sowohl Mieter als auch Vermieter in einer Person sind, da sich die SUSI in die SUSI e.V. und die SUSI GmbH aufteilt. Somit ist also von vorne herein ein Anreiz zur Partizipation der Bewohner bei der SUSI gegeben. Auch wird bei der Initiative das Prinzip der Basisdemokratie angewendet, was zur Partizipation der Betroffenen in Mitgliederversammlungen durchgeführt wird.

Insgesamt war SUSI die erste Initiative die durch ihre Basisdemokratie und ihre Mitgliederversammlungen eine Form der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ auf dem Vaubangelände einrichtete, und daß obwohl sie von der Stadt in ihrer jetzigen Form gar nicht vorgesehen war und nur durch entsprechenden politischen Druck durch Lobbyisten auf dem Vaubangelände erhalten werden konnte.

4.5 Beurteilung der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ durch die Bürger Vaubans (narratives Interview mit einer Betroffenen)

Es gelang uns mit der Bewohnerin Martina Heuer ein narratives Interview zu ihrer Sicht der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ als unmittelbar Betroffene zu führen. Die Methodik des narrativen Interviews ist dazu im Punkt 4.2 bereits hinreichend erläutert worden. Martina Heuer gehört zu den verschiedentlich engagierten Bewohnern im Quartier Vau- ban. So ist sie im Arbeitskreis für Soziales tätig und beteiligt sich an der Organisation der „Mittagstafel“ im Bürgerhaus 037, wo auch unser Interview stattfand. Dies ist ein Service, in Eigenregie verschiedener Leute getragen, für die Bewohner des neuen Stadtteils, der nach den selben Organisationsstrukturen wie etwa die Mensa an der Uni oder die Kantine in Betrieben funktioniert. Die „Erzählerin“ wurde von uns kurz vor En- de ihrer Tätigkeit im Rahmen der Mittagstafel angesprochen und erklärte sich spontan bereit am narrativen Interview teilzunehmen, nachdem wir ihr unser Anliegen mitgeteilt und die spezielle Interviewform erklärt hatten.

Als erstes erfolgte somit die von uns formulierte impulsgebende Fragestellung, die lau- tete: „Bitte beschreiben sie möglichst umfassend den Prozeß der „erweiterten Bürgerbe- teiligung“, der im Quartier Vauban praktiziert wird, und erklären sie die Rolle, die sie selber dabei einnehmen, sowie ihre persönliche Einstellung zur „erweiterten Bürgerbe- teiligung.“

Daraufhin begann Martina Heuer mit der Haupterzählung. Zunächst machte sie deut- lich, daß sie sich seit September 2000 im Rahmen der Partizipation engagiert, nachdem sie zur Jahresmitte 2000 mit ihrer Familie auf das Vaubangelände gezogen ist. Diese Arbeit mache ihr Spaß und sie könne dies gut mit ihrer Funktion als Hausfrau und Mut- ter verbinden. Über ihre Kinder und das Bauen in der Baugruppe habe sie sehr schnell Kontakt zu anderen Bewohnern des Quartier Vauban bekommen, woraus sich ihre jet- zigen Tätigkeiten im Arbeitskreis für Soziales und bei der Mittagstafel ergeben hätten, weil sie von bereits in diesen Einrichtungen beteiligten Personen auf eine Mitarbeit hin angesprochen worden sei. Somit sei der Übergang aus der Baugruppe in diese Einrich- tungen fließend gewesen, da sie nach der Fertigstellung ihres Hauses zur Mitte des Jahres 2000 und dem Umzug ab September wieder aktiv in Sachen Partizipation ge- worden sei. Die Arbeit auf dem Gebiet der Partizipation, zu der sie ihren Beitrag leisten möchte, erachtet sie in sofern als sehr wichtig, als daß sie zur besseren Verständigung der Menschen im Quartier Vauban beitrage. Zwar kommt es auch hier, wie in ihrer Bau- gruppe, zu Konflikten und Schwierigkeiten, doch können die Beteiligten ihrer Meinung nach daraus nur lernen und in der Regel zu einem besseren Verständnis des Gegen- über gelangen. Dies schaffe Respekt und Aktzeptanz bei den Bewohner untereinander, was sonst nicht möglich wäre.

Die sozialen Probleme, von denen die Erzählerin aus ihrer Arbeit im Arbeitskreis Sozia- les zu berichten weis, ergeben sich danach auch nicht primär aus den Konflikten wenn es um sachliche Entscheidungen, die einen Teil oder das gesamte Vaubangelände betreffen, geht, sondern aus der sozial recht unterschiedlichen Klientel im Quartier Vauban. Da das Leben im Quartier generell ein sehr offenes sei treten diese Konflikte von Zeit zu Zeit immer mal wieder mehr oder weniger offen auf. In solchen Situationen nehme dann der AK Soziales eine Schlichterrolle ein, die auch weitgehend Akzeptanz bei den „Streithähnen“ fände, so die Erzählerin. Diese Konflikte träten aber nur auf der einen Seite der Vauban-Allee auf, da hier die SUSI mit ihren Wagenburglern, das Stu- dentenwerk und die Bezirkssammelstelle für Asyl angelagert seien, während auf der anderen Seite der Vauban-Allee eine weitgehend uniforme Wohnklientel bestehend aus Familien angesiedelt sei. Größere Schwierigkeiten, so die Interviewte, habe es insbe- sondere in der Vergangenheit mit den frei umherlaufenden Hunden der Leute von der SUSI gegeben, da diese sich nicht mit den vielen kleinen Kindern auf dem Vaubange- lände vertragen würden. Insgesamt sei daher auch die Integration der teilweise sehr alternativen Bewohner von der SUSI relativ schwierig, wobei aber umgekehrt auch posi- tive Ergebnisse zu verzeichnen seien, da sich viele Leute von der SUSI in den Arbeits- kreisen des Forum Vauban beteiligen würden und die Vertreter der SUSI auch insge- samt einen hohen Anteil von Engagement bei der Bürgerbeteiligung, wenn es um Anre- gungen oder Planungen geht, beisteuern würden.

An dieser Stelle endete die Haupterzählung und die Nachfragephase wurde von uns eingeleitet. Dabei befragten wir die Interviewte zunächst nach ihren persönlichen in der Baugruppe gesammelten Erfahrungen. Sie erklärte daraufhin, daß der Bauvorgang in der Baugruppe ein durchaus „nervenraubender“ Vorgang sein kann, wie se in ihrer Baugruppe der Fall gewesen wäre. Insbesondere bei finanziellen, aber auch ganz prak- tischen Fragen, wie z.B. bei der Farbauswahl für die Hausfassade, gingen die Meinun- gen der einzelnen Beteiligten weit auseinander. Letztendlich konnte man aber immer noch auf einen gemeinsamen Nenner kommen, auch weil man um einen zügigen Erfolg bemüht war.

Anschließend baten wir die Erzählerin noch um eine abschließende persönliche Beur- teilung der „erweiterten Bürgerbeteiligung“. Dabei wurde deutlich, daß die Interviewerin in der praktizierten Beteiligung der einzelnen Bürger die große Chance sieht eigene In- teressen zu verwirklichen, soweit dies nach demokratischen Aspekten möglich ist. Zu- mindest ist ihrer Meinung nach aber durch die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ die Mög- lichkeit geschaffen worden eigene Vorstellungen öffentlich zu machen und somit in Pla- nungsprozesse etc. einzubringen. Daher beurteilt sie die „erweiterte Bürgerbeteiligung“, wie sie im Quartier Vauban praktiziert wird, als überaus positiv. Die Partizipation lohne sich daher für die einzelnen Bürger und vergrößere durch das Erreichen ihrer Ziele die Zufriedenheit gegenüber dem Erreichten.

Anschließend nahmen wir die Bilanzierungsphase vor und erklärten der Interviewpartnerin unsere Hypothese und den Stellenwert des mit ihr geführten Interviews.

Für die Transskription des Interviews bedeutet dies, daß die Interviewte eine grundsätzlich positive Einstellung gegenüber der Partizipation einnimmt. Dies läßt sich zum Teil aus der Eigeninitiative der Erzählerin im Rahmen der Baugruppe erklären, wo sie sich auch schon mit verschiedenen Positionen auf dem Wege einer Entscheidungsfindung auseinandersetzen mußte. Somit scheint die frühzeitige Bürgerbeteiligung auch zu einer positiven Einstellung zur Partizipation zu führen.

Die gesamte Thematik der „erweiterten Partizipation“ wurde von der Interviewpartnerin sicherlich nicht vollständig angeschnitten, wobei dies auch im Rahmen einen gut 45 minütigen Interviews sicherlich nicht möglich ist. So ging die Befragte z.B. nicht auf die Rolle des Forum Vauban als Träger der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ und die weite- ren Arbeitskreise ein. Deutlich wurde aber, daß die Erzählerin sozial engagiert ist und sich gerade in diesem Bereich auch durchaus nachhaltige Gedanken macht, wenn es etwa um die möglichen zukünftigen Freizeitgestaltungen der Kinder geht.

4.6 Überprüfung der Hypothese im Rahmen eines Pre - Tests

An dieser Stelle muß generell gesagt werden, daß die bis hierher gewonnenen Ergebnisse im Bezug auf unsere Fragestellung und die Hypothese, durch die drei Befragungen anhand des Fragebogens bestätigt worden sind. Unsere Hypothese gilt folglich als verifiziert, was aus dem nun folgenden Text explizit hervorgeht.

Die drei befragten Personen leben alle insgesamt mehr als ein Jahr auf dem Vaubange- lände, was auf eine gute Informationslage schließen läßt. Eine Befragte wohnt in den Häusern der SUSI, ein anderer als Mieter in einem „Niedrig-Energie-Haus“ und die drit- te im Eigentum auf dem Vaubangelände. Die Gemeinschaftseinrichtungen (Mitglieder- versammlung, Kulturcafe´ bei der SUSI) werden dabei von allen in Anspruch genom- men. Zwei der Befragten haben in einer Baugruppe gebaut, während die Befragte von der SUSI bei der gemeinschaftlichen Umgestaltung der Kasernengebäude mitgewirkt hat. Die Erfahrungen in Zusammenhang mit dem kollektiven Bauen werden an dieser Stelle vollständig als gut oder positiv bezeichnet. Insbesondere der gute nachbarschaft- liche Kontakt nach der Bauphase wird auf die Baugruppen zurückgeführt.

Was die Aktivitäten bei der Partizipation anbelangt, so sind zwei der Befragten Mitglie- der des Forum Vauban und die SUSI Bewohnerin nimmt oft an den Mitgliederversamm- lungen teil. In der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ sehen alle ein Instrument zur Vergrö-ßerung der Identifikation mit dem Stadtteil, wodurch unsere Hypothese im Rahmen des Pre-Tests bestätigt wird. Daneben schafft die Partizipation aber auch größere Zufrie- denheit bei den Betroffenen und regt immer wieder zu neuen Ideen, die direkt vorgetra- gen werden können, in der Planung und Gestaltung des Quartiers an. Persönliche Vor- teile durch die Partizipation werden im Austausch der Bürger, dem gegenseitigen Ver- ständnis und der Umsetzung oder Einbringung eigener Ideen gesehen. Nachteile der Partizipation ergeben sich nach Angaben der Befragten für die Leute die sich nicht an der Partizipation beteiligen, wobei sich die dominanten Personen auch eher gegen die weniger dominanten durchsetzen können. Negativ werden auch die langen Diskussi- onsprozesse angesehen, die oft bei 0 angefangen haben und die relativ dichte und ho- he Bebauung des Geländes. Al negativ werden aber auch die mangelnden Besucher- parkplätze empfunden, die im Autofrei-Konzept nicht genügend berücksichtigt worden seien.

Insgesamt wird das Projekt Vauban recht positiv beurteilt. Hier ist von einer „guten Mi- schung verschiedener Faktoren“, aber auch von einer guten Durchmischung der Bevöl- kerung die Rede. Die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ hätte zu einem besseren Kennen- lernen beigetragen und man hätte auch früher miteinander gesprochen, bevor Konflikte ans Licht traten. Das Zusammenleben gestalte sich dabei harmonisch und zwischen den einzelnen Bewohnerschaften gibt es weniger Konfrontationen als erwartet, insbe- sondere was die SUSI angeht. Aber es gibt auch Kritik zur sozialen Durchmischung von dem im Mietsverhältnis wohnenden Befragten, da in den Häusern mit Mietswohnungen nahe dem Studentendorf immer wieder Probleme auftreten, sei das Wohnklima dort wohl am schlechtesten im gesamten Quartier.

Auf die Frage nach einer Beurteilung der Kennenlernmechanismen, die sich durch die Baugruppen und die Arbeit des Forum Vauban ergeben, antworten die Befragten auch vollständig mit positiven Attributen. Die Offenheit gegenüber dem anderen fördere die Knüpfung von Kontakten und vom Forum gehe eine ziemlich große Integration aus. Auch durch die von Eltern in Eigenregie geleitete Krabbelgruppe hätten sich gute Kon- takt entwickelt. Auf die Frage ob dieses Kennenlernen zur Konfliktvermeidung beigetra- gen habe, antwortet die SUSI Bewohnerin, daß so lange gestritten werde bis eine Lö- sung da wäre, was allerdings nicht negativ, sondern positiv gemeint ist, so die Befragte. Die anderen befragten meinen hierzu, daß Konflikte sich nicht gänzlich verhindern lie-ßen und somit immer Abstriche gemacht werden müssten, die insgesamt aber akzepta- bel wären.

Durch die Partizipation hätten die Bewohner besonders bei der Gestaltung der Wohn- straßen, der „Grünspangen“ und dem Spielplatz ihre Vorschläge einbringen können. Hier wird aber der hohe Preis des Spielplatzes, sowie interessanterweise auch die Rolle der LEG und der Verwaltung der Stadt Freiburg kritisiert, da diese sich durch die Pro- jekte Rieselfeld und Vauban ein „neues“ Öko-Image zurechtlegen wollen. Die individu- ell auf dem Wege der Partizipation erreichten Ziele bei den eigenen Wohnobjekten wer- den auch allesamt als gut umgesetzt erachtet, wobei hier auch gleichzeitig die von der Verwaltung vorgegebene Parzellierung der Grundstücke und die Art der Bebauung im 2. Bauabschnitt als „nur noch Stapelei“ bezeichnet wird. Auf die anschließende Frage ob die Befragten sich mit dem Modellstadtteil Vauban identifizieren würden, antwortete die SUSI Bewohnerin, daß Vauban ziemlich nah an ihrer Lebenseinstellung liege und über eine große Qualität, was die Identifizierung mit dem Stadtteil aus ihrer Sicht an- geht, verfügt. Auch die anderen Befragten sprechen von einer hohen Lebensqualität im Quartier und sind der Auffassung, daß die eigene Zufriedenheit sehr groß sei und man sich im Quartier wohlfühle. Für die Zukunft des neuen Stadtteils wünschen sich die Be- fragten eine positivere Einstellung bei der kleinen Fraktion der Leute, die eher eine „An- ti-Haltung“ im Quartier an den Tag legen. Auch werden Projekte für Kinder und Jugend- liche sowie die Beibehaltung des Autofrei-Konzeptes als wünschenswert für die Zukunft erachtet.

Insgesamt hat sich im Rahmen unseres Pre-Tests die Hypothese bestätigt, was aber auch schon teilweise im narrativen Interview deutlich wurde. Die Identifikationsfindung in diesem neuen Stadtteil Freiburgs ist somit besonders hoch wobei die Bewohner im Quartier auch ihren eigenständigen Lebensstil wiederfinden. Deutlich wird auch das nachhaltige Denken der Bewohner im Sinne der „lernenden Planung“, da sie sich be- reits jetzt zu einem frühen Zeitpunkt mit zukünftigen Problemen beschäftigen. Hier geht es insbesondere darum die Kinder in Projekten zu integrieren, um auf ihre Wünsche und Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, aber auch um Lösungen für die Zeit danach, wenn aus den derzeit vielen Kindern im Grundschulalter Jugendliche mit einer ganz neuen Bedürfnisstruktur werden.

Pre-Test: Der Fragebogen

Erläuterung: Der Fragebogen besteht aus drei Frageblöcken einer Einleitung ,einem Hauptteil und dem Schluß. Die Einleitung hat die Aufgabe dem Befragten mit sehr ein- fachen Fragen den Einstieg ins Interview zu erleichtern. Im Hauptteil wird der Befragte teilweise mit sehr komplexen Fragestellungen konfrontiert, die einen „intensiven Denkprozeß“ erfordern und Spontanität, dabei darf der Befragte nicht unter Druck, oder schlimmer Streß geraten, die vielleicht die Qualität oder Richtigkeit seiner Aussagen in Frage stellen würde. Der Schluß dient letztlich dem Gewinnen von soziographischen Daten, die die statistische Auswertung nach einzelnen Merkmalen erleichtern soll. Fra- ge 1 und 2 leiten in das Thema Vauban ein und sind gleichzeitig Filterfragen, ob der Befragte tatsächlich in Vauban wohnt, was sonst zu einer Beendigung des Interviews führen würde, da dies nicht von Interesse ist, wenn er nicht in Vauban leben würde. Sie sind sehr einfach gestellt. Frage 4 und 5 sind auch sehr einfache gestellte Fragen, mit denen aber untersucht werden kann, ob der Befragte nach den Prinzipein lebt, die Vauban zu einem einmaligen Pilotprojekt machen.

Frage 7 im Hauptteil ist eine offene Frage, indem der Befragte von seine Erfahrungen berichten soll, die er gemacht hat. Auch Frage 9 und 10 sind offene Fragen, in denen der Befragte seine eigene Meinung ausdrücken soll. Frage 6 und 8 sind wiederum eine Filterfrage bei dessen Verneinung des Befragten die Fragen 9-12 und 14 , 15 und 17 und 18 wegfallen. Die Frage 13, 16,19 und 20,21 sind wiederum offene Fragen, in de- nen dem Befragten die Möglichkeit gegeben wird seine Meinung und Ansicht in die Um- frage einfließen zulassen. Frage 22. dient der Gewinnung von statistischen Werten mit denen später dann die Auswertungen nach Kategorien vorgenommen werden können.

Der Fragebogen:

Schönen Guten Tag, Ich bin Student von der Universität Dortmund und führe eine Umfrage durch über das Quartier Vauban im Rahmen einer Hausarbeit, hätten Sie/ Du ein paar Minuten Zeit?

Fragebogen zum Forschungsprojekt:

„Identifikation und Bürgerbeteiligung der Bewohner im Stadtteil “

(Interviewer: Bei eckigen Kästchen, ja oder nein ankreuzen, bzw. Alter oder Geschlecht)

1) Wohnen Sie im Quartier Vauban? [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

2) Seit wann wohnen Sie hier?

3) Wo haben Sie vor dem Einzug im Quartier gewohnt?

4) Haben Sie ein eigenes Auto?[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

5) Nutzen Sie Gemeinschaftseinrichtungen/ Welche?

6) Haben Sie in einer Baugruppe gebaut?[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

7) Welche Erfahrungen haben Sie in Sachen Baugruppe gemacht (Beurteilung)? Nun folgen Fragen, die sich auf die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ beziehen.

8) Sind Sie in einem Verein / einer Bürgerinitiative tätig ?[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

9) Welche Vorteile ergeben sich ihrer Meinung nach aus der Partizipation in den Vereinen?

10) Wo sehen Sie persönliche die Vorteile der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ ?

11) Wo die Nachteile?

12) Was kritisieren Sie?

13) Wie beurteilen Sie das Gesamtprojekt „Vauban“ ? Nun ist Vauban durch die „erweiterte Bürgerbeteiligung“ auch ein Modellstadt- teil

14) Wo sehen Sie Probleme, die verbessert werden sollen?

15) Inwiefern hat diese Kennenlernen Ihrer Meinung nach zur Konfliktminderung und zur sozialen Integration beigetragen? Nun kommen wir zu den sozialen Kontakten in der Bewohnerschaft

16) Wie gestaltet sich das Zusammenleben der Bewohner im Quartier?

17) Konnten Sie durch die Beteiligung an den Bauprozessen in der Baugruppe Ihre eigenen Vorstellungen verwirklichen? Wo gab es Probleme?

18) Wie beurteilen sie das Ergebnis Ihrer eigenen Wohnung/ Baugruppe? Nun folgen auch ein paar abschließende Fragen

19) Identifizieren Sie sich mit dem Vauban Quartier ja nein

20) Fühlen Sie sich wohl hier?

21) Wie sehen Ihre Wünsche für die Zukunft des Quartiers aus?

Nun benötigen wir noch ein paar Sozialstrukturdaten aus statistischen Zwecken 22) Sozialstrukturdaten:

Alter: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]< Geschlecht: ? ? !

Wohnung/Eigentum ? Beruf ?

Vielen Dank für Ihre Bereitschaft am Interview teilzunehmen. Auf Wiedersehen !!

5.0 Schluß

5.1 Bewertung der Ergebnisse

Die Projektumsetzung im Modellstadtteil Vauban ist nicht in allen Punkten, aber doch in den wesentlichen erfolgreich umgesetzt worden, dazu gehört auch die „erweiteren Bür- gerbeteiligung“, deren Umsetzung hier mustergültig und normsetzend gelungen ist. Im Quartier Vauban werden unterschiedlichste Leitbilder zur Anwendung kommen bzw. realisiert werden.

Die Stadtplanung, die in Vauban betrieben wird ist eine nachhaltige Planung, nachhaltig im erfüllen neuester ökologischer Erkenntnisse und Fortschritte, wie der Regenwasser- versickerung, dem Freiburger Passivhauskonzept und der Wärmedämmung, nachhaltig in städtebaulicher Hinsicht, wie etwa der klein Parzellierung, dem Konzept des „auto- freien Wohnens“, oder der konzeptionellen Aufteilung des Quartiers in einen Stadtteil „der kurzen Wege“, mit Gewerbe und Nahversorgung für die in diesem Quartier lebende Bevölkerung, letztendlich nachhaltig in sozialkultureller Hinsicht, das Prinzip der Bür- gervereine und Bürgerinitiativen, die einen starken Zulauf der Bewohner haben, dem Konzept der Baugruppen, mit Hilfe diese Konzeptes wirklichkeitsnahe Nachbarschaften entstehen, die sich von jeglicher Nachbarschaft in anderen „normalen Stadtteilen“ un- terscheiden, und schließlich das gemischte Wohnen, der Bewohner, die sich aus allen Altersgruppen, allen Einkommensgruppen, Ethnien und schließlich unterschiedlich poli- tisch gesinnten Parteien zusammensetzt. Nachhaltigkeit findet in Vauban Anwendung in jeglicher denkbarer Form.

Die Bewohner haben sich von Anfang dafür ausgesprochen die neuesten und bekannten aus der Forschung und Wissenschaft angewandten städtebaulichen Leitbilder ( Stadt der kurzen Wege, autofreies Wohnen) und ökologisches Wohnen ( Solarenergie, Passivhaus, Vakuumtoilettenanlagen etc.) für Vauban anzuwenden bzw. in Vauban zu etablieren. Diesem Wunsch kommt natürlich eine Bevölkerungsschicht nach, die sich für ökologisches Wohnen interessiert und auch dazu bereit ist einen Mehraufwand an Kosten, oder andere Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen.

Die Organisierung in Vereinen und Initiativen haben natürlich die Wünsche und Forde- rungen der Bewohner gegenüber der Stadt enorm bestärkt und bekräftigt. Statt die Wohnhäuser von einem Bauträger entwickeln und bauen zu lassen, was eine gewisse Uniformität zur Folge hätte, so wie dies im Rieselfeld geschehen ist .Statt dessen wurde das überaus neue und einmalige Prinzip der Baugruppen angewandt, was eine gewisse Individualität der Häuser gewährleistet, billiger ist als selbständiges bauen, denn ohne das Prinzip der Baugruppen hätten viele Bewohner und gerade viele junge Familien sich den Traum vom Wohnen im Quartier nicht erfüllen können. Gleichzeitig setzt es Bereitschaft aller Beteiligten voraus Kontroversen und Diskussionen zu führen in allen erdenklichen Fragen der Projektentwicklung was in einen Kompromiß enden sollte, der alle beteiligten in der Baugruppe vollends zufrieden stimmt und befriedigt. Eine Aufga- be, die nicht jedem liegt und auch Streitereien und zu Ausstiegen geführt hat, einem trotzdem die Möglichkeit bietet ein Nachbarschaftliches Verhältnis aufzubauen, das sei- nesgleichen suchen kann.

Der außerordentliche Kinderreichtum in Vauban hat zu einer sozialen Infrastruktur ge- führt mit einem Kindergarten, Grundschule und einer von Eltern selbst und ehrenamtlich geführten Kindertagesstätte, die wieder einmal das große Engagement der Quartiers- bewohner hervorhebt. Auch die Spielstraßen und rückgebauten Straßen sind und waren den Bewohnern ein wichtiger Bestandteil bei der Realisierung des Quartiers, sah man bei der Ortsbegehung überall spielende und lachende Kinder, die auf allen Wegen und Straßen fröhlich vergnügt spielten und rumtollten. Das Leben auf der Straße, oder draußen für die Fortentwicklung des Kindes sehr wichtig um sozialen Anschluß an die Gemeinschaft mit gleichaltrigen zu finden kommt hier vollends zur Anwendung und ist lebendige Praxis, wie wir uns selbst überzeugen konnten. Auch werden den Bewoh- nern Möglichkeiten gegeben „alternative Wohnformen“ auszuprobieren, denke man z.B. an die Wagenburgern, die sich auch noch heute auf dem Vaubangelände befinden.

Der Baumbestand und der Dorfbach, die das Gelände in ökologischer Sicht hauptsächlich prägen waren fester Bestandteil und Forderung der in dem Quartier lebenden Bevölkerung, nicht zuletzt die fünf Mannschaftsgebäude, die noch auf dem Gelände bestehen und stehen werden bleiben, sprach sich Anfangs die Stadt für einen Totalabriß aller militärisch genutzten Gebäude aus, wieder ein Beweis für den außerordentlichen hohen Aktionismus der Bewohner.

Die Bewohner und die Stadt haben offensichtlich erkannt, dass es am produktivsten für das ganze Quartier ist, wenn man sich gegenseitig zuhört und gemeinsam handelt. Ein Weg und einen Einsicht, die nicht alle Kommunen und Bürgervereine gehen bzw. er- kannt haben.

Das Quartier Vauban besteht aus seinen Bewohnern, gleichzeitig lebt es aber auch von Ihnen. Die hohe Dichte und Konzentration von Bürgervereinen, ehrenamtlich tätigen Gruppen läßt den Betrachter erkennen, dass die Bewohner nicht „sorglos“ oder uninteressiert in diesem Viertel wohnen, nein - sie organisieren sich in Vereinen und Organisationen und führen mit der Stadt Dialoge und Gespräche ( erweitere Bürgerbe- teiligung) , die in dieser südlichen Region Deutschlands zwar nicht ungewöhnlich ist, da sich seit jeher die Menschen mit ihrer Region sehr verwurzelt und verbunden gefühlt haben (ein historischer Blick auf 1848: Badische Revolution -) Liberalismus entstanden in Baden etc.) , aber im Bundesdurchschnitt die Bürgerbeteiligung oder besser gesagt Partizipation der Bevölkerung außerordentlich stark ausgeprägt ist.

Dieses aktive Engagement und Beteiligung führt natürlich zu Konfrontation mit der Stadt, die aber seit jeher die sehr aktive Form der Bürgerbeteiligung in Freiburg gewohnt ist und deshalb auch weiß damit umzugehen. Nicht zuletzt hat sich auch das Prinzip der erweiterten Bürgerbeteiligung in Freiburg durchgesetzt bzw. ist zu einem probaten Mittel geworden. Durch die Bürgerbeteiligung und die Bürgervereine ist das Quartier Vauban zu dem geworden was es heute ist und macht es zu einem bis dato einzigartigen und vorbildlichem Pilotprojekt in ganz Deutschland.

Die Hypothese, die wir am Anfang unserer Hausarbeit aufgestellt haben hat sich also bestätigt, diesen Eindruck gewannen wir aber schon bei den vielen Ortsbegehungen im Quartier. Vauban, das ist Identifikation und Bürgerbeteiligung pur, praktiziertes Engagement, nachbarschaftliche Verhältnis.

Das Quartier Vauban besteht aus seinen Bewohnern, gleichzeitig lebt es aber auch von Ihnen. Die hohe Dichte und Konzentration von Bürgervereinen, ehrenamtlich tätigen Gruppen läßt den Betrachter erkennen, daß die Bewohner nicht „sorglos“ oder uninte- ressiert in diesem Viertel wohnen, nein - sie organisieren sich in Vereinen und Organi- sationen und führen mit der Stadt Dialoge und Gespräche ( erweitere Bürgerbeteili- gung) , die in dieser südlichen Region Deutschlands zwar nicht ungewöhnlich ist, da sich seit jeher die Menschen mit ihrer Region sehr verwurzelt und verbunden gefühlt haben (ein historischer Blick auf 1848: Badische Revolution -) Liberalismus entstanden in Baden etc.) , aber im Bundesdurchschnitt die Bürgerbeteiligung oder besser gesagt Partizipation der Bevölkerung außerordentlich stark ausgeprägt ist. Dieses aktive Enga- gement und Beteiligung führt natürlich zu Konfrontation mit der Stadt, die aber seit jeher die sehr aktive Form der Bürgerbeteiligung in Freiburg gewohnt ist und deshalb auch weiß damit umzugehen. Nicht zuletzt hat sich auch das Prinzip der erweiterten Bürger- beteiligung in Freiburg durchgesetzt bzw. ist zu einem probaten Mittel geworden.

Durch die Bürgerbeteiligung und die Bürgervereine ist das Quartier Vauban zu dem ge- worden was es heute ist und macht es zu einem bis dato einzigartigen und vorbildli- chem Pilotprojekt in ganz Deutschland. Durch viele Ortsbegehungen auf dem Vau- bangelände haben wir gefühlt, hier ist Aktionismus -kreative Energie, die von den vielen verschiedenen Bevölkerungsschichten ausgeht. Unsere Hypothese darf sich deshalb als bestätigt sehen. Das Quartier Vauban das ist Identifikation, Bürgerbeteiligung pur, hier leben Menschen, die das Viertel selber leben lassen, es gestalten es erneuern, diese Viertel wird niemals vollendet sein. Es wird in einem dynamischen, kreativen ,innovativen anhaltenden Umwandlungsprozeß die Ströme der Zeit in sich vereinbaren.

5.1.1 Ausblick/ zukünftiges Geschehen:

Schon im Jahre 2006 werden die Planungsmaßnahmen für das Quartier Vauban abgeschloßen sein, dann wird das Quartier 5.0000 Menschen in 200 Wohnungen, mehrheitlich junge Menschen und Familien, beherbergen. Gewerbegebiet, Einkaufszentrum und das reizvolle Umland. Das Quartier wird nicht nur mit sozialer Infrastruktur ausgestattet sein werden (Grundschule, Kindergarten etc.) -nein, Busse und die Straßenbahn werden auch Einzug ins Quartier erhalten und die Bewohner schnell in die Freiburger Innenstadt und den Schwarzwald befördern können. Aus dem ehemaligen Kasernengelände ist ein Stadtteil mit Nachhaltigkeit, enormer Atmosphäre und vor allem großer Liebenswürdigkeit und Originalität dank seiner Bewohner geworden.

Literaturverzeichnis:

Attesland, Peter 1995; Methoden der empirischen Sozialforschung, Berlin, S. 177-187

Baugesetzbuch (BauGB), Gesetzestext, Fassung vom 27.08.1997, zitiert nach Beck Verlag 2000, neubearbeitete Auflage, Stand: 1.03.00, München.

BdWi: Forum Wissenschaft, Nr.1, Januar 2001

Bischoff, Ariane; Selle, Klaus und Sinning, Heidi 1996: Informieren -Beteiligen- Kooperieren. Kommunikation in Planungsprozessen. Eine Übersicht zu Formen, Verfahren, Methoden und Techniken, 2.A., Dortmund

Böhling, Eva; Wasgien, Kerstin; Wüst, Thomas 2000: Wie werden wissenschaftliche Arbeiten verfaßt?, Institut für Raumplanung/ Projektzentrum, Fakultät Raumplanung, Universität Dortmund

Die Woche: Die Woche im Hexental, Nr.11 , 15.03.01

Edlinger, Rudolf und Potyka, Hugo 1989: Bürgerbeteiligung und Planungsrealität. Erfahrungen, Methoden und Perspektiven, Picus -Verlag Wien

Federal Ministry for Regional Planning, Building and Urban Development, Habitat II, Bonn,May 1995

Forum Vauban: Handbuch für Vauban, Loseblattsammlung im Rahmen des Projektes „Fachliche Beteiligung der erweiterten Bürgerbeteiligung“, 1 Teilauflage 1996, Freiburg 1996/97 ©

Forum Vauban: Vauban actuell, Das Stadtteilmagazin, 1 Ausgabe, 17.02.01

Geschäftstelle Vauban: Leitfaden - Bauen in Vauban, Freiburg 1999

Hollihn, Frank Arnim 1978: Partizipation und Demokratie. Bürgerbeteiligung am kommunalen Planungsprozeß, Dissertation an der Universität Bern, Baden-Baden

Howard, Ebenezer 1919: „Stadt in der Landschaft“ , S.12

Jehle,Stefan 1999: IfR Diskussionspapier, Bürgerbeteiligung bei Planungsprozessen

der Stadterweiterung und des Stadtumbaues ,Hrsg Institut für Regionalwissenschaft der technischen Universität Karlsruhe, Karlsruhe

Langenau, Bettina 2000: Die Fallstudie als Forschungsansatz in der Raumplanung, Dortmund

Mayer-Tasch, P.C. 1985: Die Bürgerinitiativbewegung - Der aktive Bürger als Rechtsund Politwissenschaftliches Problem, Reinbeck bei Hamburg

Mayring, Peter 2000: „Qualitative Inhaltsanalyse, Grundlagen und Techniken“, Benutzung, Deutscher Studienverlag , Weinheim

Mietshäuser Syndikat 2000: Wiese, Villa, Wolkenkratzer, 1. Auflage, Freiburg

Rüffer, Anita, Badische-Zeitung, 5.4.97

Schmals, K.M 2000: „ Gesellschaftstheoretische Grundlagen der Raumplanung; Partizipation und Raumplanung“, S. 99 -115

Selle, Klaus 1991: Mit den Bewohnern die Stadt erneuern, Dortmund/ Darmstadt

Wirtschaftsministerium Baden - Württemberg: Bau Gemeinschaften- Ein moderner Weg zum Wohneigentum, Dezember 1999,

Anhang:

Abbildungsverzeichnis:

Titelbild: Quartiers Zeichnung und Logos Quelle: Geschäftsstelle Vauban

Blatt 1: Logo der „STADTNACHRICHTEN“ Januar 1999

Blatt 2: Stadtplanlage Vauban

Blatt 3: Das Vaubangelände 1994 Quelle: Vermessungsamt

Blatt 4: Städtebauliche Rahmenplan 1995 Quelle: Stadtplanungsamt Freiburg

Blatt 5: Bebauungsplan Vauban vom 5.4.00 Quelle: Geschäftsstelle Vauban

Blatt 6: Struktur der „erweiterten Bürgerbeteiligung“ Quelle: Forum Vauban 1996

Blatt 7: Der zweite Bauabschnitt Quelle: Geschäftsstelle Vauban

Blatt 8 - 14 : Dokumentation durch Fotos ( Eigenproduktion)

Blatt 15: Dank an Margot Queitsch Quelle: S.U.S.I. GmbH

[...]


1 Interview mit U. Bockstahler, Bauverwaltungsamt Freiburg Geschäftsstelle Vauban, am 20.03.01 im Technischen Rathaus Freiburg i.B.

17 Interview mit U.Bockstahler, Bauverwaltungsamt Freiburg, Geschäftsstelle Vauban, im Technischen Rathaus am 20.03.01

18 siehe Fußnote 17

Ende der Leseprobe aus 89 Seiten

Details

Titel
Vauban: Beispielhafte Bürgerbeteiligung und Bürgerinitiativen
Hochschule
Technische Universität Dortmund
Veranstaltung
Soziologische Grundlagen
Autoren
Jahr
2001
Seiten
89
Katalognummer
V101279
ISBN (eBook)
9783638996976
Dateigröße
590 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Soziologische Grundlagen werden hier am Beispiel des neuen Stadtteils Vauban in Freiburg im Breisgau beispielhaft angewandt,detailiert wird hier die besondere Form der Bürgerbeteiligung, die in Vauban praktiziert wird angesprochen.
Schlagworte
Vauban, Beispielhafte, Bürgerbeteiligung, Bürgerinitiativen, Soziologische, Grundlagen
Arbeit zitieren
Matthias Muckle/ (Autor:in)Markus Surmann (Autor:in), 2001, Vauban: Beispielhafte Bürgerbeteiligung und Bürgerinitiativen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101279

Kommentare

  • Gast am 14.4.2002

    Aha....

    Hallo!!

    Ich bin durch Zufall auf diesen Artikel gestoßen und finde es interessant, was sich da tut! Ich habe von 1982-1990 in der Peter-Thumb-Str. in Freiburg gewohnt, das ist zwischen Schlierberg und Merzhauser Str, also schräg gegenüber des entstehenden Quartier Vauban (nicht mal 300m weg) und hab dieses Areal noch und nur mit französischer Kaserne erlebt. Inzwischen wohne ich in Stuttgart und bekomme, da ich nicht mehr so oft in Frbg. bin, nicht mehr so viel mit. :-( Aber es war echt spannend zu lesen, was da nach FR-Rieselfeld als zweiter neuer Stadtteil entsteht... war sehr ausführlich und interessant!! Dickes Kompliment!!

Blick ins Buch
Titel: Vauban: Beispielhafte Bürgerbeteiligung und Bürgerinitiativen



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