Die Europäische Union ab 1972


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

11 Seiten, Note: 12


Leseprobe


Europäische Union (EU)

Die Europäische Union ist eine europäische supranationale Organisation mit folgenden Zielsetzungen: eine immer engere Union der Völker Europas, ein ausgewogener und dauerhafter wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt (Raum ohne Binnengrenzen, Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt), die Erhaltung einer eigenen Identität im nationalen Bereich bei gemeinsamer Außen- und Sicherheitspolitik und Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres. Weiterhin soll der gemeinschaftliche Besitzstand gewahrt und weiterentwickelt werden. Prinzipien hierbei sind die Achtung vor der nationalen Identität der Mitgliedsstaaten mit demokratischen Regierungssystemen, die Achtung der Grundrechte entsprechend der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte (1950) und die Achtung der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechtes. Der Vertrag über die Europäische Union trat am 1. November 1993 in Kraft, als die zwölf Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft (EG) - Belgien (Belgique), Dänemark (Danmark), Frankreich (France), Deutschland, Großbritannien (Great Britain), Griechenland (Hell á s), Irland (Ireland), Italien (Italia), Luxemburg (Luxembourg), die Niederlande (Nederland), Portugal und Spanien (Espa ñ a) - den Vertrag, auch Vertrag von Maastricht genannt, ratifizierten. Dieses von den Mitgliedern bereits 1992 in Maastricht in den Niederlanden unterzeichnete Abkommen machte die Länder automatisch zu Mitgliedern der EU. Bis heute haben auch Österreich, Schweden (Sverige) und Finnland (Suomi) den Vertrag ratifiziert, so dass die EU nun 15 Mitgliedstaaten zählt. Es haben auch verschiedene andere Staaten bereits eine Mitgliedschaft bei der Europäischen Union beantragt.

Durch den Vertrag über die Europäische Union erhielten die Bürger jedes Mitgliedstaates zusätzlich zu ihrer jeweiligen nationalen Bürgerschaft die europäischen Bürgerrechte (Unionsbürgerschaft). Die Zoll- und Einwanderungsabkommen wurden erweitert, um den Bürgern größere Wahlfreiheit zu geben, in welchem Land sie leben bzw. arbeiten möchten. Außerdem wurden die Grenzkontrollen gelockert. Eine gemeinsame Währung soll bis 1999 geschaffen werden.

Hintergrund

Vor November 1993 hieß die Europäische Union Europäische Gemeinschaft. Die EG setzte sich aus drei ursprünglich getrennten Organisationen zusammen, der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), die 1951 gegründet wurde, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG, oft auch Gemeinsamer Markt genannt) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG bzw. EURATOM), die beide 1957 gegründet wurden. 1967 schlossen sich die drei Organisationen zusammen und bildeten die EG mit ihrem Hauptsitz in Brüssel (Belgien). Weitere Informationen über die Entstehung der EU finden sie in dem Abschnitt "Geschichte" dieses Artikels.

Aufbau

Das Recht, Entscheidungen zu treffen, teilt sich in der EU zwischen supranationalen europäischen Organen (Europäischer Rat, Europäisches Parlament, Rat der Europäischen Union (Ministerrat), Europäische Kommission, Europäischer Gerichtshof) und den Regierungen der Mitgliedsstaaten auf.

Die Europäische Kommission

Die Europäische Kommission ist das Exekutivorgan der EU. Sie besteht aus 20 von den Mitgliedstaaten in gegenseitigem Einvernehmen und mit Zustimmung des Parlaments ernannten Mitgliedern und einem nach dem gleichen Verfahren ernannten Präsidenten. Die Europäische Kommission als Hüterin der Verträge wacht über die korrekte Anwendung der Vertragsbestimmungen und der Entscheidungen der Gemeinschaftsorgane. Sie macht ebenso Vorschläge zur Politik und legt sie dem Ministerrat vor. Außerdem vertritt die Europäische Kommission die EU in Wirtschaftsbeziehungen zu anderen Ländern oder internationalen Organisationen. Die Kommission verwaltet die Gelder und Programme der EG und vergibt Hilfsleistungen an andere Länder. Von den Weisungen der Regierung unabhängig, unterliegen die Kommissionsmitglieder der Kontrolle des Europäischen Parlaments.

Der Rat der Europäischen Union (Ministerrat)

Der Ministerrat ist das wichtigste gesetzgebende Organ der EU und setzt sich aus Ministern der Mitgliedsstaaten zusammen. Die Zusammensetzung kann sich nach dem Sachgebiet ändern. Fachministertagungen sind heute üblich. Dem Rat steht der Ausschuss der ständigen Vertreter (ASTV), auch kleiner Ministerrat genannt, zur Verfügung. Er besteht aus ständigen Vertretern (Botschaftern) jedes Mitgliedslandes. Außerdem wird er von Arbeitsgruppen und dem Generalsekretariat unterstützt.

Der Europäische Rat

Mindestens einmal alle sechs Monate ruft das Land, das den Vorsitz im Ministerrat besitzt (also der Präsident), alle Regierungsoberhäupter der Mitgliedsstaaten zu einem Gipfeltreffen zusammen. Sie werden von den Außenministern und einem Mitglied der Kommission unterstützt. Diese Versammlung nennt sich Europäischer Rat. Seit 1975 werden die Gipfel regelmäßig abgehalten. 1987 wurde der Europäische Rat offizieller Bestandteil der EU.

Das Europäische Parlament

Das Europäische Parlament ist das einzige Organ der EU, dessen Mitglieder direkt von den Bürgern der Mitgliedsstaaten für ein Mandat von fünf Jahren gewählt werden. Das Organ hatte früher nur beratende Funktion, erhielt aber durch den Vertrag über die Europäische Union neuen Einfluss. Es hat Kontrollbefugnisse über Kommission und Rat, Mitwirkungsrechte im Gesetzgebungsverfahren sowie Haushaltsbefugnisse, und es kann auch gesetzgeberische Impulse geben. Das Hauptorgan tagt im Allgemeinen eine Woche im Monat in Straßburg (Frankreich) im Palais de l’Europe, doch der größte Teil der Ausschussarbeit wird in Brüssel (Belgien) geleistet. Das Sekretariat sitzt in Luxemburg. Die Sitzungen sind öffentlich, Debatten und Entschließungen werden in elf europäischen Sprachen veröffentlicht. Die 626 Sitze werden nach der Bevölkerungszahl der Mitgliedsstaaten verteilt. 1994 war die deutsche Vertretung mit 99 Sitzen die größte Abteilung.

In den einzelnen Ausschüssen des Europäischen Parlaments werden die Gesetzesvorschläge der Europäischen Kommission überarbeitet. Diese Ausschüsse schlagen häufig Zusätze zu den Gesetzen vor, bevor diese an den Ministerrat weitergeleitet werden. Nach Vorlage beim Ministerrat kann das Parlament sein Veto einlegen, wenn es die Entscheidung des Ministerrates nicht billigt. Zusammen mit dem Ministerrat arbeitet das Europäische Parlament auch am EU-Haushalt und kann einen Haushaltsplan ablehnen, wenn im Rat keine Übereinstimmung erzielt wird.

Ausschüsse

Während die politische Macht des Europäischen Rates durch den Vertrag über die Europäische Union gestärkt wurde, bekamen andere Organe nur beratende Funktionen. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss ist das wichtigste dieser Organe. Seine 189 Mitglieder werden für vier Jahre ernannt und vertreten Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und andere Interessengruppen. Der Ausschuss besitzt streng beratende Funktion, doch muss er bei vielen Gesetzesthemen vom Ministerrat und von der Europäischen Kommission befragt werden. Eine weitere wichtige Gruppe ist der Ausschuss der Regionen, der erst aufgrund des Vertrags über die Europäische Union eingerichtet wurde, um die EU den Bürgern näher zu bringen und regionalen und lokalen Regierungsbehörden Mitsprache einzuräumen. Dieser Ausschuss besitzt ebenfalls 189 Mitglieder, die nach der Bevölkerungszahl des jeweiligen Landes zugeteilt werden. Er besitzt keine gesetzgebende Gewalt, muss aber bei bestimmten Wirtschafts- und Sozialthemen befragt werden.

Der Europäische Gerichtshof

Der Europäische Gerichtshof ist die letzte Instanz bei allen Rechtsfragen der EU. Das Gericht setzt sich aus 15 Richtern zusammen, die für sechs Jahre ernannt werden. Aus jedem Land muss mindestens ein Richter vertreten sein. Das Gericht befasst sich mit Streitfällen zwischen Mitgliederregierungen und EU-Einrichtungen, Streitfällen innerhalb der EU und mit Berufungen gegen EG-Beschlüsse und - Entscheidungen. Die Gerichte der Mitgliedstaaten verweisen Fälle, die einen unklaren Punkt im EU-Recht betreffen, häufig an den Europäischen Gerichtshof. Der Gerichtshof trifft verbindliche Entscheidungen über EU-Recht und liefert somit Richtlinien für Entscheidungen der nationalen Gerichte. Die Entscheidungen des Gerichtshofes schaffen Präzedenzfälle und werden Bestandteil der Rechtsprechung jedes Mitgliedsstaates.

Geschichte

Der 2. Weltkrieg (1939-1945) zerstörte die europäische Wirtschaft und deren Verflechtungen. Einige Europäer hofften, der Wiederaufbau Westeuropas würde dazu führen, dass man sich auf die Einrichtung eines vereinigten europäischen Staates verständigen könnte. Doch der Gedanke eines vereinten Europas wurde durch den Beginn des Kalten Krieges und durch das anhaltende Misstrauen gegenüber der neu geschaffenen Bundesrepublik Deutschland behindert. Zwei Franzosen - der Staatsbeamte Jean Monnet und der Außenminister Robert Schuman - waren der Auffassung, Frankreich und Deutschland könnten ihre lang bestehenden Gegensätze überwinden, wenn man ihnen wirtschaftliche Anreize zu einer Zusammenarbeit bieten würde. Im Mai 1950 schlug Schuman eine gemeinsame Einrichtung vor, die die Kohle- und Stahlindustrie in der Bundesrepublik Deutschland und in Frankreich regeln bzw. koordinieren sollte. Die Mitgliedschaft war auch für andere westeuropäische Länder offen. Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Niederlande, von Belgien, Italien und Luxemburg begrüßten diesen Vorschlag. Neben Frankreich unterzeichneten diese fünf Länder 1951 den so genannten Vertrag von Paris. Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) wurde 1951 gegründet, der Vertrag am 25. Juli 1952 ratifiziert. Die britische Regierung stellte sich gegen die supranationale Arbeitsw eise der geplanten EGKS und entschloss sich gegen einen Beitritt.

Im Juni 1955 einigten sich die Außenminister der sechs Nationen darauf, die Möglichkeiten für eine weitergehende wirtschaftliche Einigung zu untersuchen. Dies führte im März 1957 in Rom zu zwei Vertragsabschlüssen, den Römischen Verträgen, durch die die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EAG bzw. EURATOM) geschaffen wurden. Die EAG hatte nur geringe Bedeutung, da die nationalen Regierungen weiterhin die Kontrolle über ihre Atomprogramme behielten.

Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

Wirtschaftlich sollten durch den EWG-Vertrag innerhalb von zwölf Jahren folgende Ziele erreicht werden: die Abschaffung von Handelsbarrieren zwischen den Mitgliedernationen, die Entwicklung gemeinsamer Zölle für Importe aus Ländern, die nicht zur EWG gehörten, sowie die Einrichtung einer gemeinsamen Politik zur Verwaltung und Unterstützung der Landwirtschaft. Politisch stärkte der Vertrag die Rolle der nationalen Regierungen mehr als der frühere EGKS-Vertrag. Er sah jedoch nicht vor, dass die EWG mit zunehmender wirtschaftlicher Einigung auch verstärkt supranational arbeiten solle.

Als Antwort auf die EWG gründeten Großbritannien und sechs weitere Nicht-EWG- Länder 1960 die Europäische Freihandelsassoziation (englisch: European Free Trade Association, EFTA). Als deutlich wurde, dass die EWG wirtschaftlichen Erfolg hatte, begann Großbritannien 1961 mit Verhandlungen über eine Mitgliedschaft. Im Januar 1963 legte der französische Präsident Charles de Gaulle, besonders aufgrund seiner engen Beziehungen zu den USA, gegen die britische Mitgliedschaft sein Veto ein. 1967 stellte er sich ein zweites Mal gegen eine Aufnahme Großbritanniens.

Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG)

Die im EWG-Vertrag festgelegten wirtschaftlichen Grundsätze wurden nach und nach in die Praxis umgesetzt, und im Juli 1967 schlossen sich die drei Gemeinschaften (EWG, EGKS und EAG) unter dem gemeinsamen Dach der Europäischen Gemeinschaft zusammen. Nach der Vollendung der Zollunion 1968 wurden bis zu dem Zeitpunkt, als der französische Präsident de Gaulle im Mai 1969 zurücktrat, keine Fortschritte bei der Erweiterung der EG oder bei anderen neuen Vorschlägen erzielt. Der neue Präsident Frankreichs, George Pompidou, stand Initiativen innerhalb der EG wesentlich aufgeschlossener gegenüber.

Auf Vorschlag Pompidous wurde im Dezember 1969 in Den Haag (Niederlande) ein Gipfeltreffen der Staatsoberhäupter aller Mitgliedsstaaten abgehalten. Der Gipfel ebnete den Weg für die Schaffung eines dauerhaften Finanzierungssystems der EG, für eine erweiterte außenpolitische Zusammenarbeit der Mitgliedernationen und für die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit Großbritannien, Irland, Dänemark und Norwegen.

Im Januar 1972 wurden nach fast zweijährigen Verhandlungen Beitrittsverträge unterzeichnet, die die Aufnahme von vier Bewerberländern zum 1. Januar 1973 vorsahen. Großbritannien, Irland und Dänemark wurden planmäßig aufgenommen. Norwegen sprach sich jedoch in einer Volksabstimmung gegen die Mitgliedschaft aus.

In Großbritannien gab es weiterhin Widerstand gegen eine EG-Mitgliedschaft. Als aber 1974 die Labour-Partei wieder an die Macht kam, erfüllte sie ihr Wahlversprechen und verhandelte erneut über Bedingungen für die Mitgliedschaft Großbritanniens, vor allem unter finanziellen Gesichtspunkten. Die Nachverhandlungen führten nur zu geringfügigen Änderungen, doch begann dadurch in der EG eine Zeit der Unsicherheit. Die Labour-Regierung, in sich uneinig über die Haltung zur Europäischen Gemeinschaft, unterstützte dennoch eine dauerhafte EGMitgliedschaft und ließ im Juni 1975 zu dem Thema einen Volksentscheid durchführen. Obwohl sich einige Gruppen heftig widersetzten, stimmte das britische Volk für eine Fortsetzung der Mitgliedschaft.

1979 und 1980 behauptete die britische Regierung, die Höhe ihrer Beiträge würde den erzielten Nutzen weit übersteigen und versuchte erneut, ihre Mitgliedsbedingungen zu ändern. Der Konflikt wurde im Frühjahr 1980 bereinigt, als sich einige Länder bereit erklärten, einen größeren Anteil der EG-Ausgaben zu übernehmen. 1984 beschloss man, dass Großbritannien einen Teil seiner Nettojahresbeiträge erlassen bekäme.

Griechenland trat der EG 1981 bei. Ihm folgten 1986 nach achtjährigen

Verhandlungen Spanien und Portugal. Zu weiteren bedeutenden Entwicklungen der siebziger und achtziger Jahre gehörten die Ausdehnung der EG-Beihilfen auf weniger entwickelte Länder (besonders auf ehemalige Kolonialgebiete der Mitgliedsstaaten), die Einführung des Europäischen Währungssystems, um Stabilität zwischen den Währungen der Mitglieder zu erzielen sowie Fortschritte bei der Verminderung von Handelsbarrieren und der Errichtung eines Binnenmarktes.

Das Europäische Währungssystem (EWS)

Die Einführung des Europäischen Währungssystems im März 1979 war ein erster Schritt in Richtung Wirtschafts- und Währungsunion (WWU). Das anfängliche Ziel, die WWU bis 1980 zu erreichen, erwies sich als zu optimistisch. Die Umtauschkurse der Mitgliederwährungen schwankten stark, und die Abwertung einiger Währungen begrenzte das Wachstum und führte zu hoher Inflation. Das EWS sollte die Umtauschkurse stabilisieren und die Inflation eindämmen, indem es Schwankungen nur innerhalb kleiner Abweichungen von einem Mittelkurs erlaubte. Man führte eine gemeinsame künstliche europäische Währungseinheit (englisch: European Currency Unit, ECU) ein, mit der man die mittleren Umtauschkurse festsetzen konnte. In den ECU gehen alle EG-Währungen ein. Sie werden nach der wirtschaftlichen Bedeutung ihres Landes gewichtet. Übersteigen Währungen die Grenze der Schwankungsbereiche, die bei 2,25 Prozent liegt, so müssen die Zentralbanken der jeweiligen Länder durch Verkauf der stärkeren Währung und Ankauf der schwächeren einschreiten. Das EWS verpflichtet auch die Mitgliederregierungen dazu, entsprechende wirtschaftspolitische Schritte zu unternehmen, um eine andauernde Abweichung vom Mittelkurs zu verhindern. Das EWS trug zu niedrigeren Inflationsraten innerhalb der EG bei und verminderte die wirtschaftlichen Auswirkungen der weltweiten Währungsschwankungen in den achtziger Jahren. Weltwirtschaftlich soll so mit dem EWS ein dritter Währungsblock neben US-Dollar und japanischem Yen entstehen, um auch das internationale Wirtschafts- und Währungssystem zu stabilisieren.

Auf dem Weg zum Binnenmarkt

Die wichtigsten Fortschritte in der EG während der achtziger Jahre wurden auf dem Weg zum europäischen Binnenmarkt erzielt. Die Entwicklung zum Binnenmarkt geschah unter der Führung des ehemaligen französischen Finanzministers Jacques Delors, der 1985 Vorsitzender der Europäischen Kommission wurde. Auf ihrem Gipfeltreffen in Mailand (Italien) legte die Kommission einen Siebenjahresplan vor, in dem fast alle Handelsbarrieren zwischen den Mitgliedsstaaten aufgehoben werden sollten. Der Europäische Rat nahm den Plan an. Das Ziel, bis zum 31. Dezember 1993 einen europäischen Binnenmarkt zu schaffen, beschleunigte Reformen in der EG und verstärkte die Zusammenarbeit und die Einigung zwischen den Mitgliedsstaaten. Schließlich führte es zur Bildung der Europäischen Union.

Ein Hindernis für die vollständige wirtschaftliche Einigung war die gemeinsame

Agrarpolitik. In den achtziger Jahren fielen ungefähr zwei Drittel der jährlichen EG- Aufwendungen auf die gemeinsame Agrarpolitik (Erträge kamen aus Importabgaben und aus bis zu zwei Prozent der durch die Mitgliedsstaaten einbehaltenen Mehrwertsteuer). Die gemeinsame Agrarpolitik förderte die Überschussproduktion einiger Rohstoffe, zu deren Kauf die EG verpflichtet war. Dies führte zu Subventionszahlungen an einige Länder auf Kosten anderer. Auf einem Sondergipfeltreffen 1988 einigte sich die EG auf Mechanismen, um diese Zahlungen zu begrenzen. Im Haushalt des Jahres 1989 machten die Agrarsubventionen erstmals seit den sechziger Jahren weniger als 60 Prozent der gesamten EG- Ausgaben aus.

Die Einheitliche Europäische Akte (EEA)

Der festgelegte Zeitplan für den Binnenmarkt machte deutlich, dass die EG größere Macht brauchte, um alle Probleme bei der Abschaffung der Handelsbarrieren rechtzeitig zu lösen. Der Ministerrat musste jede Entscheidung einstimmig treffen. Somit besaß jeder Mitgliedstaat ein Vetorecht und konnte den politischen Prozess bremsen. Die Einheitliche Europäische Akte, die im Dezember 1985 den zwölf Mitgliedsstaaten vorgelegt wurde und am 1. Juli 1987 in Kraft trat, brachte erstmals seit den Verträgen von Rom (1957) bedeutende Änderungen im Aufbau der EG. Dazu gehörte die Einführung des gewichteten Mehrheitssystems, das die Einführung des Binnenmarktes beschleunigen half.

Die Einheitliche Europäische Akte brachte auch andere wichtige Änderungen. Der Europäische Rat, der den Binnenmarkt sehr stark vorantrieb, bekam offiziellen Status. Das Europäische Parlament erhielt eine stärkere Stimme und größeren Einfluss. Die Entscheidungskompetenz über Gesetzesvorlagen verblieb aber beim Ministerrat. Die Mitgliedsstaaten einigten sich auf eine einheitliche politische Linie und gemeinsame Standards bei Themen wie Steuern, Arbeitslosigkeit, Gesundheit und Umwelt. Eine gemeinsame Außenpolitik sollte sich vor allem um eine engere sicherheitspolitische Zusammenarbeit bemühen und Standpunkte der EG-Staaten bei internationalen Organisationen und Konferenzen abstimmen. Vor dem neu eingerichteten Gericht der Ersten Instanz können Einzelpersonen, Organisationen und Körperschaften Beschwerden gegen EG-Beschlüsse einbringen. Außerdem entschieden sich alle Mitgliedsstaaten dazu, ihre wirtschaftlichen und geldpolitischen Maßnahmen nach dem Vorbild des EWS untereinander abzustimmen.

Veränderungen in Europa in Bezug auf die EG

Die Befürworter einer Wirtschafts- und Währungsunion argumentierten, es könne keinen Binnenmarkt geben, solange Beschränkungen bei Geldüberweisungen oder aber auch Umtauschprämien den freien Kapitalfluss einschränkten. Man schlug einen Dreistufenplan zur Vollendung der WWU vor. Zur gleichen Zeit legte die Kommission eine Sozialcharta der Menschenrechte vor. Großbritannien stimmte gegen beide Vorschläge und zeigte sich besorgt darüber, seine Souveränität könne durch eine Machtausweitung der EG bedroht werden. Als jedoch die Veränderungen in ganz Europa eine rasche und geeinte Reaktion der EG nötig machten, schloss sich Großbritannien schließlich dem Plan für die WWU an.

Als sich die kommunistischen Regierungs- und Wirtschaftsformen in Osteuropa auflösten, wandten sich viele ehemalige kommunistische Länder um politische und wirtschaftliche Hilfe an die EG. Die EG einigte sich mit vielen dieser Länder auf wirtschaftliche Hilfsleistungen und Assoziierungsabkommen, schloss eine sofortige Mitgliedschaft jedoch aus. Auf dem Sondergipfel im April 1990 machte man für die ehemalige Deutsche Demokratische Republik eine Ausnahme und ermöglichte dem Land nach Abschluss der deutschen Wiedervereinigung die automatische

Eingliederung in die EG. Auf demselben Gipfel schlugen Deutschland und Frankreich eine Regierungskonferenz vor, die angesichts der raschen politischen Umwälzungen eine stärkere europäische Einheit anstreben sollte. Die britische Premierministerin Margaret Thatcher widersetzte sich den Rufen nach mehr Einheit, doch 1990 wurde mit John Major in England ein Premierminister gewählt, der gegenüber dem Gedanken der europäischen Einheit eine versöhnlichere Haltung einnahm. Die Regierungskonferenz, die zusammen mit anderen Konferenzen am Zeitplan für die WWU arbeitete, entwarf eine Reihe von Abkommen, die später zum Vertrag über die Europäische Union führten.

Der Vertragüber die Europäische Union

Vertreter aller EG-Länder handelten 1991 den Vertrag über die Europäische Union aus. Im Dezember traf sich der Europäische Rat in Maastricht (Niederlande), um einen Entwurf zu besprechen. Nach intensiven Verhandlungen zwischen den Mitgliedern unterzeichnete der Europäische Rat am 7. Februar 1992 den endgültigen Vertrag. Eine Vertragsklausel sah vor, dass die Wahlberechtigten eines jeden Mitgliedsstaates in einer Volksabstimmung der Europäischen Union zustimmen mussten. Der Vertrag von Maastricht wurde im Oktober 1993 ratifiziert. Mit In-Kraft-Treten des Vertrags am 1. November war die Europäische Union gegründet.

Ausblick

Die EU steht für den Wunsch nach Frieden und Zusammenarbeit unter den souveränen Staaten Europas. Doch das langfristige Ziel eines einzigen - föderativ aufgebauten - Staates Europa, wie es die ursprünglichen Verfechter der wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Europa zum Ziel hatten, ist weitgehend verworfen worden.

Wahrscheinlich wird sich die Zahl der Mitgliedsländer bis zum Ende des Jahrzehnts erhöhen. Die Türkei (Türkiye) hatte bereits 1987 ihre Mitgliedschaft beantragt, Zypern (K ý pros) und Malta 1990 und die Schweiz und Norwegen (Norge) 1992. Man erwartet auch, dass sich noch mehrere osteuropäische Länder um eine Mitgliedschaft bemühen. Die Schweiz hat später ihren Antrag zurückgezogen, um nicht mit ihrem neutralen Status in Konflikt zu kommen.

Zu weiteren möglichen Bewerbern um einen EU-Beitritt gehören Island und Liechtenstein. Wie die Schweiz und Norwegen, so sind auch sie Mitglieder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA). 1991 schlossen die EG und die EFTA ein Abkommen über die Errichtung eines Europäischen Wirtschaftsraumes, der einen Binnenmarkt für Güter, Dienstleistungen und Kapital beinhalten sollte. Innerhalb dieses Raumes wären die EU und die EFTA gegenseitig jeweils der größte Handelspartner. Dieser Europäische Wirtschaftsraum, der am 1. Januar 1994 in Kraft trat, schaffte die Handelsbarrieren zwischen den Handelspartnern EU und EFTA ab.

Der EU-Gipfel im Juni 1997 verabschiedete den "Vertrag von Amsterdam", der den Maastricht-Vertrag novelliert. Auf Druck der deutschen Delegation sieht der Amsterdamer Vertrag keine Mehrheitsentscheidung in Fragen der Asylpolitik vor. Weiter bestimmt der Vertrag, die Beschäftigungspolitik sei nicht mehr nur Sache nationaler Politik, sondern nun auch Sache der EU.

Europäische Währungsunion Die Europäische Währungsunion ist die für 1999 geplante Währungsunion der Europäischen Union (EU). Die Europäische Währungsunion (EWU) ist ein Hauptaspekt des Projekts zur politischen und wirtschaftlichen Integration Europas.

Chronologie und Ausblick

Die EWU wurde erstmals 1970, im sogenannten Werner-Plan als Ziel formuliert. Unter der Leitung des damaligen luxemburgischen Ministerpräsidenten Werner wurde ein Stufenplan für eine Wirtschafts- und Währungsunion verabschiedet, die bis Ende der siebziger Jahre erreicht werden sollte. Deren Ziele lauteten u. a.: völlige Freizügigkeit des Geld- und Kapitalverkehrs innerhalb der EG, zentralgesteuerte Kredit- und Währungspolitik sowie unveränderliche Wechselkurse ohne Schwankungsbreite.

Im Jahr 1975 wurde der Ecu (European Currency Unit) -der Vorläufer des Euro- zunächst als Kunstwährung, die sich nach einen speziellen Schlüssel aus den Währungen der einzelnen Mitgliedsstaaten zusammensetzte, eingeführt. Der Ölpreisschock, die weltweite Inflation sowie starke Schwankungen der Wechselkurse verhinderten Mitte der siebziger Jahre weitere Fortschritte auf dem Weg zu einer Währungsunion.

Schließlich wurden 1979 das Europäische Währungssystem (EWS) und der Wechselkursmechanismus eingerichtet. Zwischen den Mitgliedswährungen mußten von nun an feste, aber anpassungsfähige Wecheslkurse mit einer Schwankungsbreite von 2,25 Prozent eingehalten werden, die gegenüber dem Ecu festgelegt wurden.

1989 legte Jacques Delors einen detaillierten Plan für eine Währungsunion vor, der die Grundlage für den Maastrichter Vertrag bildete, der von allen zwölf Mitgliedsländern der damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) im März 1992 unterzeichnet wurde. Der Maastrichter Vertrag sieht den Übergang zur Währungsunion in drei Stufen vor. In einer ersten Stufe soll die Wirtschafts- und Währungspolitik der einzelnen Mitgliedsländer besser koordiniert werden (Liberalisierung des Kapitalverkehrs, verstärkte wirtschaftspolitische Abstimmung der Regierungen, Stärkung des Ausschusses der Zentralbankgouverneure), bevor in einer zweiten Stufe - die wie vereinbart am 1. Januar 1994 in Kraft trat - das Europäische Währungsinstitut (EWI) eingerichtet wurde, die Vorgängerorganisation der späteren Europäischen Zentralbank (EZB). Die dritte Stufe umfasst schließlich die unwiderrufliche Festlegung der Wechselkurse zwischen den teilnehmenden Währungen und die allmähliche Umstellung auf die neue Währung. Ab diesem Zeitpunkt übernimmt die EZB die Verantwortung für die Währungspolitik der Union. Die Hauptaufgabe der EBZ besteht in der Erhaltung der Geldwertstabilität, sie wird jedoch die Verantwortung für die Wechselkurspolitik gegenüber Nichtmitgliedern der EU mit dem Ministerrat teilen.

Der Übergang zur dritten Stufe erfolgt nicht automatisch, die einzelnen Teilnehmer müssen sich qualifizieren. Der Vertrag benennt hierfür folgende

Konvergenzkriterien:

1. Während der letzten zwei Jahre vor Eintritt in die Währungsunion muss sich die Währung des Landes innerhalb der Grenzen des Europäischen Wechselkursmechanismus bewegt haben.

2. Die durchschnittliche Inflationsrate bei den Verbraucherpreisen darf nicht mehr als 1,5 Prozent über den Raten der drei Länder liegen, die im Vorjahr das niedrigste Inflationsergebnis hatten.

3. Der durchschnittliche Zinssatz für langfristige Anlagen darf nicht mehr als zwei Prozentpunkte über dem Zinssatz der drei Länder liegen, die in dieser Hinsicht im Vorjahr am besten abgeschnitten haben.

4. Das öffentliche Defizit sollte nicht mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen, und das Verhältnis der Gesamtstaatsverschuldung zum BIP sollte nicht über 60 Prozent liegen.

Ab dem 1. Januar 1999 sollen in allen Ländern des Euro-Währungsgebietes, allein der Euro als Währung Gültigkeit haben. Die alten nationalen Währungen bleiben zwar vorläufig weiterhin gesetzliches Zahlungsmittel, aber nur als Nebenwährung mit rein nationaler Gültigkeit. Die Kontinuität ursprünglich auf Ecu oder auf nationale Währungen lautender Verträge wird bei der Einführung des Euro garantiert. Spätestens am 1. Januar 2002 sollen die Euro-Banknoten und -Münzen eingeführt werden, die nach sechs Monaten - solange bleiben die nationalen Währungen parallel im Umlauf - alleiniges Zahlungsmittel sein sollen.

Politische Diskussion

Wer zu den Gründungsmitgliedern der Europäischen Währungsunion (EWU) gehören wird, entscheidet sich im Frühjahr 1998 auf der Basis der Wirtschafts- und Finanzdaten des laufenden Jahres. Ende 1996 erfüllte nur Luxemburg alle Konvergenzkriterien, die zur Teilnahme an der EWU berechtigen. Im selbem Jahr konnten lediglich die Niederlande, Irland, Luxemburg und Dänemark ihre Neuverschuldung unter der vertraglich vereinbarten Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) halten. Das Haushaltsdefizit lag in Frankreich, Belgien, Finnland, Schweden und Portugal zwischen drei und vier Prozent und nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes in Deutschland bei 3,8 Prozent. Die Etats von Österreich, Großbritannien und Spanien wiesen ein Defizit zwischen 4 und 5 Prozent aus, deutlich höher war es in Italien und Griechenland. Der Durchschnittswert in der EU betrug 4,4 Prozent.

Kritiker behaupteten, die Einführung des Euro falle in eine Zeit des

wirtschaftlichen Umbruchs in Europa (Zerfall des Ostblocks, gravierende Veränderungen der Weltwirtschaft, billigere Konkurrenz). Der harte Sparkurs aller europäischen Regierungen, der notwendig sei um die Konvergenzkriterien zu erfüllen, verschärfe die europaweit ohnehin hohe Arbeitslosigkeit und treibe die Staatsverschuldung in die Höhe. Daher fordern einige Wirtschaftexperten eine Verschiebung der Währungsunion oder eine großzügigere Interpretation der Kriterien. Während Deutschland auf die strikte Einhaltung aller Kriterien dringt, zeigen andere Länder Verständnis für die zuletzt genannte Alternative. Auf Drängen Deutschlands einigten sich die EU-Finanzminister im Dezember 1996 auf den sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspakt. Danach sollen, bei der Feststellung eines übermäßigen Haushaltsdefizits eines EU-Landes, unter bestimmten Bedingungen auch Sanktionen gegen die Haushaltssünder verhängt werden können. Da die Währungspolitik eng mit der Wechselkurspolitik zusammenhängt, führt gerade die Frage nach der Rolle der EZB zu Spannungen zwischen Deutschland und Frankreich. Während die deutsche Seite die Unabhängigkeit der EZB gewahrt sehen will, die- nach dem Vorbild der Bundesbank - die Stabilität der Währung sichern soll, plädiert die französische Seite dafür, der EZB einen Wirtschaftsrat gegenüberzustellen, der die Finanzpolitik der Teilstaaten koordiniert und damit auch Einfluß auf die Notenbankpolitik nehmen könnte.

Ende der Leseprobe aus 11 Seiten

Details

Titel
Die Europäische Union ab 1972
Note
12
Autor
Jahr
2001
Seiten
11
Katalognummer
V101047
ISBN (eBook)
9783638994699
Dateigröße
392 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Europäische, Union
Arbeit zitieren
Sebastian Plappert (Autor:in), 2001, Die Europäische Union ab 1972, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101047

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Europäische Union ab 1972



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden