Das Dorf im Hoch- und Spätmittelalter


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

6 Seiten


Leseprobe


1. Natur und Umwelt, Rodung und Siedlung

Notizen:

Vom 11. bis zum beginnenden 14. JH verdreifachte sich die Bevölkerung in diesem Raum, so dass sie um 1300 in den drei Ländern England (4.5 Mill.), Frankreich (21. Mill.) und Deutschland (14 Mill.) ungefähr die Zahl von 40 Millionen erreicht hatte.

..., die 1985 tatsächlich etwa 190 Millionen beträgt, bis zum Jahr 1970 auf 1130 Millionen angewachsen, wenn nicht spätere Bevölkerungseinbrüche, Seuchen, Kriege und Auswanderungen die Zunahme entscheidend gebremst hätten.

die Dynamik dieses hochmittelalterlichen Landesausbaus führte zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass Deutschland zu Beginn des 14. JH, also vor dem Einsetzen der spätmittelalterlichen Wüstungsperiode mit ihren nachhaltigen Siedlungsverlusten, eine so hohe Zahl an Orten aufwiesen nie zuvor und nie nachher. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass viele Ortschaften damals im Regelfall klein waren und im Durchschnitt weniger Haushaltungen und Einwohner besassen als später.

Hauptträger gelenkter Waldrodungen waren weltliche und geistliche Grundherren, die sich um die wirtschaftliche Erschliessung grosser Waldregionen bemühten um dadurch eine Steigerung ihrer Einkünfte erreichen wollten, wie das Kloster -St. -gallen.

Mit gewissen Vorbehalte auf die Ausbeutung der Ortsnamen für die Siedlungsgeschichte lässt sich sagen, dass die Ortsnamen auf -ingen und -heim auf die Landnahmephase der Völkerwanderungsziet zurückgehen um auch die Orte mit -dorf und -hausen einer relativ frühen Zeitstufe zuzurechnen sind. Die Orte mit -hof und -hofen aber gehöre offenbar der karolingisch-fränkischen Ausbauzeit an, ebenso viele Ortsnamen, die Geländeformen bezeichnen und mit -berg, -bach oder -wald enden. die Anlage dieser frühmittelalterlichen Rodungssiedlungen erfolgte anscheinend lockerer und weniger geplant als die der späteren Zeit.

Ergänzungsrodungen in den vorhandenen Dorfgemarkungen haben in den meisten Fällen keine schriftlichen Spuren hinterlassen, so dass wir bei der Rekonstruktion dieser Vorgänge auf die Untersuchung der Flur- und Ortsformen und auf die Ortsnamenforschung angewiesen sind.

Bei der Erschliessung neuer Kulturflächen in Waldgebieten musste der Wald in mühevoller Arbeit mit Axt und Säge, Hacke und Spaten gerodet werden; das Holz des Hochwaldes wurde dann als Bauholz für bäuerliche Wohn- und Wirtschaftsbauten verwendet, weniger wertvolles Holz und Buschwerk diente als Brennholz.

Ermutigt von den Grundherren, die die Ländererschliessung aus eigenem Interesse - zur Ausweitung ihrer Herrschaftsräume und zur Vergrösserung ihrer Einnahmen - lebhaft unterstützten, gründeten risikofreudige Siedler mitten in Ausbaugebieten neue Einzelhöfe, Weiler und Dörfer, die an ihrer Namensform oder an ihrer Siedlungsgestalt noch heute erkennbar sind.

Am häufigsten wurden neue Dörfer entlang von Strassen gegründet; teils lagen die Gehöfte dann reihenweise entlang einer einzigen Dorfstrasse, teils sparte man bei der Anlage eines Dorfes einen Platz oder Anger inmitten des Dorfes aus, auf dem man eine Kirche errichtete oder einen Dorfteich anlegte (Angerdörfer). An beiden Ufern der Saale und mittleren Elbe fanden sich die sog. Rundlinge; es handelt sich dabei möglicherweise um alte Wehrsiedlungen im slawisch-germanischen Grenzgebiet, bei denen die Bauernhöfe um eine runden Dorfplazt angelegt wurden, um so das Vieh und die Höfe besser schützen zu können. Bei den Hufendörfern waren die Gehöfte wie bei den Strassendörfern entlang von Strassen angelegt, aber die Hufen den einzelnen Höfen streng zugeordnet; in den Waldhufendörfern befand sich hinter jedem Gehöft da zugehörige Hufenland, das sich in langgestreckter Form oft von der Talsohle bis weit in bewaldete Berghänge hinzog. Das Hufenland war so leicht zu erreichen, erweiterungsfähig und separat zu nutzen, da kein Nachbar mit seinem Land in die Parzellen hineinreichte. Bei den Marschhufendörfern, die vornehmlich in den Niedrungsgebieten der norddeutschen See- und Flussmarschen anzutreffen waren, stossen wir auf eine ähnliche Anlage der Hufen: Die Marschhufen waren ebenfalls auf Einzelnutzung zugeschnitten schlossen sich unmittelbar an die einzelnen Gehöfte an und erstreckten sich in schmalen Streifen in das flach Marschland hinein.

Auf Grund der Bitte der Bauern wurde folgender Vertrab vereinbart: Sie sollen uns von jeder Hufe des vorgenannten Landes jährlich je einen Pfennig entrichten. Eine Hufe aber soll, damit in Zukunft kein Streit darüber beim Volk entsteht, in der Länge 720, in der Breite 30 Königsruten messen.

Die Gehöfte wurden auf Wurten errichtet, die sich zu Reihen mit sangen, gradlinig begrenzten Hufenparzellen ordneten, Gute Besitzrechte, niedrige Grundzinslasten und weitgehende Selbstverrwaltungsrechte dienten dazu, Siedler in ausreichender Zahl anzulocken um für die Neugründung zu gewinnen.

Die Rodung wurde jeweils von einigen adeligen und klösterlichen Grundherren in die Wege geleitet; sie beauftragten einen sog. Reutmeister - er ist mit dem Lokator, dem ost deutschen Siedlungsunterrnehmer, vergleichbar - mit der Anwerbung von siedlungswilligen Bauern um mit der Einzelplanung der Siedlung. Die Grundform dieser Plansiedlungen bildete ein Angerdorf von etwa 15 Hofstellen, das einen breiten Strassenanger aufwies und mit einer Gewannflur verbunden war. Den Siedlern wurden Erbrecht, feste Geldabgaben und ein eigenes Dorfgericht eingeräumt; die Grösse der Höfe betrug etwa 25. ha. Der Reutmeister, der von Anfang an eine besondere Stellung im Dorf einnahm und über grösseren Grundbesitz verfügte, hatte die Niedergerichtsbarkeit inne und vermittelte zwischen Herrschaft und Dorfgemeinde.

Mit der Zunahme des bäuerlichen Siedlungsstromes wurden auch zahlreiche Dorfsiedlungen ohne Herrensitz gegründet, wobei in der Regel die Ansiedlung unter Leitung von Lokatoren stand. Diese organisierten im Auftrag der Grundherren wesentlich Teile dieser Vorgänge und besassen das Recht, eine bestimmte zahl von Siedlern auf planmässig abgesteckten Hufen anzusetzen. Sie warben auch Siedler an, planten die Landzuteilung, überwachten Bebauungen im Dorfinnern und leiteten grössere Rodungsmassnahmen. Zumal erhielten sie auch in vielen Dörfern das Amt des Erbschulzen und ausserdem Höfe, die mehr Land als die übrigen Bauernstellen ausgestattet waren und geringere Abgabenlasten zu tragen hatten.

Die rechtliche Stellung vieler Ansiedler war daher dadurch gekennzeichnet, dass die grundherrschaftliche Bindung relativ locker war, die Bauern über gute Besitzrechte am Land verfügten und die Feudallasten vergleichsweise gering waren. Angesichts der grossen Bodenreserven, der Knappheit an Menschen und der bei der Rodungsarbeit zu bewältigenden Schwierigkeiten war die rechtliche um soziale Besserstellen der Bauern das wirksamste Mittel, um die Erschliessung des bewaldeten Gebiete voranzutreiben.

Die Bauernhöfe der nordöstlichen Gebiete waren in der Regel zwei Hufen gross, umfassten also etwa 33 ha. Die verbreitetsten Typen ländlicher Siedlung waren sowohl die Anger- und Strassendörfer als auch die Waldhufendörfer.

Die adelige Oberschicht der osteuropäischen Länder, die die Erschliessung ihrer Landgebiete um den Fortschritt der Agrarwirtschaft im Auge hatte, bemühte sich besonders um den Zuzug von erfahrenen Neusiedler aus dem west- und mitteleuropäischen Raum. Die Könige von Böhmen, Polen und Ungarn veranlassten zudem ihre eigene bäuerliche Bevölkerung zur Erschliessung der Grenzgebirge ihrer Reiche. Nachdem die ungarischen Könige im 11. Jh. z.B. Siebenbürgen erobert hatten, liessen sie diese Landschaft systematisch mit ungarischen Einwanderern besiedeln; in späterer Zeit folgten dann deutsche Siedlergruppen.

Das neugewonnene Land wurde zu besseren Rechtsbedingungen und günstigeren Leiheformen vergeben, um genügend Bauern für die Besiedlung zu gewinnen - ein Phänomen, das wir bei fast allen Rodungsvorgängen im mittelalterlichen Europa beobachten können.

In den Alpen lag die Siedlungsgrenze bedeutend höher als im 19. Jh. und 20. JH, und in den Mittelgebirgen und in Trockengebieten waren viele Orte entstanden, die bald wieder aufgegeben werden mussten. Viele Böden in extremen Lagen erschöpften sich, und die Erträge auf manchen neugerodeten Feldern reichten nicht aus, um den Ackerbau langfristig abzusichern. An Flussläufen und in Niederungsgebieten gingen Siedlungen zugrunde, die auf zu niedrigem Terrain gegründet worden waren oder durch Überschwemmungen hinweggespült wurden; an steilen Berghängen zerstörten Bergstürze Äcker und Siedlungen, in trockenen Lagen vertrieb Wassermangel die Siedler, und auf manchen gerodeten Sandböden erschöpften sich schnell die natürlichen, oft durch Raubbau geschädigten Wachstumskräftte des Bodens.

„Der starke Landhunger, welcher im 12. und 13. Jh. die Siedlungen vortrieb, achtete vielfach nicht auf die Vorbedingungen dauernder Benützung des Bodens. Infolgedessen sind bäuerliche Siedlungen auch an solchen Örtlichkeiten angelegt worden, wo bäuerliche Wirtschaft auf die Dauer unmöglich war, oder nur mit unverhältnismässigen Kosten aufrecht erhalten werden konnte.

Das Bild des am weitesten verbreiteten Dorftyps, des sog. Haufendorfs mit Gewannflur und Allmende, stellt sich uns im ausgehenden Mittelalter so dar, dass sich bei ihm drei Bereiche unterscheiden lassen. Im Dorfkern, dem Wohnbereich, liegen die bäuerlichen Hofstätten mit ihren Wohn- und Wirtschaftsgebäuden mehr oder weniger planlos in einem Netz von Gassen und Wegen beieinander. In unmittelbarer Nähe der umzäunten Hofstätten befindet sich das ebenfalls eingefriedete Gartenland, das Sondereigentum der Hofbesitzer ist und von ihnen Individuell bewirtschaftet wird (Ring 1). Rings um das Dorf erstreckt sich die Ackerflur, die in grosse Feldblöcke, Gewanne genannt, eingeteilt ist; diese sind wiederum in kleine Streifen untergliedert (Ring 2). Jeder Bauer besitzt in der Regel in jedem Gewann jenen oder mehrere solcher Streifen. Die Ackerparzellen liegen somit im Gemenge und können an den Stellen, wo keine Feldwege vorhanden sind, nur über die Felder der angrenzenden Bauern erreicht werden. Wird das Ackerland im System der Dreifelderwirtschaft genutzt, was bei den meisten Dörfern der Fall war, so ist die Ackerflur auf drei Grossfelder (Zelgen, Schläge) verteilt, bei denen ein jährlicher Wechsel von Winterfrucht, Sommerfrucht und Brache stattfindet.

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Details

Titel
Das Dorf im Hoch- und Spätmittelalter
Autor
Jahr
2001
Seiten
6
Katalognummer
V101037
ISBN (eBook)
9783638994590
Dateigröße
350 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Dorf, Hoch-, Spätmittelalter
Arbeit zitieren
Marco Lendi (Autor:in), 2001, Das Dorf im Hoch- und Spätmittelalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101037

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