Heraldik im Mittelalter und in der Gegenwart


Hausarbeit, 2001

3 Seiten, Note: Sehr Gut


Leseprobe


HERALDIK

Was ist Heraldik?

Der Sammelbegriff Heraldik für Wappenkunde, Wappenkunst und Wappenrecht wird seit dem 15. Jahrhundert gebraucht, und befaßt sich mit allen Aspekten der Wappen. Die Wappenkunde, oder theoretische Heraldik, umfaßt die Gesetze und Regeln des Wappeninhalts, der Wappenführung, die Geschichte des Wappenwesens und schließlich die Wappenkenntnis, die zur damaligen Zeit mit der Personenkenntnis identisch war. Sie ist eine Hilfswissenschaft der allgemeinen Geschichte und der Kunstgeschichte. Auf der Wappenkunde aufbauend, bezieht sich das zweite heraldische Teilgebiet, die Wappenkunst, oder praktische Heraldik. Sie befaßt sich mit der Gestaltung der Wappen, dem Aufriß oder Entwurf und der heraldisch richtigen und stilreinen Darstellung aller Wappenteile nach den vorgeschriebenen Regeln und Gesetzen der Wappenkunde. Das Wappenrecht schließlich umfaßt die rechtliche Grundlage der Wappenführung und Wappenverwendung, einschließlich des Siegelrechts, die Kontrolle über die Einmaligkeit des Kennzeichens und dessen rechtlicher Besitzer.

In starkem Maße starkem Maße abhängig ist die Heraldik von der Genealogie. Eine Beschäftigung mit heraldischen Problemen ist ohne die vorherige Auseinandersetzung mit Fragen der Genealogie nur schwer möglich, während andererseits die Genealogie beziehungsweise Familienforschung durchaus betrieben werden können, ohne dass man dabei auf heraldische Aspekte eingeht.

Der Begriff Heraldik selbst leitet sich vom Aufgabengebiet der mittelalterlichen Herolde ab. Dieses wurde früher „ars heraldica“ (= Kunst der Herolde) genannt. Pflicht der Herolde als Hofbeamte war es, bei ritterlichen Turnieren für die Einhaltung der Ordnung zu sorgen, sowie die Turnierfähigkeit (Edelblütigkeit) der Kämpfer zu überprüfen. Zudem hatten sie auf Feldzügen und Reisen ihren Herren vorauszureiten und ihre Ankunft anzukündigen. Meist trugen sie dabei als Zeichen ihrer Legitimation einen wappenverzierten Schild oder eine entsprechende Standarte. Es waren diese Herolde, die nach und nach die Grundlagen für ein System des Wappenwesens schufen, indem sie erste Wappenverzeichnisse (Wappenbücher) anlegten und als Verfasser von Turnierdichtungen hervortraten, die auch Angaben zur Herkunft und Wappen der einzelnen Ritter enthielten. Diese stellen heute noch eine wichtige Quelle bei Forschungen zur Frühzeit der europäischen Heraldik dar. Das Wort Wappen leitet sich direkt von der mittelhochdeutschen Bezeichnung „wapen“ (= Waffen) ab. Es meint ein unveränderliches, farbig gestaltetes und dauerhaftes Kennzeichen einer Einzelperson, einer Familie, eines politischen Gemeinwesens (Staat, Stadt, Provinz, usw.) oder einer Körperschaft (Verband, Verein, usw.). Die Bezeichnung deutet auf den Zusammenhang mit den mittelalterlichen Schutzwaffen, dem Schild und dem Helm hin. Zugleich verweist der Name auf den Ursprung des Wappens als ritterliches Kennzeichen und die damit verbundene Bedeutung, dass der Wappenträger auch Waffenträger war. Schild und Helm begegnen uns als die beiden Grundbestandteile eines jeden Wappens. Der Schild zeigt das eigentliche Wappenbild, das sogenannte Schildbild, während der Helm mit Helmdecke und Helmzier das Oberwappen bildet. Dieses Oberwappen ist meist bei Familien- und zum Teil auch bei Staatswappen gebräuchlich, während insbesondere die vielen in den letzten Jahren entworfene Kommunalwappen von Gemeinden und Städten lediglich nur mehr den Schild zeigen.

Im Mittelalter beschränkt sich die Heraldik ausschließlich auf die Praxis, und zwar nach geheimgehaltenen Überlieferungen. Die wissenschaftliche Heraldik, einschließlich der eigenen Fachsprache, schriftlich und zusammenfassend niedergelegt, fällt in eine spätere Zeitepoche. Wappen sind dekorative Graphiken oder Reliefs, in denen Ornamentformen einer bestimmten Epoche und eines bestimmten Stiles bis ins kleinste Detail zu sehen und zu erkennen sind. Daher vermitteln solche stilrein dargestellte Wappen oft einmalige Hinweise und unantastbare, überzeugende Beweise bei kultur- und kunsthistorischen Studien.

Warum wurde die Heraldik entwickelt?

Um die Mitte des 12. Jahrhunderts, wird mit der Entwicklung einer neuen, speziell für die Kreuzzüge geschaffenen, den Kopf des Kriegers allseitig umschließenden Helmform das Erkennen auf Sichtweite unmöglich. Unmöglich wird aber auch der Zuruf während der Schlacht, das bis zu diesem Zeitpunkt angewandte Verständigungs- und Erkennungszeichen der Kämpfenden untereinander. Aus diesem Grund wird neben Fahnen und Bannern das Führen eines persönlichen anderen Erkennungszeichens, und zwar eines optischen, für Freund und Feind dringend erforderlich. Es sind farbige, auffallende und unterschiedlich gestaltete Zeichen, die an weithin sichtbarer Stelle angebracht, auch aus großer Entfernung ihren gewünschten Zweck erfüllen. Träger des neuen Kennzeichens ist der verhältnismäßig große Kampfschild des Ritters, der nicht nur dem Feind zur Abwehr entgegengehalten wird, sondern auch als Symbol der persönlichen Ehre und als heiligster Besitz des abendländischen Ritters gilt. In Verbindung mit dem Schild wird die ihn schmückende Schildfigur zum Wappen des Schildträgers. Erst später kommt der Helm als weiterer Symbolträger hinzu. Grundsätzlich sind es daher die Abwehrwaffen, Schild und Helm, die in unmittelbarer Verbindung mit dem Wappen stehen.

Schon in der vorheraldischen Zeit, so zum Beispiel in der griechischen und römischen Antike, aber auch bei den Germanen, gab es Schilde, die auf unterschiedliche Weise bemalt oder mit Beschlägen ornamentiert waren und mit in die Schlacht genommen wurden. Soviel man heute weiß, kennzeichneten sie jedoch in der Regel nicht den einzelnen Krieger, sondern vielmehr ganze Kriegerverbände. Die Schilde der römischen Legionen waren so zum Beispiel in der Gestaltung an die Legionsstandarten angelehnt, und auch die Germanen hatten je nach Stammesverbänden runenartige Symbole auf ihre Schilde aufgemalt. All diese Zeichen dienten im Unterschied zum Wappen noch nicht der Kennzeichnung der einzelnen Trägerperson, sondern waren einerseits Gemeinschaftssymbole und gemeinschaftliche Erkennungszeichen, andererseits aber auch von heidnisch-naturreligiösen Vorstellungen bestimmte Schutzzauberrequisiten. Sie waren nicht nach bestimmten Regeln gestaltet oder systematisch erfaßt, wie dies die mittelalterliche Heraldik beginnt, noch waren sie im Gegensatz zu Familienwappen vererbbar und standen einer Personalisierung völlig entgegen. Sie können daher auch noch nicht als Wappen bezeichnet werden. Allerdings wiesen auch diese älteren Symbole und Kennzeichnungen bereits zwei Elemente auf, die sich rund 1000 Jahre später bei der Wappengestaltung in anderem Zusammenhang und aus Notwendigkeiten heraus wiederfanden: Farbe und Form.

Wo wird die Heraldik heute angewendet?

Die Heraldik steht zu vielen Wissensgebieten in engster Beziehung oder Wechselbeziehung. Forschungen auf dem Gebiet der Genealogie, der Geschlechter- und Familienkunde, die Stammbaumforschung zur Ahnentafel- oder Stammbaumherstellung, auch Untersuchungen über das frühere Wappenwesen der Staaten können nur mit Hilfe der Heraldik erfolgreich durchgeführt werden. Für die allgemeine Geschichte geben Schildinhalte ehemaliger Herrscher- und Länderwappen wertvolle und aufschlußreiche Hinweise über historisch bedeutungsvolle politische oder kulturelle Geschehnisse und Entwicklungen. Lehens- und Abhängigkeit-, Obhuts- und Besitzverhältnisse spiegeln sich in zahlreichen Wappen aller Epochen wider. Auch die Politik und Herrschaft der Kirche, deren Machtstreben und Besitzansprüche, das Werden und Wachsen von Klöstern, Abteien und Bistümern hat nicht nur in den Wappen der Geistlichkeit, sondern vor allem in denen der abhängigen Territorien und Städte ihren Niederschlag durch immer wiederkehrende, bestimmte Wappenfiguren gefunden. Heraldik und Siegelkunde sind praktisch unzertrennbar miteinander verbunden, da Siegel zu den ältesten heraldischen Quellen schlechthin zählen. Aus Siegelbildern sind viele Wappen, vor allem von Städten, hervorgegangen. Auch die Münzkunde, die Numismatik, kann auf die Heraldik nicht verzichten, da Wappendarstellungen auf Münzen häufig Aufschluß über die Geschichte von Dynastien, Ländern und Staaten geben. Auch für die Volkskunde ist die Heraldik interessant, da viele teils vergessene oder unbekannte Alltagsgegenstände nur noch in den Wappen weiterleben. Für die Sozial- und Wirtschaftskunde liefert die Heraldik wertvolle Hinweise auf die Wirtschaftsstruktur, die geographischen Gegebenheiten und über die Gesellschaftsordnung. Hinweise, die sich in den Wappen der Zünfte, Städte und der Länder widerspiegeln. Besonders enge und parallel verlaufende Beziehungen und Wechselwirkungen bestehen schließlich zwischen der Entwicklung der Wappen, ihrer Führung, dem Wappenrecht und der Ausbildung und Entwicklung des allgemeinen öffentlichen wie privaten Rechts.

So wird die Heraldik aufgrund der vielfältigen und engen Verknüpfung mit anderen Wissensgebieten als wichtige und wertvolle Informationsquelle für alle Zeiten erhalten bleiben.

Literatur und Hilfsmittel:

- Huber, Harald: Wappen, Ein Spiegel von Geschichte und Politik; Badenia Verlag (Ein Buch mit wenig Fakten, dafür vielen Abbildungen und Wappenbeschreibungen)
- Scheibelreiter, Georg: Tiernamen und Wappenwesen, 1976 (Symbolik und Bedeutung vor allem von Tierzeichen in den Wappen)
- Neubecker, Ottfried: Heraldik, Wappen - Ihr Ursprung, Sinn und Wert; Battenberg Verlag (Genaue Bedeutung und Hintergründe über alle heraldischen Begriffe)
- Leonhard, Walter: Das große Buch der Wappenkunst; Verlag Georg D. W. Callwey (Sehr Gute Einführung in die Heraldik, deren Ursprung und Anwendungsgebiete)
- Bahn, Peter: Familienforschung und Wappenkunde; Falken Verlag (Genealogie und Heraldik ausführlich und detailliert beschrieben, alle Wappengruppen und Quellen der Heraldik gut beschrieben)
- Biewer, Ludwig: Handbuch der Heraldik, Wappenfiebel; 19. Auflage, 1998, Degener Verlag; (Detailliertes Wissen rund um die Heraldik, Literaturverzeichnis)

Internet:

- www.ahnen-und-wappen.de (Homepage eines Heraldikvereins. Kurze Beschreibung der wichtigsten Kennzeichen der Heraldik, Übersicht über das Wappenrecht, Links zu anderen Internetquellen und Literaturverzeichnis)
- www.jjauch.com (Knappe Einführung in die wichtigsten Begriffe der Wappenkunde und zum Teil der Wappenkunst, Kurze Übersicht über das Wappenrecht, Keine Links oder Hinweise auf Literatur - sehr kurz und allgemein)
- www.phil.uni-passau.de/histhw/ (Homepage eines gewissen Prof. Frenz an der Universität in Passau, knappe Einführung in die Hilfswissenschaften und Verweis auf seine Vorlesungen)

Ende der Leseprobe aus 3 Seiten

Details

Titel
Heraldik im Mittelalter und in der Gegenwart
Hochschule
Universität Salzburg
Note
Sehr Gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
3
Katalognummer
V100774
ISBN (eBook)
9783638991971
Dateigröße
336 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Heraldik
Arbeit zitieren
Alexander Wagner (Autor:in), 2001, Heraldik im Mittelalter und in der Gegenwart, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100774

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