Praktikum an der Gesamtschule Mümmelmannsberg


Internship Report, 1999

11 Pages


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Eigene Erwartungen an das Praktikum

2. Der Ablauf des Praktikums

3. Didaktisches Modell

4. Darstellung von Stunden und Szenen aus dem Chemieunterricht

5. Auswertung

6. Reflexion

7. Literatur

1. Eigene Erwartungen an das Praktikum

Da ich mir erst jetzt als Diplomchemiker sicher bin, dass ich die Chemie zwar liebe, aber als Beruf nicht vorstellen kann und es mir sehr viel Spaß macht Studenten zu unterrichten, kam mir der Gedanke, dass ich Lehrer werden könnte. Nun ist es aber etwas anderes, ob man Studenten oder Schüler unterrichtet, und den Beruf des Lehrers kannte ich nur aus der Schülerperspektive und aus den Erzählungen der Eltern meiner besten Freundin (Grundschullehrer).

Durch diesen Umstand in meiner Urteilskraft getrübt, dachte ich mir, dass ich die 'andere' Seite kennen lernen sollte, um abschätzen zu können, ob mir der Lehrerberuf Spaß machen könnte. Daher informierte ich mich bei Freunden, welche Auflagen ich hinsichtlich des pädagogischen Teils der Lehrerausbildung zu erfüllen habe und wie ich mich um ein Praktikum in einer Schule zu kümmern habe. Erfreut erfuhr ich, dass ich ein integriertes Praktikum ablegen könne, womit ich zwei Auflagen abdecken könnte. Also belegte ich das Seminar mit der Erwartung ein Praktikum machen zu können.

An das Praktikum hatte ich die Erwartung, dass ich mir hinterher ein neues, besseres Bild vom LehrerBeruf machen könnte. Ich hatte viel über die Änderungen im Studium und an der Grundschule gegenüber dem, was ich am eigenen Leibe erfahren habe gehört und hoffte auch hier einen Einblick und neue Erkenntnisse zu erhalten.

In der Schule hatte ich vom Beginn bis zum Abitur immer den gleichen Lehrer in Chemie, also dachte ich mir, dass ich andere Lehrer und somit andere Unterrichtsmethoden sehen würde und mir diese vielleicht Beispiele für „so gefällt es Schülern“, „so lernen Schüler etwas“ und „so geht es nicht“ aufzeigen könnten. Die Idealkonzeption wäre dabei natürlich „so gefällt es Schülern“ und „so lernen Schüler etwas“ in Kombination.

2. Der Ablauf des Praktikums

Das Praktikum wurde an der Gesamtschule Mümmelmannsberg absolviert. Der erste Unterricht, den wir im Zuge dieses Praktikums besuchten war eine 10. Klasse, oberes Niveau; behandelt wurde in dem Kurs Säure/Basen. In diesem Kurs war ein Schüler, mit dem ich als Lehrer wohl meine Probleme gehabt hätte. Herr Stilke ging jedoch souverän mit den Störungen dieses Schülers um, anscheinend ohne ihn in irgendeiner Form zu benachteiligen. Anschließend kam eine 10. Klasse, unteres Niveau; auch hier wurde das Thema Säure/Basen behandelt. Mir fehlt das entsprechende Vorwissen, doch in der 10. Klasse einer Hauptschule noch zwei unterschiedliche Niveaus zu haben hat mich verwirrt. Der Unterschied zwischen den beiden Kursniveaus wurde jedoch nur spärlich deutlich an der Form der Fragestellung und den geforderten Antworten sowie der vereinfachten Versuche. So wurden im oberen Niveau die Begriffe 'Protonendonator' und 'Protonenakzeptor' gefordert, im unteren Niveau jedoch nur der Vollständigkeit wegen genannt und im oberen Kurs wurde eine Titration sowohl mit pH-Elektrode als auch mit Leitfähigkeitselektrode durchgeführt, im unteren Kurs jedoch nur mit pH-Elektrode. In beiden Kursen wurde ansonsten das gleiche Thema behandelt. Die Schüler hatten die Hausaufgaben häufig nicht gemacht oder von den anderen abgeschrieben. Dies wurde dann oftmals 'bestraft', indem die betreffenden Schüler/innen an die Tafel geholt wurden und die Lösung vorführen sollten.

Am Dienstag nahmen wir an einem Leistungskurs Chemie teil. Auch hier war das Thema Säure/Basen, was mich sehr überraschte. Das Niveau war für einen Leistungskurs erstaunlich niedrig und die Schüler haben in dieser ersten Stunde, die wir beobachteten sehr schlecht mitgearbeitet. In den folgenden Wochen ging es mit der Mitarbeit deutlich bergauf, aber das Niveau blieb für einen Leistungskurs niedrig. Der Kurs war meines Erachtens durchwachsen was die Schülerinteressen anbelangt: Einige Schüler haben gut mitgearbeitet, andere haben sich eher mitziehen lassen. Anschließend besuchte ich noch einen Physik-Kurs der 11. Klasse, die wir auch unterrichten wollten. In diesem Kurs sind die Schüler sehr viel ruhiger und geordneter gewesen, als ich es aus dem Chemie-Kurs gewohnt war. Es wurde die Kreisbewegung und Bahnbeschleunigung durchgenommen. Wie schon im Chemieunterricht beobachtet waren auch hier die Mathematischen Kenntnisse der Schüler sehr schlecht, obwohl sie gute Mathematik-Noten haben sollen.

Am Mittwoch war ich als Erstes in einen Physikkurs in der 9. Klasse. Dieser wurde während der gesamten Praktikumszeit von einem Mitstudenten bestritten. Behandelt wurde in diesem Kurs der Elektromagnet mit seinen Anwendungen als Elektromotor, Kompass, Lautsprecher, Mikrofon und im Transrapid. Die anwesenden Schüler haben recht geordnet an Unterricht teilgenommen, obwohl in der ersten Stunde der Fachlehrer nicht anwesend war; allerdings fiel auch hier die ungeordnete Versuchsdurchführung auf, die von fehlendem Allgemeinverständnis herrührt. Das Interesse an den Themen hielt sich in Grenzen und die Schüler sind nicht immer bei der Sache gewesen. Wie in allen beobachteten Kursen sind die Schüler auch hier nach dem Motto „komm' ich heut' nicht, komm' ich morgen“ erschienen oder fortgeblieben. Es gab einige Schüler, die regelmäßig anwesend waren, in allen Kursen gab es aber auch Schüler, die nur sporadisch einmal auftauchten. Hernach besuchte ich einen Chemie-Kurs einer 9. Klasse, in dem das Thema Erdöl besprochen wurde. Nachdem der Kurs in der ersten Woche nicht stattfand, da der Fachlehrer auf Klassenreise war und in der zweiten Woche eine Lehrerkonferenz stattfand, mussten in der dritten Woche erst noch einige verwaltungs-technische Dinge geklärt werden. Die Klasse war sehr unruhig, regierte aber auf leichte Rügen recht schnell. Da der Kurs neu zusammengestellt worden war, ergab sich das Problem, dass einige Schüler das neue Thema schon bei einem anderen Lehrer gehabt hatten. Diese Schüler ergaben sich aber schnell in ihr Los, als klar wurde, dass sie damit einen nicht geringen Vorteil hatten und somit bessere Noten erhoffen konnten.

Am Donnerstag fand der erste Unterricht von einem Mitstudenten statt, der „unsere“ 11. Klasse in Chemie unterrichtete. Die Schüler haben erstaunlich gut mitgearbeitet und sich nur wenig zu Herrn Stilke umgedreht. Ich fand es überraschend, da ich mich als Schüler wohl nicht so schnell auf die neue Situation eingestellt hätte. In den folgenden Wochen hatten sich die Schüler dann schon daran gewöhnt, dass Herr Stilke hinten saß und vorne ein Student den Unterricht machte. Die Mitarbeit der Schüler war durchgehend gut; auch bei schwierigen Themen und viel Theorie gab es kein murren von Seiten der Schüler. Anschließend besuchte ich eine 7. Klasse in Chemie, die ich dann später auch unterrichtet habe. Für mich war die Idee in der 7. Klasse bereits Chemie zu unterrichten neu, aber auch sehr reizvoll. Die Schüler lernen hier bereits im Vorfeld einige Chemikalien kennen, die sie später verwenden und können spielerisch auch die Gefahren im Labor und deren Bekämpfung kennen lernen. In der Zeit, in der ich Praktikum machte wurde die Zusammensetzung der Luft besprochen und daraus einige Methoden zur Feuerbekämpfung abgeleitet. Die Klassen wurden für den Chemie-Unterricht in der 7. Klasse geteilt, so dass jeder Lehrer nur eine kleine Gruppe von Schülern unterrichtet, was den Vorteil hat, dass die Sicherheit der Schüler auch bei etwas „gefährlicheren“ Versuchen gewährleistet ist.

Freitags war ich wieder im Chemie-Leistungskurs und anschl. in einer anderen 7. Klasse. Das Thema in der zweiten 7. Klasse ist das gleiche gewesen wie in der Klasse am Donnerstag. In der weiten Hälfte des Praktikums bin ich am Freitag anstelle des Chemie-Leistungskurses in einen Grundkurs der 12. Klasse gegangen. Hier schien mir das Niveau etwas höher als in den anderen Grundkursen, die ich besuchte. Auch was die Mitarbeit der Schüler betraf war ich angenehm überrascht. Auch hier war das Thema Säure/Basen.

3. Didaktisches Modell

Im „Handlungsorientierten Unterricht“ sollen folgende Merkmale ganz oder teilweise erfüllt sein:

- Schüler und Lehrer arbeiten zusammen an einem Projekt, bei dem möglichst ein Handlungs- produkt (z.B. Seife oder eine Ausstellung) entstehen sollte.
- Handlungsergebnisse und Handlungsprozesse werden vom Lehrer und den Schülern gemeinsam festgelegt (Selbstbestimmung). Dadurch kann sich der Schüler mit den Unterrichtsabläufen und - ergebnissen identifizieren.
- Mit den Handlungsergebnissen soll in die gesellschaftliche Entwicklung eingegriffen werden.

Um dies zu erreichen, soll Kopf- und Handarbeit in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden. Der Anteil der Selbsttätigkeit der Schüler soll erhöht werden, indem der Lehrer mit den Schülern arbeitet. Er übernimmt nicht mehr die Rolle des „Meisters“ und entscheidet, welche Vorgehensweise `richtig' oder `falsch' ist, sondern überlegt mit den Schülern auf einer Ebene, ob die Vorstellungen richtig sein können. Er dirigiert die Schüler nach wie vor, aber nicht frontal `von oben herab', sondern sacht aus der Basis. Die Schüler können in weiten Bereichen selbst bestimmen, wie sie ein bestimmtes Thema angehen wollen. Der Lehrer gibt ihnen nur Hinweise wie sie vorgehen können, in späteren Klassen nur noch Hinweise wo sie nach Hilfsmitteln suchen können.

„Handlungsorientierter Unterricht“ basiert auf einem Welt-, Gesellschafts- und Menschenbild, das mit fünf Aspekten angedeutet wird: [1]

- „Handlungsorientierter Unterricht“ geht davon aus, dass der Mensch zur Vernunft und Freiheit, aber auch zur Selbstzerstörung befähigt ist.
- „Handlungsorientierter Unterricht“ geht davon aus, dass Lernen grundsätzlich ganzheitlich, also mit Kopf, Herz, Händen und allen Sinnen abläuft.
- „Handlungsorientierter Unterricht“ baut darauf, dass Menschen (insbesondere junge Menschen) neugierig sind, dass sie fragen und staunen können, dass sie ihre Umwelt erfahren und auf den Prüfstand der Experimentierlust stellen wollen.
- „Handlungsorientierter Unterricht“ rechnet damit, dass weder die Lehrer noch die Schüler perfekte Wesen sind, sondern Fehler machen und versagen, dass sie aber aus Fehlern lernen können.
- „Handlungsorientierter Unterricht“ rechnet mit einem gesellschaftlichen Umfeld von Schule, das so strukturiert ist, dass ein nicht-entfremdetes Leben und Lernen in der Schule nur ansatzweise und widersprüchlich möglich ist.

Wichtige Argumente für den „Handlungsorientierten Unterricht“ sind, dass die Schüler ganzheitlich, d.h. mit Kopf, Herz, Händen und allen Sinnen lernen, nicht nur mit dem Kopf; dadurch sind Lernen und Handeln sehr eng miteinander verknüpft. Dadurch, dass die Schüler mehr am Unterricht beteiligt sind, ist ihnen eine bessere Identifikation mit dem Unterrichtsstoff möglich und sie können sich durch den freien Umgang mit dem neuen Thema ihrer Interessen bewusst werden. Selbstständiges Handeln muss geübt werden: nach der Schule müssen die Schüler es können („wirkliches“ Leben).

4. Darstellung von Stunden und Szenen aus dem Chemieunterricht

In einer Stunde in einer 9. Klasse sollte der Vorgang der Destillation erarbeitet werden. Dazu frug der Lehrer, woher man in der Wüste Wasser bekäme. Die Schüler waren recht gut bei der Sache und überlegten fleißig, wie man Wasser gewinnen könne:

S: „Ich suche mir einen Kaktus.“

L: „Ja, aber wenn da kein Kaktus ist ?“

S: „???“

L: „Ihr habt nichts als Wüste“, legt eine Folie auf, auf der eine Grube abgebildet ist, über der eine Folie gespannt ist und in der Grubenmitte unter dem Tiefpunkt der Folie ein Topf, in den Wasser tropft. „So kann es gehen. Überlegen wir erst einmal, was beim Wasser im Kochtopf passiert.“

S: „Das Wasser kocht und verdampft dann.“

L: „Wann kocht es und wann verdampft es ?“

S: „Erst kocht es und dann verdampft es.“

L: „Ok, welche Begriffe kennt Ihr in diesem Zusammenhang noch ?“

S: „Sieden.“

L: „Und was ist der Unterschied dazwischen ?“

S: „Öh ...“

L: „Kochen und Sieden sind das gleiche. Und wann spricht man von verdampfen ?“

S: „???“

L: „Was passiert denn, wenn Ihr Wasser in einer Schüssel offen einige Tage stehen laßt ?“

S: „Dann ist es weg !“

L: „Richtig. Das ist verdampfen.“

Nun sollte ein Versuch durchgeführt werden: Es sollte eine einfache Destillationsapperatur aufgebaut werden.

S: „Wäh, immer diese Schülerversuche ... machen Sie doch lieber die Versuche, das ist schöner“

In beiden 7. Klassen hatten die Schüler die Aufgabe bekommen zu überlegen, welche Zusammen-setzung die Luft wohl haben könnte. Nachdem die Schüler Zeit hatten für sich einige Bestandteile aufzuschreiben sollten sie der Reihe nach jeweils einige Bestandteile an die Tafel schreiben. Wenn ein Schüler keine weiteren Begriffe mehr hatte sollte er einen Strich machen. Begonnen wurde mit den offensichtlich eher ruhigeren, zurückhaltenderen Schülern. Auch 'falsche' Begriffe wie „Dreck“ oder „Staub“ wurden erlaubt und später als 'nicht falsch' dargestellt, seien aber in „sauberer“ Luft nicht vorhanden. Der Begriff „Wasserstoff“ wurde durch die Erinnerung der bereits früher durch-geführten Knallgasprobe ad absurdum geführt.

Als ich eine 7. Klasse übernommen habe lag draußen Schnee. Die Schüler haben schon als sie die Klasse betraten Herrn Stilke gefragt, ob sie eine Schneeballschlacht machen könnten. Auch während des Unterrichtes drehten sie sich häufig zu Herrn Stilke um und bettelten um eine solche Schneeballschlacht.

In der 11. Klasse sollte der Säure-Gehalt von verschiedenen Lebensmitteln bestimmt werden: Zitrone, Essig, Wein und Milch. Die Schüler sollten die Lebensmittel nach Anleitung vorbereiten und dann mit Natronlauge titrieren. Dies geschah nur widerwillig und lustlos. Einige Gruppen haben auch nachdem ihnen gezeigt wurde, wie die Titration richtig geht, diese im nächsten Durchlauf falsch durchgeführt. Auf eine Nachfrage, warum sie es denn wieder falsch machen kam die Antwort „Das ist doch alles doof“. Eine Idee, was ihnen mehr Freud machen würde, hatten sie allerdings auch nicht.

Im Physik-Kurs „unserer“ 11. Klasse wurde Kreisbewegung und Bahnbeschleunigung durch-genommen. Bei der Frage, welche Größen im Kreis vorkommen kamen verschiedene Angaben, so der Durchmesser und der Radius. Diese wurden vom Lehrer gleich richtig eingezeichnet. Bei der 'Tangente' frug er dann nach, wie die denn verlaufe.

S: „Unter dem Kreis“

L: „Also so ?“ und zeichnet die Linie weit unterhalb des Kreises.

S: „Nein, den Kreis schneidend !“

L: „Ach so, sagt das doch gleich“ und schneidet den Kreis an zwei Stellen.

S: „Nein ! Nur an einem Punkt schneidend.“

L: „Ach, so ?“ und die Linie endet mitten im Kreis.

S: „Oh nein ! In beide Richtungen unendlich, den Kreis in einem Punkt brührend, aber nicht schneidend.“

Ein Teil einer Stunde in der 12. Klasse Chemie-Grundkurs sei als Beispiel für den am häufigsten beobachteten Unterrichtsstil genannt:

L: „Guten Morgen“

S: „-“

L: „Oh, diese Resonanz ! Wir hatten zuletzt die pH-Werte von 0,1-molarer Salzsäure und 0,1-molarer Essigsäure gemessen. Was hatten wir beobachtet ?“

S: „Sie haben einen unterschiedlichen pH-Wert.“

L: „Und was war der Grund dafür ?“

S: „Das chemische Gleichgewicht.“

L: „Genauer !“

S: „Essigsäure und Wasser reagieren nicht vollständig, Salzsäure und Wasser schon.“

L: „Und deshalb ?“

S: „Haben sie einen unterschiedlichen pH-Wert.“

L: „Welche Größen besagen das ?“

S: „Das Massenwirkungsgesetz.“

L: „Was sagt uns das Massenwirkungsgesetz ?“

S: „Die Gleichgewichtslage eines Stoffes.“

L: „Genauer eines Systemes, ja.“

5. Auswertung

So, wie ich „Handlungsorientierten Unterricht“ verstehe ist es nicht möglich, ihn durchzuführen. Dies liegt daran, dass der Mensch von Natur aus faul ist und in der Regel nur das Notwendigste tut. Schüler haben häufig nur das eine Interesse: Spaß.

So gesehen ist der Ansatz des „Handlungsorientierten Unterricht“ sehr gut: Der Unterricht soll Spaß machen. Allerdings ist das Problem, dass die Vorarbeit bis zum 'Spaß' und die Nachbereitung des 'Spaß' keinen Spaß machen und somit abschreckend sind. Die Schüler suchen sich ein Thema aus, das dem Ziel des „Handlungsorientierten Unterricht“ entspricht wie zum Beispiel 'Seife' - Dazu müssen sie aber schon starke Vorkenntnisse in Chemie haben, so z.B. Säure/Basen, Alkane, organische Säuren und Fette. Nach der Seifen-Herstellung kommt dann das Problem, dass die Versuche auch ausgewertet werden müssen.

„Handlungsorientierten Unterricht“ habe ich in meinem Praktikum nicht beobachten können. Dafür habe ich aber gelernt, dass sich das Konzept des „Handlungsorientierten Unterricht“ weiter umsetzen lässt als ich es ursprünglich für möglich gehalten hatte. Auch wenn die Schüler nicht selbst auf Versuche kommen um Postulate zu beweisen oder zu widerlegen, so sind sie doch mehr oder minder eifrig dabei sie durchzuführen.

Was mich jedoch überraschte war das relative Desinteresse bezüglich des Säuregehaltes von Lebensmitteln anbelangt. Hier hatte ich etwas mehr Enthusiasmus erwartet.

Als ich den Unterricht übernommen habe war nicht viel Platz für „Handlungsorientierten Unterricht“, da ich denke, dass „Handlungsorientierter Unterricht“ von langer Hand geplant sein muss, also schon am Anfang des Schuljahres. Ad hoc lassen sich nur Versuche durchführen, die den Schülern Spaß machen könnten und die gerade in den Unterrichtsstoff hineinpassen. Am ehesten als „Handlungsorientierten Unterricht“ würde ich den Physikunterricht in der 9. Klasse bezeichnen, die die Anwendung des Elektromagneten untersucht haben. Und in meinen Augen ist das völlig mißlungen, da einige Schüler diese Freiarbeit dazu genutzt haben, um sich einen schönen Tag zu machen. Die Handlungsergebnisse wurden nicht aufgeschrieben und in der Gruppe, die die Anwendung des Elektromagneten im Trans-Rapid untersuchte wurde deutlich, dass das Interesse vor allem in der endgültigen Anwendung liegt, also der schwebenden Fortbewegung. Die einzelnen Teilbereiche - z.B. die Fortbewegung allein - wurden nicht als interessant empfunden: „Das schwebt doch gar nicht“. Die Hinweise, dass man sich stückweise dem Ziel nähern muss wurden mit unwillen quittiert. Die Erkenntnis, dass der Elektromagnet die Fortbewegung erlaubt wurde nicht vollständig realisiert. Die Schüler haben meines Erachtens nicht die Bedeutung des Elektromagneten für die Fortbewegung erfaßt.

6. Reflexion

Rückblickend kann ich sagen, dass das Praktikum meine „Anforderungen“ entsprach, aber nicht meinen Vorstellungen. Ich bin der Meinung, dass meine Vorstellungen durch zwei Umstände nicht erfüllt wurden: zum einen die Lage der Schule im sozialen Umfeld in Mümmelmannsberg - die Schule habe ich mir aber gerade deshalb ausgesucht, um auch dieses Umfeld kennenzulernen - und zweitens durch den Umstand, dass es sich um eine Gesamtschule handelt. Letzteres ist für mich besonders wegen des niedrigeren Niveaus in einigen Kursen gewöhnungsbedürftig.

Ich war sehr überrascht, dass es doch möglich ist so viele Versuche im Unterricht unterzubringen.

Allerdings war der Zeitraum des Praktikums zu kurz um Festzustellen, ob mit so vielen Versuchen das Lernziel und der Lehrplan erreicht werden können. Wie ich das im späteren Verlauf meiner Berufslaufbahn umsetzen kann wird sich zeigen.

Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass ich durch das Praktikum gesehen habe, dass ich wirklich Lehrer werden möchte. Da ich mir bis vor dem Praktikum nicht sicher war, ist das eine meiner „Anforderungen“ an das Praktikum gewesen - mir darüber klar zu werden. Ich hatte viel Spaß daran zu unterrichten und denke, dass mir das auch auf Dauer gefallen könnte. Für mein weiteres Studium bedeutet dies zwar weitere Komplikationen, da ich meine Doktorarbeit auf alle Fälle für mich beenden werde (auch schon wegen der Finanzierung während der Arbeit), aber ich werde versuchen während der verbleibenden zwei Jahre möglichst viele Auflagen des Lehramtsstudiums abzudecken.

Für mein weiteres 'Berufsleben' habe ich mir nur weniges an Vorbildern gesehen, was neu für mich war. Dazu gehört aber auf alle Fälle die Idee in Arbeiten die Schülern, die ich beim Schummeln erwische, jedes Mal ein 'X' in die obere Ecke der Arbeit machen zu lassen. Das erste 'X' ist eine Verwarnung, das zweite 'X' führt zu einer schlechteren Note und das dritte 'X' ist eine Sechs. Vermutlich muss man auch für sich noch einmal eine Notiz machen, denn die Schüler werden wohl nicht freiwillig alle 'X' aufschreiben, spätestens wenn sie wissen, was die 'X' bedeuten. Aber so hat man eine Verwarnung und die Schüler wissen, woran sie sind. Obwohl sie so natürlich auch wissen, dass sie noch nicht erwischt worden sind, aber das wissen sie bei allen anderen Methoden, die ich bisher kennengelernt habe ebenfalls - bloß dass in den anderen Fällen häufig nicht so hart durchgegriffen wurde.

7. Literatur

Meyer, H.: Leitfaden zur Unterrichtsvorbereitung, Cornelsen, 12. Auflage, 1993

Meyer, H.: Unterrichtsmethoden I:Theorieband, Cornelsen, 6. Auflage, 1994

Meyer, H.: Unterrichtsmethoden II:Praxisband, Cornelsen, 6. Auflage, 1994

Excerpt out of 11 pages

Details

Title
Praktikum an der Gesamtschule Mümmelmannsberg
College
University of Hamburg
Author
Year
1999
Pages
11
Catalog Number
V100728
ISBN (eBook)
9783638991513
File size
355 KB
Language
German
Keywords
Praktikum, Gesamtschule, Mümmelmannsberg
Quote paper
Marcus Rehbein (Author), 1999, Praktikum an der Gesamtschule Mümmelmannsberg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100728

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Title: Praktikum an der Gesamtschule Mümmelmannsberg



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