Die Zerstörung Speyers im Zuge des sog. Pfälzischen Erbfolgekrieges


Seminararbeit, 2001

10 Seiten


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. PFÄLZER ERBFOLGEKRIEG

2. HISTORISCHER BLICK AUF DIE STADT SPEYER

3. DAS VORFELD DER ZERSTÖRUNG SPEYERS

4. VERLAUF DER BRANDSCHATZUNG

5. DIE ROLLE DURAS IM ZERSTÖRUNGSWERK

LITERATURVERZEICHNIS

KARTE DES HISTORISCHEN SPEYERS

1. Pfälzer Erbfolgekrieg (1688 – 1697)

Nach dem Erlöschen der Linie Simmern durch den Tod des pfälzischen Kurfürsten Karl V. (1685), machte der französische König Ludwig XIV. im Namen seiner Schwägerin, der Kurfürstin Elisabeth Charlotte ("Liselotte von der Pfalz") Erbansprüche auf die Pfalz geltend und versuchte, vor allem um gegen Habsburg ein Vorfeld zu gewinnen und die Grenzen Frankreichs bis an den Rhein auszuweiten, diese Ansprüche im Pfälzischen Erbfolgekrieg durchzusetzen.

Nach der Befreiung Wiens von den Türken haben Kaiser und Reich (darunter Bayern, Brandenburg, Hannover, Sachsen) die Kraft den Kampf gegen Frankreich zunächst alleine führen. Daß Ludwig XIV. mit dem Versuch, sich auch die Kurpfalz einzuverleiben, letztlich scheitert, ist auf das Engagement Wilhelms

III. von Oranien (seit 1689 König von England) zurückzuführen. Als entschiedener Gegner der französischen Expansionspolitik und als ebenso entschiedener Befürworter eines Gleichgewichts im europäischen Mächtesystem organisiert er ein kampfstarkes Bündnis. An der Seite von Kaiser und Reich treten Holland, England und Schweden 1689 in der Großen Allianz in den Krieg ein. 1690 schließen sich Spanien und Savoyen dem Bündnis an.

Seit dem Beginn seiner Eroberungskriege ist der französische König auf sich alleine gestellt. Frühere Bündnispartner, wie z.B. England, Schweden, Brandenburg sind nun erbitterte Gegner. Und ohne Unterstützung ist Frankreich der Großen Allianz nicht gewachsen. Kriegsminister Louvois muß die bis nach Schwaben vorgedrungenen französischen Truppen aus dem Südwesten Deutschlands zurückziehen. Um dem Gegner das rasche Nachrücken zu erschweren werden die verlassenen Gebiete rücksichtslos verwüstet: Städte wie Heidelberg, Mannheim, Speyer, Worms, Oppenheim, Bingen liegen in Schutt und Asche.

Eine empfindliche Niederlage muß Frankreich 1692 in der Seeschlacht bei La Hogue hinnehmen. Die vereinte holländische und englische Flotte zerstören dabei den Plan Frankreichs, eine führende Stellung im weltweiten Seehandel zu erreichen. Trotz bedeutender Erfolge fehlt es den Bündnispartner der Großen Allianz an Entschlossenheit, Frankreich niederzuringen. Was aber noch schwerer wiegt: Wieder einmal zeigt das Bündnis im weiteren Kriegsverlauf Abnutzungserscheinungen, es bekommt erste Risse. Diesen Umstand versteht Ludwig XIV. zu nutzen; mit diplomatischem Geschick spielt er die Koalitionsparteien gegeneinander aus, so daß die Große Allianz dieser Belastungsprobe nicht standhält und auseinanderbricht. Dadurch gelingt es Ludwig XIV. schwerwiegende Kriegsfolgen für Frankreich zu vermeiden. Aber die gewohnten Kriegsgewinne bleiben zum ersten Mal aus.

Am 30.10.1697 wird der Friede zu Ryswick geschlossen. Bis auf das Elsaß muß Frankreich alle angeeigneten Gebiete zurückgeben.

2. Historischer Blick auf die Stadt Speyer

Kelten, römische Soldaten, Kriege und Revolutionen, religiöse und weltliche Herrscher und vor allem Bürgerwille haben das Gesicht der Stadt Speyer geprägt.

Schon für die keltische Zeit als Siedlungsplatz nachgewiesen, entsteht um

10 v.Chr. zwischen bischöflichen Palais und Rathaus das erste römische Militärlager. Die sich entwickelnde Siedlung, zuerst "Noviomagus", dann "Civitas Nemetum" genannt, wächst trotz mancherlei Zerstörungen zu einem regionalen Verwaltungspunkt, der seit dem 6. Jh. zunehmend als "Spira" in den Urkunden erwähnt wird.

Unter den salischen Kaisern (1024 - 1125) steigt Speyer zu einem der herrschaftlichen Zentren des Deutschen Reiches auf. Um 1030 legt Konrad II. den Grundstein zum Bau des Domes; 1076 tritt Heinrich IV. von seiner Lieblingsstadt Speyer aus, den Gang nach Canossa an.

Seit 1294 ist Speyer "Freie Reichsstadt". In ihren Mauern finden 50 Reichstage statt, darunter auch die für das Abendland so bedeutenden Reichstage von 1526 und 1529, auf denen die endgültige Spaltung der römischen Kirche vollzogen wird.

Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wird Speyer 1689 auf Befehl Ludwigs XIV. niedergebrannt. Erst zehn Jahre später können die zurückkehrenden Bürgern mit dem Wiederaufbau beginnen.

Im Verlauf der Revolutionskriege wird die Stadt französisch.

Nach 1816 wird Speyer Bayern zugeordnet und bleibt bis 1945 Regierungssitz für die Bayerische Pfalz.

Der nach 1689 wieder aufgebaute Stadtkern hat die vielen tragischen Ereignisse der letzten 300 Jahre ohne größere bauliche Schäden überlebt und bietet sehenswerte Zeugnisse der verschiedenen Bauepochen.1

3. Das Vorfeld der Zerstörung Speyers

Die allgemeine Lage der Pfalz im Jahre 1689 war denkbar schlecht. Große Teile der Festungsanlagen der Gemeinden waren durch die französischen Heere geschleift. Städte und Dörfer in den rechtsrheinischen pfälzischen Territorien waren geplündert gebrandschatzt und zerstört. Mittels dieser Zerstörungen erhoffte man sich auf französischer Seite, gemäß des Glacis - Planes, ein Vorfeld zu schaffen, das eine Verteidigung der eigenen Territorien leichter, das Nachrücken des Feindes aber erschwe ren sollte. Den feindlichen Verbänden sollte so die Möglichkeit genommen werden, befestigte Stellungen zu beziehen oder Munitions- und Vorratsdepots zu errichten.

Demnach sah es zunächst danach aus, als sollten die Städte innerhalb der linksrheinischen Gebiete die Auseinandersetzungen relativ unbeschadet überstehen. Doch die Region sah sich bald dieser Hoffnung beraubt, als das Jahr 1689 eine Änderung der französischen Strategie mit sich brachte. Durch das Vorrücken kaiserlicher Truppen auf der rechten Seite des Rheins, sahen sich die Franzosen gezwungen ihre Kontributions- und Verwüstungszüge durch diese Gebiete weitgehend einzustellen. In erster Linie konzentrierten sich die französischen Bemühungen nun um die Sicherung ihrer linksrheinischen Gebiete. Dazu wurden Festungen wie Philippsburg, Mainz und Montroyal ausgebaut und bemannt. Doch stellte sich nun die Frage, was mit den Städten wie Speyer und Worms geschehen sollte, deren Festungsanlagen schon geschleift waren und deren Verteidigung auf Grund dessen kaum realisierbar war. Darüber hinaus vertrat man die Annahme, daß die deutschen Truppen durch die Einnahme dieser Städte eine befestigte Rheinbrücke bauen und einen großen Waffenplatz schaffen könnten. Also gab es für Speyer und Worms nach gutdünken der französischen Führung nur eine Lösung: die völlige Zerstörung!

Doch wie stellte sich die Situation im Jahr 1689 wirklich dar? Können wir dem geschaffenen Bild einer deutschen Invasion ins nunmehr französische Territorium wirklich glauben schenken? Ich denke nein! Wie aus historischen Quellen zu ersehen, gingen die Franzosen bei der Abwandlung ihrer strategischen Richtlinien, von einer eher unwahrscheinlichen Annahme aus. Nachweislich richteten sich die deutschen Entsatzungspläne keiner Zeit auf die bedrohten Städte Worms und Speyer, lediglich die Belagerung Philippsburgs, Bonns, Mainz' und Montroyals wurde erwogen.

Nun stellt sich allerdings die Frage, wer der eigentliche Urheber des Speyerer Zerstörungsplans war. In vielen historischen Werken wird der französische König Ludwig XIV. als der Schuldige genannt. Natürlich war Ludwig als absolutistischer Monarch die letzte Entscheidungsinstanz, wenn es um militärische Angelegenheiten ging. Außerdem ist durch viele Abhandlungen über den Herrscher selbst, bekannt, daß dieser durchaus dazu neigte, sich mit militärischen Details zu befassen. So liegt dar Schluß nahe, den Sonnenkönig wirklich als Initiator zu sehen. Ein Blick hinter die Kulissen der damaligen Machtverhältnisse zeigt uns jedoch ein ganz anderes Bild. Daß Ludwig als oberster Befehlshaber letztendlich die alleinige Verantwortung für die Zerstörungen in Speyer und den anderen deutschen Städten trägt, ist nicht abzustreiten. Zu seiner Verteidigung allerdings muß man anführen, daß seine Entscheidungen in erster Linie von den Informationen, die von der Front nach Paris gelangten, abhängig waren. Doch wer kontrollierte den Informationsfluß zwischen Front und Hauptstadt? Primär der französische Kriegsminister Louvois und sein engster Vertrauter Chamlay. Diese beiden Männer also beeinflußten die tragischen Entscheidungen dieser Zeit, denn wie Kurt v. Raumer so schön ausführt: "Nur unter der Voraussetzung, daß in diesen Berichten [Nachrichten von der Front] auch ostensible, für die Augen des Königs geschriebene Besta ndteile stecken, wird man zu ihrem Verständnis gelangen können." 2 Hiermit sind meiner Ansicht nach, Louvois und Chamlay als die eigentlich Hauptschuldigen entlarvt.

4. Verlauf der Brandschatzung

Am 23. Mai, also eine Woche vor Beginn der eigentlichen Zerstö rung, wurde durch den französischen General Duras der Räumungsbefehl Speyers ausgesprochen. Um eine Flucht der Massen in die rechtsrheinischen Gebiete zu verhindern, wurde den Bürgern ein Umsiedlungsangebot unterbreitet. Demnach sollten die katholischen Einwohner nach Lothringen oder Burgund und die protestantischen Speyerer ins Elsaß umgesiedelt werden. Um die Offerte möglichst attraktiv zu gestalten beinhaltete diese folgenden Leistungen: Den Umsiedlungswilligen wurden freie Pässe, kostenlose Bauplätze, zehn Jahre Steuerfreiheit und Wagen zum Transport der Möbel und persönlichen Dinge zugestanden. Aber ähnlich wie zuvor in Heidelberg oder Mannheim hielt sich die Resonanz sehr in Grenzen. Vielmehr richtete sich die Flucht der Meisten in die umliegenden Gebiete. Nur wenige gelangten an den französischen Patrouillen vorbei, auf die sichere rechte Rheinseite in den Schutz der kaiserlichen Truppen.

Pfingstdienstag, abends um 18 Uhr war es dann soweit. Viele der verlassenen Häuser der Stadt wurden mit Stroh angefüllt und entzündet. Um etwaigen Rettungsmaßnahmen der gebliebenen Bürger entgegenzuwirken, wurden die Brunnen mit Steinschutt, Unrat und Väkalien zugeschüttet. So verhinderten die französischen Soldaten einen Ablauf der Geschehnisse, wie sie in Heidelberg ihren Lauf genommen hatten. Dort war es den Bürgern durch sofortige Löschaktionen gelungen die Zerstörungen auf einem viel geringeren Level zu halten, als dies durch die Belagerer eigentlich vorgesehen war.

In Speyer befanden sich trotz der andauernden Ausbeutung noch üppige Weinvorräte, die in dieser Nacht ebenfalls Opfer der französischen Brandstifter wurden. Die Folgen waren Ausschreitungen und Exzesse, denen die berühmtesten Bauwerke der Stadt zum Opfer fielen. Selbst der Dom wird entgegen der Befehle der französischen Kriegsleitung Opfer der Zerstörungswut. In Speyer war nicht einmal die Krypta mit den Kaisergräbern verschont geblieben. Es kam zum Raub von Grabschmuck und Insignien. Auch wenn, wie oben schon aufgeführt, der Zerstörungsbefehl die Dome in Worms und Speyer ausschloß, wurde eine deutsche Brandabwehr trotzdem unterbunden. Folglich ist also die französische Führung von der Mitschuld an der Zerstörung der Dome nicht freizusprechen.

Die Liste der Zerstörung ist lang. In ihr befinden sich berühmte Gebäude wie der Speyerer Ratshof, das Reichskammergericht und der Speyerer Bischofshof. Außerdem wurden drei Stifte, 11 Pfarrkirchen, zahlreiche Klöster und Kapellen verwüstet. Alles was Wert besaß, darunter Kleider, Möbel, Stoffe, gemünztes Silber, selbst die zahlreich geschmolzenen Metalle, wurden beschlagnahmt.

Die letzten Hoffnungen, daß dem Feuer nur ein Teil der Stadt zum Opfer fallen würde, erloschen in der Nacht vom 1. zum 2. Juni, als ein Gewittersturm den bisher nur schwelenden Brand so stark entfachte, daß am 2. Juni neben Oppenheim und Worms auch Speyer vollständig niedergebrannt war.

5. Die Rolle Duras im Zerstörungswerk

Der französische General Duras war der Oberbefehlshaber der französischen Truppen in Speyer. Er spielte somit eine entscheidende Rolle im Verlauf der Zerstörungen. Einerseits sind verschiedene Hinweise überliefert, die zeigen, daß er das bestmögliche für die Stadt erreichen wollte. Nach eigener Aussage wollte er der Stadt, wo immer es möglich sei "von Herzen Dienste tun." Noch kurz vor der Aussprache des Räumungsbefehles äußerte sich der General kritisch über die Art der Kriegsführung (Zerstörungen / Brandschatzungen) Frankreichs, was allerdings nichts an der Inbrandsetzung ändern konnte. Andererseits kann nicht abgestritten werden, daß Duras an den Befehlen zur Niederbrennung der Stadt mitwirkte und somit das Schicksal Speyers besiegelte.

LITERATURVERZEICHNIS

Kurt von Raumer: Die Zerstörung der Pfalz 1689

Karl Mörsch: Geschichte der Pfalz. Von den Anfängen bis ins 19. Jahrhundert, 3.Auflage, Landau 1990

Reinhard Barth (Red.): Illustrierte Weltgeschichte, München 1988

KARTE DES HISTORISCHEN S PEYERS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Teils wörtliche, teils sinngemäße Übernahme aus der offiziellen Speyerer Homepage (www.speyer.de).

2 Kurt von Raumer: Die Zerstörung der Pfalz 1689

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Die Zerstörung Speyers im Zuge des sog. Pfälzischen Erbfolgekrieges
Autor
Jahr
2001
Seiten
10
Katalognummer
V100346
ISBN (eBook)
9783638987745
Dateigröße
562 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zerstörung, Speyers, Zuge, Pfälzischen, Erbfolgekrieges
Arbeit zitieren
Marco Kuhn (Autor:in), 2001, Die Zerstörung Speyers im Zuge des sog. Pfälzischen Erbfolgekrieges, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100346

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