Städtebauliche Prävention und Kriminalprävention im Wohnumfeld


Elaboration, 2000

12 Pages


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Gliederung

1. Einleitung

2. Die Forschungsarbeit: Sichere Stadt
2.1 Strukturierung der Untersuchung
2.2 Aufbau der Untersuchung
2.3 Ergebnisse der Situationsanalyse

3. Maßnahmen
3.1 Verringerung der Kriminalitätsangst
3.2 Abbau der monofunktionalen Siedlungsstruktur- Erweiterung des individu ellen Handlungsspielraums - Verbesserung der Sozialistionsbedingungen

4. Zusammenfassung

5. Eigene Stellungnahme

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Warum soll sich ein Seminar der FH Frankfurt Am Main (und nicht Oder) mit dem Thema Städtebau und dessen Zusammenhänge in Bezug zu Kriminalität und Präve n- tion auseinandersetzen?

Städteplanung fällt in das Ressort der Architekten - sollte man meinen, und Sozia l- pädagogen widmen sich sozialen Problemen der Stadtbewohner, eine gut Arbeitstei- lung, jeder macht das was er am Besten kann. Die Realität stellt sich aber etwas komplizierter dar, denn es bestehen Zusammenhänge zwischen gebauter Umwelt und dem Verhalten der Menschen, die in ihr leben es ist nur die Frage wann und wie sich diese Einflüsse Auswirken.

Wird kriminelles Verhalten durch negative Stadtplanung begünstigt oder sogar hervorgerufen?

Deshalb finde ich es angemessen sich mit einem solchen Themengebiet auseina n- derzusetzen.

Der Blick über den eigen fachlichen Tellerrand wird angesichts der heute vielschic h- tigen und komplexen Problemlagen dieser Gesellschaft immer wichtiger, gerade bei einem so weit gefaßten Arbeitsfeld, wie das des Sozialpädagogen. Prävention ist eine Aufgabe die alle angeht, also soll sie von möglichst vielen getragen werden. Außer- dem sollten wir uns (fachlich) einmischen können, gerade in das Gebiet (Kriminal- )Prävention und es nicht allein Politikern und in unserem Fall Städteplanern allein überlassen.

Hauptgrundlage des Referats ist der Forschungsbericht des Institutes Wohnen und Umwelt Darmstadt mit dem Thema: Die sichere Stadt.

Forschungsgegenstand war die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen der gestalt e- ten Umwelt und der öffentlichen Sicherheit besteht, gerade im Hinblick auf das Un- tersuchungsgebiet, welches drei sogenannte Plattenbausiedlungen umfaßt. Schon kurz nach der Wiedervereinigung wurde im Westen ein recht negatives Bild dieser Siedlunge n verbreitet/über die Medien erzeugt, welches rasch zu einem schlechten Image der Plattenbausiedlungen führte. Zu DDR-Zeiten zählten diese Großsiedlungen zu den bevorzugten Wohngebieten, doch durch den Imagewechsel und die stärkere Differenzierung der Gesellschaft/Bewohner mehrten sich die Be- fürchtungen, daß sich diese Großsiedlungen zu Problemgebieten entwickeln könnten.

In der Einleitung des Berichts DIE SICHERE STADT steht dazu folgendes:

Dieses eher negative Image der ostdeutschen Großsiedlungen war Auslöser für das Projekt „Die sichere Stadt“. Auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkennt- nisse sollte festgestellt werde, inwieweit zwischen Kriminalität und baulichen bzw. städtebaulichen Merkmalen ein Wirkungszusammenhang besteht. Ziel der Analyse war die Entwicklung von Präventionskonzepten für diese Siedlungen. (Flade A.,1996, S 7)

Ein Forschungsauftrag, der, wenn ihn die Regierung ernst nimmt viel Einfluß haben kann. Soviel ich weiß war in dem Forschungsteam kein Sozialpädagoge, sondern nur Städteplaner. In Zukunft sollten auch Sozialpädagogen auf fachlicher Ebene mitre- den können.

2. Die Forschungsarbeit: Sichere Stadt

Aufgrund dieser Entwicklung gab das Bundesministerium Bau diese Forschungsarbeit in Auftrag.

2.1 Strukturierung der Untersuchung

Es wurden drei Plattenbausiedlungen genauer untersucht. Dazu gehörte Goebitz ,eine relativ große Seidlung mit 33.940 Einwohnern ; Herrenberg eine mittelgroße Siedlung mit ca. 14743 Einwohnern und das Gebiet Greifswalder Straße mit 8231 Einwohnern im Bezirk Prenzlauer Berg.

Trotz der verschiedenen Lage und der Unterschiede in Bezug auf Einwohnerzahl ergeben sich eine Vielzahl an Gemeinsamkeiten, bezogen auf die Untersuchten Fragen und Gebiete. Deshalb beschränke ich mich bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse, Untersuchung, Datenerhebung und den daraus entstandenen Präventionsmaßnahmen auf die Siedlung Gorbitz.

2.2 Aufbau der Untersuchung / Vorgehensweise der Forschungsgruppe

Die Untersuchung gliederte sich in vier Abschnitte.

Als erstes sichtete man die zu diesem Thema vorhandene Literatur, speziell im Blick auf Theorien des Abweichenden Verhaltens und deren Verwertbarkeit bezüglich der Entwicklung geeigneter Präventionsmaßnahmen.

Der zweite Schritt beinhaltete eine Situationsanalyse der entsprechenden Siedlung, um sich ein möglichst umfassendes Bild der Wohnsituation zu machen. Die Situatio- nanalyse setzte sich aus einer Ortsbegehung, einer Fragebogen/Interview -Aktion mit den Bewohnern, statischem Material und Gesprächen mit den verschiedenen Ämtern und Institutionen, die mit der Siedlung zutun haben zusammen. Aus der Situationsanalyse in Verbindung mit dem Thoriewissen sollten im dritten Abschnitt allgemeine Präventionskonzepte für Großsiedlungen entstehen, die in der vierten Projektphase speziell auf die verschiedenen Siedlungen zugeschnitten wer- den.

Zuerst hat die Forschungsgruppe, bestehend aus den Bediensteten des Institutes Wohnen und Umwelt die aktuelle Literatur bezüglich der Theorien für abweichendes bzw. kriminelles Verhalten gesichtet. Hierbei wurde festgestellt, daß die subjektive Kriminalitätsfurcht des Einzelnen mittlerweile eine stärkere Bedeutung erlangt hat, und es eben nicht mehr nur um das Problem Kriminalität geht.1

Desweiteren hat eine Verschiebung der Schwerpunkte innerhalb der Präventionskonzepte stattgefunden. Weg von der sekundären hin zu primären Präventionskonzepten, die die Ursachen berücksichtigen und auf Problemlösung und nicht Problemver- schiebung ausgerichtet sind.

Bei der Sichtung der Literatur wurden, wie schon erwähnt auch verschiedene Theorien für das Zustandekommen von Abweichendem Verhalten miteinbezogen. In den Augen der Forschungsgruppe erwiesen sich folgende Theorien bzw. Konzeptbestandteile als brauchbar:

Konzept der Sozialen Kontrolle, die sowohl formal als auch informell ausgeübt werden kann.2

Formal durch die Ordnungsbehörden. Informell durch die stärkere Belebung des öffentlichen Raumes, erreicht durch eine Funktionsmischung des Raumes.

In etwa die gleiche Richtung geht der Ansatz des Territorialitätskonzepts, der durch die bes. Wohnanlagengestaltung Territorialität bei den Bewohnern erzeugt..3 Dies hat zur Folge, daß sich die Bürger verantwortlich für „ihr“ Gebiet fühlen und in diesem Gebiet soziale Kontrolle ausüben.

Die Theorie der Tatgelegenheiten geht davon aus, daß die bestehenden Möglichkei- ten eine Straftat zu begehen entscheidend sind. Sprich wenn ich mein neues Auto an einem schlecht einsehbaren Parkplatz abstelle stellt das Auto eine günstige Tatgele- genheit für eine Straftat dar. Es geht als darum die Tatgelegenheiten zu minimieren.

Natürlich in aller Munde, darf die „broken windows“ Theorie an dieser Stelle nicht fehlen, welche besagt, daß erste Anzeichen von mangelnder öffentlicher Sicherheit, allgemein mit disorder (öffentliche Unordnung) beschrieben letztendlich Kriminalität nach sich ziehen. Daher ergibt sich als Schlußfolgerung, daß man sofort auf die ers- ten Anzeichen der öffentlichen Unordnung reagieren muß um eine Negativentwick- lung gar nicht erst in Gang kommen zu lassen . So jedenfalls die Begründer Wilson und Kelling.

2.3 Ergebnisse der Situationsanalyse

Nach der Auswertung der Bewohnerinterviews, des statistischen Materials und den Gesprächen mit den Vertretern der verschiedenen in diesen Gebieten tätigen Institutionen zeichnete sich folgendes Bild ab.

Wie schon andere Untersuchungen zeigten ist die subjektive Kriminalitätsfurcht nicht durch die polizeilichen Kriminalitätsstatistik gedeckt.4 Vielmehr läßt sich durch den Vergleich von beschriebenen Angstorten mit den Kriminalitätsstatistiken sagen, daß sogenannte Angstorte wie z.B. Unterführungen, schlecht ausgeleuchtete Fußwege und U-Bahnstationen keine Ta torte sind.

Die öffentliche Sicherheit im Wohngebiet wird von den meisten Bewohnern als geht so im Fragebogen beschrieben. Was auch durch die amtlichen Polizeistatistiken des Untersuchungsgebiets unterstützt wurde. Die durchschnittliche Kriminalitätsrate liegt nicht höher als der Ostdeutsche Landesdurchschnitt.

Ein Großteil der Kriminalitätsangst hat auch hier, wie sich schon bei der Untersuchung in Wien zeigte, seine Wurzeln in der Wahrnehmung sog. öffentlichen Unordnung (disorder).

Hammerschick erklärt sich den hohen Stellenwert der Kriminalitätsangst, entstanden durch disorder unter anderem mit folgender Logik:

Gemeinsam ist den drei genannten Erfahrungen ( ), daß sie im Grunde Prob- leme des Verhaltens im öffentlichen und halböffentlichen Raum darstelllen, genauer: solche die aus der Verletzung der impliziten Verhaltensregeln dort resultieren, und die aufgrund dessen bei den Befragegten Irritation, Unsicher- heit, Besorgnis, gepaart mit Angst oder auch Ärger, auslösen.(Hammerschick 1996, 23)

Das Abweichen von dem zur Norm erhoben Verhalten löst also verstärkt Dennoch maß man die Kriminalitätsfurcht, der Bürger ernst nehmen, selbst wenn sie unberechtigt ist, da sie ein Faktor ist , der die Wohnqualität beeinflußt. Die Beurteilung der Wohnqualität ist wichtig für Bleibe- oder Umzugswünsche der Bewohner von Bedeutung - also nicht ganz unwichtig.

Hier läßt sich zusammenfassend sagen, das ca. ein drittel der Bewohner gerne aus der Siedlung wegziehen möchte. Als Gründe hierfür wurden mangelnde Wohnqualität, die nicht passende Wohnung und das schlechte Wohnumfeld genannt. Die öffentliche Sicherheit wurde nicht als Wegzugsgrund angegeben.5

Allerdings können die wenigsten aufgrund ihrere finanziellen Lage diesen Wunsch umsetzen, weshalb die befürchtete soziale Entmischung in der nächsten Zeit nicht allzu groß ausfallen wird. Es könnte nur schwer werden, diese Bewohnergruppe in Präventionsmaßnahmen miteinzubeziehen, denn sie werden kaum gewillt sein sich zu angergieren für eine Siedlung die möglichst bald verlassen möchten.

Die „handfeste“ registrierte Kriminalität besteht zu ca. 70% aus Diebstahlsdelikten. Der Löwenanteil der Diebstahlsdelikte beschränkt sich auf Delikte rund ums Auto und Ladendiebstahl. Der weit aus geringste Anteil sind Einbrüche, speziell Woh- nungseinbrüche.

Die öffentliche Unordnung und die instrumentaliserte Kriminalitätsangst durch Me- dien und Politiker scheinen einen größeren Einfluß zu haben als die erlebte Krimina- lität.

„Es gibt die Alltagsmalaise, die sich hauptsächlich auf Alltagskonflikte nicht-krimineller Art bezieht, Sokan verwendet dafür den Begriff Disorder (Sokan, 1988); und es gibt die Welt der Kiminalität. Die in der Hauptsache Medienereignisse sind, und die in überwiegend auf Erfahrungen aus zweiter Hand beruhen“ (Hammer- schick,!996, 44).

3. Maßnahmen

Aus den Ergebnissen der Situationsanalyse und den wissenschaftlichen Theorien über die Entstehung von Kriminalität und abweichendem Verhalten wurden folgende Präventionskonzepte entwickelt.

3.1 Verringerung der Kriminalitätsfurcht

Um das subjektive Sicherheitsgefühl der Bewohner zu erhöhen, sollte die soziale Einbindung der Bewohner in ihr Wohnhaus und Wohnumfeld durch bestimmte Maßnahmen wie Bewohnerinitiativen, Bürgerforen, Straßenfeste, Wohnanlagenpflege, Mietergärten und Bereitstellung einiger Räume im Haus für Treffen und Feste verstärkt werden. .

Hierdurch soll die als berdrolich empfundene Anonymität innerhalb der Siedlung verringert und Terrotalität geschaffen werden, um die soziale Kontrolle im Wohnge- bietzu stärken. Außerdem erhöht eine soziale Einbindung in das Wohngebiet die Wohnqualiät ,somit wirkt sie der Abwanderung aufgrund mangelender Wohnqualität entgegen. Eine hohe Fluktuation der Bewohner wird als negativ gewertet, denn sie erschwert die Einbindung in ein soziales Netzwerk innerhalb der Wohneinhe iten.

Der von den Bewohnern immer wieder geforderte Erhöhung der Polizeipräsenz, soll- te zugestimmt werden, wenn auch viele Sozialpädagogen jetzt ein ungutes Gefühl beschleicht, denn der Bürger will ernstgenommen sein und schließlich soll er ja auch auf Vorschläge der Sozialpädagogen eingehn. Man muß den Bewohnern in einigen punkten entgegenkommen um eine Arbeits und Diskussionsgrundlage zu schaffen. Dieser Ruf nach Polizeipräsenz steht eng in Verbindung mit der Hilflosigkeit vieler Bewohner gegenüber den Anzeichen von öffentlicher Unordnung. Hier besteht oft das Problem der fehlenden Zuständigkeit und so ruft man nach dem der für Ruhe und Ordnung zuständig ist, also der Polizei. Doch sie ist streng genommen auch nicht für dieses Gebiet zuständig was zu Entäuschung auf seiten der Bürger führt:

Insbesondere bietet die Polizei anscheinend weniger Identifikation mit dem Anliegen des Aufforderes als dieser erwartet bzw. Für selbstverständlich hält, ist kaum bereit, moralische Unterstützung zu bieten Aus polizeilicher Sicht rührt die Enttäuschung der Anzeiger daher, daß sie unrealistische, überzogene Erwartungen an die Polizei herantragen und dieser eine Zuständigkeit für vielfältigste Belange des städtischen Zusammenlebens unterstellen, während tatsächlich die Polizei kein Mandat für erzieherische Interventione n hat, sondern in ihrer Kompetenz und ihrem Aktionsradius darauf limitiert ist, angesichts konkreter Einschreitungsgründe (worunter disorder im allgemeinen nicht fällt) Amtshandlungen nach vorgegebenen Regeln durchzuführen. (Hammerschick1996, 72)

Primär geht es hier zwar um die Interaktion zwischen Polizie und anzeigendemBür- ger, doch die Intention die mit der Einschaltung der Polizei verbunden ist wird hier gut sichtbar.

Hier ist übrigens der Ansatzpunkt für Sozialpädagogen, denn sie haben bzw. können sich indirekt ein solches Mandat, welches der Polizei fehlt besorgen.

Desweiteren wird eine Sanierung der schon älteren Wohneinheiten für sinnvol erach- tet um einerseits die durch die Zeit entstandenen Altersmerkmale zu beseitigen und andererseits das monotone Erscheinungsbild der Plattenbauweise aufzubessern. Hierbei bietet sich eine Ausstattung der Wohnungen bzw. des ganzen Hauses mit neuen der technischen Prävention zugeschriebenen Sicherheitsmittel an, um die sub- jektive, aber genauso die objektive Sicherheit zu erhöhen (subjektive Sicherheit @ Maß an Kriminalitätsangst), außerdem werden die Tatmöglichkeiten durch diese Maßnahmen verringert.

Folgende Maßnahmen werden hierfür vorgeschlagen:

- Umbau des Eingangsbereiches. Gut einsehbar, mit selbstschließender Tür, so das nur Befugte Zugang zum Haus haben. Die Briefkästen sollten von der Hausinnenseite leerbar sein.
- Sicherung des Wohnungseingangs durch stabile Wohnungstür, die mit Si- cherheitsschloß sowie einem Spion ausgestattet ist.
- Einbau einer Wechselsprechanlage
- Bessere Beleuchtungsanlagen im Treppenhaus und Eingangsbereichs.

Diese Maßnahmen kosten Geld und die Eigentümer, hier häufig Wohnungsbaugesellschaften behalten es natürlich lieber den die Kassen sind leer, doch diese Investitionen sind nötig, um eine weitere Abwertung der Häuser und somit der Siedlung aufzuhalten. Nicht zu vergessen, daß die Kosten, die durch Vernachlässigung und Vandalismus hervorgerufen werden enorm hoch sind.

3.2 Abbau der monofunktionalen Siedlungsstruktur-Erweiterung des individu- ellen Handlungsspielraums und verbesserung der Sozialisationsbedingungen

Die Plattenbausiedlungen sind nach funktionellen und wirtschaftlichen Gesicht s- punkten erstellt worden. Billiges Wohnen, Nähe zum Arbeitsplatz, gut ausgebauter Öffentlicher Nahverkehr und kurze Wege zu Schulen und Kindertagesstätten. Au- ßerdem war ein Großteil der Menschen in staatlichen Vereinen organisiert, so daß ein soziales Netzwerk bestehend und Freizeitgestaltung sich nicht als Problem darstellte. Diese Organisation zerfiel aber nach der Wende und der Handlungsspielraum be- schränkte sich mehr und mehr auf das Siedlungsgebiet, daß nur unzureichend dafür ausgestattet war. Informelle sowie formelle Treffpunkte gerade für Jugendliche oder Sportmöglichkeiten waren bzw. sind Mangelware.

Daher ist es wichtig, gerade den Jugendlichen, die häufig als störend empfunden werden Alternativmöglichkeiten zum Treff am Kiosk anzubieten, in Form von Jugendclubs und frei zugänglichen Sporteinrichtungen.

Stärkere Einbindung der Bewohner in die weitere Siedlungsplanung durch Bürgerbeteiligungen, Bewohnerbefragung wodurch eine bessere /leichtere Identifikation und damit verbundene Verantwortlichkeit entsteht und die Einrichtung von Anlaufstellen für Fragegen und Belange der Bewohner erhöhen die Wohnzufriedenheit.

Die Einrichtung eines Büros der Wohnungsbaugesellschaft in der Siedlung, als direk- ten Ansprechpatner vor Ort kann helfen die Hilflosigkeit der Bewohner bei Zustän- digkeitsfragen, welche leicht bei disorder-Problemen aufkommen zu beheben.

5. Zusammenfassung

Die Untersuchten Plattenbausiedlungen weisen keine überhöhten Kriminalitätswerte im Vergleich zu den anderen städtischen Wohngebieten auf.6

Wie schon in einigen Untersuchungen bestätigte sich die Annahme, daß sog. Angstorte keine Tatorte sind und sich die subjektive Kriminalitätsfurcht nicht durch die örtliche Kriminalitätsstatistik belegt /bekräftigt wird.

In der Ausstattung der Wohnhäuser gibt es Möglichkeiten durch bauliche Umgestaltung sowie technischen Sicherheitsmaßnahmen die Kriminalitätsangst zu reduzieren, jedoch bleibt das Problem der öffentlichen Unordnung(disorder) davon weitgehend unberührt, die in erheblichem Maße zur Kriminalitätsangst beiträgt.

Der Zusammenhang zwischen Städtebau und Kriminellen Verhalten bzw. abwei- chendem Verhalten ist nicht zwingend wie die untersuchten Gebiete zeigten, jedoch kann eine ungünstige Siedlungsplanung, indem sie typische Angstorte nicht ent- schärft oder Bedürfnisse der Bewohner unzureichend umsetzt, dazu beitragen, daß eine negative Entwicklung in gang kommt, an deren Ende im Endstadium eine Art Gehttoisierung steht.

Die Bezeichnung der Plattenbausiedlungen als Kriminalitätshochburgen und allge- mein schlechter Wohnort kommt nicht durch überhöhte Kriminalität in der Siedlung zustande, sondern vielmehr durch die durch disorder-Problematiken entstandene und vom ungünstigen Bauweisen verstärkten Kriminalitätsangst der Bewohner. Diese Kriminalitätsangst wird nun noch durch Etiketierung der Medien, die mit dem The- ma Kriminalitätsangst Quote machen wollen, unweigerlich verstärkt.

6. Eigene Stellungnahme

Das Thema städtebauliche Prävention in Verbindung mit Kriminalitätsprävention ist ein interessantes Kapitel der Präventionsarbeit, welches zuwenig Gehör gerade bei Beschäftigten, die im sozialen Bereich arbeiten findet. Es ist wichtig die Zusammenhänge zwischen Städtebau und Kriminalitätsangst zu sehen und diese Einschätzen zu können. Ich meine damit, man darf den Jugendlichen nicht losgelöst von seiner Fanilie oder seiner Wohnsituation sehen, denn es besteht ein Zusammenhang zwischen Wohnverhältnissen und Kriminalitätsfurcht der Bürger.

Dabei ist es meines Erachtens von besonderer Bedeutung die Entstehungswege der Kriminalitätsangst (vor Ort ) zu kennen um greifende Präventionskonzepte zu entwickeln, die auf die jeweilige Situation im Stadtteil zugeschnitten sein sollten.

Der Bereich der technischen Prävention ist relativ schnell ausgeschöpft, und allein nicht ausreichend um dem Problemkomplex Kriminalitätsangst zu lösen. Ebenso können Polizei und Sozialpädagogen für sich allein diese Probleme nicht bewältigen, dafür reichen ihre Kompetenzbereiche einfach nicht aus, aber durch ver- netztes, koordiniertes Arbeiten können Ressourcen mobilisiert werden, wodurch die Problemstellung leichter angegangen wird, was letztendlich allen zugute.

Es reicht einfach nicht aus einen Jugendclub in die Siedlung zu stellen, die Häuser anders zu gestalten und sich noch sichere Türen einzubauen. Dies sind Schritte in die richtige Richtung, doch solange Politiker die Kriminalitätsangst der Wähler schüren und für eigene Zwecke instrumentalisieren und die Medien mit Kriminalität Quote machen, wird gute Präventionsarbeit ein hartes Brot bleiben.

Heutzutage wird ein Großteil unserer Waren und Güter über dazugehörige Images verkauft. Das Preis-Leistungsverhältnis kann dann auch mal vernachlässigt werden, wenn das Image stimmt. Warum dieser Ausflug in die Wirtschaft? Weil das Image auch im Bereich Wohnen eine wichtige Rolle spielt.

Zu DDR-Zeiten waren die Plattenbausiedlungen zwar auch nicht schöner, aber sie hatten nicht so ein negatives Image, wie heute. Kurz nach der Wende wußte man im Westen nicht gerade viel über die Plattenbausiedlungen in der DDR, nur das sie häßlich Betonkomplexe und Kriminalitätshochburgen waren (angeblich). Der Begriff Plattenbausiedlung ist nach meiner Einschätzung bei vielen Menschen negativ belegt, wobei es sicherlich Ost - West Unterschiede gibt.

Prävention hin oder her, ohne Imagewandel werden weitere Probleme auf diese Großssiedlungen zukommen. Ich sehe Präventionsarbeit als ein Mittel an, diesem Ziel ein Stück näher zu kommen.

In der Zusammenfassung des Berichts heißt es:

Eine verstärkte soziale Entmischung der Großsiedlungen ist in den kommen- den Jahren nicht zu befürchten. Sofern Umzugswünsche bestehen, können sie wegen fehlender ebenso preiswerter Alternativen häufig nicht realisiert wer- den. Als wichtigster Prädikartor für Bleibe-oderUmzugsabsichten erwies sich das Alter. Umziehen wollten in erster Linie die unter 40jährigen. (Flade 1996, 9)

Diese Bestandsanalyse als positiv zu verkaufen finde ich etwas zu einfach gedacht. Denn wenn ca. ein drittel der Bewohner umziehen möchte, zumal in erster Linie jün- gere Leute, also die nachfolgende Generation, ist diese Entwicklung schon bedenk- lich. Das Argument der fehlenden Alternativen macht die Sache eigentlich doch nur schwieriger. Den wer wegziehen will, es aber aus finanziellen Gründen nicht kann wird schnell unzufrieden mit seiner jetzigen Zwangssituation. Er wird sich nur schwer in Projekte (Mietergärten, Bewohnerinitiativen, ...) integrieren lassen, denn warum soll er dafür seine Zeit inveestieren, er will ja sowieso so bald wie möglich weg. Die disorder- Probleme werden ihn nur in seinem Entschluß bestärken.

Deshalb ist schnelles, aber gut durchdachtes Handeln der Verantwortlichen nötig, um Imageschäden zu vermeiden bzw. bereits eingetretene Imageschäden zu beseitigen. Zu den Verantwortlichen in diesem Gebiet zähle ich die Städteplaner, Sozialarbeiter, die Wohnungsbaugesellschaften, Polizei und verschiedene Ämter der Stadt (Wohnungsamt, Grünflächenamt).

Zugegeben, es ist gewiß nicht einfach so viele verschiedene Meinungen unter einen Hut zu bekommen, doch es ist nötig, denn es reicht einfach nicht nur auf einer Ebene das Problem anzupacken, wenn es um so ein vielschichtiges und kompliziertes Gebilde ,wie daß des Wohnimage geht.

Transparenz schaffen, die Bewohner miteinbinden in die Erstellung und Planung von Präventionskonzepten halte ich für wichtig, schließlich sind sie die Menschen die dort Leben und sie sind es auch, die Mitarbeiten sollen, wenn es um die Umset- zung des Konzepts in die Praxis geht. Mitarbeit bedeutet eben nicht nur ausführen, sondern aktiv mitarbeiten.

7. Literaturverzeichnis

Flade, Antje (1996): Die sichere Stadt. Stuttgart, IRB Verlag

Hammerschick, Walter (Hrsg.)(1996): Die sichere Stadt: Prävention und kommunale Sicherheitspolitik. 1. Aufl. Baden-Baden, Nomosverlag

[...]


1 vgl. Hammerschick 1996, 17-31

2 (vgl. Kaiser,1993)

3 Flade 1996,19 vgl. Brown, 1987;Tayler 1987

4

5 vgl. Flade 1996, 35

6 Flade 1996, 9

Excerpt out of 12 pages

Details

Title
Städtebauliche Prävention und Kriminalprävention im Wohnumfeld
College
University of Applied Sciences Frankfurt am Main
Author
Year
2000
Pages
12
Catalog Number
V100328
ISBN (eBook)
9783638987561
File size
354 KB
Language
German
Keywords
Prävention, Kriminalprävention
Quote paper
Alexander Franke (Author), 2000, Städtebauliche Prävention und Kriminalprävention im Wohnumfeld, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100328

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