Das Speerwerfen im Altertum


Hausarbeit (Hauptseminar), 1999

8 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1) Anlaß des Speerwerfens

2) Das Gerät
2.1 Griechische und lateinische Bezeichnung
2.2 Die Form
2.3 Die Funktion
2.4 Das Gewicht / die Größe
2.5 Das Material

3) Der Körper

4) Die Leistung

5) Der Ort

6) Die Regeln

1) Anlaß des Speerwerfens

Speerwerfen mußte sowohl für die Verwendung im Krieg, als auf der Jagd als auch für den sportlichen Wettkampf geübt werden. Speerwerfen bildetet einen wichtigen Bestandteil des Ausbildungsprogramms der Jugendlichen. Waren es in homerischer Zeit und auch noch später vor allem die Väter, die ihre Söhne in dieser Kunst unterwiesen, so gab es in klassischer Zeit dafür einige Trainer. In Athen wurden sie neben den Paidotriben vom Staat engagiert um Jugendlichen in den verschiedenen Varianten des Speerwurfs zu trainieren: und zwar Weit- und Zielwurf, wobei letzterer beritten oder unberitten betrieben wurde. Dies war jedoch Bestandteil der militärischen Ausbildung, für die es, wie vor allem Inschriften lehren, ebenfalls Preisagone gab.

Offizielle Anlässe, vor allem Leichenspiele zu Ehren mythischer Personen, bilden den Rahmen für Wettkämpfe im Speerwerfen. Sowohl bei den Nemeischen Spielen, als auch bei den Spielen für die Argiver oder den Heiligen Spielen fand das Speerwerfen statt. Im Unterschied zum Speerwurf der Athleten, der als Weitwurf - Disziplin durchgeführt wurde, handelt es sich beim Speerwerfen im Rahmen der militärischen Ausbildung um Zielwürfe. Aus Inschriften ist bekannt, daß es bei offiziellen Agonen Bewerbe zu Fuß und zu Pferd gab.

Es gibt zahlreiche Darstellungen von Speerwerfern auf schwarz-, vor allem aber auf rotfigurigen Vasen oder Schalen (Abb. 1).

2) Das Gerät

Im Gegensatz zum Sportgerät Diskos und den beim Weitsprung verwendeten Sprunggewichten war die Verwendung des Speeres niemals auf den sportlichen Bereich beschränkt. Der Speer war seit jeher Bestandteil der Bewaffnung der Krieger und Jäger und fand erst über diese Verwendung Eingang in den Wettkampf der Athleten. Eine terminologische Trennung zwischen Jagd-, Kampf- und Sportspeer ist nicht feststellbar. Es wird angenommen, daß der Speer ohne Rücksicht auf seine Verwendung zu allen Zeiten grundsätzlich gleich ausgesehen hat. Drauf deuten nicht zuletzt die wiederholt ohne definitorische Abgrenzung synonym verwendeten Begriffe für Speer hin - schon Homer kennt acht verschiedene Bezeichnungen. Gewisse Unterschiede im Detail ( Form, Gewicht, Länge, Material, Applikationen ) hat es jedoch gegeben. Diese Abweichungen sowie die Übernahme von Speerbezeichnungen aus fremden Regionen sind auch für die unterschiedlichen Namen der Speere in der Antike verantwortlich. Da es keine genaueren Beschreibungen gibt, ist es schwer, die Unterschiede zwischen den einzelnen Geräten festzustellen. Das Bemühen antiker Autoren, die für sie selbst oft nicht mehr verständlichen Begriffe einzuordnen, trägt meist mehr zur Verwirrung, als zum Verständnis bei.

Manchmal wurden das Material oder bestimmte Teile und Formen des Speeres als Bezeichnung für den Speer verwendet.

2.1 Griechische und lateinische Bezeichnung des Speeres

Griechische Bezeichnung:

Nur wenige der griechische Begriffe für `Speer` lassen sich so eindeutig mit dem Begriff des Sports in Verbindung bringen wie der bereits bei Homer bezeugt Begriff aiganee` oder der bekannteste - jedoch nachhomerische Ausdruck - akontion.

Aiganee

Antike Etymologien:

Antiken Grammatikern und Scholiasten war die Bedeutung von aiganee unklar. Die Etymologie des Wortes wird unterschiedlich erklärt, wobei die Ableitung von aix (Ziege) überwiegt: aiganee wird entweder von der Eignung des Speeres zur Jagd auf Ziegen, der aus dem Ziegenleder bestehenden ankyle oder vom ,,heftig geschleudert oder getroffen werden" abgeleitet. Die aiganee war diesen Beschreibungen zufolge ein leichter Wurfspeer mit einem Schleuderriemen, durch den die Wurfleistung erheblich verbessert wurde.

Moderne Etymologien:

Die aiganee gilt als Lanze, die mit einem Werkzeug zum Schleudern versehen ist.

Akontion

Akontion erscheint bei Homer noch nicht als Wort für Speer. Das akontion, der leichte Wurfspeer mit Schleuderriemen (ankyle), wurde vermutlich erst mit dem Ende es Peleponnesische Krieges als Speer der Leichtbewaffneten im Heer der Griechen wichtig. Auch Epheben verwendeten, wie Abbildungen zeigen, meist zwei dieser Wurfwaffen. Es gab eigene, als akontitai bezeichnete Lehrer zur Ausbildung im Speerwurf. Der Begriff akontion wurde der gebräuchlichste Ausdruck für den auch im Pentathlon verwendetetn Wurfspeer in klassischer Zeit. Vor allem aus Abbildungen geht hervor, daß akontia, die im sportliche Bereich eingesetzt wurden, etwa fingerdicke, 1,5-2 m lange hölzerne Stäbe waren, die entweder nur zugespitzt oder mit einer eisernen Spitze versehen waren und mit Hilfe von Schleuderriemen geworfen wurden.

Weiter Bezeichnungen und Synonyme:

Dory

Dory ist neben enchos das meistbezeugte Wort für Speer bei Homer (290mal). Es wird wie akontion wiederholt als neutraler Begriff zur Erklärung verschiedener Speerarten verwendet. Im Gegensatz zum enchos, der schweren Stoßlanze, wird dory auch als leichter Wurfspeer (vermutlich auch zum Nahkampf geeignet) angesehen, der paarweise mit geführt wurde. Das dory wird aber auch als schwere Lanze der griechische Hopliten und Bürgerreiterei angesehen, die in erster Linie dem Nahkampf diente und nur in Ausnahmesituationen zum Wurf verwendet wurde.

Pilum

Das pilum ist die Wurfwaffe der römischen Legionen und wird mit dem griechischem hyssos gleichgesetzt. Der eigentliche römische Pilumtyp ist das polybianische ,,leichte"Pilum, bestehend aus einem etwa 1 1/3 m langen Holzschaft, in den eine Eisenspitze von gleicher Länge bis zur halben beiderseitigen Längen eingefügt und mit zahlreichen Klammern sehr stark befestigt war. Die Gesamtlänge betrug daher ca. 2 m , wovon je ein Drittel auf den massiven Schaft, den Schaftteil mit eingefügtem Eisen, und die blanke Spitze entfiel.

2.2 Die Form

Die Form der Speere war ebenso vielfältig wie die seiner Bestandteil (Schaft, Spitze, Wurfriemen, Speerschuh); das geht sowohl aus den unterschiedlichen Bezeichnungen wie auch aus Abbildungen hervor.

- Schaft: Länge, Dicke und Material des Speerschaftes konnten beträchtlich variieren
- Spitze: Für die Spitze sind verschiedene Namen überliefert, und auch die Abbildungen bestätigen, daß es Speere mit verschiedenartigen Spitzen gab: Spitzen waren aus Metall, konnten aber verschieden lang und breit sein; manche Speere hatten auch doppelte Spitzen oder Spitzen an beiden Enden.

{ milit. Bereich: Zu Übungszwecken wurden Speere mit stumpfen Spitzen verwendet: an den Spitzen wurde ein Schutz (mitunter ein Lederball) angebracht.

{ im Gymnasion: Hier wurden verschiedene Arten von Speeren verwendet: solche mit Metallspitzen oder Metallkappen oder einfach zugespitzte oder stumpfe Holzstäbe. Die stumpfen Speere, deren Gebrauch in der Palästra durch Abbildungen belegt ist, sieht Jüthner(1) als Weiterentwicklung der einfach beschlagenen Holzstäbe an: ,,Erst das Bestreben, das aufprallende Ende zu schützen und zugleich etwas zu beschweren, veranlaßte frühzeitig auch einen Metallbeschlag, der nach vorne stumpf abschloss".

In der Palästra wurden hauptsächlich speere inf Form einfacher gerundeter Holzstäbe verwendet.

- Wurfriemen: Der Unterschied zum heutigen Speer liegt in der Verwendung eines Wurfriemens.

Der Wurfriemen wurde vom Speerwerfer in einigen Windungen um den Schaft gewickelt und verknotet. Eine der Fingergröße des Werfers Angepaßte Wurfschlinge blieb frei. Der Wurfriemen wurde in der Mitte des Speerschaftes befestigt (Abb.1).

- Speerschuh

Lanzenschuh

Schaftschuh Dieser Schuh wird als zugespitztes Ende des Speeres beschrieben, das dazu diente, den Speer in die Erde zu stecken.

2.3 Die Funktion

Die Funktion des Wurfriemens ( ankyle):

Der Speer wurde im Kampf und auf der Jagd als Wurf- und Stoßlanze verwndet; dabei zählte vor allem die Treffsicherheit. Im Rahmen des Pentathlon wurde der Speerwurf ausschließlich als Weitwurf ausgetragen. Der Wurfriemen diente demnach dazu, die zu erzielende Weite zu steigern. Praktische Versuche ergaben enorme Verbesserungen der Wurfweiten. Folgende Weiten wurden angegeben:

{ ohne ankyle 20 m mit ankyle 80 m (Versuch in Napoleonischer Zeit)

{ ohne ankyle 25 m mit ankyle 65 m (Jüthner, Turngeräthe 54)

Die Verbesserung der Wurflesitung wird ducrh die Hebel- und Schleuderwirkung der ankyle erklärt: erstere erhöht die Armkraft, letztere bewirkt eine Rotation des Speeres um seine Längsachse und damit einen stabileren Flug des Wurfgerätes. Heute wird der ankyle auch die Aufgabe eines Haltegriffs zur besseren Handhabung des Speeres zugesprochen.

2.4 Größe und Gewicht

Über die Größe und das Gewicht der Speere werden nur relative Angaben gemacht; lediglich zu einzelnen Teilen wie Spitze oder Schaft finden sich genauere Maße.

- Gewicht: Ohne nähere Angaben werden Wurfspeere immer wieder, auch beim Speerwurf im sportlichen Rahmen, als leicht oder schwer beschrieben.
- Di>in der literarischen Überlieferung finden sich nur wenige Maßangaben, und die beziehen sich auf Speere für die Jagd oder den Krieg.
- Länge: Nur zur Länge von Schaft und Spitze finden sich neben vielen vagen, wie groß oder klein, auch einige genaue Angaben. In Ammon.diff 23* wird das akontion beispielsweise ,,kleiner als das dory" bezeichnet.

1) Turngeräthe 38

2.5 Das Material

Der Schaft der unterschiedlich bezeichneten Speere bestand aus Holz, wobei mitunter - auch im Zusammenhang mit Sport - die Holzart angegeben wird.

Beispiele: 1) Stat.Theb.7,269f: Eschenspeere, für den Kampf

2) Xen.kyn.10,3* : Kornelkirschholz, für die Jagd

3) Bakch.9,27-35* : Holunder, Pentathlon

Auch Speere aus Eisen werden genannt, wie z.B. bei Eust.344,11-19*:

,,dory holosideron" = ganz aus Eisen.

Die Ankyle war meist als Lederriemen oder Schnur aus Ziegenleder beschrieben.

3) Der Körper

- Als körperliche Voraussetzungen für den Speerwerfer werden bei Philostrrat lange Beine, eine bewegliche Hüfte und lange Finger genannt 1.
- Frauen sollten in Sparta durch Übungen im Speerwerfen abgehärtet werden 2 und
- Militärische Übungen im Speerwefen sollten die Arme stärken, aber auch die Beidhändigkeit fördern 3.

4) Die Leistung

Der Speerwurf der Athleten wird als Weitwurf betrachtet, wenn auch die Grenze zum militärischen Zielwurf nicht immer eindeutig zu ziehen ist.

Weite war das angestrebt Ziel bei Wettkämpfen von Athleten, wie antike Autoren mehrheitlich berichten. Absolute Weitenangaben kennen wir nicht.

Wiederholt wird die Weite eines Speerwurfs als Entfernungsangabe verwendet: Bei Homer,II.16,589-592* wird von der ,,Speerwurfweite" gesprochen, in Stat.Theb.6,351-354* spricht man vom ,,Abstand von vier Speerwürfen".

Wie die Weitenmessung erfolgte, ist nicht bekannt. Es gibt daher verschiedene Theorien zur Weitenmessung im Speerwurf:

- Anhand des Beispiels von Epidaurus vermuten Gardiner und Patrucco fixe Markierungen.

- Eine vorgegebene Entfernung nimmt De Ridder an: und zwar 100 Fuß als Richtmaß für die Weite beim Speerwurf.

5) Der Ort

- Patrucco vermutet ebenso ,,Im Boden steckende Speere bzw. Spuren des Aufpralls als Meßpunkte..".

Nur wenige Informationen beziehen sich auf den Ort, wo die Athleten ihre Übungen abhielten oder Wettkämpfe bestritten.

- Speerwerfen findet als militärische, aber auch als rein sportliche Übung im Gymnasion statt. Der Hinweis bei Antiphon auf Begrenzung der cFlugbahn des Speeres im gymnasion wird bei Jüthner / Brein al Indiz für eine seitliche Begrenzung im Stadion gewertet: ,,Keinerlei Angaben frelich belehren darüber, in welchem Teile des Stadions die Schußbahn angelegt war, wohl aber sind bestimmte Andeutungen ihrer Begrenzung vorhanden...".

- Auch die Palaistra wird als Übungsort für den Speerwurf genannt. Während das Gymnasion als üblicher Ort für verschiedene athletische Übungen vorstellbar ist, werden heut Wurfübungen in der Palaistra aus Platzgründen bezweifelt.

- Obwohl das Stadion im Zusammenhang mit dem Speerwurf nicht erwähnt wird, war es vermutlich der Austragungsort für offizielle Wettkämpfe. Wenn Pindar von Agon spricht, tut er das wohl metaphiorisch und meint damit das Stadion.

- Organisierte Spiele zu Ehren des Scipio finden im Circus Maximus statt.

6) Die Regeln

Wettkampfregeln sind für den Speerwurf nicht übermittelt. Nur vereinzelt sind Richtlinien erkennbar, ihre Interpretation ist im modernen Schrifttum jedoch sehr umstritten. Markierungen und Begrenzungen:

- Agon: Der Ausdruck agon bezeichnet sowohl edn Wettkampf selbst als auch die Wettkampfstätte.
- Finis, mit der Grundbedeutung ,,Grenze, Ende, Ziel", kann, wie mentron, ein vorgegebenes Richtmaß bezeichnen, das für den Sieg übertroffen werden mußte.
- Der Speer sollte nicht über eine Begrenzung, horos, hinausgeworfen werden, da der Wurf sonst ungültig war.

4) Literatur

Decker, Wolfgang; Sport in der griechischen Antike. Vom minoischen Wettkampf bis zu den Olympischen Spielen. Verlag C.H. Beck; München: 1995

Weiler, Ingomar; Quellendokumentation zur Gymnastik und Agonistik im Altertum, Speerwefen. Böhlau Verlag GmbH; Wien, Köln, Weimar: 1995

[...]


1 philostr.gym.31*

2 Plu.Lyk.14,2-4*

3 Plat.leg.795b*

Ende der Leseprobe aus 8 Seiten

Details

Titel
Das Speerwerfen im Altertum
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Veranstaltung
Hauptseminar Geschichte - Die Entwicklung der Technik im Sport
Autor
Jahr
1999
Seiten
8
Katalognummer
V100159
ISBN (eBook)
9783638985888
Dateigröße
412 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Leider ohne Bildmaterial.....
Schlagworte
Speerwerfen, Altertum, Hauptseminar, Geschichte, Entwicklung, Technik, Sport
Arbeit zitieren
Maren Jung (Autor:in), 1999, Das Speerwerfen im Altertum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100159

Kommentare

  • Gast am 18.11.2007

    Hiiiiiiii ! .

    Hi,
    im großen und ganzen ist der Text sehr gut.Wenn nicht sogar perfekt.Leider hat es mir nichts genützt, weil ich etwas vom Speerwerfen bei den Olympischen Spielen wissen wollte,aber wenn ich einen Vortrag über den Speer machen wollte wär er bestimmt perfekt geworden.
    Trotzdem vielen Dank und auf wiedersehen
    Lou

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Titel: Das Speerwerfen im Altertum



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