Einfluss der Kultur auf die Wahrnehmung internationaler Fernsehwerbespots


Magisterarbeit, 1998

177 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung
1 Überblick
2 Problemstellung
3 Forschungsfrage
4 Methode der Arbeit
5 Aufbau der Arbeit

II Theoretische Grundlagen
1 Werbung
1.1 Werbung im Marketing-Mix
1.2 Internationale Werbung
2 Kulturvariable in der internationalen Werbung
2.1 Kulturbegriff
2.2 Kulturkonzepte
2.3 Kultur und Nation
2.4 Kultur und Sprache
3 Das Kulturkonzept von Hofstede
3.1 Dimensionen nationaler Kulturen
3.2 Beschreibung der Untersuchung
3.3 Kritik und Bewertung
4 Cross-Cultural-Studien zur internationalen Werbung
4.1 Fred Zandpour et al. (1994)
4.2 Miracle/Chang/Taylor (1992)
4.3 Cutler und Javalgi (1992)
4.4 Sudhir Kale (1991)
4.5 Gemeinsame Ergebnisse der Studien
5 Forschungsbedarf

III Untersuchung
1. Untersuchungsvorbereitung
1.1 Fragestellung und Hypothesen
1.2 Methode der Untersuchung
1.3 Entwicklung des Untersuchungsdesigns
1.4 Operationalisierung der Variablen
1.5 Reliabilität und Validität
1.6 Pretest
1.7 Auswahl und Beschreibung des Stimulusmaterials
1.8 Beschreibung der verwendeten Spots
2 Durchführung der Untersuchung
2.1 Stichprobe und Versuchspersonen
2.2 Ablauf der Befragung
2.3 Probleme
2.4 Analyseverfahren
2.5 Umkodierungen

IV Ergebnisse
1 Soziodemographische Daten
2 Abweichungen Länder
2.1 Bewertung der Werbespots
2.2 Bewertung der Produkte
2.3 Verständlichkeit der Werbespots
2.4 Zusammenfassung
3 Abweichungen Expertenrating
3.1. Bewertung der Werbespots
3.2 Bewertung der Produkte
3.3 Verständlichkeit der Werbespots
3.4 Zusammenfassung
4 Gestaltungsmerkmale
4.1 Bewertung der Werbespots
4.2 Bewertung der Produkte
4.3 Verständlichkeit der Werbespots
4.4 Zusammenfassung
5 Prüfung des Gesamtmodells: Hierarchische Regressionen
5.1 Bewertung der Werbespots
5.2 Bewertung der Produkte
5.3 Verständlichkeit der Werbespots
5.4 Zusammenfassung
6. Kontrollvariablen und sonstige Erhebungen
6.1 Einstellung zur Fernsehwerbung
6.2 Fernsehnutzung
6.3 Alter, Geschlecht, Studienfach
7. Qualitative Betrachtung der Werbespots
8. Evaluierung der Ergebnisse
8.1 Ergebnisse
8.2 Kritik an der Studie
8.3 Zusammenfassung und Ausblick

LITERATURVERZEICHNIS

I Einleitung

1 Überblick

Die letzten Jahrzehnte sind geprägt von einer steten Expansion der weltwirtschaftlichen Ver­flechtungen. Große Fortschritte auf den Gebieten der Kommunikations- und Trans­port­technologie haben die Nationen der Erde zu engeren Nachbarn werden lassen und den Warenaustausch unter den Staaten stark gefördert (vgl. Meffert/Althans 1982, S. 15-17). Die Intensivierung des Exportes und die Ausdehnung von Auslands­investi­tionen sind zugleich Ursache und Folge einer verstärkten Auseinan­dersetzung mit den Verhält­nissen auf fremden Ländermärkten (vgl. Meffert/Althans 1982, S. 20). Die Ver­schär­fung der Konkurrenz­situation, das wachsende Güterangebot und die Sättigungs­erschei­nun­gen auf den einheimischen Märkten haben das Engagement auf Seiten der Unternehmen ver­stärkt, den Absatz von Gütern und Leistungen außerhalb der Landes­grenzen zu steigern[1] (vgl. Meffert/Althans 1982, S. 20; Bere­koven 1985, S.56; Porter 1989, S. 18). Die Ten­denz zur Inter­nationalisierung hat vielschichtige Ursachen und Ziele. Der we­sent­lichste Anlaß scheint jedoch dadurch gegeben, daß ein national erfolgreiches Pro­dukt auch Absatzchancen auf Auslandsmärkten erhält. Entsprechend ergab eine empi­rische Unter­su­chung des Ifo-Institutes (1979), daß die Sicherung des Absatzes und da­mit der Wett­be­werbs­fähigkeit das wich­tigste Motiv für die Gründung von Produk­tions­stätten und Verkaufsniederlassun­gen im Ausland war (zitiert nach Meffert/Althans 1982, S. 25-26).

Dabei gab insbesondere der 1983 erschienene Beitrag von Theodore Levitt zur „Globali­sierung der Märkte“ Anlaß für kontroverse Diskussionen über die zweckmäßige Form der Inter­na­tio­nalisierung von Unternehmen. Levitts These, das Überleben inter­nationaler Unternehmen sei nur mithilfe von Globalisierungsstrategien zu garantieren, veranlaßte begeisterte Befürworter und harte Kritiker zu einer Stellungnahme. Auch heute noch stehen im Mittelpunkt der Debatte im wesentlichen die Extremtypen des globalen bzw. lokalen Marketing und die Frage nach einer entweder weltweit standardisierten oder länderspezifisch differenzierten (vgl. II 1.2.2 + 1.2.3) Marktbearbeitung (vgl. Meffert/ Bolz 1991, S. 1). Dabei besteht die Besonderheit des internationalen Marketing darin, daß Entschei­dungen über die Marktbearbeitung nicht mehr jeweils isoliert für ein Land, sondern in Bezug auf mehrere Märkte zu treffen sind, so daß die Aktivitäten in den ver­schie­denen Ländern aus einer zentralen Zielsetzung resultieren. Aus diesem Grund ist die Frage­stellung nach „Standardisierung oder Differenzierung“ bei der Erarbeitung internationa­ler Marketingkonzeptionen von großer Bedeutung (vgl. Berekoven 1985, S. 21 und S. 135; Meffert/Althans 1982, S. 98). Kux und Rall führen in diesem Zusam­menhang an, daß bei der Entscheidung über den Grad der Standardisierung im inter­na­tionalen Marke­ting zwei Marketing-Dimensionen gegeneinander abgegrenzt werden müssen, die unter­schiedliche Standardisierungspotentiale besitzen: der Marketing-Prozeß und der Marketing-In­halt (vgl. Kux/Rall 1990, S. 80; Meffert/Bolz 1991, S. 6). Der Marketing-Prozeß bezieht sich auf Abläufe und Systeme im Unter­nehmen, die zur Konzeption und Ausführung der Marketing-Inhalte führen. Hierbei wird im allgemeinen zwischen Infor­mations-, Pla­nungs- und Kontrollsystemen unterschieden (vgl. Meffert/Bolz 1991, S. 25). Die Möglichkei­ten für die Standardisierung der Marketing-Prozesse werden als weit­reichend eingeschätzt (vgl. Kux/Rall 1990, S. 81). Der Marketing-Inhalt beschreibt die einzel­nen Mar­ke­­­­ting-Mix-Elemente (vgl. II 1.1), deren Standardisierungs­potential unter­schie­d­­liche Wertungen erfährt (vgl. Kux/Rall 1990, S. 80). Hier ordnet sich die Standar­di­sie­rung der internationalen Kommuni­kations­politik und somit auch der inter­nationalen Wer­bung als Teilbereich ein.

2 Problemstellung

Jedes Unternehmen, das Güter oder Dienstleistungen auf ausländischen Märkten an­bietet und deren Vertrieb durch Werbung unterstützt, steht vor der Entscheidung, ob diese Wer­bung für alle betroffenen Märkte einheitlich gestaltet werden kann, oder ob sie lokal an die jeweiligen Marktbedingungen adaptiert werden muß. Eine Vielzahl werb­licher Fehlschläge in inter­nationalen Kampag­nen beruht darauf, daß einerseits die Übertragbarkeit bisheriger Erfolgsrezepte überschätzt wird und andererseits wesen­t­liche Marktbedingungen[2] der angestrebten Märkte vernachlässigt werden (vgl. Bereko­ven 1985, S. 165). Sobald Werbung nationale Grenzen überschreitet, trifft sie aber nicht nur auf differente Marktbedin­gun­gen, sondern sie kommuniziert mit Konsumenten an­der­er Kulturen[3], die sich in vieler­lei Hinsicht von den inländischen unterscheiden kön­nen. Die mangelnde Berück­sichtigung und das mangelnde Verständ­nis der gesell­schaft­lichen und kulturellen Um­welt des Empfängers können so die Wirksam­keit der Wer­be­­bot­schaft gefährden. Sei es, daß die Werbung vom Empfänger nicht in der gewün­sch­ten Weise interpretiert wird oder die Werbebotschaft bei den Rezipienten nicht ‘ankommt’, da diese durch die Form und den Inhalt der Werbung nicht ange­sprochen werden (vgl. Meffert/Althans 1982, S. 133; Kaynak/Mitchell 1981, S. 27). Eine Werbe­ansprache, die der Kultur der Zielgruppe nicht angemessen ist, kann dazu führen, daß die Werbung ineffektiv bleibt und die gewünschte Beeinflussung der Käufer nicht er­reicht wird.[4] Eine mißlungene internationale Werbe­kampagne ist mit hohen Kosten und einer eventuellen Imageeinbuße für die Firmen verbunden, die möglicher­weise negative Folgen für den Absatz nach sich zieht.

3 Forschungsfrage

Aus der erläuterten Problematik ergibt sich nun die Fragestellung der vorliegenden Arbeit. Sie besteht darin, ob Werbung, die von einem Kulturkreis in einen anderen über­tragen wird, von der aus­ländischen Zielgruppe möglicherweise nicht in der vom Wer­bung­­treibenden inten­dierten Weise aufgenommen und verarbeitet wird. Ziel dieser Ar­beit ist es, das komplexe Phäno­men Kultur auf seine Eignung als Erklärungs­variable für bestehende Unterschiede in der Wahrnehmung von internationaler Fernseh­werbung zu überprüfen. Dabei wird hier unter dem Begriff Fernsehwerbung konkret nur die Fern­seh­­spotwerbung verstanden. Neuere Erscheinungsformen von Werbung, wie Sponsoring und Product Placement, die nach der Einführung des dualen Rundfunk­systems in Deutsch­­land entstanden sind, werden nicht berück­sichtigt. Die zugrundelie­ge­nde For­schungsfrage der Arbeit lautet demnach: „Hat die Kulturvariable einen Ein­fluß auf die Wahrnehmung von internationalen Fernsehwerbespots?“

Kultur ist ein kollektives Phänomen, da man ihre zugrundeliegenden Werte mit den Menschen teilt, die im selben sozialen Umfeld leben. Diese kulturell bestimmten Wertsysteme stellen den grundlegenden Rahmen einer Gesellschaft dar, der die Einord­nung und den Vergleich von Nationen ermöglicht (vgl. Hofstede 1993, S. 19 und S. 28). Die vorliegende Arbeit versucht diese Er­kenntnis auf den Bereich der internatio­na­len Fernsehwerbung zu über­tragen, und in einer empirischen Untersuchung den Ein­fluß der Kultur auf die Werbere­zep­tion zu messen. Das primäre Ziel einer solchen Un­ter­suchung besteht nicht darin, zu generalisierbaren Aussagen zu gelangen oder ein Kon­­zept zur Prüfung der Kultur­adä­quatheit von Wer­bung zu entwickeln. Vielmehr soll empirisch überprüft werden, ob Kultur Fak­toren beeinflußt, die für den Wahrnehmungs-­, Verarbeitungs- und Interpreta­tionsprozeß des Rezipienten relevant sind.

4 Methode der Arbeit

Um nun den Einfluß des Phänomens Kultur auf die Werberezeption zu überprüfen, wurde die Methode der stimulusorientierten Befragung verwendet, da Bewertungen und Meinungen von Rezipienten über Fernsehwerbespots gemessen werden sollten. Nach Schnell, Hill und Esser ist die Befragung das geeignete Instrument „bei der Ermittlung von Fakten, Wissen, Meinungen, Einstellungen oder Bewertungen im sozialwissen­schaftlichen Anwendungsbereich.“ (Schnell/Hill/Esser 1993, S. 328) Das Stimulus­material für die Untersuchung bestand aus 29 TV-Werbespots der ‘Cannes-Rolle 1991 und 1992’ (beste, international prämierte TV-Spots), die aus mehreren Ländern stam­men. Es nahmen insgesamt 48 deutsche Studenten an der Untersuchung teil, die zu je­dem Spot mehrere Fragen beantworteten. Ihre Befragung ermöglichte einen Ver­gleich der Wirkung von Werbespots aus verschiedenen Ländern auf die Mitglieder einer Kultur. Um den Einfluß der Kultur auf die Wahrnehmung der Teilnehmer analysieren zu können, wur­den vorab die kulturellen Wert­orientierungen der internationalen Werbe­spots durch drei verschiedene Messungen ermittelt.

Zunächst wurden die TV-Werbespots nach den kulturellen Dimensionen ihres Her­kunfts­­landes eingeordnet. Jedes Land erhielt einen bestimmten Wert für jede der vier Kulturdimensionen Machtdistanz, Individualismus, Unsicherheitsvermeidung und Maskulinität.

Die Werbespots der Cannes-Rolle sind aufgrund ihrer überdurchschnittlichen Kreativi­tät nicht repräsentativ für die Spots, die in den jeweiligen Ländern gewöhnlich ausge­strahlt werden. Deshalb wurde ein Experten-Rating durchgeführt, um den Werbespots sub­jektiv Werte innerhalb der vier kulturellen Dimensionen zuzuordnen.

Zusätzlich wurden die Werbespots hinsichtlich ihrer Gestaltungskriterien analysiert, welche charakteristisch für spezifische kulturelle Eigenheiten der Länder sind. Jeder Spot wurde von der Verfasserin bezüglich seiner kreativen Strategie, seines Infor­ma­tions­gehaltes und seines Werbestils vercodet.

Die Kulturvariable wird damit durch drei unabhängige Variablen operationalisiert, die einen Einfluß auf die Beurteilung der Werbespots durch die deutschen Studenten haben sollten. Es wird angenommen, daß die verschiedenen kulturellen Wertorientierungen, die sich in den ausländischen TV-Werbe­spots ausdrücken, zu einer unterschiedlichen Beurteilung und zu einem unterschied­lichen Verständnis der Werbebotschaft bei den deutschen Studenten führt. Mit den Analyseverfahren Korrelation, Regression und T-Test wurde überprüft, ob ein Zusammenhang zwischen der unabhängigen Variable Kultur und den abhängigen Variablen Gefallen, Verständlichkeit der Werbung sowie Empfehlung der Produkte besteht und die Hypothesen der Verfasserin beibehalten werden können oder verworfen werden müssen.

5 Aufbau der Arbeit

Entsprechend der Begriffsdefinition internationaler Werbung werden im ersten Kapitel des Theorieteils zwei gegensätzliche Ansätze - die Konvergenz- und die Differenzie­rungs­­­these - vorgestellt. Sie diskutieren, ob Werbung weltweit standardisiert werden kann oder ob nationale Marktbedingungen eine individuelle Vorgehensweise erfordern. Dabei wird verdeutlicht, daß in dieser Debatte keine befriedigende Antwort auf die Frage gegeben wird, inwiefern kulturelle Faktoren bei der Gestaltung internationaler Werbung beachtet wer­den müssen. Ein Überblick über die Ergebnisse dreier empirischer Unter­su­chungen, die den in der Praxis angewandten Standardisierungs­grad von internationaler Werbung ermitteln, ergänzen die Ausführungen.

Im zweiten Kapitel wird das Phänomen ‘Kultur’ selbst untersucht. Zunächst wird eine Definition des Begriffs Kultur gegeben, die als Ausgangspunkt für die Einbeziehung von Kultur in der internationalen Werbung dienen soll. Eine systematische Darstellung der verschiedenen Aspekte von Kultur und die Erläuterung des Nationalcharakter­kon­zepts führen zu einer weiteren Spezifizierung des Kulturbegriffs. Um die Bedeutung der Kulturvariable für die Werbung aufzuzeigen, werden die kulturellen Einflüsse auf die verbale und nonverbale Kommunikation allgemein beschrieben.

Das Kulturkonzept von Hofstede und die vier Dimensionen des National­charakters, die er aus seiner Untersuchung abgeleitet hat, werden im nächsten Kapitel dargestellt. Seine Arbeit wird als Grundlage für die vor­lie­­gende Unter­suchung verwendet.

Im Anschluß daran wird erörtert, ob sich kulturelle Charakteristika von Nationen in der Werbung widerspiegeln. Zu dieser Fragestellung werden vier Studien zitiert, die Werbepraktiken mehrerer Länder nach verschiedenartigen Kriterien analysieren. Ihre Gemeinsamkeit besteht darin, daß sie das Phänomen Kultur als Erklärungsvariable für die unterschiedlichen Werbeprak­tiken der untersuchten Länder einsetzen. Als Vorlage für die Einordnung der Werbe­spots in dieser Arbeit dient die Studie der Autoren Zandpour et al. (1994) und wird deswegen besonders ausführlich erläutert.

Aus dieser theoretischen Fundierung resultieren die Forschungsfragen und die abgeleite­ten Hypothesen zur empirischen Untersuchung des Forschungsinteresses. Sie sind damit das Bindeglied zwischen der theoretischen Betrachtung des Themas und der empiri­schen Studie.

Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der empirischen Untersuchung. Neben der Untersu­chungs­anlage und Methodenauswahl wird ebenso die Durchführung der Ana­­lyse sowie deren Auswertung dokumentiert. Die empirisch erhobenen Daten dienen zur Überprüfung der aufgestellten Hypothesen. Zusätzlich wird eine qualitative Betrach­tung und Interpretation der Spots durchgeführt, die insgesamt bei der Beurteilung durch die Studenten am besten bzw. am schlechtesten abschnitten.

Abschließend werden die Ergebnisse und die aus ihnen abgeleiteten Folgerungen zu­sam­­men­gefaßt dargelegt.

II Theoretische Grundlagen

1 Werbung

1.1 Werbung im Marketing-Mix

Die absatzpolitischen Aktivitäten eines Unternehmens sind als verschiedenartige Instru­mente im Marketing-Mix enthalten. Die Aktionsinstrumente des Marketing sind Pro­dukt­­­politik, Preis- und Konditionenpolitik, Distributionspolitik und Kommunikations­politik. Die Kommunikationspolitik beschäftigt sich mit der bewußten Gestaltung der auf die in- und ausländischen Absatzmärkte gerichteten Informationen eines Unter­nehmens zum Zwecke einer Verhaltenssteuerung aktueller und potentieller Käufer. Hierzu gehören die klassische Werbung, die Verkaufsförderung, der persönliche Ver­kauf, Public Relations und Spezialinstrumente wie z.B. Messen und Ausstellungen (vgl. Meffert/Althans 1982, S. 133). Werbung ist somit als spezifische Form der Kommuni­ka­­tions­politik ein Marketinginstrument.

In der Literatur werden zahlreiche Definitionen von Werbung angeboten. Die für die vorliegende Arbeit relevanten Definitionen werden im folgenden aufgeführt:

„Die Absatzwerbung umfaßt die verkaufspolitischen Zwecken dienende, absichtliche und zwangfreie Einwirkung auf Menschen mithilfe spezieller Kommunikationsmittel“ (Behrens 1970, S. 4). „Werbung ist eine geplante, öffentliche Kommunikation zum Zwecke einer ökonomisch wirksamen Information, Persuasion und Entscheidungs­steuerung“ (Leitherer 1985, S. 140). Speziell für die Fernsehwerbung bietet sich fol­gende Definition an: „Fernsehwerbung ist der absichtliche Versuch der Beeinflussung durch systematische und strategische Anwendung von Gestaltungstechniken“ (Brosius 1996, S. 12).

1.2 Internationale Werbung

1.2.1 Begriff

Der Begriff der internationalen Werbung addiert zunächst lediglich die internationale Dimension zum Werbebegriff. Internationale Werbung bezeichnet Werbeaktivitäten, die den Verkauf eines Produktes auf in- und ausländischen Märkten, also in mehr als einem Land in verschiedenen Teilen der Welt unterstützen (vgl. de Mooij/Keegan 1991, S. 12). Das Hauptproblem bei der Konzipierung internationaler Werbung liegt in der Beantwor­tung der Frage, ob sie für alle betroffenen Märkte einheitlich gestaltet werden kann, oder ob für die nationalen Märkte jeweils individuell vorgegangen werden muß. Dies schließt die Frage nach der Übertragbarkeit erfolgreicher nationaler Werbung ins Ausland mit ein (vgl. Berekoven 1985, S. 164).

Um die Vorgehensweise bei der Konzipierung internationaler Werbung zu verdeut­li­chen, wird eine Differenzierung zwischen Werbestrategie und Werbeexekution vorge­schlagen. Die Werbestrategie enthält das Werbeziel, die Festlegung der Zielgruppe, die Positionierung des Produktes oder der Dienstleistung, das Produktversprechen, die Tonalität und den „Reason why“, d.h. die Angabe einer Begründung, warum Ver­brau­cher das Produktversprechen glauben sollen. Werbung kann dann als international be­zeichnet werden, wenn in allen beworbenen Ländern der Gegenstand der Werbung (Pro­dukt, Dienstleistung, Unternehmen) sowie das Nutzenversprechen und die mit ihm ver­bun­denen Vorstellungen der Konsumenten gleich sind; ebenso ist die relative Ähnlich­keit der potentiellen Zielgruppe in den verschiedenen Ländern Voraussetzung für eine internationale Werbung (vgl. Meffert u.a. 1986, S. 20; Tostmann 1984, S. 223).

Die Werbestrategie ist die strategische Plattform und der Orientierungsrahmen für die Werbeexekution. Die Kampagne ist die inhaltliche Konkretisierung einer werblichen Aufgabenstellung oder Strategie (vgl. Tostmann 1984, S. 219). Diese umfaßt die Me­dia­­planung sowie die Ausgestaltung und Konkretisierung der Werbestrategie.

Nach der Auffassung von Tostmann muß internationalen Kommunikationsansätzen in allen Ländern dieselbe werbliche Aufgabenstellung, d.h. Werbestrategie zugrunde ge­legt werden. Definieren einzelne Länder andere Strategien, liegen neue Kampagnen vor und ein internationaler Ansatz wird nicht realisiert. Die einzige Variable, die bei einer internationalen Werbekampagne verändert werden kann, ist die Werbeexekution (vgl. Tostmann 1984, S. 220; de Mooij/Keegan 1991, S. 205). Kulturelle Unterschiede haben den größten Einfluß auf die Werbeexekution. Wenn z.B. die Basisaussage einer Werbe­bot­schaft ‘Vergnügen’ lautet, dann kann die Umsetzung und Ausführung dieses Werbe­appells in verschiedenen Kulturen unterschiedlich wahrgenommen werden, d.h. in einer Kultur wird die Botschaft akzeptiert, in einer anderen aber nicht (vgl. de Mooij/Keegan 1991, S. 198 und S. 236; Theis 1992, S. 277). Bei einer internationalen Marke, die in allen Ländern die gleiche Strategie hat, gibt es zwei Möglichkeiten für die Werbeexeku­tion:

a) standardisierte Werbung ohne jegliche länderspezifische Anpassung
b) die situations- oder kulturell bedingte inhaltliche Anpassung der Werbemittel an nationale Rahmen­be­dingungen (vgl. Tostmann 1984, S. 220; de Mooij/Keegan 1991, S. 205).

Internationale Werbung umfaßt also die Werbestrategie und die Werbeexekution, wobei die Strategie für die verschiedenen Länder einheitlich zu sein hat und die Werbeexeku­tion entweder standardisiert oder lokal adaptiert werden kann.

Seit Anfang der 60er Jahre sind vor allem in der amerikanischen Marketing-Literatur zahlreiche Beiträge zu der Kontroverse über die Standardisierung von internationaler Werbung erschienen. Die wichtigsten Argumente der beiden Ansätze werden hier im folgenden Überblick wiedergegeben.

1.2.2 Standardisierung der internationalen Werbung: Konvergenzthese

Die ersten Autoren, die sich als Befürworter der Standardisierung von Werbung hervor­taten, waren Erik Elinder (1965) und Arthur Fatt (1967). Sie begründen die Forderung nach Werbestandardisierung damit, daß kulturelle Unterschiede nicht existierten bzw. für die internationale Werbung nicht relevant seien, da weltweit gleiche Grundbedürf­nisse und eine rasante Angleichung der Lebensstile die gleiche werbliche Ansprache rechtfertigten. Theodore Levitt (1983) hat diese Gedanken in konsequenter Form und aller Deutlichkeit in seinem Artikel „The globalization of markets“ weiterentwickelt und zur Konvergenzthese ausformuliert. Die Konvergenzthese geht von einer Globali­sierung der Märkte und einer damit zusammenhängenden zunehmenden Homogenität der Kulturen, Gesellschaften und Verbraucher aus. Die zunehmende Angleichung der Verbraucher wird vor allem mit dem Aufkommen neuer Kommunikationstechnologien (z.B. Satellitenfernsehen) begründet. Die bessere und schnellere Kommunikation habe dazu geführt, daß sich Unterschiede in der Sprache, der religiösen und kulturellen Ge­dan­kenwelt, den Konsumgewohnheiten, im Geschmack, sowie den Lebensstilen stark reduziert haben. Wenn die Konvergenzthese zutrifft, ist die Notwendigkeit einer national differ­en­zierten Werbung nicht zu sehen und den international tätigen Unternehmen wird ermöglicht, ihre Werbung zu standardisieren, d.h. Werbeinhalt, Text und Bilder in ausländischen Märkten ohne Änderungen beizubehalten (vgl. auch Meffert u.a. 1986, S. 7 ff.; Onkvisit/Shaw 1983, S. 44; Tostmann 1984, S. 228).

Die Motive für die Entscheidung, internationale Werbung in allen betroffenen Märkten einheitlich einzusetzen sind vielfältig. Als wichtigster Grund wird zunächst die Kosten­ersparnis durch die Verringerung der Ausgaben für die Entwicklung und Produktion einer international standardisierten Werbung aufgeführt. Ein weiteres oft genanntes Motiv ist die Etablierung eines international einheitlichen Marken- und Unternehmens­images, das als Folge einer weltweit einheitlichen Werbung angenommen wird. Zudem werden zahlreiche organisatorische Vorteile durch die vereinfachte Planung, Koordina­tion, Kontrolle und Ausführung von Werbemaßnahmen gesehen. Darüber hinaus werden von den Befürwortern der Standardisierung die sog. economies-of-scope, hierun­ter wird die Ausschöpfung von Managementressourcen und -fähigkeiten ver­standen, ins Feld geführt. Hierdurch soll das marketingbezogene Innovationspotential durch Lerneffekte und die Ansammlung von Wissen erhöht werden (vgl. Meffert/Althans 1982, S. 107; Onkvisit/Shaw 1987, S. 44 und S. 51; de Mooij/Keegan 1991, S. 85 und S. 142; Porter 1989, S. 133).

1.2.3 Lokale Adaption der internationalen Werbung: Differenzierungsthese

Dagegen verweisen die Vertreter der Differenzierungsthese auf die nach wie vor be­stehenden essentiellen Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern und plädieren daher für ein länderspezifisch differenziertes Vorgehen. Befürworter der Differen­zie­rung führen zahlreiche Aspekte an, die die Gestaltung von Werbung für verschiedene Länder beeinflussen und der Ent­wicklung einer international einheitlichen Werbung entgegenwirken (vgl. Meffert u.a. 1986, S. 1). Es lassen sich drei Hauptkategorien von Faktoren herauskristallisieren, die bei der Gestaltung von Werbung für ausländische Märkte berücksichtigt werden müssen (vgl. auch Mueller 1991, S. 7 ff.):

Wichtige Produkt­charakteristika wie Produktkategorie, Produktname, Produktver­pak­kung, Produktpreis und Produktlebenszyklus beeinflussen die Werbekonzeption inter­nationaler Unter­nehmen, da es z.B. weniger kulturgebun­dene Produkte wie Luxus- oder High-Tech-Güter gibt und stark kulturgebundene Pro­duk­te wie Lebens­mittel (vgl. Onkvisit/Shaw 1987, S. 46; de Mooij/Keegan 1991, S. 86 ff.; Colvin et al. 1980, S. 75). Friedmann (1986) führt in diesem Zusammenhang an, daß vor allem die psychologische Bedeu­tung[5], die Verbraucher einem Produkt zuschreiben von Wichtigkeit ist, da diese durch die Kultur geprägt ist und von Land zu Land variiert (vgl. Fried­­mann 1986, S. 103).

Ebenso beeinflussen die teilweise sehr unterschiedlichen Markt­be­dingun­gen, die in den verschiedenen Ländern her­rschen, die Entscheidung zugunsten der individuellen Konzipierung von inter­nationaler Werbung. Allein die gesetzlichen Bestim­mungen können die Möglichkeiten internationaler Standardisierung von Werbung stark ein­engen. Werberechtliche Rege­lungen betreffen den Zugang zu den Medien (Beschrän­kun­gen hinsichtlich der Art des Mediums[6], der Sendezeiten und der Darstellungsform), die Werbeobjekte selbst (z.B. Verbot der Werbung für Tabakwaren, Arzneimittel und Spirituosen), die Art der Werbe­aussage (Superlative oder vergleichen­de Werbung) und Werbeaussagen auf Verpackun­gen und Produkten (vgl. Berekoven 1985, S. 166; Meffert/Alt­hans 1982, S. 136; Douglas/Wind 1987, S. 25). Selbst wenn die Voraus­setzung homogener Zielgruppen gegeben ist, erfordern die o.g. Unterschiede in der heutigen Me­dien situation und in den rechtlichen Gegebenheiten eine differenzierte Bot­schafts­­gestal­tung (vgl. Meffert u.a. 1986, S. 9).

Schließlich sind die Verbrauchercharakteristika der verschiedenen Länder von großer Bedeutung vor allem für die kreative Strategie und die Formulierung der Werbebot­schaft. Neben der Anpassung an die unterschiedlichen Sprachen müssen die Werbebot­schaf­­t­en vor allem am Geschmack, an den Wünschen, Werten und Einstellungen der Zielgruppen unterschiedlicher Nationalität ausgerichtet sein.[7] Die Erfassung dieser aus dem kulturellen Vermächtnis eines Landes entstandenen Verhaltensmuster ist für den Werbungtreibenden besonders wichtig, da seine Botschaft sonst nicht verstanden wird (vgl. Meffert/Althans 1986, S. 140; de Mooij/Keegan 1991, S. 81 ff.; Kaynak/Mitchell 1981, S. 30; Harris 1984, S. 226; Reichel 1989, S. 61 ff.).

Einige Untersuchungen über die Vorgehensweise von internationalen Unternehmen geben Aufschluß darüber, welcher Grad an Standardisierung internationaler Werbung in der Praxis erreicht wird. Im folgenden wird eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergeb­nisse wiedergegeben.

1.2.4 Internationale Werbung in der Praxis

Anhand einer Untersuchung, die sich auf Inter­views mit leitenden Angestellten aus 75 amerikanischen und euro­päischen multinatio­na­len Konzernen stützt, konstatieren Sorenson und Wiechmann (vgl. Sorenson/Wiech­mann 1975, S. 48) noch einen Trend zur Standardisierung des Kom­munikations-Mix in multinationalen Unternehmen: 71% der befragten Firmen geben einen hohen Standardi­sie­rungs­grad ihrer Werbung an, während nur 20% einen lokalen Ansatz wählen.

Eine Studie von Boddewyn, Soehl und Picard (1986) weist hingegen darauf hin, daß immer we­niger standardisierte Werbekampagnen zum Einsatz kommen. Nur 20% der 70 befrag­ten internationalen Werbungtreibenden vereinheitlichen ihre Werbung in Westeuropa, wäh­rend 39% lokal adaptierte Werbung einsetzen (vgl. Boddewyn et al. 1986, S. 71 ff.; vgl. auch Hite/Fraser 1988, S. 10; Dunn 1976, S. 54; Dunn 1966, S. 31).

Eine weitere empirische Untersuchung (Meffert u.a. 1986) analysierte die Standardi­sierung der internationalen Marktkommunikation im Zeitvergleich 1980 und 1986 und beleuchtete das Entscheidungs­problem aus der Sicht von international tätigen Werbe­agen­turen. Zentrale Fragestellungen waren einerseits die nach Ansicht der Agenturen bestehenden Möglichkeiten der Standardisierung von Werbekonzeptionen in den Län­dern Europas, zum anderen das in konkreten europaweiten Werbekampagnen tatsächlich realisierte Ausmaß an Standardisierung. In der Mehrzahl der werblichen Entschei­dun­gen liegt das tatsächliche Ausmaß der Standardisierung über der Einschätzung der Mög­lich­keiten der Standardisierung. Für eine Vereinheitlichung der Werbung werden von den Befragten in erster Linie die „Kostenreduktion“, gefolgt von „Media-Overlapping und internationale Medien“ genannt. Die Homogenisierung des Angebotes und der Nachfrage wird zusam­men mit dem Aufbau eines einheitlichen Images an dritter und vierter Stelle genannt. Gegen eine Standardisierung von Werbung werden die mangelnde Berücksichtigung von Länderbesonderheiten, die unterschiedlichen Konsum­gewohnheiten, sowie die von Land zu Land variierende Produktpositio­nierung ins Feld geführt (vgl. Meffert u.a. 1986, S. 33). Die empirischen Befunde dieser Studie deuten auf einen Trend zur Stan­dar­di­sierung in den Jahren 1980 bis 1986 hin, der sich jedoch stärker in der prozessu­a­len Dimension als in inhaltlicher Hinsicht niederschlägt (vgl. Meffert u.a. 1986, S. 36).

2 Kulturvariable in der internationalen Werbung

Wie bereits erläutert, lautet die zentrale Forschungsfrage dieser Arbeit, ob die Kultur­variable einen Einfluß auf die Wahrnehmung von Fernsehwerbung hat. In diesem Kapitel soll das komplexe und vielschichtige Phänomen Kultur im Hinblick auf das vor­liegende Forschungs­interesse definiert und spezifiziert werden. Da das Thema Kultur in der Marketing- und Werbeliteratur kaum Beachtung findet, werden interdisziplinäre Erkenntnisse herangezogen, die zur Bearbeitung der Themenstellung erforderlich schei­nen. Dabei wurden im Vorfeld der Arbeit die Wissenschaftsdisziplinen der Kultur­anthropo­logie, der Sprachwissenschaft, der Soziologie und der interkulturellen Kom­muni­­kation auf ihren Wert und ihren Gehalt für die Beantwortung der Forschungs­frage hin überprüft.[8] In den nächsten Kapiteln werden die wesentlichen Erkenntnisse dieser Wissenschaftsberei­che über den Themenkomplex Kultur dargestellt und die Möglich­keit ihrer Einbindung in den Bereich der internationalen Werbung aufgezeigt.

2.1 Kulturbegriff

Im deutschen Sprachgebrauch meinte der Begriff Kultur traditionell Zivilisation oder Verfeinerung des Geistes und insbesondere die Ergebnisse dieser Verfeinerung, wie Bildung, Kunst und Literatur (vgl. Hofstede 1993, S. 18; von Keller 1982, S. 113). In neuerer Zeit hat sich allerdings im deutschen Sprachraum ein Wandel in der Inter­pretation des Begriffes vollzogen und man nähert sich der Begriffsbedeutung der nicht­europäischen Völker und der Angelsachsen an. Kultur steht in Deutschland nicht länger nur für das Schöngeistige, sondern auch für die gewöhnlichen Erzeugnisse und alltäg­lichen Tätigkeiten des Menschen (vgl. Usunier 1993, S. 21; Hofstede 1993, S. 19; von Keller 1982, S. 113). Seine anthropologisch-soziologische Deutung hat der Begriff Kultur erst durch die Definition des Briten Edward B. Tylor im Jahre 1871 erhalten: „Kultur ist jenes komplexes Ganze, das Kenntnisse, Glaubensvorstellungen, Künste, Sitte, Recht, Gewohnheiten und jede andere Art von Fähigkeiten und Dauerbetätigung umfaßt, die der Mensch als Mitglied einer Gesellschaft erwirbt“ (zitiert nach René König 1972, S. 14).

In der Literatur gab es seitdem zahlreiche Definitionsversuche des komplexen Kon­struktes Kultur. Auch innerhalb der Kulturanthropologie, die systematisch kulturelle Prozesse und Systeme erforscht, findet sich keine einheitliche, allgemein anerkannte, alle Aspekte des Kulturbegriffes gleichermaßen umfassende Definition (vgl. von Keller 1982, S. 114). Kroeber und Kluckhohn (1952) listeten in einem eigens diesem Thema gewidmeten Artikel nicht weniger als 164 verschiedene Definitionen des Kultur­be­griffes auf. Ausgehend von dieser Lit­­­eratur­­­­­­­­­­­­­­­­­­­zusammenstellung und anderen Quellen leitet von Keller den folgenden Kulturbegriff ab:

„Unter Kultur versteht man sämtliche kollektiv geteilten, impliziten oder expliziten Verhaltensnormen, Verhaltens­muster, Verhaltensäußerungen und Verhaltensresultate, die von Mitgliedern einer sozialen Gruppe erlernt und mittels Symbolen von Generation zu Generation weitervererbt werden.“ (von Keller 1982, S. 118)

Kultur und Individuum stehen dabei in einer wechselseitigen Beziehung zueinander. Das Individuum nimmt eine Doppelrolle als kulturtragendes und kulturgeprägtes Sub­jekt ein. Denn einerseits bildet das Individuum die Grundlage aller sozialen und kul­tu­rellen Erscheinungen und gleichzeitig wird andererseits die Persönlichkeit jedes Indivi­duums durch seine kulturelle Umwelt derart geprägt, daß sie selbst ein Spiegelbild des prägen­den Kul­­tur­musters darstellt (vgl. von Keller 1982, S. 143). Die Prägung der kul­tu­­rel­len Grund­persönlichkeit eines Individuums verläuft auf dem Wege der Enkultu­ra­tion. Darunter versteht man den unbewußten Prozeß der Übernahme kultureller Werte, Überzeugungen und Verhaltensnormen, der bereits in frühester Kindheit erfolgt (vgl. von Keller 1982, S. 144). Die kulturelle Prägung umfaßt jedoch niemals sämtliche Per­sönlichkeits- und Verhaltensmerkmale, sondern jede Kultur beläßt dem Individuum einen Freiraum zur Entfaltung seiner individuellen Eigenheiten (vgl. von Keller 1982, S. 152; Hofstede 1993, S. 20). Dieser Freiraum an Individualität der Einzelpersönlichkeit ist notwendig, da sich dadurch jede Gesellschaft die Fähigkeit bewahrt, ihr kulturell ge­prä­gtes System von Werthaltungen, Normen und Verhaltens­weisen den sich verän­dern­den Umweltbedingungen anzupassen und damit zu überleben (vgl. Kluckhohn/Kelly 1972, S. 86; von Keller 1982, S. 152).[9]

Hofstede (1993) definiert Kultur als „die kollektive Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von Menschen von einer anderen unter­scheidet“ (Hofstede 1993, S. 19). Die mentale Programmierung des Menschen erfolgt nach Hofstede hierarchisch auf drei Ebenen: der universellen, der gruppenspezifischen und der indi­vi­duumsspezifischen. Die universelle Ebene umfaßt die menschliche Natur und ist allen Menschen gemeinsam, da sie mit den Genen vererbt wurde. Zu dieser Ebene der mentalen Programmierung gehört z.B. die Fähigkeit, Angst, Zorn, Liebe, Freude und Traurigkeit zu empfinden (vgl. Hofstede 1993, S. 19).

Wie man allerdings diese Gefühle ausdrückt, wird durch die Kultur bestimmt, die sich auf der gruppenspezifischen Ebene der mentalen Programmierung manifestiert. Kultur wird erlernt und nicht ererbt. Sie leitet sich aus dem sozialen Umfeld ab, in dem die Men­schen aufwachsen und ihre Lebenserfahrungen sammeln. Somit ist Kultur immer ein kollektives Phänomen, da man sie mit Menschen teilt, die im selben Umfeld leben. Kulturen unterscheiden sich also genauso stark voneinander wie das jeweilige soziale Umfeld, in dem sie erlernt wurden (vgl. Hofstede 1993, S. 19). Die dritte Ebene der Pro­grammierung ist die individuumsspezifische; sie stellt die Persönlichkeit eines Indi­vi­duums dar. Die Persönlichkeit gründet sich auf Charakterzüge, die teilweise ererbt und teilweise durch den Einfluß der Kultur und einzigartige persönliche Erfahrungen erlernt sind.

Für die vorliegende Arbeit ist in erster Linie die gruppenspezifische Ebene von Bedeu­tung, da sich dort die kulturellen Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern aus­drücken.

2.2 Kulturkonzepte

Bei der Verwendung des Begriffes Kultur kann man zwischen zwei verschiedenen in­halt­lichen Konzeptionen unterscheiden. Kluckhohn und Kelly unterteilen Kultur in ein deskriptives und ein explikatives Konzept (vgl. Kluckhohn/Kelly 1972, S. 73 ff.). Kultur als deskriptives Konzept beschreibt das direkt beobachtbare Verhalten und die Verhaltensergebnisse. Hierunter fallen materielle Kulturprodukte wie Architektur, Li­te­ra­tur und Kunst, sowie soziale Verhaltensweisen, Sitten und Gebräuche (vgl. Kluck­hohn/Kelly 1972, S. 85). Das explikative Konzept dagegen definiert Kultur als Verhal­tens­ursache und umfaßt die internalisierten Verhaltensnormen, die nicht direkt be­o­bachtbar sind. Es handelt sich hierbei um die kollektiv geteilten Einstellungen, Wert­haltungen und Motivmuster einer sozialen Gruppe, durch die das kulturspezifische Ver­halten der Menschen bestimmt wird. Diese geistige Kultur muß aus dem sichtbaren Ver­halten auf der deskriptiven Ebene erschlossen werden. Kultur als deskriptives Konzept beschreibt somit die Realität, während das explikative Konzept Kultur als theoretisches Konstrukt darstellt (vgl. von Keller 1982, S. 121 ff.). Für die vorliegende Arbeit wird das explikative Konzept der Kultur zugrunde gelegt.

Kulturelle Unterschiede manifestieren sich auf verschiedenen Ebenen. Unter den vielen Begriffen, mit denen man die Ausdrucksformen von Kultur beschreibt, führt Hofstede (1993) an, daß die vier folgenden das Konzept der Kultur vollständig zum Ausdruck bringen: a) Symbole b) Helden c) Rituale und d) Werte. Diese sind wie die Schalen einer Zwiebel angeordnet, wobei Symbole die oberflächlichsten und Werte die tief­liegendsten Manifestationen von Kultur darstellen (vgl. Hofstede 1993, S. 22; de Mooij/Keegan 1991, S. 123).

Symbole sind Worte, Gesten, Bilder oder Objekte, die eine bestimmte Bedeutung haben, die nur von denjenigen erkannt wird, die der gleichen Kultur angehören. Dies sind z.B. Kleidung, Haartracht, Statussymbole, Flaggen o.ä.. Helden sind Personen, die tot oder lebend, echt oder fiktiv, Eigenschaften besitzen, welche in einer Kultur hoch an­gesehen sind. Sie dienen als Verhaltensvorbilder. Rituale sind kollektive Tätigkeiten, die innerhalb einer Kultur als sozial notwendig gelten wie z.B. die Formen des Grüßen. Diese drei äußeren Schichten faßt Hofstede unter dem Begriff Praktiken zusammen. Die Praktiken entsprechen dem deskriptiven Konzept bei Kluckhohn und Kelly und stellen das direkt beobachtbare Verhalten dar, dessen kulturelle Bedeutung für einen außenstehenden Beobachter jedoch nicht sichtbar wird (vgl. Hofstede 1993, S. 22-23; Trompenaars 1993, S. 22-24; von Keller 1982, S. 123).

Den Kern der Kultur bilden die Werte, vergleichbar mit dem explikativen Konzept bei Kluckhohn und Kelly. Rokeach (1972) definiert Werte folgendermaßen: „To say that a person ‘has a value’ is to say that he [or she] has an enduring belief that a specific mode of conduct or end-state of existence is personally and socially preferable to alternative modes of conduct or end-states of existence.“ (zitiert nach Gudykunst/Gudykunst 1992, S. 53). Anders ausgedrückt bezeichnet man als Werte die allgemeine Neigung, bestim­mte Umstände anderen vorzuziehen. Werte weisen zwei Komponenten auf: Sie haben zum einen eine bestimmte Intensität, sind also mehr oder weniger relevant für eine Kultur; zum anderen be­stimmen Werte die Definition von gut und böse, besitzen somit eine bestimmte ethische Rich­tung (vgl. Hofstede 1980, S. 20). Bei der Interpretation der Aussagen von Menschen über deren Werte muß man wiederum zwei Arten von Werten unterscheiden: Das Er­wünschte meint konkrete Wünsche des Einzelnen für sich selbst, es bezieht sich auf die Realität. Das Wünschens­werte umfaßt Vorstellungen von einer idealen Welt und drückt die Ansichten der Menschen darüber aus, was eine Tugend dar­stellt und was einer Sünde entspricht; es kann mit sozialer Erwünscht­heit gleich gesetzt werden (vgl. Hofstede 1980, S. 24). Werte sind für Außenstehende nicht direkt wahr­nehmbar, man kann lediglich aus der Art und Weise, wie Menschen in verschie­denen Situationen handeln, auf sie schließen (vgl. Hofstede 1980, S. 23; von Keller 1982, S. 123; Trompenaars 1993, S. 23).

Jedes Land hat ein grundlegendes Wertsystem, das von der Mehrheit der Bevölkerung geteilt wird (vgl. Hofstede 1980, S. 26). Diese fundamentalen Wertorientierungen sind durch die Kultur geprägt und äußern sich in bestimmten kulturellen Grundannahmen, die komplexe, aber zugleich sehr präzise Prinzipien zur Verfügung stellen, die die Mit­glieder der Kulturgemeinschaft bei der Lösung grundlegender menschlicher Pro­bleme leiten (vgl. Usunier 1993, S. 37). Die wesentlichen Unterschiede zwischen verschie­den­en Kulturen liegen also in ihren Werten, so daß an diesen kulturspezifischen Wert­orientierun­gen die Unterschiede zwischen Ländern festgemacht werden können[10] (vgl. Hofstede 1980, S. 11).

Für die Gestaltung von internationaler Werbung besitzen die unterschiedlichen Wert­systeme[11] der Länder eine weitreichende Bedeutung, da die Werbung diesen Wertsys­temen entsprechend wahrgenommen und bewertet wird. Merkmale von Werbung oder auch in der Werbung dargestelltes Verhalten können in Abhängigkeit von den Wert­systemen verschiedener Länder unterschiedlich interpretiert werden. Für eine effektive internationale Werbung dürfen kulturspezifische Wertvorstellungen nicht verletzt wer­den, und außerdem muß sie grundlegende Werte, die für eine Kultur relevant sind, re­präsentieren (vgl. Haseloff 1970, S. 163).

2.3 Kultur und Nation

Eine Schwierigkeit der kulturvergleichenden Forschung liegt in der geographischen Abgrenzung von ‘Kultur’. So kann der Begriff Kultur auf verschiedenste Gruppen und Kategorien von Menschen übertragen werden. In der Regel bezeichnet das Wort ‘Kultur’ eine Gesellschaft bzw. Nation als größte menschliche Gruppe, die eine Gesamtheit von Werten und Verhaltensmustern teilt (vgl. Hofstede 1980, S. 26). Der Kulturbegriff wird aber häufig auch in einem institutionellen Sinne verwendet. ‘Kultur’ meint dann eine ganz konkrete, soziale Teilgruppe innerhalb der Gesellschaft, die sich durch eigene Verhaltensnormen und -muster auszeichnet, die von den Gruppen­mit­gliedern erlernt und kollektiv geteilt werden. Meistens ist jeder Mensch gleichzeitig Mitglied mehrerer solcher kulturellen Teilgruppen wie z.B. ethnischer oder religiöser Kulturen, aber auch Sprach-, Berufs- und Unternehmenskulturen. Man spricht in diesen Fällen gewöhnlich von Subkulturen. Die meisten Subkulturen innerhalb einer Nation fließen zu einem übergreifenden Kultursystem zusammen, das immer noch durch eine weitgehende Einheitlichkeit der Sitten, Normen und Verhaltensweisen der Menschen und zumeist auch durch eine gemeinsame Sprache gekennzeichnet ist (vgl. Hofstede 1980, S. 26; von Keller 1982, S. 119; Maletzke 1984, S. 58; Theis 1992, S. 267). Der Kultur­begriff, der in der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt wird, bezieht sich auf Nationen als politisch abgrenzbare Einheiten.[12]

Das Konzept des Nationalcharakters [13] basiert auf der Annahme, daß in jeder Nation dominante kulturelle Werte, Einstellungen und Normen existieren, die sozusagen die ‘kulturelle Gesamtpersönlichkeit’ eines Landes darstellen und sich auch in Kommuni­kationsprozessen zwischen Mitgliedern verschiedener Kulturen bemerkbar machen (vgl. von Keller, S. 226; Clark 1990, S. 66; Hofstede 1980, S. 38; Theis 1992, S. 264). Die wissenschaftliche Erforschung des National­charakters hat nach Clark (1990) vor allem eine Bedeutung für das internationale Marketing, da Unterschiede zwischen Nationen beobachtet und klassifiziert werden können, die in einem deutlichen Zusammenhang mit dem Verhalten von Konsumenten und Entscheidungs­­­trägern im Marketing stehen (vgl. Clark 1990, S. 66).

Die Kultur einer Nation wird im Konzept des Nationalcharakters weder als eine Kombi­nation der Eigenschaften des Durchschnittsbürgers noch als eine Art Musterpersönlich­keit verstanden, der alle Mitglieder einer Nation ähneln. Kein Individuum denkt, fühlt oder handelt genauso, wie es die kulturellen Muster fordern und umgekehrt treffen nicht alle Muster, die eine Kultur bilden, auf alle Individuen zu (vgl. Kluckhohn/Kelly 1972, S. 86). Kultur stellt vielmehr eine Reihe wahrscheinlicher Reaktionsmuster von Bürgern mit gleicher mentaler Programmierung dar. Derartige Reaktionsmuster müssen nicht un­bedingt bei denselben Personen zu finden sein, sondern treten statistisch häufiger in der­­selben Gesellschaft auf (vgl. Hofstede 1980, S. 26). Der Vorteil dieses Ansatzes besteht darin, daß sich die Definition von Kultur als Nationalcharakter operationali­sieren läßt, d.h. die Konzipierung der unabhängigen Variable ‘Kultur’ als ein multidi­men­­sio­nales, anhand einzelner Variablen meßbares Konstrukt ist möglich (vgl. von Keller 1982, S. 284). Die Operationalisierung ist die Voraussetzung für die Einbindung der Kultur als Einflußgröße und Erklärungsvariable in der internationalen Werbung, wie sie in der vorliegenden empirischen Untersuchung geleistet werden soll. Dabei kann es sich nur um eine Auswahl einer bestimmten Anzahl von kulturellen Merkmalen han­deln, die in dem konkreten Forschungszusammenhang die zweckmäßige Operationa­li­si­e­rung der unabhängigen Variable ‘Kultur’ darstellt und anhand derer sich die mit­einander verglichenen Kulturen relativ gut einordnen und differenzieren lassen.

2.4 Kultur und Sprache

Die Analyse des Kommunikationsverhaltens liefert wertvolle Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Kultur und internationaler Werbung. Kulturelle Faktoren be­einflussen die Verschlüsselung und Entzifferung von Kommunikationsbotschaften, da sie wie Filter wirken, die selektieren, welche Stimuli beachtet werden und wie diese Stimuli interpretiert werden (vgl. Gudykunst/Gudykunst 1992, S. 32; Kluckhohn/Kelly 1972, S. 79). Bei der Verschlüsselung von Botschaften nimmt die verbale Kommunika­tion bzw. Sprache eine dominierende Stellung ein (vgl. Gudykunst/Gudykunst 1992, S. 32).

In der Diskussion über den Einfluß der verschiedenen Sprachen auf die Wahrnehmung gibt es zwei Forschungsrichtungen. Die Anhänger der Sapir-Whorf-Hypothese[14] gehen davon aus, daß die Sprache nicht nur ein reproduktives System zur Beschreibung von Ereignissen und zur Wiedergabe von Gedanken darstelle, sondern selbst die Gedanken forme (vgl. König 1972, S. 32; von Keller 1982, S. 175). Ihr Wortschatz und ihre grammatikalische Struktur konstituieren einen eigenen Bezugsrahmen, welcher die Wahrnehmung und das Denken des Menschen direkt beeinflußt. Kein Mensch kann auf die Fülle von Stimuli reagieren, die aus der Umwelt auf ihn eindringen. Jedes In­divi­duum neigt dazu, aus der Vielfalt der Eindrücke diejenigen hervorzuheben, die es durch die Regeln der Grammatik kategorisieren kann (vgl. Kluckhohn/Kelly 1972, S. 89). Die Sprache ist jedoch ein Kulturprodukt und mit ihr entscheidet sich, wie jeweils die Wirk­lichkeit wahrgenommen wird (vgl. König 1972, S. 32; Usunier 1993, S. 24 und S. 61 ff.). Mit der Muttersprache erwirbt das Individuum folglich eine kulturell vorgeformte Sicht seiner Umwelt (vgl. Kroeber-Riel 1990, S. 579).

Eine gegensätzliche Forschungsrichtung[15] geht von einer weitgehenden interkulturellen Universalität der Sprach- und Denkkulturen aus (vgl. Krober-Riel 1990, S. 579). Meist sind jedoch Whorfs Erkenntnisse durch andere Forscher bestätigt worden, so daß die Prägung der Denkstrukturen einer Kultur durch die jeweilige Sprache als weithin aner­kannte These gilt (vgl. König 1972, S. 32). Allerdings herrscht heute die Erkenntnis vor, daß die Beziehungen zwischen Sprache, Kultur und Denkstrukturen wechselseitiger Natur sind. So wird davon ausgegangen, daß sich einerseits im Vokabular die Umwelt einer Kultur widerspiegelt[16] und damit die Weitergabe kulturellen Erbes darstellt, ander­er­seits wird angenommen, daß das Vokabular Wahrnehmung, Denken und Weltan­schau­ung beeinflußt (vgl. Usunier 1993, S. 63; von Keller 1982, S. 176 ff.).

Für den Bereich der Werbung bedeutet dies, daß Konsumenten aus verschiedenen Kul­turen nicht nur auf unterschiedliche Weise kommunizieren, sondern sie nehmen auch unterschiedlich wahr, bilden unterschiedliche Denkkategorien und entwerfen ein an­deres Bild von der Realität (vgl. Usunier 1993, S. 64). Um zu verhindern, daß Wer­bung in einer dem Produkt- oder Firmenimage abträglichen Weise verstanden wird, müssen deshalb die kulturspezifischen Unterschiede in den Denkstrukturen (Sprachden­ken und Bilddenken) berücksichtigt werden (vgl. Kroeber-Riel 1990, S. 581).

Kommunikation besteht jedoch nicht nur aus Sprache. Nach Hall (1990) vermuten Kommunikationsexperten, daß 90% aller Kommunikation durch nonverbale Botschaf­ten vermittelt wird (vgl. Hall/Hall 1990, S. XIV). Die nonverbale Kommunikation tritt bei der direkten Interaktion von Mensch zu Mensch als zweites Verständigungssystem neben die Sprache (vgl. Kroeber-Riel 1990, S. 551). Da Fernsehwerbung keine Form der persönlichen Kommunikation, sondern eine Form der Massenkommunikation ist, schlägt Kroeber-Riel (1990, S. 554) folgende Definition vor: „Die nichtverbale Kommunikation umfaßt alle Formen der persönlichen Kommunikation und der Massenkommunikation, die sich nicht auf eine symbolische (bildliche, sprachliche) Informationsübertragung stützen.“[17] Nonverbale Kommunikation in der Massen­kom­munikation umfaßt danach die auditive und visuelle Körpersprache[18], sowie die Kommunikation mittels materieller Verständigungsmittel wie Architektur, Produkte, Kleidung, Schuhe, Frisuren, Brille usw. (vgl. Kroeber-Riel 1990, S. 554).

Das nonverbale Kommunikationsverhalten begleitet jede verbale Kommunikation und kann dabei vielfältige Funktionen übernehmen, z.B. kann es die verbale Aussage unter­streichen, ergänzen, wiederholen, ersetzen, ihr widersprechen und den Kommuni­ka­tions­­fluß regeln (vgl. Usunier 1993, S. 64; Kroeber-Riel 1990, S. 562). Die nonverbale Kommunikation stellt den Kontext der verbalen Kommunikation dar. Hall (1990) defi­niert Kontext als die Information, die ein Ereignis umgibt; er ist unabdingbar mit den Bedeutungen dieses Ereignisses verknüpft. Die Elemente, die kombiniert werden, um eine Bedeutung (Ereignis und Kontext) zu produzieren, sind in unterschiedlichem Maße von der jeweiligen Kultur abhängig (vgl. Hall/Hall 1990, S. 6). Edward Hall (vgl. 1990, S. 6 ff.) vergleicht die verschiedenen Kulturen auf einer Skala von High- zur Low-context-Kommunikation. In Kulturen mit einer High-context-Kommunikation werden die Informationen implizit aus dem Kontext, also der nonverbalen Kommunikation, erschlossen und im geringen Maße von der explizit übermittelten Botschaft bestimmt. Die Low-context-Kommunikation ist hingegen wesentlich durch die sprachlich kodiere Bot­schaft gekennzeichnet, wobei in diesem Fall Kontextmerkmale und Aspekte des non­verbalen Kommunikationsverhaltens in ihrer Bedeutung zurücktreten. Kulturen unter­scheiden sich also im Hinblick darauf, welchen Stellenwert sie dem Kontext in der Kommu­­nikationssituation zuschreiben und welche Rolle er für die Interpretation der­selben spielt.

Es wird deutlich, wie wichtig gerade diese nichtverbale Verständigung für die inter­nationale Werbung ist. Fehlinterpretationen können die Folge kulturspezifischer Auf­fassungen der Bedeutung und Angemessenheit nonverbaler Signale sein, wenn der Kontext in der internationalen Werbung nicht im kulturadäquaten Sinne etabliert wird (vgl. Fuchs 1992, S. 307).

3 Das Kulturkonzept von Hofstede

Es gibt zwei verschiedene Forschungsansätze, um den Einfluß der Kultur auf das Mar­keting zu analysieren: Die Cross-Cultural-Studien untersuchen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen ausgewählten Nationen bezogen auf eine begrenzte Anzahl von Phänomenen (vgl. Gudykunst/Gudykunst 1992, S. 14; Clark 1990, S. 67; Reimann 1992, S. 13). Ihr Ziel be­steht darin, herauszuarbeiten, welche Phänomene universell gültig und welche spezifisch für eine bestimmte Kultur sind (vgl. Usunier 1993, S. VI). So wäre zum Beispiel ein Ver­gleich von Werbeanzeigen aus amerikanischen und deutschen Zeitschriften eine Cross-Cultural-Studie. Im Gegensatz dazu charakterisieren interkul­turelle Studien die Kultur einer Nation durch ein breites Spektrum von Phänomenen und ermöglichen es, natio­nales Verhalten zu erklären (vgl. Clark 1990, S. 67).[19] Hierin liegt auch ihr Wert für das internationale Marketing, da sie zum Beispiel als Grundlage für die Bestimmung des Kon­­­sumentenverhaltens einer ausländischen Kultur herange­zo­gen werden können. Eine der umfassendsten interkulturellen Studien ist die Untersuchung von Hofstede (1993), die im folgenden ausführlich erläutert wer­den soll.

3.1 Dimensionen nationaler Kulturen

Um die Unterschiede in der Kommunikation zwischen verschiedenen Kulturen zu ver­stehen, ist es notwendig, die Ursachen dieser Unterschiede zu erforschen. Es existieren bestimmte Aspekte bzw. Dimensionen einer Kultur, die im Vergleich zu anderen Kul­turen unterschiedlich oder ähnlich sein können[20] (vgl. Gudykunst/Gudy­kunst 1992, S. 42). Im Mittelpunkt der Literatur (vgl. von Keller 1982; Triandis 1982; Clark 1990; Gudykunst/Gudykunst 1992), die den Nationalcharakter als inhaltliche Definitions­grund­lage für Kultur verwendet, steht die Frage, durch welche Dimensionen das Kon­strukt Kultur operationalisiert werden kann. Man kann dabei theoriegestützte und empi­rische Forschungsansätze unterscheiden. Für den theoriegestützten Ansatz gibt es drei Beispiele. Parsons und Shils (1951) identifizierten fünf Mustervariablen für das menschliche Handeln, die jeweils eine Wahl zwischen zwei Alternativen darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kluckhohn und Strodtbeck (1961) definierten fünf Wertorientierungen, deren einzig­artige Kombination die grundlegende, kulturelle Matrix einer Gesellschaft bilde:

- Bewertung der menschlichen Natur
- Beziehung des Menschen zur Natur
- Zeitorientierung
- Aktivitätsorientierung
- Beziehungen zwischen den Menschen

Inkeles und Levinson (1969) schlugen drei maßgebliche analytische Elemente vor, um den Nationalcharakter eines Landes zu dimensionalisieren:

- Beziehung zu Autorität
- Grundkonzeption des Selbst
- Grundkonflikte und die Art und Weise, mit ihnen umzugehen

(vgl. Clark 1990, S. 69 ff.; Hofstede 1980, S. 44 ff. ; Triandis 1982, S. 141).

Andere Forscher haben versucht, Kultur durch empirische Untersuchungen zu opera­tionalisieren. Die meisten Studien in diesem Gebiet basieren auf der Identifi­zierung von Persönlichkeitsfaktoren, die mittels ‘trait-adjectives’ umschrieben werden.[21] Eine der umfangreichsten empirischen Untersuchungen stammt von Geert Hofstede (1993), der vier Grunddimensionen kultureller Unterschiede mit jeweils zwei Polen ermittelte:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Unter Dimension versteht Hofstede einen Aspekt einer Kultur, der sich im Verhältnis zu anderen Kulturen messen läßt und eine Reihe von Phänomenen in einer Gesellschaft vereinigt, die in Kombination auftreten (vgl. Hofstede 1993, S. 27 ff.). Die vier Dimen­sionen von Hofstede integrieren größtenteils die Dimensionen der anderen Autoren bzw. bestätigen die Erkenntnisse vieler anderer Studien, die in diesem Gebiet durchgeführt wurden (vgl. Triandis 1982, S. 141 ff.; Gudykunst/Gudykunst 1992, S. 48 ff.). In der vorliegenden Arbeit bilden diese Dimensionen die Basis für die kulturelle Ein­ordnung der internationalen Fernsehwerbespots der Cannes-Rolle und werden im folgenden ausführlich erläutert.

3.2 Beschreibung der Untersuchung

Das Ausgangsmaterial der ländervergleichenden Studie von Hofstede bestand aus den Antworten von Beschäftigten bei Tochtergesellschaften des IBM-Konzerns in verschie­den­en Ländern, wobei immer die gleichen schriftlichen Fragebogen eingesetzt wurden. Die Daten wurden in 72 Tochtergesellschaften von IBM erhoben und es wurden ca. 116.000 Fragebogen mit jeweils mehr als 100 einheitlichen Fragen eingesetzt (vgl. Hofstede 1993, S. 295). Die Fragen befaßten sich vor allem mit den persönlichen Werten der Beschäftigten in bezug auf die Arbeitssituation. Die Studie von Hofstede untersuchte die Auswirkung kultureller Unterschiede auf die Unter­nehmensorganisation, betrachtete also unternehmensinterne Abläufe. In der vorliegen­den Arbeit wird dagegen die Interaktion von Unternehmen mit dem äußeren Umfeld, speziell die Kommunikation mit den Konsumenten ausländischer Märkte, untersucht. Die Ergebnisse von Hofstede sind jedoch ebenso in diesem Zusammenhang aufschlußreich, da es sich bei den identifizierten Kulturdimen­sionen um Grundzüge des menschlichen Verhaltens handelt, die verschiedenste Bereiche und Aspekte des alltäglichen Handelns betreffen. Somit können diese Dimen­sionen auch als theoretische Grundlage für die Prozesse im Bereich des Marketing und der Werbung angewandt werden. Zu dem gleichen Schluß gelangen auch Usunier/Walliser und Clark (vgl. Usunier/Walliser 1993, S. 47; Clark 1990, S. 73).

Dies wird noch deutlicher, wenn man sich die Zusammensetzung der Stichproben näher ansieht. Die ‘Untersuchungseinheiten’ (IBM-Mitarbeiter) ähnelten einander in vielerlei Hinsicht, nämlich in bezug auf ihren Arbeitgeber und dessen Unternehmenskultur, ihre Art von Arbeit und ihr Bildungsniveau. Das einzige Kriterium, für das es systematische Unterschiede zwischen nationalen Gruppen innerhalb solch einer homogenen multina­tio­nalen Gesamtheit gab, war die Nationalität selbst, also das nationale Umfeld, in dem die Menschen aufgewachsen sind.[22] Die durch die Nationalität bedingten Unterschiede machten sich bei den Antworten der IBM-Mitarbeiter deutlich bemerkbar. Die statis­ti­sche Auswertung der Fragebogen brachte gemeinsame Probleme zutage, aber von Land zu Land unterschiedliche Lösungen.[23] Diese Grundproblembereiche stellen Dimensio­nen von Kulturen dar, die die dominanten Wertsysteme der untersuchten Länder widerspiegeln (vgl. Hofstede 1993, S. 28).

3.2.1 Machtdistanz

Die Dimension der Machtdistanz beschreibt die Art und Weise, wie eine Kultur mit der Tatsache umgeht, daß die Menschen ungleich sind. Der Begriff der Machtdistanz, wie ihn Hofstede gebraucht, geht auf den niederländischen Sozialpsychologen Mauk Mulder (1977) zurück (vgl. Hofstede 1993, S. 38). Machtdistanz wird definiert als das Ausmaß, bis zu welchem die weniger mächtigen Mitglieder von Institutionen oder Organisationen eines Landes erwarten und akzeptieren, daß Macht ungleich verteilt ist (Hofstede 1993, S. 42).

In Ländern mit großer Machtdistanz wird Macht als eine fundamentale gesellschaft­liche Gegebenheit gesehen, d.h. wer die Macht hat, gilt zugleich als legitimiert dazu. So betrachten Vorgesetzte und Mitarbeiter sich selbst als von Natur aus mit ungleichen Rech­ten aus­gestattet. Die ungleiche Machtverteilung und die starke Hierarchisierung in der Gesell­schaft werden akzeptiert und als gegeben betrachtet.

In Ländern mit geringer Machtdis­tanz hingegen muß der Einsatz von Macht legitimiert sein. Die Ungleichheit unter den Menschen sollte so gering wie möglich sein. Das Gesetz muß garantieren, daß jeder, ungeachtet seines Status, die gleichen Rechte hat (vgl. Hofstede 1993, S. 53 ff.).

Beim Vergleich der Machtdistanzwerte mit den Ergebnissen anderer quantitativer Studien[24] fand Hofstede heraus, daß in Kulturen mit großer Machtdistanz Eltern von ihren Kindern Gehorsam erwarten und der Respekt vor Autoritätspersonen als wichtige Tugend angesehen wird. In der Schule und der Universität wird Konformität geschätzt und autoritäres Verhalten mehr offenbart als in Ländern mit geringer Machtdistanz. Länder mit großer Machtdistanz sehen soziale Abhängigkeiten und Geld als Voraus­setzung für Frei­heit an. Mitglieder von Kulturen mit niedriger Machtdistanz dagegen betrachten den Respekt vor dem Individuum und das Prinzip der Gleichheit als Bedin­gungen für Frei­heit. Wohlstand bedeutet in Kulturen mit niedriger Machtdistanz Fröh­lich­keit, Wissen und Liebe. Vererbung und Familienbesitz werden im Gegensatz dazu, in Ländern mit hoher Machtdistanz als Voraussetzung für Wohlstand angesehen (vgl. Gudykunst/Gudy­kunst 1992, S. 46 ff.).

3.2.2 Einordnung der Länder

Der Machtdistanzindex wurde aus den Mittelwerten der von IBM-Mitarbeitern in ver­gleichbarer Position gegebenen Antworten auf die folgenden drei Problemstellungen ermittelt:

1. „Wie häufig taucht Ihrer Erfahrung nach folgendes Problem auf: Die Mitarbeiter haben Angst, dem Vorgesetzten zu zeigen, daß sie nicht seiner Meinung sind?“
2. Wahrnehmung des Mitarbeiters, wie der Vorgesetzte tatsächlich Entscheidungen trifft.
3. Bevorzugung des Stiles, wie der Vorgesetzte aus der Sicht des Mitarbeiters Entscheidungen fällen sollte (vgl. Hofstede 1993, S. 39 ff.).

Die von Hofstede berechneten Punktwerte für den Machtdistanzindex der Länder, deren Wer­be­­spots der Cannes-Rolle in der vorliegenden Untersuchung analysiert werden, werden in Tabelle 1 verdeutlicht.[25] Die Punktwerte geben relative, nicht absolute Posi­tionen an. An dem Punktwert kann man ablesen, inwieweit die Länder voneinander ab­weichen: je höher der Punktwert eines Landes ist, desto höher ist der Grad der Macht­dis­tanz dieses Landes.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenTabelle 1 (Quelle: Hofstede 1993, S. 40)

In Ländern, in denen die Arbeitnehmer als selbstbewußt gelten und die Vorgesetzten weder als autokratisch noch patriarchalisch, wurde ein konsultativer Stil der Entschei­dungsfindung bevorzugt. In Ländern am oberen Ende der Machtdistanzskala, wo Arbeit­nehmer nur sehr ungern ihrem Vorgesetzten widersprechen und wo dem Vorgesetzten ein patriarchalischer bzw. autokratischer Führungsstil unterstellt wird, sind die Arbeit­nehmer weniger gewillt, einen konsultativen Stil zu akzeptieren (vgl. Hofstede 1993, S. 41).

Die Position des Machtdistanzindexes (MDI) gibt Auskunft über die Abhängigkeit von Beziehungen in einem Land. In Ländern mit geringer Machtdistanz ist die Abhängigkeit des Mitarbeiters von seinen Vorgesetzten begrenzt und die emotionale Distanz zwischen ihnen ist gering. In Ländern mit großer Machtdistanz ist eine große Abhängigkeit des Mitarbeiters von seinen Vorgesetzten festzustellen. Die emotionale Distanz zwischen Mitar­bei­tern und Vorgesetzten ist sehr groß: die Mitarbeiter sprechen nur sehr selten ihren Vor­­gesetzten direkt an bzw. widersprechen ihm selten (vgl. Hofstede 1993, S. 41 ff.).

3.2.3 Individualismus

Die Dimension des Individualismus vs. Kollektivismus ist eine der wesentlichsten durch die eine Gesellschaft gekennzeichnet wird. Es geht um die Frage, ob das Interesse des Individuums hinsichtlich den Interessen der Gruppe Vorrang hat oder umgekehrt. Hof­stede verweist darauf, daß die unterschiedliche Form von Ge­sell­­schaften bezüglich ihrer individualistischen bzw. kollektivistischen Ausprägung schon früh von Soziologen festgestellt wurde. Ferdinand Tönnies (1873), der Haupt­begründer der Soziologie als selbständige Disziplin, führte die Unterscheidung von ‘Gemeinschaft’ im Sinne von naturhaft-organischen Verbänden und ‘Gesellschaft’ im Sinne von zweckgerichteten Zusammenschlüssen ein (vgl. Hofstede 1980, S. 216).

[...]


[1] Die wachsende Bedeutung des interna­tiona­len Wettbewerbs wird deutlich, wenn man sich die zahlen­mäßige Entwicklung des internationalen Handels oder des Investitionsvolumens betrachtet. So hat das Welt­handels­volumen von 1950 bis 1990 um das achtfache zugenommen und die Auslandsinvestitio­nen erfahren seit den 60er Jahren eine jährliche Wachstumsrate von 8% (vgl. Porter 1989, S. 18; Berekoven 1985, S. 31).

[2] Die wichtigsten Marktbedingungen sind: Gesetzliche Bestimmungen, Mediencharakteristika, Werbe­zeiten. Onkvisit/Shaw geben einen ausführlichen Überblick über die in der Literatur aufgeführten Fak­toren, die bei der Gestaltung internationaler Werbung berücksichtigt werden sollten (vgl. Onkvisit/Shaw 1987, S. 45).

[3] Der Kulturbegriff, der dieser Arbeit zugrunde gelegt wird, begreift Kultur als Nationalcharakter (vgl. II 2.3). Die grundlegenden Wertsysteme von Nationen, im Sinne von politisch abgrenzbaren Einheiten, bil­den die Definitionsebene von Kulturen. Die Begriffe ‘Kultur’ und ‘Nation’ sind deshalb gleichzusetzen und werden synonym verwendet.

[4] Dabei ist es nicht die Absicht dieser Arbeit, vorzugeben, daß allein die Kultur als erklärende Variable für den Erfolg oder Mißerfolg von internationaler Werbung gelten kann (s. II 1.2.2-1.2.3). Die vorliegen­de Untersuchung beschränkt sich jedoch explizit auf die kulturelle Perspektive von internationaler Wer­bung.

[5] Mit ‘psychologischer Bedeutung’ bezeichnet Friedmann die subjektive Wahrnehmung und die affektive Reaktion einer Person auf einen Stimulus.

[6] z.B. gibt es in Schweden, Norwegen und Dänemark keine Werbung im Fernsehen

[7] So legt etwa Homma (1991) dar, daß kulturübergreifende Zielgruppen völlig verschieden auf bestimmte Themen reagieren und die gleichen Werte auf lokaler Ebene unterschiedliche Nuancen und Ausprägungen haben können (vgl. Homma 1991, S. 254 ff.). Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Grunert et al., die das LOV-Instrument von Kahle et al. (1983) (LOV: ‘List of Values’) in USA, Deutschland und Dänemark ein­­setzten und kulturelle Unterschiede bezüglich der Relevanz von bestimmten Werten nachweisen konnten (vgl. Grunert/Grunert/Beatty 1989, S. 35 ff.). Ebenso wird diese Aussage unterstützt durch die empirische Untersuchung von Henry (1976), der Zusammenhänge zwischen den individuellen Wert­orien­tierungen und dem Verbraucherverhalten bezüglich verschiedener Autotypen feststellen konnte (vgl. Henry 1976, S. 124 ff.).

[8] Einen umfassenden Überblick über die Literatur- und Forschungsbeiträge der verschiedenen Wissenschaftsgebiete gibt Swolschak (vgl. Swolschak 1995).

[9] vgl. auch die Theorie des Wertewandels von Inglehart (Inglehart/Abramson 1995).

[10] In seiner Untersuchung identifiziert Hofstede vier Grunddimensionen anhand derer die vorherrschenden Wertsysteme der untersuchten Länder eingeordnet werden können (vgl. II 3.1).

[11] Life-style-Typologien beruhen z.T. auch auf der Messung von Werten. Für interkulturelle Vergleiche ergeben sich jedoch erhebliche methodische Schwierigkeiten, die vor allem auf die sprachliche und soziale Distanz zwischen dem Forscher und den Befragten einer fremden Kultur zurückgehen (vgl. Kroeber-Riel 1990, S. 584). Die Fähigkeit internationaler Segment- bzw. Life-style-Typologien, die auf der Messung von Werten beruhen, Konsumentenverhalten vorherzusagen, ist eingeschränkt. Der Zusam­menhang zwischen kulturspezifischem Verhalten und Konsumentenverhalten ist noch kaum untersucht worden (vgl. de Mooij/Keegan 1991, S. 143). Die Identifizierung internationaler Konsumentenseg­mente hat ihren Hauptnutzen in der Produktplanung, da es Produktanforderungen und Lebensstile geben mag, die über Grenzen hinweg sehr ähnlich sind. Die internationale Werbung muß jedoch den kulturellen Hintergrund der jeweiligen Länder berücksichtigen, da kulturelle Unterschiede in der Wahrnehmung und Interpretation von Kommunikationsinhalten und -formen existieren (vgl. Harris 1984, S. 226). (Einen Überblick über Studien auf dem Gebiet der Lifestyle-Forschung bieten de Mooij und Keegan 1991, S. 157-190.)

[12] Oft entsprechen die Staatsgrenzen nicht den kulturellen Trennlinien der jeweiligen Bevölkerung. Staaten bilden jedoch die Quelle für ein beträchtliches Maß an gemeinsamer mentaler Programmierung der Bürger (vgl. Hofstede 1993, S. 25 ff.).

[13] Die Kulturanthropologie erlebte in den USA mit der Erforschung der Eigentümlichkeit nationaler Cha­rak­tere eine enorme Blüte unmittelbar vor, während und nach dem 2. Weltkrieg. Die Studien wurden für rein praktische Zwecke entwickelt, um z.B. durch die Erforschung des Nationalcharakters der Deutschen die Probleme der Okkupation in der Nachkriegszeit besser bewältigen zu können (vgl. Clark 1990, S. 68; König 1972, S. 7 ff.).

[14] Nach der Auffassung des Sprachwissenschaftlers Edward Sapir erfüllt die Sprache eine aktive und prä­gende Rolle im Erkenntnisprozeß. Der Anthropologe Benjamin Whorf entwickelte die Thesen Sapirs weiter und formulierte diese zur Sapir-Whorf-Hypothese aus.

[15] vgl. Osgood (1968)

[16] Es gibt z.B. in der Sprache der Eskimos viele Bezeichnungen für die verschiedenen Arten von Schnee. In unserer Sprache existieren nur wenige Bezeichnungen und damit nehmen wir die vielfältigen Erschei­nungsformen von Schnee nicht wahr.

[17] Die Bildkommunikation wird nach dem herrschenden Sprachgebrauch nicht der nonverbalen Kommuni­kation zugeordnet. Die enge Verbindung von Bildkommunikation und nichtverbaler Kommunikation muß aber stets beachtet werden (vgl. Kroeber-Riel 1990, S. 554).

[18] Geruch, Wärme und Geschmack können in der Fernsehwerbung nicht wahrgenommen werden.

[19] Die Terminologie grenzüberschreitender Kommunikation ist umstritten. Häufig werden interkulturelle, internationale, transkulturelle sowie ‘cross-cultural’ Kommunikation synonym verwendet (vgl. Reimann 1992, S. 13).

[20] Die Grundannahme der Existenz identischer Dimensionen in den untersuchten Kulturen ist jedoch pro­ble­­matisch, da gleiche Verhaltensformen in verschiedenen Ländern eine völlig unterschiedliche Bedeutung besitzen können. Der Vergleich verschiedener Kulturen hinsichtlich der Ausprägung ein- und desselben Konstruktes kann durch Messungen anhand jeweils unterschiedlicher Indikatoren gelöst werden (vgl. von Keller 1982, S. 285).

[21] So z.B. Peabody (1985), Tupes and Christol (1961), Allport and Oldbert (1936) (vgl. bei Clark 1990, S. 70).

[22] Die Prämisse für kulturvergleichende Forschung, nämlich daß die Stichproben funktional äquivalent sein müssen, wurde dadurch erfüllt.

[23] Diese empirischen Ergebnisse decken sich erstaunlich genau mit den Bereichen, die Inkeles und Levin­son zwanzig Jahre zuvor definiert hatten, und zwar daß alle Gesellschaften mit den gleichen Grundpro­blemen konfrontiert sind (vgl. II 3.1).

[24] Die meisten der von Hofstede beschriebenen Unterscheidungen zwischen Ländern mit geringer und großer Machtdistanz stützen sich auf signifikante Korrelationen zwischen dem Machtdistanzindexwert und aus anderen Quellen stammenden, gemessenen Daten über diese Länder (vgl. Hofstede 1993, S. 46).

[25] Abkürzungsverzeichnis der Länder s. Anhang

Ende der Leseprobe aus 177 Seiten

Details

Titel
Einfluss der Kultur auf die Wahrnehmung internationaler Fernsehwerbespots
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (IFKW)
Note
1,3
Autor
Jahr
1998
Seiten
177
Katalognummer
V10
ISBN (eBook)
9783638100038
ISBN (Buch)
9783638914659
Dateigröße
1114 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob Fernsehwerbung international standardisiert werden kann oder ob die Kultur der verschiedenen Länder einen Einfluß auf die Rezeption von Werbung hat und damit die Werbung der Kultur des jeweiligen Landes angepaßt werden sollte.
Schlagworte
Werbewirkungsforschung, Werbung, Marketing
Arbeit zitieren
M.A. Sandra Ponschab (Autor:in), 1998, Einfluss der Kultur auf die Wahrnehmung internationaler Fernsehwerbespots, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10

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